Stippnähte und Trägerlagen-Abzeichnungen sorgen für eine drastische Optik

Parkett ist nicht immer gleich Parkett. Warum der Auftragnehmer bei der Auswahl des Parkettbodens auch die Konstruktion kritisch beäugen sollte, zeigt ein aktueller ­Schadensfall aus Süddeutschland.

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    Schadensfall NL 1803 B1
    © bwd
    Die lichtdurchfluteten Räume offenbarten ein sehr unruhiges Oberflächenbild des industriell versiegelten Afzeliaparketts.
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    Schadensfall NL 1803 B2
    © bwd
    So sahen die Träger­lamellen von unten aus.

Der Auftrag für den Gutachter war klar: „Das Parkett ist auf nicht beleg­reifem Untergrund verlegt worden und zeigt Trägerlagenabzeichnungen. Welche Sanierungsvorschläge würden Sie unterbreiten?“ Der Bauunternehmer wollte lediglich wissen, wie er mit dem Problem fertig werden kann, bevor sein Auftraggeber, der neue Hausbesitzer, auf das gestörte Oberflächenbild aufmerksam wurde.

Schadensbild

Der Ortstermin fand kurz vor Fertigstellung der Nobelvilla am Rande des Schwarzwalds statt. Noch vor der gläsernen Eingangstür zum offenen Foyer stehend, sah der erfahrene Sachverständige sofort, was ihn erwartet. Das tief einfallende Licht der gegenüberliegenden Fensterfront vom Wohnzimmer offenbarte schon aus der Ferne einen „gnadenlosen“ Blick auf die glänzende Oberfläche des Afzeliaparketts mit seinen zahllosen Stippnähten und Trägerlagenabzeichnungen. In den Wohnräumen selbst wurde das Bild noch offensichtlicher. Die zahlreichen Fensterflächen ließen nicht eine einzige Betrachtungsposition zu, von der aus das problematische Erscheinungsbild nicht sichtbar war.

Bauunternehmer und Parkettleger waren schon seit Jahrzehnten vertraute Partner, weshalb beide eine erträgliche Lösung des Problems finden wollten. Die Ursache war unstrittig. Der Boden war auf einem fußbodenbeheizten Zementestrich verlegt worden, der nicht belegreif war. Die Zeit hat gedrängt, eine Möbelfront sollte installiert werden. Der Bauunternehmer machte Druck. Der Auftragnehmer gab ohne großen Widerstand nach, denn zwei Verleger hatten gerade Kapazitäten frei. Das Parkett war als Rest aus einem Großobjekt vorrätig.

„Augen zu und durch“ lautete die Devise, denn eine Feuchteprüfung nach dem Beleg­reifheizen des vor circa sechs Wochen eingebrachten Estrichs war nicht dokumentiert. Bereits kurze Zeit nach Fertigstellung des Parkettbodens veränderte sich das Oberflächenbild des Parketts relativ drastisch. Quer zur Verlegerichtung verlaufende Trägerlagenabzeichnungen und Stippnähte im Bereich der Kopfstöße bestimmten das Bild.

Schadensanalyse

Dem Sachverständigen war beim Ortstermin schnell klar, dass ein nachhaltiger Sanierungsvorschlag ohne Kenntnis der gesamten Zusammenhänge keinen Sinn ergab. Also machte er sich an die Fehlersuche. Zunächst holte er alle Daten zum Parkettboden ein. Es handelte sich um ein zweischichtiges, zehn Millimeter dickes Afzeliaparkett mit circa 3,5 Millimeter Deckschicht in Abmessungen von etwa 900 x 90 Millimeter, das mit einem hartelastisch eingestellten Klebstoff in unregelmäßigem Schiffsbodenmuster verklebt war.

Ein noch folienverpacktes Paket erlaubte dem Sachverständigen einen genauen Einblick in Aufbau und Profil der darin enthaltenen Parkettstäbe. Auffällig war die Trägerlage, die aus sehr breitringigem, FSC-geprüftem Nadelplantagenholz bestand, wie der Kartonaufkleber auswies. Die Jahrringlage war unterschiedlich, von stehend bis komplett liegend mit allen Zwischenstufen. Die Trägerlagenelemente wiesen Abstände von null bis drei Millimeter auf, pa­rallel und teilweise schräg verlaufend, außerdem zum Teil komplett mit Leim verfüllt. Die Zugehörigkeit zur Charge des verlegten Parketts war unbestritten.

Anschließend erfolgten orientierende Holzfeuchtemessungen mit elektrischem Gerät an unverlegten Elementen. Ergebnis: Die Trägerlage des Zweischichtparketts war circa zwei Holzfeuchteprozent trockner als deren Deckschicht, bei Werten von etwa 5,5 bis 6,5 Prozent HF unten und 8,5 Prozent HF oben.

Daraufhin öffnete der Sachverständige den Parkettboden. Die elektrische Prüfung der Unterlage ergab keine verlässlichen Werte. Eine anschließende Darrprüfung zeigte einen Feuchtegehalt von circa 10,2 Prozent, annährend bestätigt durch weitere Proben an anderen Stellen. Die träge, direkt luftfeuchtebeeinflusste Deckschicht wies eine Holzfeuchte von circa 7,8 Prozent auf. Die orientierenden, elektrischen Messungen bestätigten sich.

Wie von Auftragnehmer und Verleger vermutet, war eine Anfeuchtung von unten ursächlich für das entstandene Erscheinungsbild. Insbesondere der hohe Wert von über 10,0 Prozent Holzfeuchte in der Kiefernträgerlage (deutlich über der angegebenen Lieferfeuchte, die für den Einsatzort auch angemessen war) war ausschlaggebend für Stippnähte und Abzeichnungen. Allerdings hat auch das Parkett selbst mit seiner speziellen Trägerlage das unschöne Erscheinungsbild gefördert. Die sehr breiten, liegenden bis stehenden Lamellen mit unterschiedlichen Abständen, sowohl mit Decklage als auch seitlich untereinander verleimt, offenbarten sich in deutlichen, unregelmäßigen Querstreifen in der glänzenden Parkettoberfläche.

Schadensbeseitigung

Der Gutachter prüfte verschiedene Möglichkeiten zur Behebung des Schadens: Mit dem Erscheinungsbild zu leben und eine Minderung wegen optischer Beeinträchtigung anzustreben, war in dieser lichtdurchfluteten, repräsentativen Aura des Flur- und Wohnbereiches keine Lösung. Ein Abschleifen und Ölen des Parkettbodens mit der sich daraus ergebenden matteren Oberfläche könnte die Optik positiv beeinflussen. Das war aber schon im Vorhinein für die US-amerikanischen Hausbesitzer keine Option. Den Boden zu erhalten, erschien dem Sachverständigen in Verbindung mit der Fußbodenheizung und aufgrund der kon­struktiven Schwächen ebenfalls nicht zielführend. Das Parkett musste raus!

Seit zwei Jahren sind alle Beteiligten begeistert von dem neu verlegten, ausdrucksstarken Afzelia­boden.

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