Einer von uns Günter Schedler in Neunzing, Vorarlberg Jeder Mitarbeiter ein eigener Chef

Günter Schedler weiß, dass er nicht alles selbst entscheiden muss, um ein guter Chef zu sein. Er zahlt seinen Angestellten Prämien für ihre guten Ideen und gibt ihnen die Möglichkeit, in großem Umfang eigenverantwortlich zu arbeiten.Jeder Mitarbeiter ein eigener Chef Im schönen Vorarlberger Ländle spricht man nicht nur von Mitarbeitermotivation, man lebt sie – und steigert damit Arbeitszufriedenheit und Effizienz, zumindest im Betrieb von Günter Schedler. Der Enddreißiger ist schon seit 17 Jahren selbständig. In dieser Zeit hat sich der gelernte Tapezierer den Ruf eines verlässlichen Verarbeiters von Bodenbelägen und Parkett weit über die Grenzen seiner Heimatgemeinde aufgebaut. Das Geschäft lief so gut, dass er immer mehr Mitarbeiter benötigte. Heute hat er 14 Angestellte, davon drei Lehrlinge. 70 Prozent des Umsatzes erwirtschaftet das Team mit Parkettverlegearbeiten, dazu kommt Teppichbodenverlegung bis hin zum Nähen von Vorhängen und Polsterarbeiten sowie alle damit zusammenhängenden Nebentätigkeiten. Der Kundenkreis besteht großenteils aus Privatleuten, aber auch Architekten, Bauträgern und der Hotellerie. „Während im Wohnbau auch bei größeren Objekten oft null Textilbelag zum Einsatz kommt, wird im Hotel wieder vermehrt auf den Teppich zurückgegriffen“, beobachtet Schedler. Im Ländle wird sehr qualitätsorientiert gebaut, was damit zusammenhängt, dass ein großer Teil der Wohnungen im Eigentum steht, wo auf Billigware weitgehend verzichtet wird. Obwohl der Neubau in den vergangenen Jahren rückläufig war, ist die Nachfrage gut. Das Sanierungsgeschäft floriert und hat den Auftragsrückgang im Neubausektor abgefangen. Der Pfusch wurde in den letzten Jahren deutlich weniger, was auf die Änderung der Landeswohnbauförderung zurückzuführen ist. Als Ökomusterland wurde vor wenigen Jahren die Wohnbauförderung auf viele ökologische Kriterien umgestellt. Es darf etwa kein PVC-Belag oder Exotenparkett verwendet werden, es dürfen nur eigens zugelassene Produkte eingesetzt werden, was von den Bauherren allgemein akzeptiert wird. Weil alle eingesetzten Stoffe wie Vorstriche, Spachtelmassen, Klebstoffe und Versiegelungslacke und -öle nach dem EC-1-Code zu verwenden und dies auch zu bestätigen ist, trauen sich die Bauherren nur selten Do-it-yourself-Lösungen zu. Gibt es nämlich keine Bestätigung einer Fachfirma darüber oder wurden falsche Materialien eingesetzt, so gibt es im Extremfall keine Wohnbauförderung, was klarerweise für den Bauwerber finanziell sehr unangenehm sein kann. Weil fast jeder diese Konsequenzen fürchtet und auch kaum einer mit dem Formularwesen auf Anhieb zurechtkommt, gibt es für Pfuscher fast keine Aufträge mehr bei geförderten Neubauten, was die Auftragslage der Fachbetriebe verbessert hat. An die aufwändige Dokumentation musste sich Schedler zwar auch erst gewöhnen, aber es hat sich gelohnt. Um wirklich auf der sicheren Seite zu sein, verlässt sich der Qualitätsfanatiker nur auf verlässliche Lieferanten wie Bauwerk, Weitzer, INKU, DLW, Gerflor sowie die BESKO-Einkaufsgemeinschaft. Die Warn-, Prüf- und Hinweispflicht nimmt er sehr ernst. Besonders das Setzen der Messplomben bei Heizestrichen oder die Vermeidung von Luftdurchzug bei der Estrichtrocknung ist ein beliebtes Diskussionsthema mit Bauherr und Architekt. Diese Vorsicht wird mit einer winzigen Reklamationsquote belohnt, die auf Dauer viel Geld spart und Reputation bringt. Trotz der guten Inlandsnachfrage macht der Betrieb wegen des doch recht kleinen heimischen Markts 30 Prozent seines Umsatzes im Ausland. Im benachbarten Liechtenstein und der Schweiz, aber auch in Südtirol wickelt er Geschäfte ab. Besonders schöne Zuckerl sind Einzelaufträge wie etwa ein Ferienhaus in Nizza oder eine besonders aufwändige Althaus- Komplettsanierung in einem