PVC-Versiegelung: Unerwünschter Glanz statt seidenmatter Holzoptik

Der Fachmann empfahl dem Besitzer eines Friseursalons einen heterogenen PVC-Bodenbelag in Holzoptik. Um den neuen Bodenbelag vor herabtropfenden Chemikalien zu schützen, riet er zudem zu einer 2K-PU-Versiegelung - mit unerwünschtem Nebeneffekt...

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    PVC-Versiegelung-Bodenbelag-Holzoptik
    © Schwarzmann
    So glänzend und speckig hatte sich der Besitzer des Friseursalons die Oberfläche seines neuen, ursprünglich seidenmatten PVC-Bodenbelags nach dem Auftrag einer 2K-PU-­Versiegelung nicht vorgestellt. Zusätzlich befürchtete er Unfallgefahr und zog einen ­Gutachter hinzu.
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    So glänzend und speckig hatte sich der Besitzer des Friseursalons die Oberfläche seines neuen, ursprünglich seidenmatten PVC-Bodenbelags nach dem Auftrag einer 2K-PU-­Versiegelung nicht vorgestellt. Zusätzlich befürchtete er Unfallgefahr und zog einen ­Gutachter hinzu.
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    Nein, das ist nicht R2-D2 aus der Science-Fiction-Serie Star Wars, sondern das mobile Messgerät „GMG 200“ bei einer Glätte-Messfahrt auf trockener Ebene. Insgesamt musste der Gutachter sechs Messserien durchführen, um die Tritt- und Gehsicherheit zu überprüfen.
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    Der Sachverständige überprüfte die technischen Eigenschaften auch auf dem versiegelten PVC-Bodenbelag, unter anderem besprühte er die Oberfläche mit Leitungswasser, um zu simulieren, wie sich die Tritt- und Gehsicherheit auf der nassen Bodenbelagsoberfläche verändert.
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    Auf einem verbliebenen Reststück des PVC-­Bodenbelags trug der Gutachter eine matte 2K-PU-Versiegelung auf: Diese verursachte nur geringfügige optische Veränderungen auf der Oberfläche. Ein kleiner, aber feiner Unterschied zu der eingesetzten Versiegelung.

Ein Raumausstatter verkaufte nach ausführlicher Beratung einen hochwertigen, heterogenen PVC-Bodenbelag in Bahnen für einen Friseursalon. Aus Erfahrung wies der Fachmann darauf hin, dass es beispielsweise beim Vertropfen von Haarfärbemitteln zu bleibenden irreparablen Verfleckungen kommen könnte: Die färbenden Substanzen dringen in den Bodenbelag ein und sind nicht mehr zu entfernen – man spricht dann von „Migration“. Es gebe jedoch eine Möglichkeit, den PVC-Bodenbelag weitestgehend zu schützen: Er empfahl, einen Langzeitschutz beziehungsweise eine spezielle 2K-PU- Versiegelung auf Polyurethanbasis aufzubringen. Diese Versiegelung verhindert das schnelle Eindringen von chemischen Produkten wie Haarfärbemitteln und schützt den PVC-Bodenbelag. Der Auftraggeber erklärte sich einverstanden und wie besprochen wurde die 2K-PU- Versiegelung aufgetragen.

Schadensbild

Als die Bodenbelagsarbeiten fertiggestellt waren, erhielt die Fläche wegen der noch aufzubauenden Einrichtung eine Schutzabdeckung aus Tetra Pak. Nach Abschluss aller Arbeiten wurde die Abdeckung entfernt und der Salon eröffnet. Der Eigentümer des Friseursalons reklamierte jedoch umgehend, als er die Bodenbelagsfläche in Augenschein genommen hatte.

Die anmutende Holzoptik sei zerstört, der Bodenbelag nicht mehr so matt wie vor dem Auftrag der Versiegelung und auch die Holzstruktur sei nicht mehr zu erkennen. Der Bodenbelag wirke glänzend und speckig. Sein Fazit: „Das ist nicht die Optik, die ich ausgewählt und gekauft habe.“ ­Außerdem bemängelte der Friseurmeister die Bodenbelagsfläche, die er aufgrund der glatten Oberfläch e für die Nutzung in einem Friseursalon aufgrund von unvermeidbarem Vertropfen von Wasser schlichtweg für ungeeignet einstufte. Also zeigte der Auftraggeber noch zusätzlich Unfallgefahr an. Zur weiteren Klärung des Falles wurde ein Sachverständiger hinzugezogen .

