Ausbildungsbetrieb und Berufsschule (Teil II) Azubis berichten über ihre Erfahrungen - 272 Kilometer Schulweg"> Ausbildungsbetrieb und Berufsschule (Teil II) Azubis berichten über ihre Erfahrungen 272 Kilometer Schulweg

Auszubildende machen in ihren Betrieben ganz unterschiedliche Erfahrungen. Eine scheint den meisten gemein zu sein: Die weite Anreise zur Berufsschule, für die das Gehalt draufgeht. Ein Grund für Veränderung?Martin Schüler (li.) und Thorsten Robisch sind mit ihren Ausbildungsbetrieben zufrieden.272 Kilometer Schulweg Für Martin Schüler ist das nun der zweite Ausbildungsbetrieb. Der Azubi im Parkett- und Bodenlegerhandwerk hat den Betrieb gewechselt, weil er sich vom Chef und von Kollegen nicht gut behandelt fühlte. Dabei hat es schon schlecht angefangen: 14 Monate lang hat der heute 25-Jährige ein Betriebspraktikum machen müssen, bevor er die Ausbildung beginnen durfte. Gelernt habe er dabei nichts. „Ich durfte nur Handlangertätigkeiten machen“, erzählt Schüler. Und so ging es weiter. Auch die Reisekosten zur Berufsschule hat sein früherer Chef nicht übernommen. Schließlich zog der Auszubildende die Konsequenzen. Zunächst fragte er die Berufsschullehrer um Rat. Am Ende entschied er sich, eine neue Ausbildungsstelle zu suchen. Dieser Schritt hat sich für Martin gelohnt. Heute ist er mit der Ausbildung zufrieden. Der neue Chef zahlt Reisekosten und Übernachtungen. Das Azubigehalt reicht daher auch zu Schulzeiten. Thorsten Robisch hat es gut erwischt. Einmal habe er während des Blockunterrichts eine Woche arbeiten müssen. Das ist jedoch die Ausnahme. Mit seinem Ausbildungsbetrieb ist der 23-Jährigedaher zufrieden. „Ich habe Glück, dass mir mein Chef ein Auto zur Verfügung stellt, um nach Stade in die Berufsschule zu fahren“, erzählt Thorsten. Genau das ist aber das Thema, das vielen Azubis Probleme bereitet. „Wie komme ich zur Berufsschule und wie finanziere ich das?“ sind die Fragen, die Lehrlinge umtreiben. „Das Verhältnis der Azubis, die die Anreise finanziert bekommen, und derer, die es selbst zahlen müssen, ist etwa 50 : 50“, schätzt Martin. Er selbst muss für den Blockunterricht viereinhalb Stunden von Sylt anreisen. Dass das einige Jugendliche abschreckt, ist klar. Zu weite Anfahrtswege Daher sind sich die beiden Nachwuchshandwerker einig: die wesentlichen Punkte, die es im Ausbildungssystem zu ändern gilt, ist die finanzielle Unterstützung durch die Betriebe einerseits und die Infrastruktur der Schulen andererseits. „Gut wären beispielsweise Zweigstellen der Schulen, damit die Wege kürzer werden“, schlägt Martin vor. Das ist jedoch aufgrund der geringen Schülerzahlen kaum zu verwirklichen. Mit dem Engagement ihrer Lehrer und der Berufsschule sind die beiden Azubis aber zufrieden. „Man kann viel praktisch ausprobieren und das schafft gute Voraussetzungen für das Berufsleben“, findet Thorsten. Auch Nachhilfe- oder Zusatzangebote zum Beispiel für Englisch gibt es an der Berufsschule. Allerdings nur freitagnachmittags - das klappt dann vom Chef aus meistens nicht. Denn der Rhythmus der Lehrlinge lautet zu Schulzeiten: Montag bis Donnerstag Unterricht, Freitag Arbeit. Da können lange Anreisezeiten schon mal auf die Nerven gehen. Das und nicht der Beruf an sich, sei ihrer Erfahrung nach ein Grund, warum so viele Azubis die Ausbildung abbrechen. Dass es sich trotz einiger Schwierigkeiten lohnt, die Ausbildung durchzuziehen, davon sind Martin und Thorsten überzeugt. „Jede Baustelle ist etwas Neues und man kommt sehr viel rum“, sagt Thorsten. Beide sind mit ihrem jetzigen Ausbildungsbetrieb zufrieden und werden die Ausbildung demnächst abschließen. Das war die Fahrerei wert. Mirabell Schmidt redaktion@boden-wand-decke.de

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