Wie man Terminbaustellen stressfrei meistert

Wenn Böden im Objekt quasi über Nacht saniert werden sollen, muss alles reibungslos laufen und der Handwerker genau wissen, was zu tun ist. Wie man solche Baustellen stressfrei meistert und hohe Ausfallkosten vermeidet, zeigt nachfolgender Beitrag.

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    Stressfrei durch die Nacht
    © Mapei
    Schnellspachtelmassen mit hoher kristalliner Wasserbindung, wie sie beispielsweise Mapei ­anbietet, sind bereits nach ca. 2 Stunden belegreif und können so viel Zeit sparen.
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    Stressfrei durch die Nacht
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    Zur Entfernung alter Klebstoff- und Spachtelmassenschichten sollte die Wahl auf möglichst ­effiziente und schonend abtragende Techniken fallen, z. B. Horizontalfräsen.
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    Stressfrei durch die Nacht
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    Zum Absperren von Feuchte können auch Dispersions-Sperrgrundierungen für bestimmte Anwendungen eingesetzt werden. Diese haben vor allem einen Zeitvorteil hinsichtlich der Trocknung.

Sanierungen im Bestand verlangen dem ausführenden Handwerker generell schon einiges an Fachkompetenz, handwerklichem Können, sicheren Produktlösungen und normativ juristischem Wissen ab. Nirgends sonst trifft die Theorie des Planers auf die Realität der Baustelle: Altuntergründe , minderfeste Schichten, unpassendes Raumklima, Verschmutzungen durch andere Gewerke – die typischen Herausforderungen von Baustellen im Bestand kennt nahezu jeder Verleger.

Wenn dann zu den typischen Sanierungsherausforderungen noch ein enormer Zeitdruck kommt, ist Stress vorprogrammiert. Ganz besonders trifft dies bei Verlegearbeiten in Ladenlokalen, Verkaufsgeschäften, Krankenhäusern, Flughäfen, Bahnhöfen, Arztpraxen etc. zu. Denn nur wenn diese Bereiche auch in Betrieb sind, kann Umsatz generiert werden. Demnach ist hier Zeit immer gleich Geld.

Ein Beispiel: Für ein unbelegtes Krankenhausbett kalkuliert der Krankenhausbetreiber schätzungsweise ca. 1.000 € Ausfallkosten pro Tag. Da leuchtet es ein, dass sich der Handwerksbetrieb bei der Ausführung seiner Leistung nicht den geringsten Fehler erlauben darf. Man stelle sich vor, ein sanierter Krankenhaus-Trakt kann nicht in Betrieb genommen werden, weil nach der Verlegung der Bodenbeläge die Spachtelmasse abplatzt! Daher ist es im Vorfeld wichtig, dass der ausführende Bodenleger sich möglichst gut auf alle potenziellen Herausforderungen vorbereitet. Nachfolgend einige Hinweise, an welchen man sich bei der Vorbereitung gut orientieren kann.

Den Zeitrahmen festlegen

Zunächst ist mit dem Auftraggeber abzustimmen, innerhalb welchen Zeitfensters die Sanierung überhaupt möglich ist. Dies richtet sich selbstverständlich nach der Flächengröße und den vorzunehmenden Arbeiten. Aber auch die Wartezeiten nach den einzelnen Arbeitsschritten sind zu berücksichtigen. Soll beispielsweise eine Verkaufsfläche in einem Einkaufszentrum über das Wochenende zur Sanierung der Bodenbeläge gesperrt werden, kann die Untergrundvorbereitung ja nur am ersten Tag und die Verlegung am zweiten Tag ausgeführt werden. Die Spachtelmasse trocknet dabei über Nacht.

