Kipper in einem Eiche-Hochkantlamellenparkett Unbrauchbarer Fußbodenaufbau

Bei neu eingebauten Estrichen muss und kann der Bodenleger eigentlich davon ausgehen, dass diese Untergründe in der erforderlichen Qualität eingebaut sind. Das dem nicht immer so ist, zeigt der nachstehende Fall. Lose liegendes Hochkantlamellenparkett – sogenannte „Kipper“. Wenn es zu einem Schadensfall an einem Parkettboden kommt, muss immer zuerst der Parkettleger Rede und Antwort stehen. Das heißt, er wird als Erster auf das Bauobjekt zitiert und ist gleichzeitig Angeklagter und Gutachter. Vom Parkettleger wird dann in der Regel erwartet, dass er den aufgetretenen Schaden beseitigt, denn der Schaden ist ja schließlich in seinem Gewerk aufgetreten und augenscheinlich offensichtlich. Wenn der Parkettleger der Meinung ist, dass er keine Schuld an den aufgetretenen Schaden hat, beginnt er in der Regel mit einer Art Detektivarbeit. Dann kommt es nicht selten zum Streit zwischen Bauherrn und Parkettleger, der häufig vor Gericht landet. Ausgangslage Ein altes Wasserwerk wurde zu einem Hotel umgebaut. Die alte Maschinenhalle wurde dabei zu einem großen Veranstaltungsraum umgestaltet. Hier wurde auf die alte Betonbodenplatte ein neuer, schwimmender Zementestrich mit einer Warmwasser-Fußbodenheizung eingebaut. Dem Zementestrich wurden chemische Zusatzmittel beigemischt, um eine schnellere Trocknung und somit eine schnellere Belegreife zu erzielen. Auf den Estrich wurde ein Hochkantlamellenparkett „Holzart Eiche“ mit einem 1-K-PU-Parkettklebstoff geklebt. Das Hochkantlamellenparkett wurde dunkelbraun geölt, um eine Räuchereiche zu imitieren. Schadensbild: Kipper im Parkettboden Die obere Estrichrandzone haftet fest am Hochkantlamellenparkett. Zirka acht Monate nach der Parkettverlegung reklamierte der Bauherr sogenannte „Kipper“ im Parkettboden. Da sich der Parkettleger keiner Schuld bewusst war, kam es zu einem gerichtlichen Rechtsstreit und ein Sachverständiger wurde eingeschaltet. Der Sachverständige öffnete an einigen typischen „Kipperstellen“ den Parkettboden und stellte fest, dass an diesen Stellen die obere Estrichrandzone vom darunter befindlichen Estrich abgerissen war und die Estrichrandzone über dem PU-Klebstoff fest mit dem Hochkantlamellenparkett verbunden war. Im System Parkett, Parkettklebstoff, Estrichrandzone gab es keinen Adhäsionsbruch, es trat lediglich ein Kohäsionsbruch im Zementestrich auf. Da die Bruchzonen unterhalb der Estrichrandzone vorlagen vermutete der Sachverständige, dass es Probleme mit der Estrichqualität gibt. Deshalb wurde ein renommiertes Prüfinstitut eingeschaltet, das eine nachträgliche Bestätigungsprüfung durchführte. In der DIN EN 18560-1 Estriche im Bauwesen Teil 1: Allgemeine Anforderungen, Prüfung und Ausführung wird im Punkt 6 Prüfung 6.3 Prüfung von Estrichen (Bestätigungsprüfung) /5/ unter anderem ausgeführt: „Die Bestätigungsprüfung ist nur in Sonderfällen durchzuführen, wenn z.B. erhebliche Zweifel an der Güte des Estrichs im Bauwerk bestehen. Es kann nötig werden, die Eigenschaften durch Entnahme von Proben aus dem Estrich zu bestimmen. Die Proben sind möglichst erschütterungsfrei so zu entnehmen, dass sie ein ausreichendes Bild über die Beschaffenheit des Estrichs geben. Die Art der Bestätigungsprüfung ist abhängig von der Estrichart. Nähere Angaben zur Bestätigungsprüfung bei den verschiedenen Estricharten sind den weiteren Normen der Reihe DIN 18560 zu entnehmen.