Der interessante Schadensfall Zwei Kardinalfehler begangen

Bei Umbauarbeiten wurden in einem Bürogebäude über mehrere Etagen alte, bestehende Massivparkettböden auf Blindbodenkonstruktion ausgebaut und später wieder verlegt. Dabei ging einiges schief, wie nachfolgender Schadensfall zeigt.Gut erhaltenes Massivparkett mit ausreichend Nutzholzstärke und traditioneller Nut-Feder-Verbindung, aufgenagelt auf Holzunterkonstruktionen, kann meist problemlos ausgebaut und wieder montiert werden. Dies wird oft bei Umbauten und für Konstruktionen von neuen Bodenaufbauten erforderlich. Aber nur Dessinböden aus Tafeln, spezielle Musterböden und/oder Massivparkettelemente aus verschiedenen Hölzern hergestellt, lohnen sich zu erhalten. Für "gewöhnliche" Riemen- oder Fischgratparkette steht der Aufwand in keinem Verhältnis zu einem neuen Massivholzboden. Das könnten nur ganz spezielle und persönliche Beziehungen zum alten Holzboden wettmachen. Und Fischgratparkett kann sogar meist kaum mehr ordentlich verlegt werden, wegen der unterschiedlichen Breiten der Einzelriemen. Was eine Neuverlegung, z.B. auch durch Verkleben auf einen Estrich, erfordert oder was dabei schiefgehen kann, zeigt der nachfolgende Schadenfall. Bei Umbauarbeiten wurden in einem Bürogebäude über mehrere Etagen alte, bestehende Massivparkettböden auf Blindbodenkonstruktion ausgebaut, ausgenagelt, ausgefedert, gereinigt und später wieder verlegt. Es handelt sich dabei um diagonal verlegte Mittelfries- und Würfelböden. Alle Massivhölzer liegen in Buche vor. Das Obholz über der Nut-Feder-Verbindung wies überall Nutzholzstärken von 5 –7 mm auf, was für die Bauherrschaft als "erhaltenswert“ erschien und auch später noch weitere Oberflächenrenovationen durch Schleifen und Neubehandeln zulässt. Mehrere hundert Quadratmeter Massivparkett wurden beim Wiedereinbau nicht mehr auf Holzunterkonstruktionen aufgenagelt, sondern aus Brandschutzgründen auf zugelassene und vom Bauphysiker definierte Gipsfaserplatten aufgeklebt. Die Parkettoberflächen erhielten nach dem Schleifen eine hochstrapazierfähige Wasserlackversiegelung. Schadensbild Noch vor dem Einzug der ersten Büromieter wiesen speziell die Würfelböden in den Korridoren intensive Verformungen auf. Die Würfel waren alle über die Breite stark geschüsselt (konkav verformt) und erzeugten große Höhendifferenzen/Überzähne. Dies wurde dem Parkettverlegebetrieb in Form einer Mängelrüge angezeigt und er hat ohne zu überlegen auf eigene Kosten die betroffenen Massivparkettflächen plangeschliffen und neu versiegelt. Wenige Verformungen innerhalb der Mittelfriesböden in den Büros wurden durch Verschrauben des Parketts von oben mit feinen Schrauben in die Gipsfaserplatten korrigiert und einige Parkettteile erforderten auch einen Ersatz. Dies hat der Parkettverlegebetrieb ebenso auf seine Rechnung ausgeführt. In der Nutzung stellten sich mit der Zeit aber immer mehr Verformungen sowie Höhendifferenzen ein und auch viele Nutoberwangen brachen weg oder wurden durch Risse vom Würfel abgetrennt. Verschiedene Räume waren kaum mehr nutzbar, umso mehr die Damen in den Büros gelegentlich auch mit Stöckelabsätzen zur Arbeit kommen. Dazu entstanden an den aufstehenden Ecken und Kanten dunkle, unattraktive Verfärbungen aus abgestreiftem Schmutz von der Reinigung. Beurteilungsgrundlagen Der unhaltbare Zustand der Massivparkettböden erforderte einen Sachverständigen zur Klärung der Ursachen und Festlegung der Korrekturmaßnahmen. Altes Massivparkett muss zur Wiederverwendung eine ausreichend dicke Nutoberwange aufweisen. Dazu erfordert der Einbau, auch bei einer vollflächigen Verklebung des Parketts, den Einsatz von passgenauen Federn in die Nuten. Das immer vorhandene Schwinden und Quellen des Massivholzes darf in der Nutzung sodann durch Schwindspannungen nicht zu Höhendifferenzen/Überzähnen führen. Lediglich Fugenbildungen sind im Winter während der Heizperiode und Trockenwetterphase normal und zu tolerieren. Fugen und Verformungen