Stressfrei durch die Nacht
Zum Absperren von Feuchte können auch Dispersions-Sperrgrundierungen für bestimmte Anwendungen eingesetzt werden. Diese haben vor allem einen Zeitvorteil hinsichtlich der Trocknung. - © Mapei

Je nach Flächengröße ist dann eine entsprechende Anzahl an Mitarbeitern zur Verfügung zu stellen – als Faustformel: ein Mitarbeiter pro 50 m² (wobei dies sicherlich je nach Art der Untergrundvorbereitung, des Belages etc. im Einzelfall zu betrachten ist). Kommen nun weitere Arbeitsschritte oder Maßnahmen hinzu, die schon im Vorfeld ersichtlich sind, z. B. Absperrmaßnahmen gegen Feuchte, Verschweißen des Bodenbelages, nachträgliche Einpflege des Bodenbelages etc., sind entsprechend mehr Tage für die Arbeiten einzuberechnen. Eine offene Kommunikation mit dem Auftraggeber ist hier wichtig. Ein Fehler ist es, die Arbeiten zunächst zuzusagen und sich erst dann Gedanken über die Realisierbarkeit zu machen.

Die Baustelle takten

Steht nun der Zeitrahmen für die Ausführung, sind die Voraussetzungen für den Beginn der Arbeiten in Absprache mit dem Auftraggeber zu definieren. Diese richten sich sicherlich auch wieder nach der jeweiligen Baustelle. Typische Voraussetzungen, die geschaffen werden müssen, sind die folgenden:

  • Die Flächen müssen frei sein. Kommt der Verlegetrupp auf die Baustelle und fängt erst an, die Krankenhausbetten aus den Patientenzimmern zu schieben, ist von Seiten des Auftraggebers hier sicherlich etwas bei der Planung falsch gelaufen.
  • Es dürfen keine anderen Gewerke mehr tätig sein. Bei einem besonders engen Zeitplan muss der Bodenleger sich frei auf der Fläche bewegen können und darf nicht von anderen Gewerken gestört werden.
  • Das vorherrschende Raumklima muss den Vorgaben der DIN 18365 entsprechen. Nur so kann sichergestellt werden, dass die kalkulierten Wartezeiten auch eingehalten werden können. So variieren die Trocknungs- und Wartezeiten in Abhängigkeit von Temperatur und relativer Luftfeuchtigkeit. Auch hier gilt: Für die Einstellung des Raumklimas ist der Auftraggeber verantwortlich. Liegt das Raumklima außerhalb der Normvorgaben, unbedingt Bedenken anmelden, ansonsten drohen Schäden wie Abplatzungen, Stippnähte oder Blasenbildung.
  • Die Bodenbeläge und Verlegewerkstoffe müssen rechtzeitig angeliefert und vorab akklimatisiert werden. Hier ist eine rechtzeitige Abstimmung mit den Lieferanten sinnvoll, damit es nicht plötzlich zur Verzögerung aufgrund von nicht lieferbarem Material kommt. Eine Akklimatisierung kann entweder vor Ort vorgenommen werden, sofern dies möglich ist, z. B. in Lagerräumen oder angrenzenden Flächen, oder das Material wird in temperierten Containern just-in-time geliefert.
  • Den Umfang der Arbeiten festlegen, vor allem im Hinblick auf die notwendige Untergrundvorbereitung. Es sollte versucht werden, im Vorfeld stichprobenartig Einblick in die Untergrundkon­struktion zu nehmen, um die erforderlichen Maßnahmen abschätzen und definieren zu können. Insbesondere wenn alte Schichten entfernt werden müssen, ist genug Zeit für die Arbeiten einzukalkulieren, da oft nicht bekannt ist, wie gut sich alte Schichten tatsächlich entfernen lassen.

Bedenken anmelden

Wichtig ist zu wissen, dass der Auftraggeber für die Schaffung der erforderlichen Rahmenbedingungen für die Ausführung der Arbeiten verantwortlich ist. So schuldet der Auftraggeber dem Auftragnehmer für Bodenbelagsarbeiten beispielsweise einen belegreifen Untergrund und das passende Verlegeklima. Trifft eine Voraussetzung nicht zu, sollte der Bodenleger sofort die Arbeiten einstellen und eine Behinderungsanzeige schreiben. Das klingt zunächst nach einem harten Vorgehen, ist aber wichtig, denn: Ist der Bodenleger für den Verzug seiner Leistung nicht verantwortlich, muss er sich zwingend selbst schützen, damit der Verzug nicht ihm angelastet wird.

