Estriche, Industrieböden und gestaltete mineralische Fußböden Wie lange beträgt die Nutzungsdauer?

Peter Kunert stellt in seinem Fachbericht die Nutzungs- und Lebensdauer von Estrichen und gestalteten mineralischen Fußböden im Wohnungs- und Objektbau sowie von Nutzböden im Industriebau gegenüber.

Nutzungsdauer Estriche
Estriche, Industrieböden und gestaltete mineralische Fußböden: Die Nutzungsdauer hängt nicht nur von der Frequentierung, sondern zudem stark von der vorhandenen Beanspruchung der Fußbodenkonstruktion und auch von der Häufigkeit vorgenommener Belagswechsel ab. - © Holzmann Medien/Wolfram Steinhäuser

Über die Nutzungs- und Lebensdauer, Zeitwerte und Wertminderungen von Bodenbelägen wurden in den vergangenen Jahren verschiedene Fachbeiträge und Richtlinien veröffentlicht. Zur möglichen Nutzungsdauer von den unter Bodenbelägen befindlichen Untergründen, im Regelfall zumeist schwimmende oder auf Trennschicht verlegte Estriche, existieren dagegen in der Literatur nur sehr allgemeine, zum Teil mehrere Jahrzehnte alte Richtwerte in Bandbreiten, die den heutigen technischen Stand nur noch bedingt darstellen dürften. Zu Industrieböden und gestalteten mineralischen Fußböden (den sog. „Designestrichen“) sind Richtwerte über mögliche Nutzungsdauern, abgesehen von der steuerlichen Abschreibungszeit, nach derzeitigem Kenntnisstand des Verfassers überhaupt nicht verfügbar.

Was versteht man unter ­Nutzungsdauer?

Gegenüberstellung technischer Nutzungsdauer Estrich, mineralische Fußböden Abdichtungen
© 2022: Dipl.-Ing. FH Peter Kunert

Unter dem Begriff Nutzungsdauer wird nach allgemeinem Verständnis der Zeitraum verstanden, über den ein Bodenbelag, ggf. eine Fußbodenkonstruktion, nach allgemeiner Erfahrung bei gebrauchsüblicher Beanspruchung genutzt wird [5]. In anderer Literatur [4] wird der Begriff „Wirtschaftliche Nutzungsdauer“ verwendet. Darunter wird der Zeitraum verstanden, in dem es ökonomisch sinnvoll erscheint die Fußbodenkonstruktion/den Belag auch unter Berücksichtigung etwaig veränderter Nutzeransprüche zu nutzen.
Die Verfasser des Forschungsberichts [1] weisen unter anderem darauf hin, dass es nicht als zielorientiert angesehen wird, eine Mindest- und Höchstlebensdauer zu finden, sondern einen Zeitpunkt als Erwartungshorizont anzugeben, der der Höchstlebensdauer nahe kommt.
Nach Auffassung einschlägiger Experten stützt sich die Lebensdauer nicht nur auf die Qualität der Baustoffe, sondern unter anderem auch auf die Qualität der Ausführung, die laufende Unterhaltung sowie mögliche äußere Einflüsse. Bei der Angabe von Lebensdauern werden daher eine normale Benutzung und übliche, gute Instandhaltung zugrunde gelegt [3].
Die mögliche Nutzungs-, Gebrauchs- oder Lebensdauer von Estrichen und Industrieböden hängt nicht nur von der Frequentierung, sondern zudem stark von der vorhandenen Beanspruchung der Fußbodenkonstruktion und zum Beispiel auch von der Häufigkeit vorgenommener Belagswechsel ab, die eine weitere Reduzierung vorgeschlagener Jahresangaben erforderlich machen kann.

Einfluss von Reinigung und Pflege auf die Lebensdauer

Einen großen Einfluss auf die tatsächliche Lebensdauer nehmen eine sachgerechte Reinigung und Pflege, die Reinigungszyklen sowie eine ordnungsgemäße Instandhaltung der Beläge und der darunterliegenden Estriche.

Bei den Jahresangaben in der Tabelle wird daher mindestens eine den Fachregeln entsprechende handwerkliche Ausführung unter Verwendung handelsüblicher und geeigneter Baustoffe vorausgesetzt. Zudem muss während der gesamten Nutzung eine ordnungsgemäße Instandhaltung und wiederkehrende sachgerechte Reinigung erfolgen. Die unterschiedlich mögliche Frequentierung und Beanspruchung werden in die drei Bereiche leicht, mittel und hoch unterteilt.

In der rechten Spalte der Tabelle sind zum Vergleich einige Angaben aus verfügbarer Literatur eingefügt. Die in [ ] Klammern angegebenen Zahlen weisen auf die Fundstellen gemäß dem am Ende der vorliegenden Ausarbeitung abgedruckten Literaturverzeichnis hin.
Zur Vervollständigung des Komplettpakets „Fußbodenkonstruktionen“ wurden zusätzlich zu Estrichen einige Angaben zu Industrieböden, gestalteten mineralischen Fußböden (den sog. „Designestrichen“) und Abdichtungen in die Tabelle eingearbeitet.

Richtwerte zur Nutzungsdauer von Estrichen, gestalteten mineralischen Fußböden und Industrieböden

Die angegebenen Jahreszahlen sollen den Leser keinesfalls dazu verleiten, diese als verbindlich anzusehen. Vielmehr ist beabsichtigt, damit Richtwerte anzubieten, nicht zuletzt in der Hoffnung, dass zukünftig weitere Ergänzungsvorschläge aus der Fachbranche zur Optimierung eingebracht werden.

Für die Erarbeitung der Tabelle stand dem Verfasser die im nachfolgenden Verzeichnis angegebene Literatur zur Verfügung, die für jeden Einzelfall und bei objektspezifischen Beurteilungen insbesondere auch bei Holz-, textilen und elastischen sowie Fliesenbelägen im Bedarfsfall zurate gezogen werden sollte.

Literatur

[1] Lebensdauer der Baustoffe und Bauteile Aktenzeichen: Z 6 - 5.4-02.05 / II 13 - 80 01 02 – 05, Institut für Bauforschung e.V., An der Markuskirche 1, 30163 Hannover
[2] ISP Merkblatt 37, Interessengemeinschaft der Schweizerischen Parkett-Industrie, ISP Technik, Postfach 218, CH-3627 Heimberg, Ausgabe 02/13
[3] Ross Brachmann Holzer, Ermittlung des Bauwertes von Gebäuden und des Verkehrswertes von Grundstücken, 28. Aufl., 1997, Theodor Oppermann Verlag Hannover
[4] Nutzungsdauerkatalog baulicher Anlagen und Anlagenteile, herausgegeben vom Hauptverband der allgemein beeideten und gerichtlich zertifizierten Sachverständigen Österreichs, Landesverband Steiermark und Kärnten, Ausgabe Juni 2020
[5] Leitfaden zur Ermittlung von Zeitwerten und Wertminderungen von Bodenbelägen; Bundesverband der vereidigten Sachverständigen für Raum und Ausstattung e. V. (BSR), D-53177 Bonn, Fraunhofer IRB Verlag; Ausgabe 2001.

Der Autor

Peter Kunert
Dipl.-Ing. (FH) Peter Kunert ist von der Handwerkskammer für Mittelfranken in ­Nürnberg öffentlich bestellter und vereidigter Sachverständiger für das Estrichlegerhandwerk und Inhaber des gleichnamigen Ingenieurbüros für Fußbodentechnik in Erlangen. - © Kunert