Aus der Gutachterpraxis Decklamellen-Ablösung bei Fertigparkett: Altes Thema – neue Schäden

Der Beitrag zeigt an einem Fallbeispiel die Ursachen von Decklamellen-Ablösungen bei Fertigparkett und beschreibt, worauf diese neben Fehlern bei der Verlegung und unzuträglichem Nutzerverhalten häufig zurückgeführt werden können.

Decklamellenablösung Fertigparkett
Blick in das Wohnzimmer mit beginnenden Schäden am Fertigparkett. - © iba-Institut

Im vorliegenden Fall handelt es sich um ein Gebäude aus dem Bestand, welches im Jahre 1997 fertiggestellt wurde. Als Oberboden wurde seinerzeit ein werkseitig lackiertes Fertigparkett (Fischgrät, Holzart Eiche) auf dem Untergrund verklebt. Nach jahrelanger Nutzung und Frequentierung der Familie des Eigentümers erfolgte zwischenzeitlich auch von Zeit zu Zeit eine Einpflege.

Nach 25 Jahren Gebrauch sollte das Fertigparkett durch einen Fachunternehmer erstmals geschliffen und neu versiegelt werden. Hierzu wurde das Angebot eines örtlichen Parkettlegemeisters eingeholt. Nach der Inaugenscheinnahme des vorhandenen Fertigparketts im Flurbereich, der Küche, dem Ess- und Wohnzimmer wurden Abschleifen sowie drei Parkettlack-Aufträge mit jeweiligem Zwischenschliff angeboten. Der Bauherr erteilte den Auftrag hierzu, und die Arbeiten wurden ausgeführt.

Auffälligkeiten kurz nach dem Schleifen und Neuversiegeln

Der Auftraggeber beobachtete kurz nach Fertigstellung der Versiegelung des Parkettbodens Auffälligkeiten und Unregelmäßigkeiten. Daher wurden die Mängel gerügt. Der Auftraggeber schreibt dem Parkettleger: Der Boden „(…) zeigt unterschiedlichen Glanz, entlang der Fugen bleiben dunkle Ränder sichtbar. Beim Verrücken der Stühle entstehen Striche und Abdrücke der Filzgleiter, die sich nicht mehr entfernen lassen. Auch der Wischlappen hinterlässt Spuren. Nun kommen noch Risse und Aufwerfungen hinzu, sowohl entlang der Fugen, aber auch mittig an den einzelnen Stäben des Fertigparketts(…).“

Der beauftragte Parkettleger sieht sich jedoch nicht in der Verantwortung. Die Mängelrüge bleibt ohne Reaktion. Der Parkettleger erklärte dem Auftraggeber, er habe keine Fehler bei der Ausführung der neuen Versiegelung des vorhandenen Fertigparketts gemacht und sich an die Vorgaben des Herstellers der Versiegelung gehalten. Zur Klärung des Schadens und der Verursacherfrage wurde ein Sachverständiger des iba-Institut beauftragt.

Schadensbild: Hohlleger und zahlreiche Überzähne

Zur Befunderhebung wurde der Parkettboden im Flurbereich, der Küche, dem Ess- und Wohnzimmer im Einfamilienwohnhaus in Augenschein genommen und inspiziert sowie an ausgewählten Prüfstellen weitergehend untersucht. Dabei resultierten folgende Befunde:

Decklamellen Aufschüsselungen
Einzelne Decklamellen heben sich ab und zeigen Aufschüsselungen. - © iba-Institut
  • Beim Begehen des Parkettbodens im offenen Flurbereich, im Esszimmer und anschließendem Wohnzimmer ergab sich ein akustisch wahrnehmbares Knarren an einigen Stellen im Parkettboden.
  • Mithilfe eines speziellen Prüfgeräts wurde der Parkettboden abgefahren. Dabei resultierten an zahlreichen Stellen dann Hohlleger als akustisch wahrnehmbare Auffälligkeiten.
  • Aus aufrecht stehender Betrachtungsweise zeigten sich zahlreiche Überzähne (> 0,1 mm bis < 0,5 mm, lokal 1,0 mm) zwischen einzelnen Parkettstäben und angrenzenden Teilflächen.
  • Diese Überzähne korrespondierten teilweise mit Hohllegern des Parkettbodens.
  • Es zeigte sich, dass sich bei mechanischer Auflast (z.B. Drücken mit dem Daumen u.a.) diese Überzähne einzelner Parkettstäbe wieder heruntergedrückt werden konnten.
  • An einer Prüfstelle im Wohnzimmer zeigte sich ein besonders großer Überzahn (> 1,0 mm). Hierbei zeigte sich bei weitergehender Inspektion, dass sich dieser Überzahn mehr oder weniger über die gesamte Länge des Einstabparketts darstellt. Schließlich war es möglich, den Überzahn des Parketts soweit zu erhöhen, dass ein Rissbreitenmaßstab in einen Fugenspalt eingeführt werden konnte. Dergestalt ließ sich die obere Decklage des Fertigparketts ablösen.

