Verlegepraxis Im System verlegen, auf Nummer sicher gehen

Verlegewerkstoffe aus einer Hand zu beziehen und im System zu arbeiten, mag die Wahlmöglichkeiten des Verarbeiters einschränken. Unter dem Strich sprechen allerdings viele Argumente für den Einsatz sorgfältig aufeinander abgestimmter Produkte.

  • Bild 1 von 3
    Verlegewerkstoffe im System arbeiten
    © Mapei
    Empfohlene und geprüfte Produktkombinationen bieten die größtmögliche Sicherheit und Schnelligkeit.
  • Bild 2 von 3
    © bwd
    Die chemische Wechselwirkung zwischen Klebstoff und Oberflächenbehandlung führte in diesem Fall zu sogenannten schwarzen Fugen.
  • Bild 3 von 3
    © bwd
    Der Schaden wäre nicht aufgetreten, wenn der Parkettleger „im System“ geblieben wäre. Die Ursache für die Ablösung der Parkettelemente ist hier auf die Unverträglichkeit zwischen Vorstrich und Spachtelmasse zurückzuführen.

Fußbodenaufbauten sind komplexe Systeme mit vielen Schnittstellen. An den Grenzflächender einzelnen Bau­stoffe spielen sich Prozesse ab, die es zu beherrschen gilt. Alle Komponenten, ob Beton, Dämmung, Estrich, Grundierung, Spachtelmasse, Klebstoff, Belag und Versiegelung, stehen in einer bestimmten Beziehung zueinander. Funktioniert eineder Komponenten nicht bzw. wird nicht richtig angewendet, kommt es im gesamten System zu einem Fehler.

Schäden aufgrund von chemischen oder mechanischen Wechselwirkungen kommen immer wieder vor, beispielsweise wenn sich Dispersionsklebstoffe mit dünner Hautbildung vonder obersten Spachtelmassenschicht lösen. Auch das Phänomen von Weichmachermigrationen aus dem Klebstoff in die Grundierung kann bei nicht aufeinander abgestimmten Systemen gelegentlich zu Erweichungen des Voranstriches führen. Die Folge ist eine erhebliche Schwächung des Haftverbundes. Und dann wären noch die Fälle von Geruchsbelästigungenim Zusammenhang mit Fußbodenaufbauten, für die man inder Regel chemische Reaktionen verantwortlich macht. Die Liste ließe sich beliebig fortsetzen.

Verlegewerkstoffe präzise abgestimmt

Im Zusammenhang mitderartigen Schadensfällen rückt immer wieder die Kompatibilitätder eingesetzten Produkte in den Fokus, mithinder Systemgedanke. Im System bleiben bedeutet, auf Verlegewerkstoffe eines einzigen Anbieters für den fachgerechten Aufbauder Fußbodenkonstruktion zurückzugreifen. Nahezu alle namhaften Anbieterder Hilfsstoff-Industrie bieten heute das komplette System aufeinander abgestimmter Produkte an. Seien es Haftgründe, absperrende Vorstriche, Grundierungen, Nivellier- oder Ausgleichsspachtelmassen, Klebstoffe oder Fixierungen. Beim Aufbauender kompletten Konstruktion im System eines einzigen Anbieters auf den verschiedensten Untergründen wie Zement-, Calciumsulfat-, Guss­asphalt- oder Magnesia-Estrichen oder Holzwerkstoffplatten exklusive Nutzbelag zu bleiben, bietet nach Aussagen nahezu aller Verlegewerkstoffhersteller praktische aber auch rechtliche Vorteile für den Anwender. Der Systemgedankeder Hersteller muss sich dabei nicht allein auf bestimmte Produkte beziehen, sondern kann durchaus auch Maschinen und Werkzeugtechnik miteinbeziehen . Renovierungen elastischer Beläge oder Nachversiegelungen von werksmäßig versiegeltem Parkett funktionieren nur dann, wenn die Wahl des Oberflächenbehandlungsmittels genauso richtig war wie dieder Schleifmaschine oder des Schleifmittels. Auch Belaghersteller geben hinsichtlichder zu verwendenden Verlegewerkstoffe mitunter Empfehlungen ab. Inder Regel heißt das, dass die Belagverlegung mit einem empfohlenen Verlegewerkstoff getestet und geprüft ist. Willder Bodenleger andere als die explizit empfohlenen Verlegewerkstoffe einsetzen, sollte er für sein Wunschprodukt beim Belag- bzw. Verlegewerkstoffhersteller schriftlich die Freigabe einfordern .

