bwd im Gespräch Martin Orasch, Inhaber und Geschäftsführer der LTF Landegger Warenvertriebsgesellschaft Bewusst auf Menge verzichtet

Wenn es gelingt, in überbesetzten Märkten in 17 Jahren ein Geschäft mit 16 Millionen Euro Umsatz aufzubauen, lohnt der Blick hinter die Kulissen. Für ’bwd‘ sprachen Chefredakteur Stefan Heinze und Österreich-Redakteur Thomas Mayrhofer mit Martin Orasch, Inhaber und Geschäftsführer der LTF Landegger Warenvertriebsgesellschaft.Bewusst auf Menge verzichtet bwdHerr Orasch, Gratulation zu Ihrem neuen Schauraum. So etwas sieht man wahrlich nicht alle Tage. Gehen die Geschäfte gut genug, um diese Investition auch wieder zu verdienen? OraschDanke, es geht uns wirklich gut. Wir werden in einem schrumpfenden Markt auch dieses Jahr wieder etwa sieben Prozent zulegen, 2005 lagen wir bei sechs Prozent. Die Zeit der deutlich zweistelligen Zuwachsraten vergangener Jahre ist aber nicht zuletzt wegen der nun viel höheren Ausgangsbasis vorbei. Klar, dass das Wachstum abflacht. Wir hatten derart spektakuläre Zuwächse geschafft, weil wir konsequent die Marktlücke ausgefüllt haben, die seit 2001 mit dem Konkurs der Raumtext entstanden ist. bwdSie waren früher doch sehr stark auf die Großflächenkundschaft fokussiert, hat sich dies geändert? OraschIn der Tat haben wir früher fast 65 Prozent mit den führenden Filialisten gemacht. Dies hat sich zu Gunsten des Fachhandels und des Handwerks auf derzeit etwa 20 Prozent vermindert. Wir haben sehr bewusst auf Menge verzichtet und verkaufen nun etwa 1,2 statt einst 1,4 Millionen Quadratmeter. So hat sich unser Image vom Preiswertlieferanten für Teppichböden zum Spezialisten für besondere Bodengestaltung geändert. bwdWie setzt sich Ihr Sortiment zusammen? OraschWir sind einzig am Boden tätig. Zubehör spielt nur eine geringe Rolle. Der Schwerpunkt ist nach wie vor der Teppich mit 50 Prozent, wobei wir noch schöne Zuwachsraten haben. Die zweitstärkste Produktgruppe sind die elastischen Bodenbeläge mit 23 Prozent, gefolgt von Parkett mit 20 Prozent. Hier setzten wir konsequent auf Spezialitäten, beispielsweise Landhausdielen von Stia, und finden damit sehr gute Akzeptanz am Markt. Das ist auch unserer spezialisierten Vertriebsmannschaft zu verdanken. Laminat nimmt in unserem Sortiment mit derzeit sieben Prozent eine nicht so große Bedeutung ein, hat aber noch einiges an Potenzial. bwdWie viele Mitarbeiter beschäftigen Sie derzeit? OraschWir beschäftigen derzeit 38 Mitarbeiter, davon 13 im Außendienst. Da wir die Logistik ausgelagert haben, kommen wir so auf einen beachtlichen Pro-Kopf-Umsatz von ungefähr 400.000 Euro pro Mitarbeiter, was verglichen mit dem Mittelwert des Wettbewerbs von 250.000 Euro sehr gut ist. bwdDie meisten Mitbewerber schwören auf eigene Zustellung als Wettbewerbsvorteil. Wieso können Sie darauf verzichten? OraschDem Kunden ist es wichtig, dass die bestellte Ware rasch und unbeschädigt geliefert wird. Dies kann ein spezialisierter Spediteur besser als wir. Im Raum Wien lasten wir zwei Lkws komplett das ganze Jahr über aus, so dass stets derselbe Fahrer zum Kunden kommt. Vieles können wir im 24-Stunden-Service liefern, manchmal dauert es zwei oder drei Tage. Die Touren unserer Mitbewerber sind von der Frequenz ähnlich. Das so eingesparte Geld investiere ich lieber in das Lager, welches einfach zur Kernkompetenz eines Großhändlers gehört. Wir haben ständig etwa 150.000 Quadratmeter auf Lager und können daher den Hotelier, der spontan ein Stockwerk renovieren will, sofort ab Lager bedienen. Wir nehmen bewusst eine geringere Lagerumdrehung in Kauf, um möglichst lieferfähig zu sein. So haben wir bei schnell umdrehenden Teppichböden pro Farbe und Breite stets zwischen 800 und 1.000 Quadratmeter auf Lager. Dies ist ein ganz entscheidender Wettbewerbsvorteil. bwdWie setzt sich Ihr Kundenkreis zusammen? OraschWir bedienen regelmäßig 1.600 Kunden. Neben dem angesprochenen Großkunden setzen wir 25 Prozent über den klassischen Objekteur ab. Die Hälfte des Umsatzes machen wir mit