Fischerhaus aus dem 11. Jahrhundert in Venedig. Um an solch lukrative Jobs von entsprechend betuchten Klienten zu kommen, ist Beratungsqualität, Einfühlungsvermögen sowie äußerste Flexibilität gefordert. Dazu gehören Wochenendflüge zur Baustelle auswärts oder die Abwicklung eines Komplettumbaues eines 200 qm großen Geschäfts mit allen Gewerken in nur zehn Tagen. „Dort wurde nach einem Bauzeitplan im Stundentakt im Schichtbetrieb 24 Stunden am Tag gearbeitet“, erinnert sich Schedler. Prämien für gute Ideen Für derartige Bauvorhaben ist eine gute Zusammenarbeit mit den anderen Gewerken und eine solide innerbetriebliche Organisation besonders wichtig. Der flexible Unternehmer hat erkannt, dass man mit Rezepten aus der Vergangenheit die Zukunft nicht meistern kann. Er beschreitet daher konsequent neue Wege. Alle Mitarbeiter bekommen zu ihren fixen Gehältern Prämien ausbezahlt. Dadurch sind alle bemüht, möglichst effizient zu arbeiten und Verbesserungen vorzuschlagen und einzuführen. Günter Schedler trifft keine einsamen Entscheidungen. Sein Ziel ist, dass alle Mitarbeiter Unternehmer im Unternehmen werden. Das soll in Zweimannteams für die verschiedenen Bereiche organisiert werden. Alle Materialien und Logistik stellt der Betrieb bei. Die Mitarbeiter übernehmen aber die komplette Abwicklung und teilweise auch den Verkauf. Der erzielte Gewinn wird aufgeteilt. In der Polsterei funktioniert dieses System bereits. Ein eingespieltes Team Der bisherige Einzelunternehmer hat vor einem Jahr eine GesmbH gegründet, an der sich der Mitarbeiter Michael Morscher im nächsten Jahr mit 49 Prozent beteiligen wird. Er unterstützt Schedler bereits jetzt bei der Mitarbeiterführung. Beide kennen sich seit 15 Jahren und sind ein eingespieltes Team. Wenn man sich auf seinen Geschäftspartner zu 100 Prozent verlassen kann, ist das sicher die beste Voraussetzung für Harmonie im Betrieb. Schedler legt großen Wert darauf, gründlich zu beraten und Gesamtlösungen anzubieten. Schedler: „Weil wir uns wirklich Zeit nehmen, haben wir keine Laufkundschaft, sondern organisieren alle Beratungen über eigene Termine.“ Viele Kunden können sich Gesamtlösungen nur schlecht vorstellen. Daher sieht man es im Hause Schedler als primäre Aufgabe, weit reichende Änderungen vorzu-schlagen, um die Wohnsituation insgesamt zu verbessern. Also auch Wände zu versetzen, Mauern zu durchbrechen oder Balkone anzubauen. Diese über das normale Maß hinaus gehenden Umbauten werden von den Kunden meist dankbar angenommen. Fragebogen für die Kunden Sie sind dann auch gerne bereit, höhere Summen auszugeben. Man muss ihnen, so der verkaufsstarke Unternehmer, nur Mut zu Veränderungen machen. Um diese anspruchsvolle Klientel auch bestens zufrieden zu stellen, wird die Leistung der Mitarbeiter auch mittels Fragebogen erhoben. Dies geschieht nicht aus Misstrauen den eigenen Mitarbeiter gegenüber, sondern um kleinere Fehler zu beheben. Der Rücklauf ist mit über 50 Prozent überdurchschnittlich, die Bewertungen bis auf Kleinigkeiten gut bis sehr gut. Sie geben den Kunden das Gefühl, auch nach dem Auftrag noch ernst genommen zu werden. Der dynamische Unternehmer hat noch viel vor. Nachdem er im Jahr 2005 bereits ein externes Lager im Ortszentrum gemietet hatte, um die über 5000 Quadratmeter Parkett und Bodenbeläge unterzubringen, steht für 2007 ein großer Zu- und Umbau des Betriebsgebäudes auf dem Programm. Wenn dieses Projekt und die Mitarbeiterneuorganisation abgeschlossen sind, will er seine 14- bis-16-Stunden-Tage auf zehn bis zwölf Stunden verkürzen und gelegentlich eine Urlaubswoche einschieben. Auch in der Bodenlegerinnung will er sich dann wieder mehr engagieren. Seine derzeitige Funktion im Ausschuss ist in letzter Zeit etwas zu kurz gekommen. Schedler: „Die Sonntage sind dann nur noch für die Familie reserviert.“ ◇

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