Zeitersparnis und Risikominimierung beim Verlegen im System

Welche Vorteile verspricht das Arbeiten im System nun im Einzelnen? Weit vorne ist dabei sicherder Zeitvorteil zu nennen, zum Beispiel, wenn es angesichts ständig wachsenden Termindrucks auf kurze Trocken- und Wartezeiten oder auf aufeinander abgestimmte Arbeitsabläufe beziehungsweise Reaktionszeitender Systemkomponenten untereinander ankommt. Besonders zum Tragen kommtder zeitliche Vorteil beispielsweise beider Kombination aus Dispersionsgrundierung und Spachtelmasse. Mit dem richtigen Duo aus einer Hand lässt sich die Zeit zwischender Verarbeitung beider Komponenten inzwischen nahezu auf null reduzieren. Wichtig ist dabei allerdings, auf gleicher Materialbasis zu arbeiten, also zum Beispiel eine Zementspachtelmasse auf Zementestrich einzusetzen.

Aber auch jenseitsder Baustelle lassen sich „mit System“ Zeit und vielfach auch Kosten sparen . Betriebliche Abläufe werden beschleunigt, wenn sich Mitarbeiter nicht permanent auf neue Produkte einstellen und sich mit den unterschiedlichsten Datenblättern und Verarbeitungshinweisen vertraut machen müssen. Ganz zu schweigen vonder Tatsache, dass weniger Lieferanten weniger Platz im Lager benötigen und zusätzliche Kosten durch Restbestände vermieden werden. Auch kann sichder höhere Umsatz, der mit einem einzigen Partner erzielt wird, aufder Kostenseite positiv niederschlagen .

Nun könnte man umgekehrt natürlich auch argumentieren, dass die Vorteile einer solchen Routine auch dann zum Tragen kommen, wenn man langfristig die Spachtelmasse A des einen Herstellers, den Vorstrich B des anderen und den Klebstoff C des dritten Anbieters einsetzt. Es gibt inder Praxis sicher Beispiele, wo sich dieses „Rosinenpicken“ inder betrieblichen Praxis über Jahre hinaus bewährt hat. Schließlich sind Handwerker äußerst produkttreu und dafür bekannt, langfristig mit einem Lieferanten ihres Vertrauens zusammenzuarbeiten. Und auch das muss an dieser Stelle gesagt werden: Eine Fußbodenkonstruktion ist nicht deshalb per se falsch, weilder Handwerker nicht im System gearbeitet hat.

Am Ende geht es auch um die Haftung

Ein zentraler Punkt bleibt jedoch die Haftung : Der Hersteller eines bestimmten Systems oder einer von ihm empfohlenen Produktkombination haftet entsprechend auch fürderen Funktionalität – sofern die Produkte korrekt und entsprechendder Vorgaben angewendet werden. Werden hingegen Produkte unterschiedlicher Hersteller kombiniert, kann es im Schadensfall zu einer komplizierten Situation kommen.

Ein typisches Beispiel für endlose Diskussionen sind Geruchsbelästigung in Folge chemischer Reaktionen zwischen dem Belag und/oder den verwendeten Verlegewerkstoffen. Aufder Baustelle geben sich dann die vom Bodenleger zur Klärungder Sachlage einbestellten Anwendungstechniker die Klinke in die Hand. Und je mehr Parteien beteiligt sind, desto schwieriger wird die Einigung zur Übernahmeder Verantwortung und letztendlichder Kosten. Hersteller A kann schließlich nichts über die Funktionalität eines Produktes von Hersteller B sagen – und umgekehrt. Aus diesem Grund machen Hersteller Garantiezusagen daran fest, dass im System gearbeitet wird. Der Aufbau von Produkten aus einem System ist vom Hersteller geprüft und empfohlen . Wähltder Verarbeiter am Markt Produkte unterschiedlicher Hersteller aus und es kommt zum Schaden, weisen Hersteller unter Umständen Haftungsansprüche mit dem Verweis auf die Tatsache zurück, dass nicht im System gearbeitet wurde. Obder grundsätzliche Rückzug auf die Position haltbar ist, darf zumindest angezweifelt werden, unstrittig aber ist: Wer Verlegewerkstoffe unterschiedlicher Hersteller kombiniert, geht ins Risiko.