Fachhändler und Handwerker. Dazu zählen Bodenleger, Tapezierer, Tischler und immer stärker Maler. Die Märkte ändern sich laufend, so dass man immer am Ball bleiben muss. Geografisch ist der Osten Schwerpunkt, aber auch in Salzburg und Tirol können wir in der Hotellerie gute Umsätze machen. Fast auf null geschrumpft ist der Wohnbau. Billiglaminat oder Preiswertteppich ist nicht mehr unser Thema. Dafür punkten wir immer stärker im Office-Bereich. bwdWieso werden die Großflächen, im Gegensatz zu Deutschland, nicht von der Industrie direkt bedient? OraschGroßmengen, sprich Rollen, werden ohnedies großenteils von der Industrie direkt geliefert. Bei Kleinmengen, wie etwa Cuts, liegt es an der beschränkten Größe des Marktes. Für die einzelnen Hersteller lohnt es sich einfach nicht, für ein Möbelhaus einen kleinen CV-Cut zu liefern. Wir mit unserer Kostenstruktur und unserer Logistik können das. Wir kommen auch mit nur 30 Hauptlieferanten aus. bwdSie haben eine große Investition getätigt, um das Low-Interest-Produkt Bodenbelag in einem ganz neuen, spektakulären Licht zu präsentieren. Rechnet sich so etwas wirklich? OraschDa wir bei uns selbst eingemietet sind, haben wir diesen großen Brocken privat investiert. Wobei der Großteil in das Objekt selbst und ein kleinerer Teil in die Gestaltung des Schauraums, der jetzt eine Größe von ungefähr 1.000 Quadratmeter fasst, geflossen ist. Wir wollen durch eine neue Art der Präsentation das Interesse von Bauherrn, Architekten und unseren Kunden auf die vielfältigen Gestaltungsmöglichkeiten mit den verschiedensten Materialien lenken. Weil sich Endkundenwerbung in unserem Metier nicht rentiert, weil einfach die Auswechselintervalle zu lang sind, ist dies für uns die beste Form, Werbung zu betreiben. Ich denke, das Ergebnis, welches auf dem ruhelosen Engagement unseres künstlerischen Architekten Christian Höreth beruht, kann sich sehen lassen. Er hat die Entwürfe geliefert, mich in vielen, oft nächtelangen Diskussionen von seinem radikalen Konzept überzeugt und praktisch sechs Monate auf der Baustelle gewohnt. bwdWas ist für die Eröffnung geplant? OraschWir haben ab dem 1. September in drei Wochen 600 Besucher eingeplant, die wir in Kleingruppen intensiv betreuen werden. Dabei wollen wir nichts verkaufen, sondern nur die Möglichkeiten in unserer revitalisierten Industriearchitekur zeigen und so die Kundenbindung stärken. Zum Abschluss gehen wir dann auf die Pferderennbahn im nahen Magna Racino. bwdWie sehen Sie die Zukunft des Großhandels in Österreich nach der starken Konzentration in den vergangenen Jahren? OraschIch rechne nicht mit einer weiteren Konzentration. Was ich mir aber vorstellen kann, ist eine Zusammenarbeit der verbliebenen Großhändler, um eine gemeinsame Lieferlogistik zu schaffen. In Wirklichkeit betrachte ich die Mitbewerber nicht als Gegner, sondern fürchte eher einen Zusammenschluss der Produzenten zu einer Lösung, wie sie ja schon in Deutschland mit einem gemeinsamen Zentrallager diskutiert wurde. bwdIst eine Expansion ins Ausland von Ihnen ins Auge gefasst? OraschSolange wir in Österreich wachsen können, wovon ich für die nächsten fünf Jahre ausgehe, ist ein solcher Schritt kein Thema. Später könnten allerdings Märkte wie Slowenien interessant werden. Bis dahin konzentrieren wir uns auf unsere Stärken und werden unseren Eigenkollektionsanteil von derzeit 90 in Richtung 100 Prozent steigern. Ich bin sehr zuversichtlich, dass wir mit unserem Sortiment, den engagierten Mitarbeitern und unserer neuen Präsentation weiter wachsen werden. Wir wollen unsere Position am österreichischen Bodenbelagsmarkt als deutliche Nummer zwei weiter festigen und ausbauen. bwdWir wünschen alles Gute und danken für das Gespräch. Zu Besuch bei Landegger in Pottendorf waren Chefredakteur Stefan Heinze und Österreich-Redakteur Thomas Mayrhofer. Siehe zu diesem Thema auch unsere ausführliche Bildberichterstattung zum neuen Schauraum im Branchenteil ab Seite 26.

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