Christian Wimmer Den Veränderungen begegnen Der Handel im Wandel

In den vergangenen Jahren hat sich die heimische Handelslandschaft stark verändert. Die Einrichtungsbranche sieht sich einem Spannungsfeld gegenüber. Um zu bestehen, müssen die Unternehmen in vielen Bereichen umdenken.Gedanken über die Veränderungen in der Handelslandschaft von service & more-Geschäftsführer Christian Wimmer.Der Handel im Wandel Quer durch alle Branchen beeinflussen die heute im Handel vorherrschenden Geschäftstypen, Ausstattungsniveaus, Präsentationsformen und Servicegrade die Erwartungshaltung des Konsumenten. Nach diesen entscheidet er, ob einzelne Geschäfte in den verschiedenen Branchen interessant für ihn sind oder diese als Notlösung gesehen werden. Auf der Angebotsseite sind dies Marktkonzentration und Flächenwachstum. Einige wenige große Marktteilnehmer beherrschen den Handel zunehmend und mit einem Marktanteil von knapp 70 Prozent in einem weltweit einzigartigen Ausmaß, während kleine und mittelständische Anbieter Gefahr laufen, aus dem Markt gedrängt zu werden. Drei Phänomene machen den kleinen und mittelständischen Einzelhändlern das Leben schwer: 1)Die Filialisierung: Sie begann im Lebensmitteleinzelhandel, aber auch bei Textil- und Warenhäusern schon vor dem Zweiten Weltkrieg. Nach dem Krieg verstärkte sich das Tempo, die Filialisierung erfasste nach und nach fast alle Branchen im Einzelhandel. In den 60er Jahren begann die Konzentrationswelle im Einzelhandel, in den 80er Jahren bildeten sich die heute dominierenden Handelsgiganten. 2)Das Flächenwachstum: Eine weitere Ursache des Strukturwandels im Handel ist die Entwicklung des Diskontsystems. Um die wachsende Warenvielfalt anbieten zu können, waren ständig größere Verkaufsflächen gefordert. Dadurch wurde die Größe der Angebotsfläche zu einem Maßstab für die Attraktivität der Einkaufsstätte. Für den traditionellen Fachhandel entstand ein deutlicher Wettbewerbsnachteil. 3)Vertikalisierung: Zurzeit erlebt die Branche einen Prozess der Vertikalisierung: Händler suchen die Kontrolle über mehr Glieder in der Wertschöpfungskette. Musterbeispiele sind Firmen wie Ikea oder Zara, die nicht mehr nur Händler sind, sondern auch Hersteller und Logistiker. Andererseits gründen auch Hersteller unserer Branche eigene Handelshäuser. Kampf um den Kunden Noch im Jahr 1980 machte der Marktanteil der beiden Firmen Lutz und Kika/Leiner insgesamt acht Prozent aus. Diese Zahl hat sich in den folgenden Jahren drastisch verändert. Im Jahr 2000 wurde die 50-Prozent-Grenze überschritten. Heute repräsentieren die beiden größten Anbieter knapp 54 Prozent des Marktes. Derzeit zählt der Einrichtungshandel in Österreich etwa 2.500 Geschäfte. Die durchschnittliche Verkaufsfläche im Einrichtungshandel beträgt circa 1.000 Quadratmeter und erzielt damit einen der höchsten Anteile der ge-samten Einzelhandelsverkaufsfläche, bei geringen Umsätzen von circa 1.475 Euro pro Quadratmeter. Die Verbrauchsausgaben für Möbel und Raumausstattung pro privatem Haushalt betragen 991 Euro im Jahr (ohne Standgeräte und Hausrat). „Der Verbraucher ist ständig im Wandel begriffen“, schreibt der Konsumforscher Prof. Markus Giesler und er hat Recht. Dank neuer Technologien und Kommunikationsmöglichkeiten ist der Konsument heute in der Lage, seine Position jederzeit zu verändern. Wir erleben eine Machtverschiebung zu Gunsten der Konsumenten. Unternehmen, speziell im Einzelhandel, führen nicht mehr einen Kampf mit ihren Wettbewerbern, sondern um die Aufmerksamkeit des Konsumenten. Zielgruppensegmentierungen bezüglich Einkommen und Alter greifen immer weniger. Vermögende Konsumenten sind besonders kritisch, Diskontkunden nicht mehr zuzuordnen. Die Erwartungen der Konsumenten sind geprägt durch die aktuelle Handelslandschaft, mit der der Konsument im täglichen Einkauf konfrontiert ist. Ladengestaltung immer wichtiger Seine Gewohnheiten sind in erster Linie geprägt von Supermärkten, Verbraucher- und Baumärkten, also jenen Betriebsformen und Branchen, die täglich, wöchentlich oder regelmäßig besucht werden. Andere Betriebsformen, die nur in großen Zeitabständen von mehreren Jahren, wie in unserer Branche üblich, genutzt werden, müssen sich anpassen, da es unmöglich ist, diese Gewohnheiten der Konsumenten zu beeinflussen. Um dem hohen Konkurrenzdruck und den gehobenen Ansprüchen