“ Das Prüfinstitut stellte fest, dass der neu eingebaute Zementestrich unterschiedliche Festigkeiten aufweist und nie die erforderlichen Biegezugfestigkeiten erreicht wurden. Den Spannungen aus der Warmwasserheizung, den Spannungen aus dem Parkett sowie den Belastungen aus der Nutzung war der Zementestrich offensichtlich nicht gewachsen. Fußbodenschäden vor Gericht In zahlreichen Fällen führen Bauschäden zu Rechtsstreitigkeiten, die nicht selten vor Gericht landen. Das Autoren-Team Dipl.-Ing. Wolfram Steinhäuser und Rechtsanwalt Frank Häberer stellen insgesamt 43 Schadensfälle unterschiedlicher Fußbodenaufbauten stringent nach „Schadensbild“, „Schadensursache“, „Schadensbeseitigung“ und „Juristischer Betrachtung“ vor. Die Sicht eines Sachverständigen kombiniert mit der Sicht eines Juristen macht dabei deutlich, dass die Grenze zwischen technischen und rechtlichen Fragen oft nicht leicht zu ziehen ist. Strittige Rechtsfragen lauern häufig im Hintergrund. Damit es erst gar nicht zu kosten- und zeitintensiven Verhandlungen vor Gericht kommt, gilt es, Schäden wirksam vorzubeugen. Viele detaillierte Schadensbilder helfen dabei, Verlegefehler und damit teure Folgekosten zu vermeiden. Eine genaue Beschreibung der erforderlichen Schadensursachen macht das Werk zu einem unverzichtbaren Helfer für Parkett- und Bodenleger, wenn es um einen fehlerfreien Fußbodenaufbau und die fehlerfreie Verlegung von Bodenbelägen geht. Die abschließende juristische Betrachtung der Fußbodenschäden vermittelt den rechtlichen Hintergrund und schafft Klarheit bei der Beseitigung von aufgetretenen Mängeln und Fehlern. „Fußbodenschäden vor Gericht“ ist zu beziehen über den Buchverlag von Holzmann Medien, Bad Wörishofen (ISBN 978-3-7783-1494-4; Umfang 184 Seiten, Preis 39,90 €). Schadensbeseitigung: Fußbodenaufbau nochmal neu einbauen Der gesamte Fußbodenaufbau musste entfernt und ein neuer Fußboden eingebaut werden. Juristische Betrachtung Den gesamten Schaden hatte der Estrichleger verursacht. Er musste für die Erneuerung des gesamten Fußbodens aufkommen (ca. 30.000 Euro). In der Fachliteratur wird ausdrücklich darauf hingewiesen, dass alle verlegereifen Untergründe für Parkettarbeiten in ihrer Festigkeit und Tragfähigkeit den einschlägigen DIN-Bestimmungen entsprechen müssen. Der Auftragnehmer für Parkettarbeiten kann davon ausgehen, dass die Untergründe die Anforderungen im Hinblick auf Festigkeit und Belastbarkeit voll und ganz erfüllen. Prüfungen auf Druck- und Biegezugfestigkeit sind keine handwerksüblichen Prüfungen. Deshalb haben die Parkettleger nicht die Pflicht, solche Prüfungen vorzunehmen oder durchführen zu lassen. Werden solche Prüfungen erforderlich, muss der Bauherr/Auftraggeber/Architekt diese Prüfungen an dafür autorisierte Einrichtungen bzw. Sachverständige in Auftrag geben. Bei neu eingebauten Estrichen muss und kann der Bodenleger eigentlich davon ausgehen, dass diese Untergründe in der erforderlichen Qualität eingebaut sind und somit über die notwendige Festigkeit und Tragfähigkeit verfügen.