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Zur Entfernung alter Klebstoff- und Spachtelmassenschichten sollte die Wahl auf möglichst ­effiziente und schonend abtragende Techniken fallen, z. B. Horizontalfräsen. - © Mapei

Ein Beispiel dazu: Beträgt das Raumklima zum Zeitpunkt der Untergrundvorbereitungsmaßnahmen 12 °C Raumtemperatur und 75 % rel. Luftfeuchte, verzögert sich die Trocknung der Grundierung und der Spachtelmasse erheblich – von anderen möglichen Risiken wie Ablösungen, Geruchsbildungen etc. ganz abgesehen. Da die Spachtelmasse aber am nächsten Morgen trocken und belegreif sein muss, kann es passieren, dass der Zeitplan nicht mehr eingehalten werden kann, wenn die Spachtelmasse am nächsten Tag eben noch nicht belegreif ist. In diesem Fall sollte der Bodenleger nicht den Fehler machen und auf eigene Verantwortung handeln, nach dem Motto: „Keine Zeit sich abzustimmen, wird schon irgendwie gut gehen…“ Handelt er nämlich eigenmächtig, so haftet er in dem Moment auch für seine Ausführung. Daher sollte er tunlichst Bedenken anmelden und eine Behinderungsanzeige stellen, denn nur so wird der Verantwortliche – also der Auftraggeber – auch zur Verantwortung gezogen.

Lösungen bei Verzug

Selbstverständlich gibt es auch Möglichkeiten, verlorene Zeit wieder reinzuholen. Das beste Beispiel sind Schnellspachtelmassen auf Basis von Ton-Erde-Schmelzzement mit einer hohen kristallinen Wasserbindung. Diese sind in nur wenigen Stunden, meist ca. 2 Stunden, bereits belegreif, da nahezu das gesamte Anmachwasser chemisch gebunden wird. Dadurch entfällt die Trocknung der Spachtelmasse über Nacht, sodass nahezu nahtlos weitergearbeitet werden kann. Natürlich sind dazu noch weitere Voraussetzungen zu schaffen, z. B. ausreichend verfügbare Mitarbeiter, die auch im Zweischichtbetrieb arbeiten können, durchgängiger Zugang zu den Räumlichkeiten und die Möglichkeit, auch nachts Lärm produzieren zu können. Auch diese Punkte sollten im Vorfeld als „Notfallplan“ mit dem Auftraggeber abgestimmt werden. Auch hier gilt wieder: Nicht eigenmächtig entscheiden, sondern das Vorgehen zunächst mit dem Auftraggeber abstimmen, wenn auf den Notfallplan umgestellt werden soll. Hier ein paar weitere Beispiele, um verlorene Zeit aufzuholen:


