Aus der Gutachterpraxis Tauwasserschäden: Ein tückisches Phänomen

Die Tauwasserbildung auf Bauteiloberflächen kann zu kostspieligen Schäden führen. Wie kommt sie zustande, welche Auswirkungen hat sie auf Estrich-, Parkett- und Bodenbelagsarbeiten und wie lässt sie sich vermeiden?

Wellen und Beulen wg hoher Untergrundfeuchte
Wellen und Beulen in einem PVC-Belag aufgrund zu hoher Untergrundfeuchte. - © Steinhäuser

Tauwasserschäden können vielfältige Ursachen haben. Um diese zu erkennen und um die Schadensursache zu beseitigen, sind eingehende Kenntnisse auf dem Gebiet der Bauphysik notwendig. Hier sind vor allem Bausachverständige aber auch Architekten gefordert. Handwerker sind mit den theoretischen Grundlagen bei Tauwasserschäden häufig überfordert. Estrichleger, Parkett- und Bodenleger sollten aber zumindest das BEB-Merkblatt „Bauklimatische Voraussetzungen zur Trocknung von Estrichen“ kennen. In diesem Merkblatt werden anhand von Beispielen die kritischen Situationen erläutert, in denen Tauwasserbildung entstehen kann.

Was ist der Taupunkteffekt?

Bei der Taupunktproblematik spielen Temperaturunterschiede eine wichtige Rolle. Ganz entscheidend ist hier die relative Luftfeuchtigkeit. Jeder Parkett- und Bodenleger weiß, dass die relative Luftfeuchte eine entscheidende Größe bei der Ablüftezeit eines Dispersionsklebers ist. Die Luft kann Wasser in Form von Wasserdampf speichern. Bei einer relativen Luftfeuchte von 100 % ist die Luft mit Wasserdampf gesättigt, weitere Feuchtigkeit kann von der Luft nicht mehr aufgenommen werden. Je geringer die Luftfeuchte ist, desto größer ist das Potenzial zur Aufnahme weiterer Feuchtigkeit.

Die Temperatur bestimmt also die größtmögliche Wassermenge, die von der Luft aufgenommen werden kann. Bei 10 °C hat beispielsweise die relative Luftfeuchtigkeit 100% erreicht, wenn 9,39 g Wasser/ m³ Luft gespeichert sind. In diesem Fall ist die Wasserdampfsättigungsmenge erreicht. Bei 20 °C steigt dieser Wert auf 17,3 g Wasser/ m³ Luft. Dieses Beispiel zeigt, warum bei der Verarbeitung von Dispersionsklebstoffen die Lufttemperatur zwischen 18 °C und 20 °C liegen sollte. Bei einer Luftfeuchtigkeit von 60 % kann die Luft bis zum Erreichen der Wasserdampfsättigungsmenge bei 20 °C noch 6,92 g Wasser/ m³ Luft aufnehmen. Bei einer Temperatur von 10 °C sind es nur noch 3,76 g Wasser/ m³.

Taupunkteffekt

Am anschaulichsten kann man den Taupunkteffekt mit der Entnahme einer sehr kalten Flasche Mineralwasser aus dem Kühlschrank beschreiben. Setzt man diese Mineralwasserflasche Zimmertemperatur aus, kondensiert Feuchtigkeit an der Oberfläche, die Flasche beschlägt. Diese Erscheinung ist in der Unterschreitung des Taupunktes begründet. Den gleichen Effekt kann man beobachten, wenn man sich an einem kalten Tag ins Auto setzt und die warme Atemluft an der Innenseite der Frontscheibe beschlägt.

Taupunkt und Verlegung

Entfernen des Bodenbelages Untergrundfeuchte.
Entfernen des Bodenbelages aufgrund zu hoher Untergrundfeuchte. - © Steinhäuser

