Sichtestrich: Mangelhafte Detailplanung, fehlende Warnhinweise und deren enorme Folgen Der Teufel steckt im Detail

Bei der Planung von Estrichen ist Sorgfalt geboten! Insbesondere bei Sichtestrichen müssen Faktoren wie Rand- und Fugenausbildung, Oberflächenbearbeitung und die künftige Nutzung in die detaillierte Planung einfließen, sonst geht‘s schief, wie dieser Beitrag zeigt.In einem Pflegeheim wurde ein Zementheizestrich verlegt, dessen Oberfläche zu einer sogenannten Terrazzo-Optik geschliffen wurde. Das Angebot für die Leistung dieser Oberflächenbehandlung umfasste lediglich zwei Positionen: zum einen ein vollflächiges, mehrmaliges Schleifen mit bestimmter maximaler Korngröße des Schleifmittels und zum anderen eine entsprechende Reinigung und Einpflege. Zur Bemusterung wurden dem Auftraggeber zwei im späteren Schleifmuster hergestellte Estrichplatten (cirka 60 × 60 cm) zur Freigabe vorgelegt. Der Auftragnehmer hat aufgrund der Flächengröße und der vorgegebenen Warmwasserfußbodenheizung Fugenprofile vorgeschlagen und diese dann in den frischen Estrichmörtel versetzt. Die Fugenprofile bestehen aus zwei Aluminiumwinkeln in L-Form, die in der Mitte mit einer eingeklebten Neopreneinlage verbunden sind. Außerdem gibt es Bereiche, wo sich der Designestrich an einen Estrich mit darauf verlegtem Holzboden anschließt. Hier wurde als Belagstrennung eine Schiene am Estrich verlegt. Der Estrich selbst wurde in zwei Etappen – ohne Randstreifen an den Flanken, dicht gestoßen, mit der notwendigen, unterschiedlichen Höhenlage – verlegt. Die Fugenplanung sowie die Planung der Anschlussbereiche zum Parkett und die gesamte Ausführungsart des Sichtestrichs erfolgten durch Vorschläge des Auftragnehmers in Zusammenarbeit mit den beteiligten Subunternehmern. Die Planung übernahm diese Vorschläge und gab die Ausführung frei. Erhebliche Mängel im FugenbereichNach der Estrichherstellung und Übernahme des Gewerkes kam es nach der ersten Heizperiode zur Reklamation. Grund: Mängel im Fugenbereich beim Sichtestrich. Bei den Fugenprofilen kam es zu einer zusätzlichen Fugenbildung an einer bzw. zum Teil an beiden Seiten des versetzten Fugenprofils. Die beim Schwindvorgang und den thermischen Bewegungen im Zuge der Beheizung des Estrichs auftretenden Spannungen respektive Verkürzungen der Estrichplatten konnte das eingebaute Profil nicht zur Gänze aufnehmen. Die Bewegungsfähigkeit des Profils war anscheinend nicht ausreichend, daher fand größtenteils die Verkürzung der Estrichplatte neben dem Fugenprofil statt. Eine Bewegungsangabe von 1 mm plus und 2 mm minus im Datenblatt des Fugenprofils wurde nicht weiter hinterfragt. Die in der Mitte vorhandene Neopreneinlage hat sich ebenfalls zum Teil vom Fugenprofil gelöst und verläuft meist wellig. Dies wurde vermutlich durch die häufige Reinigung verstärkt. Im Bereich zum Parkettboden fand eine nachträgliche Estrichverformung statt, die einen Höhenunterschied vom Designestrich zum Parkettboden hervorgerufen hat. Weiters gab es auch im Randbereich Rückverformungen der Estrichplatte, die Fugen zwischen den Randleisten und der Estrichoberkante entstehen ließen. Bei den Anschlüssen der Estrichplatte zu anderen Bauteilen, wie Lift und Stufenelementen, ist die hergestellte Randfuge, die nur aus einer elastischen Fuge ohne einen Abschlusswinkel besteht, zum Teil ausgebrochen und optisch nicht ansprechend. Schwierige SanierungDie Sanierung des optisch anspruchsvollen Bereiches gestaltete sich schwierig. Einerseits sollten die entstandenen Fugen bei den Profilen technisch geeignet verschlossen werden, andererseits mit Materialien, die optisch unauffällig sind. Gewählt wurde ein Vergussmaterial, das aus einem niedrigviskosen, zweikomponentigen PU-Harz besteht und mit Zuschlagsstoff des Estrichmaterials versetzt werden kann, um optisch einen entsprechenden Angleich an den bestehenden Estrich zu gewährleisten. Die bereits in vielen Bereichen gelösten Neoprenfugeneinlagen wurden entfernt und durch eine dauerelastische Fuge ersetzt. Das mögliche Versetzen des Vergussmaterials mit Zuschlagsstoff wurde allerdings bei der Fugensanierung nicht vollzogen. Daher sind die Sanierung sowie auch der notwendige örtliche Schleifvorgang nach dem „Fugenverguss“ in diesen Bereichen zum Teil deutlich zu erkennen. Dieser allgemeine optische Eindruck nach der Sanierung stellte den Bauherrn jedoch nicht zufrieden. Eine andere Lösung muss her. Bei einer nochmaligen Sanierung sollen die Fugen im Übergangsbereich zwischen dem Sichtestrich und dem Parkettboden mit einem vom Möbelschlosser hergestellten Abdeckprofil versehen werden, um die Funktionstüchtigkeit dieser zu gewähren und die Wartungsintensität zu minimieren. Die optischen Ansprüche sollen ebenfalls mit diesem Profil zufriedengestellt werden. Die bereits ergänzten Bereiche bei den Fugenprofilen sollen nochmals saniert werden, um diese auch optisch dem Sichtestrich anzugleichen. Die Zustimmung des Bauherrn zu dieser abermaligen Sanierung stand bei Erstellung des Beitrags noch aus. FAZITDie Folgen dieses aufgetretenen Mangels aufgrund einer nur teilweisen, aber im letzten Detail mangelhaften Planung sind enorm. Abgesehen von den Behebungskosten auf technischer Seite sind aufgrund des optischen Anspruchs auch noch Forderungen durch eventuell erkennbare Behebungsspuren nach der nochmaligen Sanierung wahrscheinlich. Da die Planung – wie so oft – hauptsächlich durch den ausführenden Professionisten erfolgte, fallen möglicherweise die Kosten zur Schadensbehebung in großem Umfang auch diesem zu. Die Vorgaben der Planung an die Ausführung waren in diesem Fall eher dürftig, die Ansprüche (vor allem die optischen) an das fertige Gewerk naturgemäß sehr hoch. Eine eingehende Planung mit genauer Beschreibung sowie Hinweise auf mögliche, nicht immer vermeidbare Folgeerscheinungen bei solchen Sichtestrichen an den Bauherrn hätten beim gegenständlichen Fall spätere Mängel und Kostenforderungen wahrscheinlich größtenteils vermieden.

Sichtestrich: Mangelhafte Detailplanung, fehlende Warnhinweise und deren enorme Folgen Der Teufel steckt im Detail

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