Diverse Reklamationen an einem Zweischichtparkett Geringe Deckschicht-Dicke wurde zum Verhängnis

Schattenfugen unter den Sockelleisten und Anschmutzungen an deren Oberseite. Mit überschaubaren Nacharbeiten hätten sich diese Mängel beheben lassen. Als sich jedoch herausstellte, dass die vereinbarte Deckschicht-Dicke nicht gegeben war, wurde es fatal.

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    Ein Prüfkörper wird im Randbereich ausgebaut.
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    Die Deckschicht des Zweischichtparketts wird mit einer Schiebelehre gemessen.
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    Die Sockelleisten bilden eine auffällige Schattenfuge.
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    Die Abfugung mit Acryl zwischen Leiste und Wand ist störend angeschmutzt.

Der Sachverständige wurde von einem Wohnungseigentümer gerufen, weil die Parkettarbeiten aus dessen Sicht nicht zufriedenstellend waren. Bemängelt wurden Fußleiste n, die unten nicht bündig auf dem Parkett aufliegen und oben mehr und mehr anschmutzen würden. Außerdem wurden noch Hohlstellen gerügt, die zwar teilweise schon nachgearbeitet wären, aber dann durch störende Injek­tionslöcher auffällig wären.

Wie sich im Ortstermin herausstellte, war die Wohnung als Musterwohnung einer umfänglichen Sanierung eines Mehrfami­lienhauses genutzt worden. Das Parkett war also sehr früh auf den neu eingebrachten Heizestrich verlegt worden, um die anderen Wohnungen für Kaufinteressenten bemustern zu können. Weil das Parkett durch Schüsselungen auffällig war, wurde es in dieser Musterwohnung auf Betreiben des Bauträgers bereits teilweise durch Schleifen und Versiegeln vom Parkettleger nachgearbeitet.

Der Unwillen des Parkettlegers, nun noch ein weiteres Mal Nacharbeiten zu erledigen, war dadurch gut nachvollziehbar.Die Untersuchung im Ortstermin zeigte tatsächlich erhebliche Schattenfugen unter den weißen Sockelleisten. Stichmaße von bis zu 9 mm sind einem Endverbraucher nicht als fachgerechte Ausführung vermittelbar. Auch die Schmutz- und Staubanhaftungen auf der Oberseite der Leisten waren auffällig und störend.

Parkettleger wäre besser standhaft geblieben

Als Ursache für die entstandene Schattenfuge war eine Randabsenkung des Estrichs unschwer anzugeben. Diese Randabsenkung eines noch nicht ausreichend getrockneten Estrichs korrespondiert mit dem vormals aufgetretenen Schüsselungen des Parketts. Diese Schadensbilder gehen erstmal zu Lasten des Parkettlegers, sind aber letztlich dem Druck geschuldet, den ungeduldige Auftraggeber auf den Parkett- oder Bodenleger ausüben. Diese Fälle sind traurige Beispiele für das Ungleichgewicht, das in den Vertragsverhältnissen zwischen institutionellen Auftraggebern und kleineren Handwerksbetrieben herrscht und sollten als Warnung dienen, solchem Druck bereits bei oder besser noch vor Vertragsabschluss mit professioneller Standhaftigkeit zu begegnen.

Die Schmutzanhaftungen an der Oberseite der Leisten waren ebenfalls einfach mit einer Acrylabfugung zu erklären. Acrylfugen müssen mit einem Anstrich geschützt werden, um nicht anzuschmutzen. Wenn stattdessen beim Abziehen der Fuge das weiße Acryl noch flächig auf die Oberseite der Leiste geschmiert wird, ist der Ärger programmiert.

So weit, so gut. Aber dann: zu geringe Deckschicht-Dicke

Bis zu diesem Punkt war als Ergebnis des Ortstermins lediglich eine überschaubare Nacharbeit an den Leisten angezeigt.Die Kontrolle der Hohlstellen ergab aber eine unerfreuliche Wendung. Einige hohlliegende Bereiche waren zunächst mit einer Resonanzprüfung ermittelt worden. Mit einer fachgerechten Injektionstechnik wären diese aber zu beseitigen, ohne die auffälligen Löcher mit 4 mm Durchmesser zu hinterlassen, welche bei der bereits durchgeführten Nacharbeit gebohrt worden waren. Injektionslöcher können bis 2,5 mm Durchmesser mit eingelötetem farbigen Hartwachs unauffällig geschlossen werden, so dass bei allen normalen Betrachtungshaltungen eine Auffälligkeit vermieden werden kann.

