Auf was legen Boden- und Parkettleger bei Klebstoffen und Verlegewerkstoffen wert? Ist es mehr als nur Anwendungssicherheit und Gesundheitsschutz? Macht die Industrie alles richtig? Vier Praktiker schildern ihre Erfahrungen.
bwd Setzen Sie bei der Anwendung von Bodenbelagsklebstoffen eher auf Allround- oder Spezialprodukte?
Jens Bader Bei der Anwendung von Bodenbelagsklebstoffen setzen wir in unserem Unternehmen ausschließlich auf Spezialprodukte für den jeweiligen Bodenbelag oder das jeweilige Parkett. Speziell ausgelobte Produkte für die jeweilige Anwendung bringen aus unserer Sicht nochmals mehr Sicherheit und sind zumeist in der Verarbeitung besser eingestellt als Allroundprodukte.
Felix Bauer Es ist wichtig, seine Produkte und deren Anwendungsbereich genau zu kennen und somit die richtige Wahl für die jeweiligen Baustellen zu treffen. Wir sind viel im Renovierungsbereich tätig, da kommt man um Sonderkonstruktionen mit Spezialprodukten häufig nicht herum, um das gewünschte Ergebnis zu erzielen.
Konstantin Blum Überwiegend Spezialprodukte. Wir haben für jedes Produkt einen oder sogar mehrere Klebstoffe auf Lager. So sind wir immer richtig aufgestellt, egal ob wir im exklusiven Privatbereich, im sozialen Wohnungsbau oder im Großobjekt unterwegs sind.
Peter Gangkofner Allroundprodukte haben im Normalfall eine höhere Sicherheit aber auch einen höheren Preis. Für kleine Flächen sind Allroundprodukte sehr hilfreich, da diese weniger Lagerhaltung benötigen, was wiederum zu einer geringeren Kapitalbindung beiträgt. Für größere Flächen ist das Spezialprodukt dann aber die erste Wahl.
bwd Kann man bei der Auswahl des richtigen Klebstoffs angesichts der hohen Qualitätsstandards und der hohen Anwendungssicherheit bei der Belagsverlegung eigentlich noch etwas falsch machen?
Jens Bader Auch mit der richtigen Auswahl des Klebstoffes können bei der Anwendung auf der Baustelle weiterhin Fehler passieren. Es kann deshalb nicht ausgeschlossen werden, dass z.B. bei 2 K-Produkten Mischungsfehler entstehen oder bei einem Dispersionsklebstoff, egal ob es sich hierbei um einen sogenannten Allround-/ oder um einen spezialisierten Klebstoff handelt, aufgrund von äußeren Einflüssen, wie z.B. starke Sonneneinstrahlung während der Verlegung, in Teilbereichen die Einlegezeit überschritten wird.
Felix Bauer Unter den namhaften Herstellern sind die Qualitätsstandards sehr hoch und sicherlich bietet jeder Klebstoffsysteme an, die auch sehr gut funktionieren. Im Detail gibt es dennoch Unterschiede, die für uns sehr wichtig sind, um für unsere Kunden in der speziellen Anwendung das optimale Ergebnis mit einer möglichst langen Haltbarkeit zu erreichen.
Konstantin Blum Ich denke schon. Gerade bei 2-K-Produkte ist es wichtig, immer ganze Gebinde anzumischen. Beim Anmischen von Teilmengen können sich schnell Fehler einschleichen, wodurch die Aushärtung nicht funktioniert oder der Klebstoff zu schnell reagiert. Auch bei schlechten klimatischen Verhältnissen sind Probleme möglich. Achtet der Verleger nicht auf die richtigen Untergrundtemperaturen (zu kalt oder zu heiß) oder Luftfeuchtigkeiten wird es problematisch. Gerade bei zu kalten Bedingungen im Winter oder bei großen Fensterfronten im Sommer muss man Vorkehrungen treffen, um hier keine Schäden zu riskieren.
Peter Gangkofner In der Theorie kann man eigentlich nichts mehr falschmachen. Leider ist die Praxis aber anders. Die Baustellenbedingungen sind viel zu vielseitig. Zu kalt, zu warm, zu feuchter Untergrund, verunreinigter Untergrund, mit dem Einlegen des Belags zu lange gewartet, nicht genügend ebener Untergrund und vieles mehr. Angesichts der doch zu unterschiedlichen Baustellenbedingungen gibt es eine Vielzahl von Gegebenheiten, bei denen auch der beste Belagskleber nicht mehr funktionieren kann.
bwd Wie gehen Sie mit den gesundheitlichen Aspekten von Verlegewerkstoffen um, insbesondere in Bezug auf Emissionen?
