Sonder-/Schnellestriche: Wie Boden- und Parkettleger damit umgehen sollten Das wissen leider nicht alle

Die langjährige Praxis, die Belegreife von Schnellestrichen mittels CM-Mesung selbst durchzuführen, gilt nicht mehr. Inzwischen muss der Bodenleger vom Bauherrn die rechtsverbindliche Freigabe einfordern. Eine sichere Sache!

Ob ein Sonderestrich eingebaut ist, können Boden- und Parkettleger rein optisch nicht erkennen. - © Steinhäuser

Sogenannte Sonderestriche sind sehr häufig auf Baustellen anzutreffen. Diese Sonderestriche sind übrigens nicht nur Schnellestriche, es sind beispielsweise auch Zement-Sulfat-Fließ­estriche und andere Estricharten, die Vorteile bei den Baukosten, bei der Verarbeitung und den Estricheigenschaften versprechen. Rein optisch anhand von Farbe, Körnung, Textur, Ebenheit oder Fugenbild kann der Parkett- und Bodenleger nicht erkennen, ob ein Sonderestrich oder ob ein normaler Zement- oder Calciumsulfatestrich bzw. Calciumsulfatfließestrich eingebaut ist. Deshalb muss der Parkett- und Bodenleger  immer beim Bauherrn/Planer/Estrichleger nachfragen, welcher Estrich tatsächlich eingebaut wurde. Das Ergebnis der Befragung sollte der Parkett- und Bodenleger schriftlich festhalten.

Grundsätzlich müssen auch alle Sonderestriche eben, dauertrocken, sauber, rissfrei, frei von Trennmitteln, zug- und druckfest, also belegereif sein, bevor auf diese Untergründe Bodenbeläge und Parkett verlegt werden können.

Die Belegreife darf bei Sonderestrichen nicht nur allein auf die Restfeuchtigkeit eingegrenzt werden. Von entscheidender Bedeutung sind auch die Festigkeit und das Schwinden. Allerdings brauchte der Parkett- und Bodenleger in der Vergangenheit nur den Feuchtegehalt mit dem CM-Gerät zu bestimmen, um so festzustellen, ob die erforderlichen Grenzfeuchtegehalte für die Belegreife erreicht sind. Die erforderlichen Estrichfestigkeiten und das Schwinden muss der Parkett- und Bodenleger zum Zeitpunkt der Belegreife nicht prüfen. Das Erreichen der erforderlichen Estrichfestigkeiten und die Problematik des Schwindens sind eindeutig Sache des Estrichlegers.

Bisher war es so

Bei jedem Sonderestrich musste der Feuchtegehalt mit dem CM-Gerät ermittelt werden. Die für die Belegreife maßgebenden Messungen mussten unmittelbar vor der Verlegung der Oberbeläge erfolgen.

Die zulässigen Grenzfeuchtegehalte mussten für beheizte und unbeheizte Sonderestriche grundsätzlich vom Bauherrn/Planer/Estrichleger dem Parkett- und Bodenleger vorgegeben werden. Die zulässigen CM-Werte stehen in der Regel in den Technischen Merkblättern bzw. in den Technischen Informa­tionen der Sonderestriche. Wenn nicht, musste der ­Bauherr/Planer/Estrichleger dem Parkett-und Bodenleger die zulässigen Grenzfeuchtegehalte für den jeweiligen unbeheizten oder beheizten Sonderestrich schriftlich mitteilen.

Zu Estrichen mit Zusatzmitteln steht beispielsweise in der Technischen Information des BEB Stand 01/2007 Folgendes geschrieben: „Schnellestriche und mit trocknungsbeschleunigten Zusatzmitteln hergestellte Estriche sind Sonderestriche, die auch mit der CM-Methode gemessen werden können. Allerdings gibt es hier keine allgemeinverbindlichen Grenzwerte. Die Vorgabe, wann solch ein Sonderestrich gefahrlos belegt werden kann, muss über den Hersteller des ‚Schnell‘- Bindemittels bzw. des Zusatzmittels erfolgen. Ein aussagefähiges Prüfzeugnis des Herstellers sollte vertraglich eingebunden werden.“

Der Bauherr/Planer/Estrichleger hatte dem Parkett- und Bodenleger vorzugeben,

  • wie mit dem CM-Gerät gemessen werden muss,
  • wie viel Prüfgut einzuwiegen ist,
  • nach welcher Zeit der Manometerdruck und somit der Feuchtegehalt am CM-Gerät abzulesen

Diese Angaben stehen in der Regel in den Technischen Merkblättern bzw. in den Technischen Informationen der Sonderestriche.
Wie bei allen Heizestrichen üblich, mussten dem Parkett- und Bodenleger auch bei beheizten Sonderestrichen markierte Messstellen für die CM-Prüfung vorgegeben werden. Um die Messpunkte herum darf sich im Abstand von 10 cm (Durchmesser 20 cm) kein Fußbodenheizungsrohr befinden.