Schadensanalyse: Abgelöste Decklamellen mit Kohäsionsbruch im Kleber

Abgelöste Decklamelle
Abgelöste Decklamelle – Ursache: unzureichende Verleimung mit Kohäsionsbruch in der Kleberschicht. - © iba-Institut

Zur weiteren Ursachenforschung waren am Parkettboden Bauteilöffnungen mit Probeentnahmen erforderlich. Dabei resultierten überwiegend übereinstimmende Befunde in Form von abgelösten Decklamellen mit Kohäsionsbruch im Kleber bzw. der Verleimung auf der Trägerschicht.

Weiterhin wurden nach der Entnahme von Parkettstäben aus dem freigelegten Untergrund ebenfalls Proben entnommen. Dabei zeigte sich folgender Aufbau:

  • Trockenestrich,
  • Trittschall-/Wärmedämmung (Polystyrol),
  • Trennlage/PE-Folie auf der Geschoßdecke.

Augenscheinlich waren keine Hinweise auf noch vorhandene Feuchtigkeit im Parkettboden zu konstatieren. Orientierend durchgeführte Messungen mit einem elektrischen Prüfgerät ergaben Prüfergebnisse von > 40 Digits bis < 45 Digits. Auch der weitere Aufbau der Fußbodenkonstruktion erbrachte keine Hinweise für erhöhte Feuchtigkeit.

Zur weiteren Ursachenforschung wurden entnommene Proben aus dem Parkett luftdicht verpackt und im Prüflabor und Technikum untersucht. An den vor Ort entnommenen Proben war der Nachweis zu führen, dass die Decklamellen unzureichend auf der Trägerschicht verklebt waren. Die Ablösungen der Decklamellen von der Trägerschicht resultierten jeweils innerhalb des Klebers zwischen diesen Schichtenfolgen. Dabei war weiterhin zu konstatieren, dass die Klebstoffraupen zwischen den Decklamellen und der Trägerschicht nicht vollständig verdichtet bzw. verpresst vorliegen. Ein inniger Verbund zwischen der Decklamelle und der Trägerschicht hatte somit nicht vollständig stattgefunden, wodurch die Delaminierung begünstigt wurde. Der weiterhin untersuchte Feuchtegehalt der Proben zeigte keine Auffälligkeiten für das Fertigparkett.

Fraunhofer-Institut stellte bereits 2010 Studie vor

Im Frühjahr 2010 wurde aufgrund von zurückliegenden Schäden an Fertigparkett bei der Renovierung vom Fraunhofer-Institut vorgestellt die „(…) Studie zur Delaminierung von Mehrschichtparkett (…)“. Berichtet wurde seinerzeit in bwd Ausgabe 03/2010 über die Frage, inwieweit die Beschaffenheit bzw. Produktion von Mehrschichtparkett das Vorkommen von Rissen in Decklamellen von Fertigparkett beeinflussen können - insbesondere durch den Einfluss einer Fußbodenheizung! Aufgezeigt wurde aber auch die Delaminierung als Schadensbild durch das Versagen der Verklebung. Die Untersuchungen haben gezeigt, dass geometrisch wirksame Faktoren wie Faserverlauf, Nuttiefe und die Ausformung des Nutgrundes einen deutlichen Einfluss auf das Vorkommen von Rissen in der Mittellage eines Dreischichtparketts haben können. Neben der Untertrocknung bei Einwirkung einer Fußbodenheizung ist aber auch das Versagen der Verklebung als Ursache für Schäden bei Ablösung von Decklamellen von der Trägerschicht bei Fertigparkett thematisiert worden. 

Beurteilung: Fehlerhaftes Einstabparkett

Der vom Parkettleger überarbeitete Parkettboden aus Einstabparkett ist bereits seinerzeit zur Errichtung des Gebäudes bzw. zum Einzug im Dezember 1997 latent fehlerhaft gewesen. Das vorhandene Fertigparkett (Fischgrät, Holzart Eiche) ist ausweislich dem Ergebnis an den vor Ort entnommenen Proben und daran durchgeführten Laboruntersuchungen fehlerhaft hergestellt worden, wodurch die Ablösung der Decklamellen und damit die vor Ort vorliegenden Schadensbilder verursacht wurden und latent verborgen vorlagen.

