Fachthema Rohre, Leitungen und Kabel auf Untergründen Das sagt die neue Estrichnorm

Rohre und sonstige Fremdkörper auf Untergründen, auf denen (schwimmende) Estriche verlegt werden, dürften nach den Regelwerken kein Thema mehr sein. Dass es in der Praxis oft anders ist, schildert exklusiv Sachverständiger Peter Erbertz aus Köln.Das sagt die neue Estrichnorm Dabei sind die Vorgaben klar, auch Planern sollte die Thematik daher bewusst sein. Spätestens wenn hochwertige Bauqualität in Verbindung mit erhöhten Schallschutzanforderungen gefordert wird. Die Praxis sieht aber leider nach wie vor anders aus. So liegen auf so mancher Rohbetondecke die Heizungsrohre und Elektroinstallationen, gelegentlich Wasser- sowie Abwasserleitungen kunterbunt durcheinander. Um zwischen den Rohren danach noch Dämmstoffe verlegen zu können, so hat es Kollege Bertram Abert aus Au am Rhein einmal treffend formuliert, benötigt man keine Estrichleger mehr; da muss es dann schon ein „Oberammergauer Kunstschnitzer“ sein. Was aber sagen die gängigen Normen und Merkblätter dazu? Ein wesentlicher Satz findet sich im Vorwort des Merkblatts „Rohre, Kabel und Kabelkanäle auf Rohdecken“ (BEB/ZDB): „Der Aufbau von Fußbodenkonstruktionen ist von der Art, Anordnung sowie Ausführung der Trittschall- und Wärmedämmungen und der Nutzlast abhängig. Rohre und dergleichen sind Fremdkörper, die die Eigenschaften der Konstruktion empfindlich beeinflussen. Die daraus resultierenden Vorgaben, besonderen Anforderungen, das Erkennen der Zusammenhänge und deren Umsetzung in der Praxis ist Aufgabe des Planers.“ Legt man zudem die VOB, DIN 18353, Estricharbeiten, zu Grunde, so könnte sich der Estrichleger beruhigt zurücklegen. Dort heißt es, dass der Auftragnehmer Bedenken anzumelden hat, wenn Rohrleitungen und dergleichen auf dem Untergrund vorhanden sind. Der Ball wäre damit wieder an den Planer zurückgegeben worden. Die Praxis ist aber auch hier eine andere; es scheint fast so, als würde es gegen die guten Sitten verstoßen, Bedenken anzumelden. Vermutlich aus der Angst heraus, den Auftrag zu verlieren oder beim nächsten Mal vom Auftraggeber erst gar nicht mehr berücksichtigt zu werden, werden oft abenteuerliche Kompromisslösungen erfunden und ausgeführt, die vielleicht noch die Abnahme überstehen, aber spätestens kläglich versagen, wenn ein Nachweis über den Schallschutz gefordert wird. Die diesbezüglichen Regelungen in der DIN 18560, sowohl in der alten (Mai 1992) als auch in der neuen Fassung (April 2004), sind klar und deutlich. Jeweils unter Abschnitt 4, bauliche Anforderungen, werden unter 4.1 die Anforderungen an den tragenden Untergrund beschrieben. In der DIN 18560-2, Estriche und Heizestriche auf Dämmschichten (schwimmende Estriche), wird für den tragenden Untergrund gefordert: „Er darf keine punktförmigen Erhebungen, Rohrleitungen oder Ähnliches aufweisen, die zu Schallbrücken und/oder Schwankungen in der Estrichdicke führen können.“ Die Norm sorgt in der Folge aber auch schon vor: „Falls Rohrleitungen auf dem tragenden Untergrund verlegt sind, müssen diese festgelegt sein. Durch einen Ausgleich ist wieder eine ebene Oberfläche zur Aufnahme der Dämmschicht – mindestens jedoch der Trittschalldämmung – zu schaffen. Die dazu erforderliche Konstruktionshöhe muss eingeplant sein.“ Die Höhe muss eingeplant sein Aber auch Heizungsbauer positionieren sich zu diesem Thema; und zwar in DIN EN 1261-4, Fußbodenheizung, Systeme und Komponenten, Teil 4, Installation. Unter 4.2.1 wird gefordert: „Der tragende Untergrund muss entsprechend zutreffender Norm vorbereitet sein. Rohrleitungen und Kanäle müssen so befestigt und eingebunden sein, dass ein ebener Untergrund zur Aufnahme der Wärmedämmschicht und/oder Trittschalldämmung vor dem Verlegen der Heizrohre geschaffen wird. Die dazu notwendige Konstruktionshöhe muss eingeplant sein.