Vorgehensweise schuf Probleme

Offensichtlich hat es bei dieser Vorgehensweise häufig Probleme gegeben. Die Estrichleger, aber auch die Bauherren, Planer und Bauleiter waren hier wenig kooperativ und die Parkett- und Bodenleger mussten um die erforderlichen Angaben zur Feuchtemessung  regelrecht betteln. Deshalb gibt es seit 2014 ein Protokoll zur Dokumentation der CM-Messung gemäß der Arbeitsanweisung des BEB, in dem Folgendes steht: „Sonderestriche – die rechtsverbindliche Freigabe der Belegereife ist dem Bodenleger vom Bauherrn zu übergeben.“ Es ist davon auszugehen, dass diese Festlegung auch für die Parkettleger gilt.

Für jeden Parkett- und Bodenleger ist diese Vorgehensweise eine einfache und sichere Sache, die sehr zu begrüßen und vollkommen richtig ist. Trotzdem bleiben Zweifel an der Kooperationsfähigkeit der Bauherren, die einen Fachmann mit der Überprüfung des Feuchtegehaltes des Sonderestrichs beauftragen und die Kosten für diese Prüfung tragen müssen. Der Zeitdruck auf die Parkett- und Bodenleger wird sein Übriges dazu beisteuern. Allerdings kennen die meisten Parkett- und Bodenleger dieses Protokoll nicht und führen weiterhin CM-Messungen nach den Vorgaben des Herstellers des Sonderestrichs durch. Man kann also gespannt sein, wie sich das Ganze entwickelt.

Festigkeit

Die Schnellbauestriche müssen zum Zeitpunkt ihrer Belegreife ebenso schnell die Festigkeit erreicht haben, um die erforderliche Belastbarkeit/Tragfähigkeit zur Verle-gung der Oberbeläge und hier besonders des Parketts gewährleisten zu können. Hier gilt es zu bedenken, dass die Fußböden in der Regel unmittelbar nach der Verlegung der Bodenbeläge und des Parketts auch genutzt werden. Für das Erreichen der Festigkeit der Schnellbauestriche ist der Estrichleger verantwortlich. Prüfungen auf Druck- und Biegezugfestigkeit sowie Haftzugprüfungen sind keine handwerksüblichen Prüfungen. Die Parkett- und Bodenleger haben nicht die Pflicht, solche Prüfungen vorzunehmen oder durchführen zu lassen.

Schwinden

Es muss gewährleistet sein, dass zum Zeitpunkt der Belegreife der Schwindprozess des Schnellbauestriches so weit abgeschlossen ist, dass die folgenden Mängel ausgeschlossen werden können:

  • An den Estrichflanken der verharzten Scheinfugen und Risse kommt es zu Abrissen zwischen dem ausgehärteten Reaktionsharz und dem Estrich. In einem solchen Fall ist die Schwindspannung größer als die Haftung des Reaktionsharzes an den Estrichflanken.
  • Die Estriche reißen, besonders intensiv im Bereich der verharzten Scheinfugen und verharzten Risse. In einem solchen Fall ist die Schwindspannung größer als die innere Festigkeit der Estriche.

Baustellenklima

Das Baustellenklima spielt eine entscheidende Rolle. Bei niedrigen Temperaturen und hohen Luftfeuchten funktioniert zwar die chemische Wasserbindung, die Reaktion läuft jedoch deutlich langsamer ab. Die Schnellestriche haben dann auch eine völlig andere Gleichgewichtsfeuchte, wie die Erfahrungen aus der Praxis und die Ergebnisse zahlreicher Laboruntersuchungen zeigen. Empfehlenswerte Hinweise dazu sind im BEB-Merkblatt „Bauklimatische Voraussetzungen zur Trocknung von Estrichen“ Stand August 2009 enthalten. Da die Funktionsfähigkeit von Schnellestrichen in starkem Maße vom Raumklima abhängt, sollten geeignete raumklimatische Bedingungen zum Einbauzeitpunkt und somit der Verlauf der Trocknungsphase sichergestellt werden.

Wasser-/Zement-Wert

Schnellestriche können nur die bautechnisch zugesicherten Eigenschaften voll entwickeln, wenn der Wasser-/Zement-Wert bei der Estrichherstellung exakt eingehalten wird. Ist der Wasser-/Zement-Wert zu hoch und enthält der Estrich Überschusswasser, verändern sich seine bautechnischen Eigenschaften derart, dass er seine Vorteile gegenüber den konventionellen mineralischen Estrichen verliert. Die Schnellestriche benötigen dann deutlich mehr Zeit, um das Überschuss­wasser abzugeben. Im Extremfall kann es ­darauf hinauslaufen, dass die Belegreife erst nach 28 Tagen oder auch später erreicht wird. Wie die zahlreichen Erfahrungen zeigen, dauert dann auch der Schwindprozess deutlich länger, das Endschwindmaß ist höher und die Endfestigkeit geringer.