Maler im Nebel: Weißlicher Schimmer auf dunklem Parkett

Wenn das dunkle, in der Oberfläche strukturierte Parkett unnatürliche weiße Schimmer und helle Flecken aufweist, werden sofort unterschiedlichste Theorien für die Ursachen aufgetischt. Dabei war im folgenden Fall die Schadensursache ziemlich naheliegend.

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    Schadensfall: Dunkles parkett mit hellen Flecken
    © Lysser
    Unnatürliche Formen der Weißverfärbungen.
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    Schadensfall: Dunkles parkett mit hellen Flecken
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    Weißer Schimmer auf dunklem Parkett.
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    Schadensfall: Dunkles parkett mit hellen Flecken
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    Unnatürliche Formen der Weißverfärbungen.
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    Schadensfall: Dunkles parkett mit hellen Flecken
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    Randbereiche mit viel weisssem Schimmer.
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    Schadensfall: Dunkles parkett mit hellen Flecken
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    Treppenrand­zonen ebenso mit heller Farbe.
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    Schadensfall: Dunkles parkett mit hellen Flecken
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    Schuhsohlenabdrücke
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    Schadensfall: Dunkles parkett mit hellen Flecken
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    Dunkle Flecken rund um die Kaminofen­bodenplatte.
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    Schadensfall: Dunkles parkett mit hellen Flecken
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    „Reparaturstellen“ mit hellen ­Flecken.
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    Schadensfall: Dunkles parkett mit hellen Flecken
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    Misslungene ­Fleckenentfernung.

Im Herbst wurde in einem Neubau im ganzen Haus Fertigparkett Eiche dunkel (Thermoeiche) mit gebürsteter und naturgeölter Oberfläche verlegt. Das Schiffbodendessin sollte zum Schluss gegen die Wände hin mit weißen Sockelleisten und bei Sichtanschlüssen mit elastischen Kittfugen fertig gestellt werden. Verschiedene Einbauschränke gelangten später auf das Parkett. Auch einige Treppenstufen konnten mit demselben Parkett verkleidet werden.

Die vom Parketthersteller vorgegebene und notwendige Erstbehandlung mit einem Pflegeöl erfolgte aber noch nicht. Dafür gelangte sofort nach dem Einbau des Holzbodens eine Abdeckung zum Einsatz, welche aber lediglich in Bahnen und nur im Bereich von Hauptverkehrsflächen eingesetzt wurde. So verlegte der Handwerker die Abdeckung auch nicht bis ganz zur Wand, da diese die nachträgliche Sockelleistenmontage nicht behindern sollte. Nach der Fertigstellung des Parketts und der Montage der Sockelleisten erfolgten noch verschiedene Detailarbeiten durch allerlei andere Gewerke . Zum Schluss dann entfernte das Reinigungsinstitut die Abdeckung und putzte das ganze Gebäude, bevor drei Tage später der Bezug der Villa erfolgte.

Schadensbild


Nachdem die Reinigungsfirma das Haus verlassen hatte, kamen diverse weißlich schimmernde Zonen auf dem neuen Boden zum Vorschein. Ebenso konnten im Parkett verschiedene kleine, rundliche und helle Flecken festgestellt werden. Und im Bereich der Kaminbodenplatte traten auf Parkett-Niveau rund um den Keramikbereich sehr dunkle Flecken auf.

Unter den Parteien wurden verschiedenste Ursachen aufgelistet: Das Parkett sei im Werk ungenügend vorbehandelt worden, die Abdeckung sei unsachgemäß montiert worden, die Reinigungsleute hätten ungeeignete Produkte verwendet, die Flecken würden von normaler Nutzung stammen oder zu guter Letzt auch, die Sonneneinstrahlung hätte zu den Verfärbungen geführt. Niemand aber wollte Verantwortung übernehmen und Zeit für weitere Abklärungen vor dem Einzug durch die Eigentümer war nicht vorhanden, so dass der Gutachter erst nach Bezug des neu erstellten Vielzimmerhauses vor Ort seine Arbeit verrichten konnte.

Beim Augenschein wurden unnatürliche Verfärbungen am Holzdielenboden festgestellt. Zum Teil wiesen die hellen und weißlich schimmernden Bereiche deutliche Abgrenzungen auf den dunklen Parkettoberflächen auf. Diese verliefen stellenweise auch schräg zu den Dielen. Die verbleibenden original dunklen Bereiche wiesen dazu unterschiedliche Größen und Formen auf. Da konnten schmale, dunkle Streifen innerhalb von hell verfärbten Parkettelementen, und dazu schräg zum Faserverlauf vorliegende Stellen, festgestellt werden. Auf der Treppe lagen links und rechts gegen außen hin ebenso helle Streifen vor, in der Mitte traten die Tritte perfekt dunkel auf.

In den Randbereichen der Bodenflächen, also vor den Wänden, waren überall helle Streifen von mehreren Zentimetern Breite feststellbar. Auch weiße Schuhabdrücke konnten divers und in verschiedenen Räumen ausfindig gemacht werden.

Viele kleine, helle Flecken innerhalb von einzelnen Dielen zeugten von nachträglicher Oberflächenbeeinträchtigung durch mechanisches Bearbeiten. Und das Parkett erschien über die gesamte Fläche von ca. 200 m2 in einer sehr desolaten Oberflächenoptik. Der Versuch des Experten beim Augenschein, mit örtlicher Intensivreinigung und einem Nachölen des Parketts die weißen Schimmer zu entfernen, führte nicht zum Erfolg. Die Farbunterschiede blieben bestehen.

