bwd-Umfrage: Ist die Rohstoffversorgung für die Parkettproduktion in Österreich gesichert? Die Situation bleibt angespannt

Der Krieg in der Ukraine sorgt dafür, dass vielerorts die Rohstoffe knapp werden. Wie ist es um die Versorgung mit Holz für die Parkettproduktion in Österreich bestellt? bwd-Redakteur Thomas Mayrhofer hat bei Parkettproduzenten und -importeuren nachgefragt.bwd Wie ist derzeit die Rohstoffversorgung in Ihrem Unternehmen? Welche Probleme gibt es dabei? Karl Scheucher Bei Kriegsbeginn betraf es die Eichen-Deckschichten aus der Ukraine. Da kam so gut wie gar nichts mehr. Nach circa drei Wochen haben die ukrainischen Sägewerke wieder zu liefern begonnen. Heute stehen wir bei etwa 80 Prozent im Vergleich zu den Vorkriegszeiten. Wir haben uns in anderen Ländern umgesehen und werden von dort auch sehr gut bedient. Daher gibt es derzeit bei Eiche-Decklagen keine Lieferengpässe. Aber man weiß ja nie, wie sich der Krieg mit all seinen Facetten weiterentwickelt. Michael Edlinger Wie für alle Marktteilnehmer ist die Rohstoffknappheit auch für unser Unternehmen momentan die wohl größte Challenge, meist in Bezug auf Eichenholz, den für uns wichtigsten Rohstoff. Vor allem westeuropäische Parkett-Anbieter konkurrieren mit uns im Sourcing, insbesondere um die Bestände in Osteuropa und in Kroatien. Zusätzlich durch den Krieg hat sich die Situation extrem angespannt. Kroatien hat in Europa den größten für uns relevanten Eichenbestand. Schon vor der Pandemie verkaufte die Bauwerk Group über 9 Mio. Quadratmeter Parkett im Jahr, was die Bauwerk Group zu einem Großeinkäufer auf dem Markt macht. Dadurch haben wir langjährige, gute und stabile Beziehungen zu Lieferanten und somit einen relativ gesicherten Holzeinkauf. Zudem bringen klimatische Änderungen qualitative Nachteile bei der Eiche: Die Ausbeute ist circa zehn Prozent geringer als vor drei Jahren. Arian Capellari Die Rohstoffversorgung ist – bis auf vereinzelte Produkte – grundsätzlich gut. Herbert Kendler Die Verfügbarkeit hat sich wieder deutlich verbessert, leider nur wenig bei Eiche. Neben dem Hauptrohstoff Eichenholz für die Deckschicht belasten fast alle weiteren Roh- und Hilfsstoffe die Kostensituation. Energiepreise und deren weitere Entwicklung erschweren die Lage als Hersteller. Die Situation hat sich daher im gesamten leider nicht wirklich entspannt und wir laufen den steigenden Kosten immer noch deutlich hinterher. Überdies hat sich die Nachfrage aktuell beim Endkunden zugunsten von Reisen, Urlaub und Ausgehen verschoben. Man beobachte die überfüllten Flughäfen bereits in der Vorsaison. In der Bauwirtschaft sind die Aussichten auch eher trübe, wie man aus Fachkreisen vermehrt vernehmen kann. Georg Stöckl Die Rohstoffversorgung ist nach wie vor angespannt, speziell in den gängigen Holzarten Eiche, Esche, Nussbaum sowie HDF. War die Lage bereits 2021 angespannt, hat sich im ersten Halbjahr 2022 die Verknappung noch viel deutlicher gezeigt. Gernot Wilding Die Versorgungssituation bei Parkett ist in Summe nach wie vor angespannt. Das Preisniveau insbesondere von Eichedeckbelägen bleibt weiterhin hoch und EUTR-konforme (EU-Holzhandelsverordnung) Ware ist knapp und hat ihren Preis. Aber es gibt erste Anzeichen dafür, dass die Preissteigerungen an Dynamik verlieren und sich auf einem hohen Niveau einpendeln. Bei der Fichte-Mittellage wird die Versorgung erkennbar besser und beim Preis zeigt sich Licht am Horizont. Die Versorgung mit HDF ist mittlerweile wieder stabil und hat sich deutlich verbessert. Christoph Bawart Wir haben bereits genug Eichen-Rohmaterial für unsere Eigenproduktion für heuer und nächstes Jahr am Lager. Hier sind wir bestens vorbereitet und abgesichert. Und auch bei unserer Handelsware entspannt sich die Situation derzeit. bwd Welche Gegenmaßnahmen haben Sie schon eingeleitet und welche sind noch in Planung, um diesen Schwierigkeiten zu begegnen? Karl Scheucher Bei Birken-Sperrholz aus Russland sieht es sehr schlecht aus. Unsere Lieferanten unterliegen den Sanktionen