Jens Bader Wo es technisch möglich ist, werden bei uns ausschließlich Produkte mit geringen Emissionen verarbeitet.
Felix Bauer Ein „gesundes Produkt“ ist uns und unseren Mitarbeitern eben so wichtig wie den meisten Bauherren selbst. Im modernen Bauen gibt es mittlerweile ausreichend Alternativprodukte zu veralteten und emissionsreichen Klebstoffen. Mit entsprechender Beratung kann dies für den Kunden die Wahl des richtigen Verlegers bzw. Produkts vereinfachen.
Konstantin Blum Wir verwenden nach Möglichkeit immer die Produkte mit der geringsten Emissionsbelastung. Manchmal gibt es keine passenden Alternativprodukte oder die Einschränkungen sind zu groß, dann muss natürlich auch mal das Epoxidharz verwendet werden oder der PU-Kleber. Hier sind unsere Mitarbeiter aber mit dem Umgang geschult und verarbeiten die Produkte möglichst verantwortungsbewusst.
"In Zukunft wird die Fähigkeit des Recycelns immer relevanter werden."
Felix Bauer
Peter Gangkofner Die modernen Verlegewerkstoffe sind mit wenigen Ausnahmen (z.B. Neoprenekleber, Epoxidharze, PU Kleber und Vorstriche) auf einem sehr guten Stand. Allerdings wird die Zukunft zeigen, ob nicht doch noch die eine oder andere problematische Zusammensetzung enthalten. Solche Dinge kommen oft im Laufe der Jahre auf, nachdem mehr Daten zur Verfügung stehen wie zum Beispiel bei Asbest.
bwd Welche Rolle spielen Umweltzertifizierungen wie der Blaue Engel oder EMICODE bei Ihrer Produktauswahl?
Jens Bader Gerade bei bauchemischen Produkten, die für die jeweilige Anwendung spezialisiert sind, ist es mittlerweile Standard, dass diese Produkte Umweltzertifizierungen wie EMICODE oder den Blauen Engel tragen. Auch die Nachfrage nach solchen bauchemischen Produkten, die diese Umweltzertifizierung besitzen, nehmen bei den Endverbrauchern zu. Dementsprechend ist dies mittlerweile auch bereits bei der Beratung ein Thema. Auch bei Aufträgen der öffentlichen Hand, wie z.B. Kindergärten oder Schulen, werden von uns ausschließlich bauchemische Produkte mit einer Umweltzertifizierung eingesetzt. Die meisten Endkunden aber auch Planer und Architekten können mit der Umweltzertifizierung Blauer Engel am meisten anfangen. Hingegen sind Umweltzertifizierungen wie z.B. EMICODE EC 1 Plus, deutlich mehr erklärungsbedürftig.
"Der Trend geht in Richtung Gesundheit, bessere Verarbeitung und größerer Fehlerverzeihen."
Peter Gangkofner
Felix Bauer Wir sind fast ausschließlich im Privatkundensegment tätig. Hier merken wir, dass besonders der Blaue Engel aufgrund seiner Bekanntheit bei vielen Bauherren wichtig ist und sie für diesen auch gern einen Aufpreis in Kauf nehmen. Der Emicode spielt hier eine geringere Rolle.
Konstantin Blum Gerade bei öffentlichen Auftraggebern oder privaten Bauherren, die beispielsweise durch Zertifizierungen Fördermittel einkalkuliert haben, spielt dies eine große Rolle. Wir hatten schon mehrfach Kunden, bei denen der Blaue Engel ganz oben auf der Liste stand und kein anderes Produkt verwendet werden durfte.
Peter Gangkofner Der Blaue Engel spielt für die Auswahl bei uns im Betrieb keine Rolle. Das ist eher was für den Privatkunden. Wenn die Produkte in der Verarbeitung und im Ergebnis gleichwertig sind, werden wir gerne zu einem Produkt mit einem besseren EMICODE greifen. Bei Produkten, welche aber in der Qualität Abstriche, machen, ist uns die Qualität am Ende dann doch wichtiger.
bwd Wie hat sich die Verwendung von Verlegewerkstoffen in den letzten Jahren verändert?