gelten als "normal“, wenn diese im Sommer, während der Feuchtwetterphase im Innenbereich, wieder weitestgehend verschlossen und zurückgebildet auftreten. Nicht jede Gipsfaserplatte ist vom Hersteller zur Aufnahme von vollflächig aufgeklebtem Massivparkett freigegeben. Die in diesem Objekt eingebauten Gipsfaserestrichelemente sind nur geeignet zur vollflächigen Verklebung von Mehrschichtparkett darauf. Nicht einmal 8 mm dicke Klebeparkettlamellen in Parallel- oder Englischanordnung dürfen aufgeklebt werden. Die Gipsfaserelemente weisen zu wenig Eigenfestigkeit auf, um große Schwind- und Quellkräfte aus dem Holz aufnehmen zu können. Schadensanalyse Die Ursache der vielen Schäden am Parkett, über alle Flächen auftretend, war auf zwei Gegebenheiten zurückzuführen: Zum einen wurde das Massivparkett auf eine ungeeignete Gipsfaserplatte vollflächig aufgeklebt. Schwindspannungen aus Austrocknungsprozessen in den breiten Massivparkettelementen führen immer zu Schüsselungen, wobei im Längskantenbereich nebst der horizontalen Schwindkraft auch eine vertikale Kraft nach oben wirkt. Die Verklebungen lösten sich innerhalb der Gipsfaserplatten, das heißt, es entstanden Ausrisse in den Platten, und die Massivholzelemente konnten sich ohne Gegenzug quasi freilagernd nach oben verformen, was die intensiven und nicht tolerierbaren Höhendifferenzen auslöste. Zum andern wurden die rundum genuteten Massivparkettelemente ohne Einsetzen von Federn montiert. Die Federn würden bei vertikal wirkenden Kräften entgegenwirken, das heißt, das Nachbarelement würde mithelfen, Verformungen zu vermindern. Weit tragischer aber noch war das Fehlen der Federn in den Nuten selber. Die Nutoberwangen brachen über dem Hohlraum bei Punktbelastungen und nur noch wenig Nutzholzstärke ab. Die abgebrochenen Oberwangen lagen dann meist mehrere Millimeter breit weiter unten auf der Nutunterwange auf. Gefördert wurden die vielen Holzabbrüche zusätzlich durch das unüberlegte Planschleifen der intensiv verformten Würfel, womit die Nutoberwangen zum Teil bis auf weniger als 2 mm Dicke geschwächt wurden. Die Verantwortung für die Totalschäden am Parkett lag beim Parkettverlegebetrieb, da dieser das Massivparkett nicht hätte auf die Gipsfaserestrichelemente aufkleben dürfen und Federn hätte einsetzen müssen. Obwohl die Gipsfaserelemente vorgegeben waren, hätte er hierzu Bedenken anmelden oder konstruktive Alternativen vorschlagen müssen. Das fehlende Einsetzen von Federn ist unerklärlich und das Planschleifen von bereits deutlich abgelösten und intensiv verformten Massivparkettelementen ist ohne eine genaue Ursachenklärung im Voraus ebenso nicht erklärbar. Zu guter Letzt nützten auch die dünnen, nachträglich eingesetzten Schrauben nichts. Die Holzkräfte rissen die feinen Schrauben einfach aus den "weichen“ Gipsfaserplatten wieder aus. Schadensbehebung Die Würfelböden, inklusive Unterkonstruktionen, erforderten überall einen Ersatz, da beim Entfernen der Holzelemente in den noch ordentlich verklebten Mittelzonen aller einzelnen Parkettwürfel tiefe Ausrisse im Gipsfaserelement entstanden wären. Für den Neuaufbau konnten die seitens Brandschutzes geforderten Gipsfaserplatten erneut eingebaut werden. Darauf gelangte aber sodann ein Mehrschichtparkett zum Einsatz. Im Bereiche der Mittelfriesböden sind auf unbestimmte Zeit hin vom Parkettverlegebetrieb Korrekturen auf seine Kosten auszuführen, wobei beim Ersatz von einzelnen Parkettelementen neue Holzteile stumpf, das heißt ohne Nuten, eingesetzt werden müssen. Aus fachtechnischer Sicht hätten alle Parkettflächen ohne Federn einen Totalersatz gefordert. Aus Verhältnismäßigkeitsgründen akzeptierte die Bauherrschaft aber die in den nächsten Jahren wiederkehrenden Reparaturen und das nicht mehr mögliche Oberflächenrenovieren der vorhandenen alten Massivparkett-Dessinböden. Bernhard Lysser ist Experte ISP undMitglied von Swiss Experts, derschweizerischen Kammer technischer und wissenschaftlicher Gerichtsexperten.