und wir dürfen seit dem 10. Juli kein Holz aus Russland importieren. Wir sind auf der Suche nach Ersatz, und da wird es schwierig. Russland ist der weltgrößte Birken-Sperrholzproduzent und die Abhängigkeit in der EU ist riesig. Da sehen wir in Zukunft unser größtes Problem. Gegenmaßnahmen sind nur mit anderen Hölzern aus Sperrholz möglich. Ob wir da genügend Ware für uns beziehen können, wird sich zeigen. Michael Edlinger Wir müssen mit dem Rohstoff noch effizienter umgehen als bisher, weil dieser mengenmäßig knapp und im Einkauf für die Produktion immer teurer wird. Daher evaluieren wir momentan unter anderem, zukünftig eventuell wieder vermehrt auf andere Holzarten zu setzen. Arian Capellari Unser Fokus liegt auf „Raumkonzepten aus Naturholz auf Boden, Wand & Decke“ sowie auf den heimischen Holzarten Lärche, Fichte, Kiefer, Tanne, Zirbe, Esche und Althölzer. Dem Trend zu nachhaltigem, heimischem Echtholz-Parkett kommen wir voll und ganz nach. Herbert Kendler Wir haben bereits seit vielen Jahren den Weg des breiten Sortiments über das Parkett hinaus gewählt. Neben den Vinylprodukten haben wir auch in den schwierigen Zeiten – lange vor der Nachhaltigkeits- und Rohstoffdiskussion – an unserem Natur-Sortiment festgehalten und dieses kontinuierlich auf kleiner Flamme weiterentwickelt. Das kommt uns heute zugute: Neben Kork und modernen Linoleumdekoren erlebt unser Echtholz-Furnierboden eine Renaissance. Georg Stöckl Wir suchen aktiv nach neuen Beschaffungsmärkten. Gernot Wilding Wir tun sowohl auf der Beschaffungs- als auch auf der Produktionsseite unser Bestes. Auf der Einkaufsseite haben wir die Anzahl unserer Lieferanten erhöht. Produktionsseitig bieten wir unseren Kunden – wo es möglich ist – Produktalternativen an, die sich entweder bei Formaten und/oder Sortierungen vom Originalprodukt unterscheiden. Zudem arbeiten wir daran, auch andere Holzarten, wie beispielsweise die Buche, so zu modifizieren, dass sie wieder an die Erfolge der früheren Jahre anknüpfen kann. Aber auch andere Holzarten haben durchaus das Potenzial, mit der richtigen Farbe den Kunden zu gefallen und können so zu einer echten Alternative zur Eiche werden. Christoph Bawart Wir sind derzeit gut versorgt und planen daher keine weiteren Maßnahmen. bwd Wie sehen Sie die Entwicklung hinsichtlich Rohstoffversorgung und Preisen für Parkett im nächsten Jahr? Karl Scheucher Die Preisrallye sehen wir dem Ende zu zugehen. Wer kann es sich noch leisten zu bauen? Es muss wieder Preisstabilität in den Markt kommen, ansonsten haben wir kommendes Jahr eine Baukrise, die uns alle erfassen wird! Michael Edlinger Die Lage wird anspruchsvoll bleiben. Die Preisentwicklung beim Rohstoff Holz ist aktuell stabil auf hohem Niveau, während andere Kostentreiber, wie Energiepreise und Transportkosten, weiter steigen. Aufgrund der volatilen Entwicklungen der letzten Monate geben wir für nächstes Jahr keine Prognose ab. Arian Capellari In vielen Bereichen wird die Preisentwicklung am Rohstoffmarkt zu einer Abkühlung der Wirtschaft führen, was sich auf die Nachfrage auswirken wird. Insofern kann mit einer verbesserten Verfügbarkeit gerechnet werden, was folglich zu einer Stabilisierung der Preise beiträgt. Für dieses Jahr sehen wir keine Anzeichen für eine grundsätzliche Veränderung der Preise. Ob sich mittel- bis langfristig an den Rohstoffmärkten die Preise verändern, hängt von vielen Faktoren ab, die aktuell in der Medienlandschaft präsent sind. Diese Faktoren sind für uns nicht beeinflussbar. Eine konstant gute Verfügbarkeit und langfristige Preisstabilität werden eine wesentliche Rolle am Parkettmarkt spielen. Herbert Kendler Mit großer Sorge beobachten wir den Ausverkauf von europäischem Holz. Der Holzmarkt wird unter anderem von China leergekauft und mit unverständlichen Preisen wieder ohne Handelsbarrieren nach Europa importiert. Zudem sind wir gezwungen, die Preise für Parkett kostendeckend – nicht gewinnmaximierend – an den Markt weiterzugeben. Hier sehen wir im Zusammenhang mit der