der Konsumenten zu begegnen, wird es für die Handelsunternehmen immer wichtiger, in regelmäßigen Abständen in die Ladengestaltung zu investieren. Nicht zuletzt deshalb geht man heute von einem Erneuerungsrhythmus des Ladens von fünf bis sieben Jahren aus. Umso wichtiger ist es „up to date“ zu bleiben und gute Effekte durch starke Inszenierungen zu erzielen, wie sie beispielgebend auf den internationalen Einrichtungs- und Heimtextilmessen gezeigt werden. Welche Rahmenbedingungen werden den österreichischen Einzelhandel künftig prägen? Der Einzelhandel wird in der Gesamtheit seine Anteile am Konsum nicht steigern können. Ebenso wird sich der Trend für einen weiteren Flächenzuwachs, bei gleichzeitiger Umsatzstagnation, zwar abflachen, aber dennoch fortsetzen. Ladenöffnungszeiten werden mehr und mehr aufgeweicht und zu längeren Öffnungszeiten für den gesamten Einzelhandel führen. Vereinzelt wird es zu mehr Umsatz führen, der Einrichtungsfachhandel bzw. die Raumausstattungsbetriebe werden kaum Vorteile daraus ziehen können. Auch wenn die Qualität immer mehr im Mittelpunkt steht, kann grundsätzlich nicht davon ausgegangen werden, dass österreichische Konsumenten von ihrem Einkaufsverhalten und ihrer Preisfokussierung abweichen. Das Internet wird verstärkt das Konsumentenverhalten prägen. Langfristige Konsumgüter, wie Produkte des Einrichtungsfachhandels, werden stärker im Internet nachgefragt, so dass der Konsument sehr gut informiert sein wird. Eine Herausforderung ist auch der richtige Einsatz von Werbeinitiativen für die Zielgruppenaktivierung, wobei klassische Werbemittel wie TV, Prospekte und dergleichen an Wirkung verlieren werden. Auf dieser Basis können wir für den Einrichtungsfachhandel von folgenden Entwicklungen ausgehen: Im Rahmen des am Markt befindlichen Überangebots von Produkten jeglicher Art sucht der Konsument schnelle Orientierungen, die durch Produkt- und Kundenspezialisten erreicht werden können. In nachfragedominierten Märkten wird es immer wichtiger sein, dass Handelsunternehmen ihre Kunden genau kennen, um auf spezielle Bedürfnisse einzugehen und durch Mehrwertangebote abseits des Preiskampfes zu agieren und am Markt zu bestehen. Mit ausreichender Sortimentstiefe und fachkundiger Beratungsleistung kann sich der Händler eine herausragende Stellung am Markt erarbeiten und als Spezialist für ein Themengebiet agieren. Schon jetzt ist der Standort für den stationären Einzelhandel ein wesentliches Erfolgskriterium. Die filialisierten Ketten- und Großflächenanbieter optimieren seit Jahren und sind im Vorteil. Ein Defizit und somit eine Bürde des Einzelhandels im KMU-Bereich sind Standorte, die in mäßiger Lage und Eigentum stehen. Der Standortnachteil kann nur durch qualifizierte und aktive Mitarbeiter/-innen aufgefangen werden. Im Einrichtungsfachhandel werden sich verstärkt Handelsmarken durchsetzen. Auf der Herstellerseite werden sich Marktführer und Premiummarken behaupten, Handelsmarken aber verstärkt schwache Herstellermarken ersetzen. Eigenmarken dienen dem Einrichtungsfachhändler zur Abgrenzung gegen den Mitbewerb und zur Profilierung. Im Wesentlichen sind auch Konsumenten durch eine gezielte Warenpräsenz in Themenwelten und vollständigen Wohnbeispielen zu begeistern. Diese Art der Inszenierung ermöglicht es, Verkaufsflächen nach Zielgruppen zu gliedern und diese präziser anzusprechen. Mehr Nähe zum Kunden Franchisesysteme und Verbandstrukturen werden in Zukunft dem Konsumenten eine Art der Orientierung geben und dem Unternehmen Aufgaben abnehmen. Die große Stärke der kleinen bzw. mittelständischen Händler ist ihre Nähe zum Kunden. Darauf muss sich das gesamte Unternehmen mit seiner vollen Kraft konzentrieren. Für jene Arbeiten, die vor dem Verkauf liegen, bleibt oft wenig Zeit. Der Händler kann und muss diese zum Großteil an seine Kooperation und deren Experten im Hintergrund abgeben, sonst fehlt oftmals Zeit für seine eigentliche Hauptaufgabe, nämlich den Verkauf und die Führung des Personals. Starke Verbände wie WohnUnion und die Garant-Möbel Austria mit rund 200 Mitgliedern unterstützen dazu Klein- und Mittelbetriebe. Sie bieten den Konsumenten durch gemeinsamen Einkauf ausgewählte Sortimente zu fairen Preisen, aber auch qualitativ hochwertige Serviceleistungen.Christian Wimmer

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