  1. Maschinentechnik vorhalten!
    Wie schon zuvor beschrieben, kann der Verleger vor Beginn der Verlegearbeiten meist nur stichprobenartig Einsicht in den vorhandenen Bodenaufbau nehmen. Die Entfernung des Altbelages ist somit oftmals ein Lotteriespiel . Müssen alte Schichten entfernt werden, empfiehlt sich ein mechanischer, allerdings für den Untergrund schonender Abtrag mit z. B. Horizontalfräsen, Diamantschleifen o. ä. Die entsprechende Maschinentechnik sollte daher zur Verfügung stehen, auch wenn im Vorfeld mit dem Auftraggeber besprochen wurde, dass auf seinen Wunsch hin auf den bestehenden alten Schichten aufgebaut werden soll. Die Festigkeit und Tragfähigkeit der alten Schichten lässt sich oftmals erst nach vollständiger Belagsentfernung richtig beurteilen.
  2. Auf gleicher Materialbasis arbeiten
    Das bedeutet z. B. mit Zementspachtelmasse auf einen Zementestrich bzw. mit ­Calciumsulfatspachtelmasse auf einen Cal­cium­sulfatestrich zu spachteln. Dadurch werden Risiken von Ablösungen oder Wechselwirkungen minimiert. Zudem ergeben sich so meist eine reduzierte Trocknung der Grundierung und kürzere Wartezeiten . Wird beispielsweise mit einer Ze­mentspachtelmasse auf einen Calciumsulfatestrich gespachtelt, ergeben sich – natürlich in Abhängigkeit des jeweiligen Herstellers und Produktes – unter Umständen längere Wartezeiten.
  3. Mit Dispersionssperrgrundierung absperren
    Neuartige Sperrgrundierungen auf Basis von PVDC (Polyvinylidenchlorid) bieten im Vergleich zu klassischen Epoxidharzgrundierungen eine Menge Vorteile. Hier sei vor allem der Zeitvorteil genannt: So können in der Regel beide Aufträge zur Erzielung der Sperrwirkung an einem Tag aufgebracht und anschließend – sofern die Flächengröße dies zulässt – sogar am selben Tag noch gespachtelt werden. Ein Abstreuen mit Quarzsand oder der Auftrag einer zusätzlichen haftvermittelnden Grundierung entfällt. Bei Epoxidharzen wird in der Regel mit zwei Tagen nur für den Auftrag und die Trocknung der Grundierung gerechnet. Aber Achtung: Der Einsatzbereich von Dispersionssperrgrundierungen ist im Vergleich zu Epoxidharz beschränkt , daher im Vorfeld genau erkundigen!
  4. Universell einsetzbare Produkte bevorzugen
    Gerade bei neuen Shop-Konzepten oder Shop-in-Shop-Systemen werden in einem Objekt oftmals verschiedene Bodenbeläge gleichzeitig verlegt. Um hier die Baustellenlogistik stets im Griff zu haben, empfiehlt sich die Verwendung eines universellen Klebstoffes. Generell sind sogenannte „Premium-Produkte“ mit hohem Leistungsspektrum, universeller Anwendung, schneller Trocknung/Aushärtung und starken Endeigenschaften bei Stressbaustellen zu bevorzugen. Denn nur so kann der Bodenleger den Anforderungen hinsichtlich unbekannter Untergründe, Vielzahl an Belägen, schneller Baufortschritt etc. gerecht werden. Ein Arbeiten im System ist dabei unerlässlich .
  5. Das notwendige Augenmaß bewahren
    Das bedeutet: Schnell reagieren mit dem Einsatz spezieller Produkte auf der einen Seite; schnell Bedenken anmelden, wenn erforderlich, auf der anderen Seite. Nur so können ein Stillstand der Baustelle sowie Schäden des Aufbaus vermieden werden. Eine Absicherung des eigenen Unternehmens ist dabei sicherlich genauso wichtig wie die Zufriedenheit des Auftraggebers .
Grundsätzlich geht aus den oben genannten Punkten eines hervor: Es gibt kein Pauschalrezept für jede Baustellensituation. Im Gegenteil ist hier die Erfahrung des Verlegers gefragt, welche Lösung am besten zum Einsatz kommt und wie er sich auf die jeweilige Baustelle vorbereitet. Es macht Sinn, sich im Vorfeld für die typischen Szenarien die entsprechenden Systemlösungen zurechtzulegen, damit man im Bedarfsfall kurzfristig darauf zurückgreifen kann. Wichtig sind immer eine offene Kommunikation und Abstimmung mit dem Auftraggeber. Dabei sollten die Planung und vor allem die Entscheidung über das Vorgehen immer vom Auftraggeber gefällt werden. Nichtsdestotrotz kann der Verleger als Fachmann dem Bauherrn gegenüber Möglichkeiten und Lösungen aufzeigen, auch kurzfristige Baustellen innerhalb kürzester Zeit zu realisieren.

Der Autor Maik Evers ist Experte der
Mapei-Anwendungstechnik.