Teuerungswelle für Leben und Wohnen die große Gefahr, dass sich immer weniger Menschen einen echten Parkettboden aus Europa leisten (können), obwohl 60 Prozent sich diesen wünschen würden. Georg Stöckl Wir erwarten mengenmäßig eine Stabilisierung auf mittlerem bis hohem Niveau. Preislich gehen wir beim Rohstoff unbearbeitet, nicht getrocknet, derzeit von einer Stabilisierung auf hohem Niveau aus, basierend auf einem Niveau von Juni 2022. Durch hohe Energiekosten gehen wir beim Endprodukt von einer Erhöhung unbestimmten Ausmaßes aus. Diese kann von der aktuellen Inflationsrate bis zu stärkeren Erhöhungen reichen – abhängig von der Energiepreisentwicklung bis zum 1. Quartal 2023. Gernot Wilding Eiche wird weiterhin knapp bleiben und die Preise hoch. Hinzu kommen neben den gestiegenen Rohstoffpreisen auch Erhöhungen bei den Fertigungs- und Lohnkosten. An der jetzigen Versorgungssituation wird sich nichts ändern, solange sich die politischen und wirtschaftlichen Rahmenbedingungen nicht verbessern. Was das für die Preisentwicklung von Parkett bedeutet, kann ich an dieser Stelle und zum jetzigen Zeitpunkt nicht abschätzen. Aber auch wenn der Preis für das Endprodukt hoch bleiben wird, Parkett ist ein tolles, nachhaltiges Produkt und wird auch in der Zukunft begehrt bleiben. Christoph Bawart Wir sind gut bevorratet und für unsere Stammkunden voll lieferfähig. Heute eine Prognose für das nächste Jahr abzugeben, ist derzeit sehr schwierig, da dies sehr von der globalen Entwicklung abhängt, die sich täglich ändern kann. Die Fragen stellte Thomas Mayrhofer im Juli 2022. Vorsorge statt Panik„Parkettbodenproduzenten geht das Material aus“ – so lautete der Sendungstitel im ORF Vorarlberg, der im Mai auf Sendung ging. Weiter hieß es dazu: „Es zeigt sich immer deutlicher, wie der Krieg in der Ukraine die Rohstoffe knapp werden lässt. Den Parkettbodenherstellern in Vorarlberg geht das Holz, das normalerweise aus Russland kommt, aus. Sie haben Probleme, Nachschub zu bekommen. Der Unterbau der Parkettböden wurde in Europa bisher zu etwa 80 Prozent aus russischer Eiche produziert“, erklärt Michael Amann von der Sparte Industrie in der Wirtschaftskammer in der Sendung. „Durch den Krieg in der Ukraine sind einige Parkettqualitäten im Moment überhaupt nicht lieferbar. Die Hersteller müssen sich nach Ersatzlösungen umsehen. Das hat in letzter Konsequenz auch Auswirkungen auf den Preis“, sagt Amann weiter. Um wie viel teurer es wird, hänge davon ab, wie schnell man Lösungen findet und von wem das Holz dann bezogen wird. Amann erwartet, dass sich der Rohstoffmangel noch weiter verschärfen wird – und das nicht nur beim Holz. Die ORF-Sendung rief bei einigen Marktplayern Kopfschütteln hervor. Christoph Bawart, Sprecher der österreichischen Parkettindustrie und selbst betroffener Parkettproduzent in Vorarlberg, sagt: „Mit mir hat weder Michael Aman, noch ein Redakteur über dieses Problem gesprochen, was ich doch sehr befremdlich finde, da ich der einzige Parkettproduzent im Ländle bin.“ Zur aktuellen Situation bei der Rohstoffversorgung für den eigenen Betrieb gibt der Unternehmer und Funktionär an, dass er darüber schon seine Mitarbeiter in einer eigenen Unternehmensmitteilung informiert hat, um den Unsicherheiten und Gerüchten aktiv zu begegnen, die niemand nützen. „Ich habe dazu auch dem ORF ein telefonisches Interview gegeben, in dem ich die Tatsachen aus meiner Sicht präsentiert habe. Unsere Eigenproduktion ist sowohl für heuer als auch schon für das Gesamtjahr 2023 gesichert, da wir unser Lager stark aufgestockt haben. So können wir unsere Kunden als verlässlicher Lieferant auch weiterhin ohne Einschränkungen oder stark verlängerten Lieferzeiten prompt bedienen“, sagt Bawart. Das Rohmaterial für die Bawart-Eigenprodukte, zum Beispiel aus Eiche, kommt hauptsächlich aus Deutschland und Frankreich, was mit den Lieferwegen ins westlichste Bundesland von Österreich zu tun hat. Nur ein kleiner Teil der Mengen werden aus Ungarn bezogen, Buche und Ulme kommen aus Vorarlberg.