Inder Realität bleibtder Verarbeiter im Schadensfall dann auf den Kosten sitzen. Der Nachweis, dass ein bestimmtes Produkt für sich genommen schadensursächlich ist und nicht die Kombination dieses Produktes mit einem anderen, zieht inder Regel ein sehr aufwändiges Gutachten nach sich. Da sind schnell 5.000 bis 10.000 Euro fällig – und das, mit ungewissem Ausgang. Viele Handwerker ziehen deshalb von vorneherein den ungeliebten Vergleich vor.

Der Systemgedanke impliziert bei den namhaften Herstellern auch noch weitere Vorzüge: Nebender technischen Sicherheit werden über Objektanbahnung, ausgeklügelte Ausschreibungstexte, „individuelle Projektbegleitung“ und Fachberatung auch Garantiezusagen getätigt, die über die gesetzlichen Gewährleistungen hinausgehen — dafür aber an bestimmte Anforderungen des Systemgebers gebunden sind. Gerade im Objekt machen diese sicher Sinn.

Spätestens jetzt könnte man annehmen, dass das von den Herstellern propagierte Verlegen im System vielleicht doch eher ein verkaufsförderndes Marketinginstrument denn technische Notwendigkeit ist. Zum Teil mag das sicher so sein. Unter dem Strich spricht doch die Aussicht, im Schadensfall nicht im Regen stehen gelassen zu werden, für ein Verlegen im System. sh

Verlegen im System: Wichtiges in Kürze

  • Im System bleiben bedeutet, auf Verlegewerkstoffe eines einzigen Anbieters für den fachgerechten Aufbauder Fußbodenkonstruktion zurückzugreifen.
  • Fußbodenaufbauten sind komplexe Systeme mit vielen Schnittstellen.  Alle Komponenten, ob Beton, Dämmung, Estrich, Grundierung, Spachtelmasse, Klebstoff, Belag und Versiegelung, stehen in einer bestimmten Beziehung zueinander. Funktioniert eineder Komponenten nicht bzw. wird nicht richtig angewendet, kommt es im gesamten System zu einem Fehler.
  • Beim Aufbauender kompletten Konstruktion im System eines einzigen Anbieters auf den verschiedensten Untergründen zu bleiben, bietet praktische aber auch rechtliche Vorteile für den Anwender.
  • Der Systemgedankeder Hersteller bezieht sich nicht allein auf bestimmte Produkte sondern kann auch Maschinen und Werkzeugtechnik beinhalten.
  • Willder Bodenleger andere als die explizit empfohlenen Verlegewerkstoffe einsetzen, sollte er für sein Wunschprodukt beim Belag- bzw. Verlegewerkstoffhersteller schriftlich die Freigabe einfordern.
  • Haftung: Der Hersteller eines bestimmten Systems oder einer von ihm empfohlenen Produktkombination haftet fürderen Funktionalität – sofern die Produkte korrekt und entsprechendder Vorgaben angewendet werden.
  • Wer Verlegewerkstoffe unterschiedlicher Hersteller kombiniert, geht ins Risiko.

Vorteile beim Verlegen im System:

  • Zeitersparnis aufder Baustelle:
    - kurze Trocken- und Wartezeiten,
    - aufeinander abgestimmte Arbeitsabläufe,
    - Reaktionszeitender Systemkomponenten untereinander.
  • geringere Kosten:
    - betriebliche Abläufe werden beschleunigt,
    - weniger Lieferanten benötigen weniger Platz im Lager,
    - keine zusätzlichen Kosten durch Restbände,
    - höherer Umsatz sorgt für günstigere Preise beim Hersteller.