
bwd Herr Strehle, Sie sprachen in Ihrem Vortrag über Klebstoffe und erwähnten auch den etwas in die Ecke gedrängten Dispersions-Parkettklebstoff.
Strehle Der in der Branche erkennbare Trend, dass die Verbrauchsmengen von Kunstharz-Dispersions-Parkettklebstoffen weiter rückläufig sind, ist im Markt deutlich spürbar. Diese Entwicklung ist meines Erachtens nicht gerechtfertigt, vor allem weil die Qualität der Kunstharz-Dispersions-Parkettklebstoffe die letzten Jahrzehnte immer besser wurde. Vor vielen Jahren, als die Gefahrstoffverordnung - und im Zusammenhang mit dieser die TRGS 610 – immer mehr an Bedeutung gewonnen hatte, habe ich für mich entschieden, grundsätzlich für alle Parkett-, Holz- und Unterbodenarten Kunstharz-Dispersions-Parkettklebstoff zu empfehlen, und zwar als Ersatz für die damals noch stark gebräuchlichen Kunstharz-Lösemittelklebstoffe. In Fällen, in denen der Einsatz begründet nicht möglich ist, würde ich dann – aber auch erst dann – reaktive Klebstoffsysteme einsetzen und unter bestimmten Umständen gänzlich auf Kunstharz-Lösemittelklebstoffe verzichten. Letzteres hat sich auch in der Praxis durchgesetzt.
bwd Aber die Dispersions-Parkettklebstoffe sind dennoch rückläufig?
Strehle Ja, denn es ist durchaus eine Tendenz erkennbar, dass in vielen Fällen Parkettklebstoffe mit reaktiven Klebstoffsystemen verwendet werden, in denen der Einsatz unnötig erscheint. Außerdem findet der Kunstharz-Dispersions-Parkettklebstoff leider immer weniger Akzeptanz. Dabei gehen viele davon aus, dass man mit reaktiven Klebstoffsystemen problematischen Situationen eher und leichter gerecht wird als mit Kunstharz-Dispersions-Parkettklebstoffen. Dies trifft nach meiner Auffassung jedoch nicht zu. Richtig ist, dass die Klebung beispielsweise von großformatigen Parkettelementen mit Kunstharz-Dispersions-Parkettklebstoffen eine entsprechend höhere Präzision in der Untergrundvorbereitung erfordert.
bwd Sehen Sie Dispersions-Parkettklebstoffe also als Chance?
Strehle Ja. Denn der qualifizierte Parkettleger kann sich deutlich vom vermeintlich einfachen Weg der Mitbewerber abheben, die meinen, mit reaktiven Klebstoffsystemen allen bestehenden Problemen wirkungsvoll begegnen zu können.
bwd Gibt es Beispiele, bei denen der Einsatz von Dispersionen von Vorteil ist?
Strehle Bei ordnungsgemäßer Anwendung gibt es in vielen Fällen keine zwingende Notwendigkeit, auf reaktive Klebstoffsysteme zurückzugreifen, wenn es auch sicherlich viele und auch im Einzelfall zwingende Anwendungsbereiche gibt, wo der Einsatz reaktiver Systeme sinnvoll ist. In diesem Zusammenhang möchte ich auf eine fachtechnische Unsitte aufmerksam machen.
bwd Und welche Unsitte meinen Sie?
Strehle Aus meiner Sicht gibt es keinen vernünftigen Grund, bei der beabsichtigten Verlegung eines herkömmlichen Mosaikparketts auf einen Kunstharz-Dispersions-Parkettklebstoff zu verzichten und stattdessen ein reaktives Klebstoffsystem einzusetzen. Insbesondere weichmacherhaltige, reaktive Klebstoffsysteme haben hier in der Vergangenheit in vielen Fällen zu erheblichen Problemen geführt und werden auch in Zukunft Grund zu Beanstandungen geben, aus welchen sich dann die betreffenden Hersteller und Lieferfirmen von Klebstoffen einerseits und Oberflächenbehandlungssystemen andererseits mit dem jeweiligen Verweis auf die jeweils anderen herausreden.
bwd Reaktive Systeme sind also kein Allheilmittel?
Strehle Mit einem reaktiven Klebstoffsystem kann man sicher nicht alle Schwächen des Untergrundes heilen. Deshalb ist ein mit einem Kunstharz-Dispersions-Parkettklebstoff nach entsprechender sorgfältiger Untergrundprüfung und -vorbereitung geklebtes, auch großformatiges Mehrschichtparkett die technisch überzeugendere Lösung. Einzige Ausnahme bilden nach meinem heutigen Kenntnisstand großformatige, massive Elemente.