Die Auswirkungen kann am besten das folgende Beispiel verdeutlichen. Die Raumtemperatur beträgt 20 °C und die relative Luftfeuchte 60 %, die Verlegebedingungen sind nahezu optimal. Die Luft hat unter diesen Bedingungen 10,38 g Wasser/ m³ gespeichert. Hat der Verlegeuntergrund aber nur eine Temperatur von 10 °C bedeutet das Folgendes. Bei 9,39 g Wasser/ m³ Luft beträgt die Luftfeuchte bereits 100 % und die Wasserdampfsättigungsmenge der Luft ist unmittelbar über den „kalten Untergrund“ überschritten. Aufgrund der Überschreitung der Wasserdampfsättigungsmenge kondensiert der in der Luft enthaltene Wasserdampf und schlägt sich als Tau auf den „kalten Verlegeuntergrund“ nieder. Es tritt also die gleiche Erscheinung auf, wie man bei der kalten Mineralwasserflasche bzw. der kalten Pkw-Frontscheibe beobachten kann. Die Verlegung von Parkett und Bodenbelägen ist nicht möglich.

Übrigens kann der Taupunkteffekt auch bei hochsommerlichen Bedingungen auftreten. Bei Temperaturen von 30 °C und einer Luftfeuchte von 70 % ist der Taupunkt bereits bei einer Bodentemperatur von 24 °C erreicht. Die Verarbeiter müssen deshalb neben der relativen Luftfeuchtigkeit auch den Temperaturdifferenzen zwischen der Lufttemperatur und der Bodentemperatur große Beachtung schenken.

Zusammenfassend kann man feststellen: Ob Tauwasser auf der Oberfläche eines Bauteils auftritt oder nicht, hängt davon ab, ob dessen Oberflächentemperatur größer oder kleiner als die Taupunkttemperatur der angrenzenden Luft ist, also von deren Temperatur und Wasserdampfgehalt. Ein Tauwasserniederschlag auf Bauteiloberflächen entsteht immer dann, wenn die Temperatur der Oberfläche von Bauteilen niedriger ist als die Taupunkttemperatur der sie berührenden Luft.

Tauwasserbildung: Auf den Punkt gebracht

  • Bei der Taupunktproblematik spielen Temperaturunterschiede eine wichtige Rolle. Ganz entscheidend ist hier die relative Luftfeuchtigkeit.
  • Der Taupunkteffekt kann auch bei hochsommerlichen Bedingungen auftreten. Verarbeiter müssen deshalb neben der relativen Luftfeuchtigkeit auch den Temperaturdifferenzen zwischen der Lufttemperatur und der Bodentemperatur große Beachtung schenken.
  • Ob Tauwasser auf der Oberfläche eines Bauteils auftritt oder nicht, hängt davon ab, ob dessen Oberflächentemperatur größer oder kleiner als die Taupunkttemperatur der angrenzenden Luft ist, also von deren Temperatur und Wasserdampfgehalt.
  • Ein Tauwasserniederschlag auf Bauteiloberflächen entsteht immer dann, wenn die Temperatur der Oberfläche von Bauteilen niedriger ist als die Taupunkttemperatur der sie berührenden Luft.
  • Um Tauwasserbildung zu vermeiden, müssen das Raumklima und die Oberflächentemperatur der Bauteile so aufeinander abgestimmt sein, dass kein Kondensat anfällt.
  • Estriche trocknen nur aus, wenn die Temperatur des Estrichs mindestens 3 °C über dem Taupunkt der Raumluft liegt und gleichzeitig eine Luftbewegung vorhanden ist.
  • Das BEB-Merkblatt „Bauklimatische Voraussetzungen zur Trocknung von Estrichen“ liefert wichtige Hinweise für Estrich-, Boden- und Parkettleger.

Baustellenklima prüfen

Die klimatischen Bedingungen auf der Baustelle sowie Baukonstruktion und Nutzung sind entscheidende Einflussgrößen. Wichtige Hinweise dazu liefert besagtes BEB-Merkblatt „Bauklimatische Voraussetzung zur Trocknung von Estrichen“. In diesem Merkblatt wird deshalb zurecht ausgeführt, dass Estriche nur austrocknen, wenn die Temperatur des Estrichs mindestens 3 °C über dem Taupunkt der Raumluft liegt und gleichzeitig eine Luftbewegung vorhanden ist. In diesem Merkblatt ist eine Tabelle aufgeführt, aus der die erforderliche Oberflächentemperatur des Untergrundes abgelesen werden kann, ab der der Estrich austrocknet. So ist beispielsweise nach dieser Tabelle bei einer Lufttemperatur von 20 °C und einer relativen Luftfeuchtigkeit von 50 % eine Oberflächentemperatur von mindestens 12,3 °C erforderlich, damit der Estrich austrocknen kann. Um festzustellen, ob der Estrich in der Lage ist auszutrocknen, muss Folgendes geprüft werden:

  • Messen der Lufttemperatur
  • Messen der relativen Luftfeuchtigkeit
  • Messen der Untergrund-/Estrichtemperatur

Auswirkungen von Tauwasserbildung auf die Verlegearbeiten

Abgeplatzte Spachtelmasse durch nachschiebende Feuchte
Abgeplatzte Spachtelmasse durch nachschiebende Feuchte. - © Steinhäuser

Welche Auswirkungen hat die Tauwasserbildung bei Estricharbeiten, Parkett- und Bodenbelagsarbeiten? Hier muss man zwischen saugfähigen und nicht saugfähigen Untergründen unterscheiden.

Erfolgt die Tauwasserbildung auf saugfähigen Untergründen, wie mineralischen Estrichen oder mineralischen Spachtelmassen, wird das Tauwasser von diesen Untergründen aufgesogen (Sorption). Kurzzeitige Wasseraufnahme durch die saugfähigen Untergründe hat in der Regel keinen Schaden zur Folge. Länger andauernder und intensiver Tauwasserniederschlag führt zur sogenannten Rückfeuchtung (Wiederauffeuchtung) des Estrichs und der Spachtelmasse. Die Rückfeuchtung kann so intensiv sein, dass der Estrich und die Spachtelmasse plötzlich wieder zu feucht und somit nicht verlegereif sind. Deshalb ist es ja auch so wichtig, dass Parkett- und Bodenleger unmittelbar vor der Verlegung die Estrichfeuchte mit dem CM-Gerät ermitteln.

Zementestriche sind feuchtigkeitsunempfindlich. Hier wird bei einer Rückfeuchtung nichts am Estrich passieren. Calciumsulfat-/Calciumsulfatfließestriche, Magnesia- und Steinholzestriche sind empfindlich gegen ständig einwirkende Feuchtigkeit. Sie werden weich, verlieren ihre Tragfähigkeit und Festigkeit, es kann zu Materialeinbrüchen und Geruchsbelästigungen kommen. Trockenestriche (bis auf zementgebundene), Span- und OSB-Platten vertragen ebenfalls keine ständige Durchfeuchtung. Die Platten verformen sich und zeichnen sich dann im Oberbelag ab bzw. es lösen sich die Verlegewerkstoffe und Oberbeläge vom Untergrund ab.

Die saugfähigen Untergründe müssen das Überschusswasser aus dem Tauwasserniederschlag (Rückfeuchtung) wieder an die Raumluft abgeben (Desorption), um die für die Belegreife erforderlichen Feuchtegehalte der Estriche zu erreichen.

Tauwasserbildung auf nicht saugenden Untergründen führt zu einem Tauwasserfilm, der als Trennmittel auf diesen Untergründen liegt. Auf diesen Tauwasserfilm kann auf keinen Fall grundiert, gespachtelt oder geklebt werden, da die Verlegewerkstoffe so keine feste Verbindung zum Untergrund erzielen können. Der Tauwasserfilm muss restlos entfernt sein, bevor auf den nicht saugenden Untergründen Oberbeläge schadensfrei verlegt werden können.

Fazit

Um Tauwasserbildung zu vermeiden, müssen das Raumklima und die Oberflächentemperatur der Bauteile so aufeinander abgestimmt sein, dass kein Kondensat anfällt. Mithilfe der Taupunkttabelle sowie der Messung der Lufttemperatur, der relativen Luftfeuchte und der Untergrundtemperatur kann genau ermittelt werden, wann auf der Bauteiloberfläche Tauwasser anfällt und wann nicht.

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    Wellen und Beulen wg hoher Untergrundfeuchte
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    Wellen und Beulen in einem PVC-Belag aufgrund zu hoher Untergrundfeuchte.
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    Abgeplatzte Spachtelmasse durch nachschiebende Feuchte
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    Abgeplatzte Spachtelmasse durch nachschiebende Feuchte.
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    Entfernen des Bodenbelages Untergrundfeuchte.
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    Entfernen des Bodenbelages aufgrund zu hoher Untergrundfeuchte.