“ DIN 18560-3 befasst sich mit den Verbundestrichen. Auch hier wird klar und deutlich gefordert, dass keine Rohre, Kabel und dergleichen auf dem Untergrund vorhanden sein dürfen. Es wird ein Ausgleichsestrich gefordert, falls dennoch Rohre vorhanden sind. Dieser Ausgleichsestrich muss dann ebenfalls fest mit dem Untergrund verbunden sein und die Rohre und Kabel so überdecken, dass er selbst als tragender Untergrund für den aufzubringenden Verbundestrich dienen kann. Wenn man hier alle Faktoren berücksichtigen will, ist es sicherlich am besten, die Rohre und sonstigen Fremdkörper bei Verbundestrichen generell aus dem Untergrund zu verbannen. DIN 18560-4, Estriche auf Trennschicht, beinhaltet bezüglich der Anforderungen an den Untergrund im Hinblick auf die Rohre im Wesentlichen den gleichen Wortlaut wie in der Vorgabe für schwimmende Estriche. Für den Ausgleich von Rohren wird gefordert: „Durch einen Ausgleichsestrich ist wieder ein tragender Untergrund mit einer ebenen, gratfreien Oberfläche zur Aufnahme der Trennschicht herzustellen.“ Die ebene, gratfreie Oberfläche soll hier gewährleisten, dass sich die Estrichplatte auf der Trennschicht spannungsfrei bewegen kann (thermische Längenänderungen, Schwinden etc.). Für den Bereich der schwimmenden Estriche werden in DIN 18560-2 Anforderungen an die Ausgleichsschichten gestellt. Hierbei wird auf das Problem in der neuen Fassung der Norm (April 2004) wesentlich ausführlicher eingegangen als in der Vorgängerversion (Mai 1992). Dort war nur vermerkt worden, dass ungebundene Schüttungen aus Natur- oder Brechsand für den Ausgleich von Rohren nicht verwendet werden dürfen. Die neue Norm stellt gleich mehrere Forderungen an Ausgleichsschichten: Rohre und Ausgleichsschichten ◊ Ausgleichsschichten müssen im eingebauten Zustand eine gebundene Form aufweisen. ◊ Schüttungen dürfen verwendet werden, wenn ihre Brauchbarkeit nachgewiesen ist. ◊ Druckbelastbare Dämmstoffe dürfen als Ausgleichsschichten verwendet werden. Bei den mit Bindemitteln (Zement, Calciumsulfat, Kunstharz etc.) gebundenen Mörteln mit unterschiedlichsten Zuschlägen (Polystyrol, Blähton, Bims, Blähglas etc.) lässt sich die Frage nach der gebundenen Form im eingebauten Zustand relativ einfach beantworten. Hier ist die gebundene Form nach dem Erhärten der Bindemittel in der Regel zweifelsfrei gegeben. Diskussionsbedarf gibt es bei den so genannten Schüttungen oder „Trockenschüttungen“. Hier erfolgt die Bindung durch mechanische Verkrallung oder auch durch Verklebung; zum Beispiel bei mit Paraffin oder Bitumen ummantelten Materialien. Bei solchen Schüttungen muss, nach den Anforderungen in der DIN, die Brauchbarkeit nachgewiesen werden. Die Praxis hat hier gezeigt, dass diese Materialien durchaus als Ausgleichsschichten geeignet sind, sofern die Verarbeitungshinweise der Hersteller berücksichtigt werden. Und dazu gehören in erster Linie die vorgeschriebenen Mindest-Einbaudicken, die in der Regel auch über den Rohren vorhanden sein müssen. Dann lassen sich diese Schüttungen gut verdichten und die mechanische Verkrallung beziehungsweise die sonstigen Bindemechanismen verleihen der Schüttung im eingebauten Zustand die geforderte gebundene Form. Ausgiebig praktiziert wird in der Praxis der Ausgleich von Rohrleitungen mit Hilfe druckbelastbarer Dämmstoffe. Diese Variante kann problemlos zum Einsatz kommen, wenn der Untergrund ansonsten bezüglich Ebenheit und Oberflächenstruktur normengerecht