Derartige Schäden sind in der Praxis bekannt, weil es in der Vergangenheit seit dem Jahr 2000 ff. bundesweit an derartigem Fertigparkett auch anderer Hersteller ebenfalls zu Delaminierungen der Decklamellen gekommen ist - nämlich immer dann, wenn solches vorhandenes Fertigparkett nach jahrelanger Nutzung zu überarbeiten war und vor dem erneuten Versiegeln ein Abschleifen durchgeführt wurde. Durch derartige mechanische Einwirkungen ist dann die unzureichende Verklebung der Decklamelle auf der Trägerschicht (Gegenzug) schließlich so geschwächt worden, dass es zu Delaminierungen und zur Ablösung der Decklamelle kam.

Forschungsprojekt überprüft Verklebungsqualität

Aufgrund fortschreitender Schäden bei der Renovierung von Fertigparkett durch Ablösung von Decklamellen seit 2010 wurden vom Fraunhofer-Institut im Sommer 2016 die Ergebnisse über das „(…) Forschungsprojekt der Verklebung von Mehrschichtparkett (…)“ veröffentlicht (vgl. bwd 6-7/2016) . Bekannt war, dass es beim Abschleifen vorhandener Parkettböden zunehmend zum Ablösen der Decklamellen kam. In dem Forschungsprojekt wurden nun verschiedene Mehrschichtparkette überprüft. Einerseits war die Intention, die Verklebungsqualität von Mehrschichtparkett festzustellen und an 34 Produkten zu überprüfen. Ziel war es andererseits, den Produktionsablauf und die Herstellung von Mehrschichtparkett zu optimieren, um das Risiko der Ablösung von Decklamellen von der Trägerschicht durch das Abschleifen und Neuversiegeln zu minimieren. Jedoch haben offensichtlich nicht alle Hersteller von Fertigparkett solche Empfehlungen berücksichtigt, da bis zum heutigen Tage weiterhin Ablösungen von Decklamellen bei der Renovierung von Fertigparkett zu Schäden führen. 

Da solche Schäden in den folgenden Jahren wiederum bundesweit zugenommen hatten, wurde schließlich vom Wilhelm-Klauditz-Institut WKI ein Forschungsprojekt zur Verklebungsqualität von Mehrschichtparkett (Fertigparkett) durchgeführt. Als Ergebnis wurde konstatiert „(…) Werden alte Parkettböden abgeschliffen, besteht das Risiko der Deckschichtablösung (…)“. Zur Mangelbeseitigung war es im vorliegenden Fallbeispiel wie bei solchen Schäden erforderlich, den kompletten Oberboden aus Einstabparkett bzw. Fertigparkett im Flurbereich, im Esszimmer vor der Küche und im offenen Wohnzimmer zu entfernen und durch einen gleichartigen, fehlerfreien Oberboden zu ersetzen.

Fazit

Der Schaden am neuversiegelten Fertigparkett wäre zu vermeiden gewesen. Im vorliegenden Fall hätte der Parkettleger bei Kenntnisnahme der bekannten Probleme bei der Neulackierung bzw. Versiegelung von vorhandenem Fertigparkett durch eine fachkundige Beratung gegenüber dem Auftraggeber den Schaden von Anfang an vermeiden können. Bei bekannter Sensibilisierung und schriftlichem Hinweis mit möglichen Folgen hätte der Auftraggeber dann das Risiko für das Ablösen von Decklamellen zu tragen gehabt (Variante 1) – oder sich aber für eine Neuverlegung entschieden (Variante 2). Doch auch hier gilt, dass entsprechende Hinweise und Bedenken vorzutragen sind: Über die Qualität der Verklebung von Decklamellen auf der Trägerschicht bei Fertigparkett hat der Parkettleger keine Kenntnisse. Ferner ist es dem Parkettleger auch nicht möglich, mit handwerklichen Prüfpflichten die Verklebungsqualität von Mehrschichtparkett festzustellen.

Soll der Parkettleger Bedenken anmelden?