Jens Bader Bei den Verlegewerkstoffen ist eine stetige Weiterentwicklung festzustellen. Jedoch ist diese Weiterentwicklung der Produkte manchmal nicht immer zum Vorteil des Handwerkers. Gerade in den Verarbeitungseigenschaften werden manche Produkte nicht unbedingt besser. Trend ist es gerade, immer mehr „Schnellbauprodukte“ am Markt zu platzieren. Dies mag bei manchen Produktlinien wie z.B. Grundierungen durchaus sinnvoll sein, jedoch ist es bei Nivelliermassen, die eine mittelschnelle Belegung garantieren, nicht optimal. Die Verarbeitungseigenschaften leiden gerade bei schwierigen Raumzuschnitten oftmals in Form von einer zu kurzen Verarbeitungszeit.
"Gerade in den Verarbeitungseigenschaften werden manche Produkte nicht unbedingt besser."
Jens Bader
Felix Bauer Die Verarbeitung der Klebstoff wird immer einfacher und die potenziellen Fehlerquellen immer kleiner. In Kombination mit dem technischen Support der Industrie ist es auch für verwandte Berufe des Parkett- und Bodenlegers möglich, Bodenbelagsarbeiten durchzuführen.
Konstantin Blum Gerade solche Tatsachen wie die Diisocyanat-Zertifizierung bei PU-Produkten, Abstufungen von Produkten von EC1 Plus auf EC2 (Parkettlacke) oder die kommende Abstufung bei den Epoxis geben einem natürlich zu denken. Wir versuchen allerdings schon immer, am Puls der Zeit zu sein und stehen mit unseren Industriepartnern in engem Kontakt. So ist uns sehr daran gelegen, mit neuen Technologien und innovativen Verlegewerkstoffen die optimalen Lösungen einerseits für unser Mitarbeiter (Verarbeiter) andererseits auch für unsere Kunden (Nutzer) zu verwenden.
Peter Gangkofner Der Trend geht in Richtung Gesundheit, bessere Verarbeitung und größerer Fehlerverzeihung. Wie oben bereits erwähnt, werden sich viele Parameter erst im Laufe der Jahre beweisen müssen.
bwd Wie beurteilen Sie das Angebot für Bodenbelagsklebstoffen am Markt? Haben Sie Wünsche und Anregungen an die Hersteller und wenn ja welche? Wo gibt es Verbesserungsbedarf?
Jens Bader Es gibt am Markt ein ausreichendes Angebot an Bodenbelagsklebstoffen für alle Arten von Bodenbelägen und Parkett. Alle Klebstoffe sind im Rahmen Ihrer Auslobung gut funktionsfähig. Wünschenswert wäre, wenn die Hersteller zusätzlich zu der Entwicklung der Klebstoffe auch die jeweilige, für den Klebstoff abgestimmte Verlegemethode, prüfen würden und dementsprechend auch hier eine Weiterentwicklung stattfinden würde. Es wäre grundsätzlich zu prüfen, ob die uns bekannten Verlegemethode in der herkömmlichen Weise noch zeitgemäß sind.
"Wir hatten schon mehrfach Kunden, bei denen der Blaue Engel ganz oben auf der Liste stand."
Konstantin Blum
Felix Bauer In Zukunft wird die Fähigkeit des Recycelns immer relevanter werden. Besonders Altbeläge können nur schwer in den Kreislauf zurückgeführt werden, wenn alter Klebstoff an ihnen haftet. Hier wird es spannend, welche Lösungen die Industrie bieten kann.
Konstantin Blum Unsere Industriepartner machen das meiner Meinung nach schon sehr gut. Es gibt regelmäßig neue Nischen- oder Spezialprodukte, um einzelne Problemstellungen oder Schwierigkeiten immer wieder besser und effizienter zu lösen. Bei uns im Betrieb führen wir hierfür 1- bis 2-mal jährlich Produkt- und Verarbeitungsschulungen durch. So verhindern wir Fehler bei der Verarbeitung neuer Produkte und nicht nur der Chef, sondern das gesamte Team sind auf dem neusten Stand. Hier gibt es in der Branche sicherlich Verbesserungsbedarf. Grundsätzlich ist es hierfür auch ratsam, die Angebote der einzelnen Innungen oder des Bundesverbands wahrzunehmen. Hier sind die Kollegen der Industrie immer als Partner vor Ort und Problemstellungen oder Herausforderungen können im direkten Kontakt besprochen werden.
Peter Gangkofner Das Angebot ist sehr groß. Manchmal weiß man nicht, warum man für 2-Schicht-Parkett zehn verschiedene Kleber von einem Hersteller zur Auswahl hat. Hier würde eine Sortimentsbereinigung dem Verarbeiter die Auswahl erleichtern. Wenn sich in einem auf dem Markt befindlichem Produkt die Zusammensetzung ändert, sollte dies auf den Gebinden klar erkennbar sein.
Die Fragen stellte bwd-Redakteur Stefan Heinze.