Der Gutachter erklärte dem anwesenden Architekten beim Ortstermin (der Bauherr war nicht zugegen), dass weitere Untersuchungen im Labor die Demontage eines weißlich verfärbten Parkettstückes notwendig machen würden. Ansonsten könnte die genaue Ursache nicht definiert werden. Dies ließ jedoch der Planer und Ersteller der Villa nicht zu und verlangte im Bericht eine Ursachenvermutung, welche vom Experten nach längeren und intensiveren Kontrollen, auch mit der Lupe vor Ort, bereits mündlich abgegeben wurde. Der Architekt aber bezweifelte die Einschätzung des Gutachters.

Schadensursache


Der Sachverständige umschrieb die Ursache für die Weißverfärbungen mit einem feinen Spritzstaub von irgendwelchen Malerarbeiten. Dabei wären alle nicht abgedeckten Bodenflächen mit einem weißen Nebel belastet worden, wobei das Parkett unter den Abdeckungen, welche stellenweise auch nur aus kleinen Leisten, Kartons oder anderen Kleinflächen bestand, noch in der dunklen Originalfarbe und ohne Beeinträchtigung vorlag. Im Bereich der kleinen örtlichen, weißen Flecken führte der Gutachter aus, dass die gebürstete Oberfläche angeschliffen wurde und dabei das Holz aufhellte und zudem keine Strukturierung mehr aufwies. Zu den dunklen Flecken rund um die Kaminbodenplatte vermutete der Experte eine Beeinflussung aus dem Fugenkitt oder einem Primer, welcher vor dem Einbau des Fugenkitts angewendet wurde. Eventuell führte sogar eine Reinigung der Keramikplatte mit einem ungeeigneten Mittel, welches auf das Holz gelangte und eine chemische Reaktion auslöste, zu den fleckigen Dunkelverfärbung.

Die Vorbehandlung des Parketts im Werk erschien dem Experten ordentlich . Reservematerial, gelagert in der Villa, zeigte zumindest keine Unregelmäßigkeiten in der Oberfläche. Einzig fehlte auf dem Parkett nach dem Verlegen die geforderte Erstbehandlung. Diese hätte aber nach Einschätzung des Sachverständigen die Weißverfärbungen nicht abgewendet. Betreffend die Abdeckung hätte jedoch eine vollflächige Schutzmatte die Weißverfärbungen verhindert , beurteilte der Gutachter die Situation. Dazu hätten aber wirklich alle Bodenflächen bis in die hintersten Ecken geschützt werden müssen. Weiße Schuhabdrücke wären somit auch nicht aufgetreten.
Die genaue Ursache, und daraus eine direkte Verantwortungszuweisung, konnten aber bis dahin nicht aufgeführt werden.

Der Architekt nahm den Expertisenbericht zur Kenntnis, bezweifelte aber die vermutete Ursache nach wie vor. Er selbst hätte persönlich jeden Tag eine Baukontrolle durchgeführt. In der Bauschlussphase sei nie Farbe gespritzt worden. Trotzdem stellten der Bauleiter und Bauherrenvertreter dem Malerbetrieb den Bericht zu und verlangten eine Stellungnahme. Der Malermeister selbst forderte nun, da er für den Schaden aufkommen sollte, eine Labor­analyse bei der EMPA, der Eidgenössischen Material- und Prüfanstalt. Dazu musste jetzt definitiv vor Ort ein Stück Parkett entfernt werden. Und was kam heraus? Malerspritzstaub von weißer Farbe aus einer Pistole!

Der Betriebsinhaber der Malerei stellte nach diesem Befund seine Leute zur Rede und verlangte eine Bestätigung, dass niemand von ihnen mit Spritzpistolen auf der Baustelle hantierte. Nun bekam der Lehrling kalte Füße und suchte seinen Chef alleine auf. Sein schlechtes Gewissen plagte ihn und er berichtete dem Meister, dass sein Vorgesetzter mit ihm zusammen den Auftrag gehabt hätte, alle Türzargen nochmals weiß zu streichen. Der Arbeiter meinte aber, dass sie viel schneller wären mit Spritzen und somit der Nachmittag zur freien Verfügung stünde. Mit diesem Geständnis wurden dann auch die Feststellungen und die Ursachenvermutung des Parkettbegutachters bestätigt. Exakt an diesem Vormittag führten der Architekt und Bauleiter keinen Baustellenbesuch aus!

Schadensbehebung


Die unregelmäßig verfärbte, strukturierte Parkettoberfläche konnte mit Versuchen durch Ausbürsten nicht mehr einheitlich und ordentlich „neu“ hergerichtet werden. Es verblieben immer Farbansätze oder Verfärbungen im Holz selbst zurück. Zudem waren die Rand- und Eckbereiche maschinell nicht sachgerecht bearbeitbar, was wiederum eine optische Differenz zur Innenfläche erzeugte. Als technisch einzige mögliche Lösung der Sanierung im nicht ganz günstigen Einfamilienhaus verblieb nur die Neuverlegung von Parkett.

Nachträglich eingebaute Schränke verblieben aber auf Grund der Empfehlung des Experten sowie einer Verhältnismäßigkeit montiert. Das Parkett konnte davor sauber geschnitten werden. Mit den weißen Sockelleisten wurden die Übergänge ohne verbleibende Sichtbarkeit abgedeckt.

Bernhard Lysser

B ernhard Lysser ist Experte ISP und
Mitglied von Swiss Experts, der
schweizerischen Kammer technischer
und wissenschaftlicher Gerichtsexperten.