Mit innovativen Techniken können auch Löcher mit weniger als 1 mm Durchmesser ausreichen, die eine störende Sichtbarkeit sicher vermeidbar machen. Wenn aber ein 4 mm großes Loch noch mit einem Acryl oder einem Weichwachs geschlossen wird, sind störende optische Erscheinungen nahezu zwangsläufig. Solche Nacharbeiten sind nicht akzeptabel bzw. abnahmefähig.

Die Wendung ins Unerfreuliche verstärkte sich aber noch dramatisch, als der Sachverständige sich auffällige Schüsselungen und Fugenbildungen näher anschaute.Die Deckschicht des Zweischichtparketts war - bedingt durch die vorgenommene Nacharbeit - nur mit einer geringen Oberwangendicke verblieben. Die Messung mit einem Messfühler und einer eingeschobenen Rissbreitenschablone wollte der Sachverständige noch mit einer Prüföffnung ergänzen, weil aus der vom Auftraggeber vorgelegten Baubeschreibung ein Zweischichtparkett mit 4 mm Deckschicht hervorging. Da die Parkettfläche nur im Wohnbereich nachgearbeitet war, konnte in einem Nebenraum noch das originale Parkett geprüft werden. In einem Randbereich unter der Sockelleiste wurde ein kleiner Prüfkörper entnommen. Mit einer Schieblehre konnte die Deckschicht dann mit 3 mm gemessen werden.

Zweischichtparkett: Droht nun der Komplettrückbau?

Aus handwerklicher Sicht mag der Unterschied von 1 mm vielleicht unspektakulär sein. Ob eine Deckschicht 4 mm oder nur 3 mm dick ist, scheint zunächst kein großer Unterschied zu sein. Auch eine Deckschicht von 2,5 mm ist noch zulässig nach der einschlägigen Normierung für die Produktion. Bezüglich der Beschaffenheitsvereinbarung im Vertrag zwischen Auftraggeber und Auftragnehmen ist der Unterschied aber fatal: Eine Abweichung zwischen der vereinbarten Beschaffenheit, also 4 mm Deckschicht und der ausgeführten Beschaffenheit von hier also 3 mm, wirft die rechtliche Frage auf, ob der Vertrag erfüllt ist. Falls der Unterschied als ein erheblicher Mangel bewertet wird, ist dann möglicherweise der Vertrag nicht erfüllt mit der Folge, dass nach wie vor ein Parkett mit 4 mm Deckschicht zu verlegen wäre. In anderen Worten also ein kompletter Rückbau samt Neuverlegung! Einer solchen Forderung ausgesetzt zu sein ist für den Handwerker natürlich der Gau. Auch wenn der Rückbau letztlich nicht durchgesetzt wird, hat der Auftraggeber nahezu beliebige Druckmittel, um den Auftragnehmer schwere wirtschaftliche Nachteile aufzudrücken. Unter diesem Gesichtspunkt wäre die Erledigung bzw. Bearbeitung der ursprünglichen Reklamation die deutlich bessere Option gewesen.

Dieter Humm

Parkett/Sockelleisten: Schon bei kleinen Abweichungen drohen Konsequenzen

  • Vereinbarte Produkte und deren Maße sind Beschaffenheitsvereinbarungen, die zwingend einzuhalten sind. Auch vermeindlich kleine Abweichungen können schwerwiegende rechtliche Konsequenzen nach sich ziehen.
  • Acryl ist bei Einsatz als Füllstoff noch mit einem Anstrich oder einer Pflege zu beschichten, um später nicht auffällig anzuschmutzen.
  • An der Wand befestigte Sockelleisten sind bei Randabsenkungen des Estrichs reklamationsträchtig.
  • Löcher für Injektionen müssen unauffällig ausgeführt werden. Bei Löchern über 2,5 mm ist dies meist nicht machbar.