In der Fachwelt ist seit Anfang der 2000’er Jahre bekannt, dass alte Parkettböden risikobehaftet sein können, wenn ein Anschleifen und Neuversiegeln geplant ist: Bei Fertigparkett bzw. Mehrschichtparkett kann bei einer Überarbeitung durch Abschleifen und Zwischenschleifen zwischen den Arbeitsgängen einer Neuversiegelung das Ablösen einzelner Decklamellen von der Trägerschicht nicht ausgeschlossen werden. Dies haben zahlreiche Schäden im vorgenannten Zeitraum erkennen lassen. Daher ist der fachkundige Parkettleger gut beraten, wenn im Kundengespräch bei der gewünschten Renovierung von Mehrschichtparkett bzw. Fertigparkett aus dem Bestand die bekannten Risiken aufgezeigt werden und im schriftlichen Angebot auch ausdrücklich beschrieben werden. Damit ist der Auftraggeber über möglichen Folgen hinreichend aufgeklärt ist.

Dabei verbleiben letztlich nur zwei Möglichkeiten der Absicherung: Einerseits akzeptiert der Kunde die im Angebot vorgetragenen Bedenken und stellt den Parkettleger von solchen Risiken der Gewährleistung frei. Andererseits sind dem Kunden diese Risiken zu groß und verzichtet auf den Auftrag der Neuversiegelung. Oder aber es wird das latent schadensträchtige Mehrschichtparkett ausgetauscht und ein neuer Oberboden verlegt. Nur durch eine solche Aufklärung kann sich der Parkettleger vor kostenträchtiger Inanspruchnahme bei möglichen Schäden infolge einer Neuversiegelung und Ablösung von Decklamellen bei Fertigparkett schützen.

Auch wenn der Austausch von dadurch schadhaft gewordenem Fertigparkett zu einer Kostenbeteiligung des Bauherrn führen wird, weil bei jahrzehntelanger Nutzung das Prinzip „(…) Neu für Alt (…)“ gilt, wird der Schaden nicht kostenlos am Parkettleger vorbeigehen. Im vorliegenden Fallbeispiel argumentierte der Auftraggeber aus seiner Sicht nachvollziehbar, dass bei vorheriger Sensibilisierung durch den Parkettleger von dem Vorhaben einer Neulackierung entsprechend Abstand genommen worden wäre. Schließlich lag das Fertigparkett bis zu diesem Zeitpunkt schadensfrei vor und auch der Parkettleger hatte bei seiner Inaugenscheinnahme keine Überzahnungen oder Risse in den Decklamellen als beginnende Delaminierung erkannt und daher auch keine Bedenken vorgetragen.

Da jedoch bis zum heutigen Tage an neu verlegtem Fertigparkett bereits nach kurzer Zeit der Nutzung immer wieder Risse in den Decklamellen und Ablösungen als Schäden am Parkettboden die Folge sind, bleibt dem Parkettleger auch hier nur der Vortrag entsprechender Bedenken zur Vermeidung von Inanspruchnahme zur Gewährleistung. Es zeigt sich also: Fachkompetente Beratung des Auftraggebers und schriftliche Absicherung gegenüber möglichen Risiken zeichnen den erfolgreichen Unternehmer im Handwerk aus – nur so lassen sich Schäden und Kosten zur Sanierung verhindern.

Der Autor

Dipl.-Ing. (FH) Hans-Joachim Rolof, ist ö.b.u.v. Berufssachverständiger im iba-Institut, Düsseldorf.Koblenz. Stuttgart.

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    Decklamellenablösung Fertigparkett
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    Blick in das Wohnzimmer mit beginnenden Schäden am Fertigparkett.
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    Einzelne Decklamellen heben sich ab und zeigen Aufschüsselungen.
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    lose sitzende Decklamelle
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    Indiz für den Schaden: Die Decklamelle sitzt nurmehr lose auf der Trägerschicht und kann mit dem Daumen heruntergedrückt werden.
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    lose sitzende Decklamelle
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    Indiz für den Schaden: Die Decklamelle sitzt nurmehr lose auf der Trägerschicht und kann mit dem Daumen heruntergedrückt werden.
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    aufgeschüsselte Decklamelle
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    Die aufgeschüsselte Decklamelle hat keinen Verbund mehr zur Trägerschicht.
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    Abgelöste Decklamelle
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    Abgelöste Decklamelle – Ursache: unzureichende Verleimung mit Kohäsionsbruch in der Kleberschicht.
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    Abgelöste Decklamelle
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    Abgelöste Decklamelle – Ursache: unzureichende Verleimung mit Kohäsionsbruch in der Kleberschicht.
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    Probeentnahme Fertigparkett
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    Probenentnahmen vom Fertigparkett zur Ursachenforschung.
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    Bauteilöffnung keine nachstoßende Feuchtigkeit
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    Weitere Bauteilöffnungen zeigen: keine nachstoßende Feuchtigkeit aus Estrich oder Rohbeton.