vorliegt. Die DIN 18560 fordert, dass die Dämmschicht vollflächig und hohlraumfrei auf der Unterlage aufliegen muss. Wenn neben dem Rohrhöhen-Ausgleich gleichzeitig auch noch Ebenheits- oder Winkeltoleranzen oder sonstige Rauigkeiten, Grate etc. des Untergrundes ausgeglichen werden sollen, sind mörtelgebundene Ausgleichsschichten vorzuziehen. Beim Einsatz von Ausgleichsschichten aus Mörtel und hier speziell aus Leichtmörtel (Leichtausgleichsmörtel) sind eine Reihe von Faktoren zu berücksichtigen. In erster Linie ist die Frage der Feuchtigkeit bei zement- oder calciumsulfatgebundenen Ausgleichsmörteln von Interesse. Wann können diese Ausgleichsschichten für den nachfolgenden Estrichaufbau freigegeben werden? Durch die Vielzahl der auf dem Markt befindlichen Systeme können hier keine einheitlichen Aussagen gemacht werden. Hier muss auf die Angaben der Hersteller solcher Ausgleichsmörtel verwiesen werden. Die Hersteller müssen für ihre Systeme zum einen angeben, wie der Feuchtegehalt der eingebauten Ausgleichsschichten gemessen werden soll, zum anderen aber auch, bei welcher Restfeuchte die Ausgleichsschicht mit weiteren Schichten belegt werden kann. Darüber hinaus ist hier auch wieder der Planer gefragt, der beurteilen muss, ob und wie derartige Ausgleichsschichten (eventuell mit Schutzmaßnahmen gegen Feuchtigkeit) in den gesamten Schichtenaufbau einer Fußbodenkonstruktion zu integrieren sind (Taupunkt, Sperrschichten, Wärmedurchgänge etc.). Weitere Informationen können dem Hinweisblatt des BEB „Ausgleichsschichten aus Leichtmörtel (Leichtausgleichsmörtel)“, April 2005, entnommen werden. Schließlich muss noch auf ein gemeinsames Merkblatt des ZDB und des BEB hingewiesen werden: „Rohre, Kabel und Kabelkanäle auf Rohdecken, Hinweise für Estrichleger und Planer“, August 2003. In diesem Hinweisblatt werden neben der bereits erläuterten Notwendigkeit, Rohrleitungen zunächst auszugleichen, in einem Kapitel Hinweise zur Trassenführung für Rohrleitungen gegeben. Wenn sich derartige Fremdkörper im Fußbodenaufbau schon nicht verhindern lassen, so sollten sie in der Tat zumindest geordnet verlegt werden. Hierfür ist wiederum der Planer und Architekt der erste Ansprechpartner, da die Lage von Rohren und sonstigen Installationen geplant, zwischen den einzelnen Gewerken koordiniert und deren Einbau überwacht werden muss. Freie Untergründe nur ein Traum Bezüglich der Trassenführung von Rohrleitungen und anderen Installationen werden in dem Hinweisblatt folgende Forderungen gestellt: ◊ kreuzungsfreie Verlegung, ◊ möglichst geradlinig und wandparallel, ◊ Trassenbreite von parallel geführten Leitungen maximal 30 Zentimeter, ◊ Breite der Auflagen zwischen zwei Trassen mindestens 20 Zentimeter, ◊ Abstände von der Wand bis Außenkante Rohr/Rohrtrasse mindestens 20 Zentimeter. Durch eine so geordnete Verlegung der Rohre beziehungsweise Installationen soll das Anarbeiten von Ausgleichsschichten erleichtert werden. Das Thema Rohrleitungen auf Untergründen zur Aufnahme von Estrichkonstruktionen war, ist und wird auch wahrscheinlich künftig ein heiß diskutiertes Thema sein. Der Wunschtraum des Estrichlegers, nämlich alle Rohre von der Decke zu verbannen, wird sich wohl kaum verwirklichen lassen. Liegen die Rohre schließlich doch an Stellen, wo sie eigentlich nur stören, so sollen deren Höhen den Normenwerken entsprechend ausgeglichen werden. Hierfür muss der Planer bereits die notwendigen Konstruktionshöhen einplanen und zur Verfügung stellen. Wenn dies der Fall ist, kann durch den Estrichleger ein fachgerechter Ausgleich der Rohrleitungen erfolgen. Peter Erbertz peter.erbertz@erbertz-fussbodenbau.de