Der Gutachter stellte beim Ortstermin fest, dass ein noch vorhandenes, seidenmattes Muster des ­heterogenen PVC-Bodenbelags bei weitem nicht so stark glänzte wie der versiegelte Bodenbelag. Die aufgebrachte Versiegelung hatte die Optik also tatsächlich erheblich verändert. Doch wie stand es um die technischen Gebrauchseigenschaften, vor allem in Bezug auf die Tritt- und Gehsicherheit ?

Schadensanalyse

Um diesen Sachverhalt zu klären, entschied sich der Sachverständige, vergleichende Glättemessungen durchzuführen. An einem kleinen Reststück des unversiegelten PVC-Bodenbelags wurden auf der werkseitig gelieferten Oberfläche Messungen nach DIN 51131 „Prüfung von Bodenbelägen – Bestimmung der rutschhemmenden Eigenschaften – Verfahren zur Messung des Gleitreibungskoeffizienten“ mit dem mobilen Gleitmessgerät „GMG 200“ vorgenommen.

Insgesamt musste der Gutachter sechs Messserien ausführen, um eine abgesicherte Aussage treffen zu können. Zuerst prüfte er die technischen Eigenschaften auf dem nicht versiegelten PVC-Bodenbelag auf trockener Oberfläche . Danach wurde der PVC-Bodenbelag mit Leitungswasser flächig besprüht, um zu simulieren, wie sich die Tritt- und Gehsicherheit auf der nassen Bodenbelagsoberfläche verändert. Eine weitere Messserie wurde mit dem normativ vorgegebenen Gleitmittel aus 0,1%iger Lösung Natriumdodecylsulfat zum Abgleich der Messfahrten ausge führt. Alle drei Messserien wurden analog auf dem versiegelten PVC-Bodenbelag ausge führt.

Es zeigte sich, dass sich durch das Aufbringen der 2K-PU- Versiegelung die Tritt- und Gehsicherheit nicht negativ verändert hatte. Auffällig war allerdings, dass die Messwerte auf der feuchten Oberflächedes Bodenbelags sogar minimal höher lagen als auf dem trockenen Bodenbelag. Bei allen Messfahrten wurden Werte ermittelt, welche deutlich über > 0,45 µ lagen. Für Bodenbeläge bedeutet dies, dass dieser Fußboden uneingeschränkt betriebstauglich ist. Dementsprechend erstellte der Sachverständige auch sein Gutachten: Di e schützende Wirkung der 2K-PU- Versiegelung sei zufriedenstellend .

Schadensbeseitigung

Der Sachverständige wollte nun herausfinden, ob es eine Versiegelung gibt, die zu keiner optischen Veränderung des Bodenbelags führt. Deshalb trug er auf einem weiteren Reststück des verlegten, heterogenen PVC-Bodenbelags eine matte 2K-PU- Versiegelung auf. Es zeigte sich, dass zwar auch eine matte Versiegelung zu geringfügigen optischen Veränderungen führte, diese waren jedoch so unauffällig, dass sie vom Auftraggeber akzeptiert worden wären.

Es wurde zwischen den Parteien vereinbart, dass die Beschichtung mit einer Schleifmaschine unter Verwendung eines geeigneten Schleifgitters angeschliffen werden sollte – obwohl die Struktur des heterogenen PVC-Bodenbelags dann nicht mehr zum Vorschein kommen würde. Im Anschluss daran sollte eine matte 2K-PU- Versiegelung aufgetragen werden. Für die Ausführung der Arbeiten wählten die Parteien ein verlängertes Wochenende, um die erforderlichen Trockenzeiten einhalten zu können.

Der Sachverständige empfahl dem Auftragnehmer, bei der nächsten Beratung den Kunden im Vorfeld darüber zu informieren, dass das Aufbringen der sicher sinnvollen Versiegelung zu optischen Veränderungen führt. Ein kleines Muster von unterschiedlichen Glanz- beziehungsweise Mattierungsgraden hätte ausgereicht, um diese Reklamation zu vermeiden.

Peter Schwarzmann

Sechs Messungen nötig

Insgesamt musste der Gutacher sechs Messserien durchführen, um eine gesicherte Aussage zur Tritt- und Gehsicherheit nach dem Auftrag einer 2K-PU- Versiegelung auf einem heterogenen PVC-Bodenbelag treffen zu können. - © Schwarzmann

1. PVC-Bodenbelag unbeschichtet trocken: 0,53 µ

2. PVC-Bodenbelag unbeschichtet nass: 0,55 µ

3. PVC-Bodenbelag unbeschichtet Normflüssigkeit: 0,55 µ

4. PVC-Bodenbelag versiegelt trocken: 0,50 µ

5. PVC-Bodenbelag versiegelt nass: 0,52 µ

6. PVC-Bodenbelag versiegelt Normflüssigkeit: 0,51 µ