Aus aller Herren Länder kamen Parkettleger und Restauratoren in der ersten Septemberwoche in Schloss Vizovice in Tschechien zusammen, um ein Parkett nach historischem Vorbild anzufertigen – und das, ganz authentisch, ohne elektrische Werkzeuge.
Direkt vor Ort haben im Schloss Vizovice 20 Handwerker in zwei Sälen ein historisches Schlossparkett gefertigt. Aus 27 mm starken Zuschnitten von zwei 165 Jahre alten Eichen haben sie mit Handhobeln, Handsägen und Knochenleim zwei Arten von Schlossparkett hergestellt. Die Originale aus dem Jahr 1860, die in den benachbarten Sälen des staatlichen Schloss Vizovice (CZ) zu sehen sind, dienten dabei als Vorbild.
Für das nunmehr fünfte Workcamp Parquet gab es doppelt so viele Handwerker-Anmeldungen, wie die coronabedingt eingeschränkte Kapazität erlaubt hätte, berichten die Organisatoren René Caran und Michaela Reichlová. Ursprünglich war ein Projekt in Belgien mit weit mehr Teilnehmern geplant. Dennoch waren dieses Jahr 17 Handwerker (16 Parkettleger und ein Schmied) aus zehn Ländern dabei: Vertreten waren die Tschechische Republik, Österreich, Italien, England, Frankreich, Deutschland, Spanien, Ungarn, Belgien und Polen. Aus Deutschland haben Rüdiger Dicke, Verkaufsleiter D/A/CH bei Unifloor, und Parkettleger Bjørn Menyes aus Berlin teilgenommen. Für alle, die in Tschechien nicht dabei sein konnten, gab es einen Livestream übers Internet: Im Rahmen einer Zusammenarbeit mit der National Wood Floor Association konnten so Parkettleger weltweit mitverfolgen, was auf dem Schloss getan wurde und wie.
Handwerk und Netzwerk
Die Herstellung und Verlegung des historisch authentischen Schlossparketts wird auch Teil einer Filmdokumentation sein. Diese soll der Konservierung und Erhaltung der traditionellen Kunst des Parkettlegens beitragen und wird vom Nationalen Denkmalamt für weitere Bildung und Forschungszwecke verwendet. „Nicht jeden Tag trifft man die Besten der Branche zusammen auf einer gemeinsamen Baustelle“, meint dazu der Direktor des Nationalen Denkmalamt Kroměríž .
„In diesen Jahr haben wir unsere Parkettkollegen mit einer besonderen Herausforderung motiviert – und ein Stück der Tradition des Parketthandwerks in unserem Land gezeigt“, meint Projektmanager René Caran und ergänzt: „Dazu passt perfekt unser Projekt, das auch eine Networking Plattform für die bestehenden und zukünftigen Meister des traditionellen Handwerks ist. Gleichzeitig ist unser Projekt ein Mehrwert für das Objekt. So einen traditionell gefertigten Parkettboden bekommt man nicht jeden Tag zu sehen, noch dazu geschenkt.“ Denn der fertige Parkettboden verbleibt immer nach einer Projektwoche als ein fester Bestandteil im Objekt.
Viel Arbeit, viel Input
Ganz der Tradition entsprechend, wurde bei den Arbeiten komplett auf elektrisches Werkzeug verzichtet. „Man bringt einem rechten Winkel eine ganz andere Hochachtung entgegen, wenn man ihn ohne maschinelle Hilfe hinbekommen muss“, lautet ein Fazit von Rüdiger Dicke nach mehreren Anläufen. Er ist einer der wenigen Nicht-Handwerker beim Workcamp Parquet und genießt neben dem fachlichen Input auch den Festivalcharakter und den internationalen Austausch .
Ähnliches berichtet Bjørn Menyes, der zum ersten Mal aktiv an der Veranstaltung teilgenommen hat. „Wir haben viel geschafft und viel gelernt, trotzdem sind wir nicht ganz fertiggeworden mit dem Projekt“, sagt der Diplom-Ingenieur, der als Parkettleger „auf der Walz“ war und danach Restaurator wurde. Er gehört zwar zu denjenigen, die regelmäßig mit Säge und Handhobel arbeiten und ein entsprechendes Tempo draufhaben, aber beim Umgang mit der Ziehklinge hat er in einem belgischen Kollegen seinen Meister gefunden. Für die Veranstaltung mussten Menyes‘ Mitarbeiter eine Woche ohne ihren Chef arbeiten – und Menyes weiß, dass derzeit viel zu tun ist und nach einer Woche der Abwesenheit die doppelte Schlagzahl auf ihn wartet.
Mehr als 1.000 Sägeschnitte von Hand
"Jeder Teilnehmer hat seine zehn Stück Schlosskassetten für den Parkettboden aus den Rohdielen mit Handhobel oder Ziehklinge selbst hergestellt. Zusammen verlegt ergibt sich daraus der ganze Parkettboden im Saal. Individuelle Handwerkskunst kombiniert in ein gemeinsames Werk“ , erklärt Michaela Reichlová, Projektkoordinatorin Workcamp Parquet. Das Arbeitspensum war immens: Denn, trotz gemütlichen Zusammenseins und sonstiger Freizeitgestaltung, wurden insgesamt 140 Platten angefertigt, bestehend aus jeweils 16 Einzelstücken mit wiederum je zwei bis vier Schnitten – also mehr als 1.000 Schnitte, die jeder Teilnehmer (und auch eine Teilnehmerin) von Hand anfertigen mussten. Außerdem haben die den Knochenleim selber gekocht und die benötigten Nägel selber geschmiedet – und das ganze bei laufendem Besuchsbetrieb, denn das Schloss war auch während der Aktionswoche für Publikum geöffnet.
„Das Projekt ist ein Bildungsprojekt mit internationaler Beteiligung, das darauf abzielt, die Tradition und Kunst des Parkettlegens zu bewahren und Erfahrungen auszutauschen. Viele unsere Kollegen sind auf diesem Gebiet Meister des Handwerks“, betont Reichlová. Die Kosten für die Anreise übernehmen die Teilnehmer; Unterkunft, Verpflegung und Arbeitskleidung wird vom Organisationsteam zur Verfügung gestellt. Werkzeug kommt meistens aus den eigenen Betrieben.
Und obwohl geballter Sachverstand und jede Menge Bodenleger-Wissen im Einsatz war: Fertig geworden ist das Projekt nicht, zumindest nicht im angepeilten Zeitfenster. Während einige Teilnehmer noch ein paar Extra-Schichten drangehängt haben, kehrt in Schloss Vizovice nach der Event-Woche wieder Normalität ein, genau wie in den vergangenen Wirkungsstätten des Projekts, Schloss Dahlen in Deutschland, Schloss Brzeg in Polen oder Schloss Arcen in den Niederlanden. Und das ursprünglich für dieses Jahr geplante Projekt in Belgien steht für Anfang des kommenden Jahres auf der Agenda.