Der interessante Schadensfall Optische Mängel bei Massivparkett: Keine handwerkliche Moral

Ein Mieter hatte nach Kündigung den Parkettboden vertragsgemäß überarbeiten lassen. Weil das Ergebnis den Vermieter nicht zufriedenstellte und er die optischen Mängel nicht hinnehmen wollte, musste ein Sachverständiger den angezeigten Mangel begutachten.

Optische Mängel Massivparkett
Die Reste der alten Versiegelung zeichnen sich farblich deutlich ab. - © Humm

Bei der Begutachtung von Schadensfällen erleben Sachverständige oftmals spannende Fälle, bei denen durch praktische Erfahrung, technisches Verständnis und logisches Denken komplexe und komplizierte Sachverhalte aufgeklärt werden. Manchmal sind sogar detektivisches Gespür und ein forschender Geist gefordert, um schwierige Zusammenhänge zu erkennen. Aber es gibt auch die Fälle, bei denen zwar der Sachverhalt klar ist, jedoch die Ausführung jegliche handwerkliche Moral vermissen lässt. Entsprechend unangenehm ist dabei die Aufgabe eines Sachverständigen, Dokumentation und Beurteilung einer handwerklichen Fehlleistung vorzunehmen, die durch Missachtung der grundlegenden fachlichen Fertigkeiten und Kenntnisse entstanden ist. Das Gebot der Neutralität verbietet dabei, vorgefundenen Pfusch auch als solchen zu bezeichnen.

Ausgangslage: handwerkliche Fehlleistung

In einem solchen Fall wurde der Sachverständige gerufen, weil ein gewerblich genutztes Mietobjekt nach Kündigung des Mietvertrags übergeben wurde. Da der Mietvertrag eine Vertragsklausel enthielt, die eine Überarbeitung des Parkettbodens nach Auszug verbindlich vorgab, hatte der Mieter den Parkettboden durch Schleifen und Ölen überarbeiten lassen. Weil das Ergebnis dem Vermieter nicht akzeptabel erschien, sollte der Sachverständige feststellen, ob die erfolgte Überarbeitung hinzunehmen sei.

Schadensanalyse: optische Mängel, wie Vergrauungen, fleckiges Erscheinungsbild

Im Ortstermin fand der Sachverständige einen massiven Stabparkettboden vor, der in freiem Schiffsverband verlegt worden war und ursprünglich mit einem Lack oberflächenbehandelt gewesen war. Im Rahmen der gewerblichen Nutzung waren anscheinend erhebliche Gebrauchsspuren entstanden. Trotz der Überarbeitung waren in den Poren der Eiche noch Vergrauungen erkennbar. Die Schutzwirkung der vormaligen Versiegelung war durch mechanische Abnutzung und Reinigung soweit beeinträchtigt gewesen, dass das rohe Holz bis zur Vergrauung strapaziert worden war.

Die Ausführung der Schleifarbeiten hatten diese Beeinträchtigungen nur oberflächlich beseitigt und in den Tiefen der Spätholzporen waren der Schmutzeintrag und die Vergrauung optisch störend verblieben. Die vormalige Versiegelung war auch nicht überall abgetragen worden, was zu einem fleckigen Erscheinungsbild führte, weil das bei der Überarbeitung aufgetragene Hartwachsöl deutlich weniger Anfeuerung, bzw. Farbtiefe wie der vormals eingesetzte Lack zeigte.

Tipps für die Praxis

  • Bei Schleifarbeiten an altem Parkett sind vorhandene Beschichtungen bis auf das rohe Holz abzutragen, um Flecken und Farbabweichungen bei der neuen Beschichtung vermeiden zu können.
  • Beschichtungen auf Öl-Basis dürfen nicht zu dick aufgetragen werden, weil sonst eine Durchtrocknung nur stark verzögert und oftmals gar nicht stattfindet.

Zu allem Überfluss war die Beschichtung mit Hartwachsöl so großzügig ausgefallen, dass keine durchgängige Trocknung erfolgen konnte. Die oberste Schicht war zwar trocken, aber die unteren Schichtbereiche zeigten sich noch weich und empfindlich beim Begehen. Solche dicken Schichten mit behindertem Trocknungsverlauf werden erfahrungsgemäß auch nicht bei längerer Wartezeit eine normale Fertigkeit erreichen. Damit ist in solchen Fällen die Gebrauchsfähigkeit des Bodens nicht gegeben. Die sonstigen optischen Mängel der Ausführung spielten daher für die Bewertung keine Rolle, weil die beeinträchtigte technische Funktion das finale Argument darstellt. Über Schönheit und Optik lässt sich noch diskutieren, aber funktionieren muss eine Sache allemal.

Sanierung: erneute Überarbeitung des Parkettbodens

Als Sanierungsoption ist in diesem Fall die Neuvornahme der Überarbeitung unvermeidlich. Das Parkett ist also fachgerecht bis auf das rohe Holz zu schleifen, wobei ein Abtrag von 0,5 bis 1 mm üblich ist. Bei einem gleichmäßigen Abschleifen werden auch die verbleibenden Lackreste und tiefen Vergrauungen beseitigt und ein erneuter Beschichtungsauftrag in einer sachgerechten Schichtstärke wird dann eine fachgerechte Leistung ergeben. Die vorgefundene schlampige Ausführung hat den Aufwand also letztlich verdoppelt.

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    Die Reste der alten Versiegelung zeichnen sich farblich deutlich ab.
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    In der Fläche zeigen sich noch Spuren von unsachgemäßen Schleifarbeiten.
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    In den Spätholzporen verbleibender Schmutz kann nicht durch Beschichtung abgedeckt werden. Er wird sogar noch optisch hervorgehoben.
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    Der überarbeitete Parkettboden erscheint fleckig und schmutzig.