Uzin Diskussion zur Zukunft des bodenlegenden Handwerks - Wo bleiben die Visionen?"> Uzin Diskussion zur Zukunft des bodenlegenden Handwerks Wo bleiben die Visionen?

Uzin sieht sich seit jeher als Partner des bodenlegenden Handwerkers. Doch genau der scheint der Branche langsam, aber sicher abhanden zu kommen. Ist es Aufgabe der Industrie, sich um den Boden- und Parkettlegernachwuchs zu kümmern?Ein paar Kennzahlen aus dem Parkettlegerhandwerk illustrieren den Handlungsbedarf: Während sich in Deutschland die Anzahl der Parkettlegerbetriebe in den letzten 14 Jahren mehr als vervierfacht hat, sank die Quote der Ausbildungsstätten im gleichen Zeitraum von 37 auf fünf Prozent. Dazu kommt: Im Jahr 2000 legten noch rund viermal so viele die Meisterprüfung im Parkettlegerhandwerk ab wie heute. Die Frage, ob als Folge dieser Entwicklung nicht zwangsläufig die Qualität auf der Strecke bleibt, bildete den Ausgangspunkt einer Diskussion, die Uzin im Rahmen des Pressetages 2015 in Stuttgart initiierte. In zwanzig Jahren werde es, so Dr. Norbert Arnold, Leiter des Technischen Produktservice bei Uzin, keinen Parkettleger mehr geben. „Das Handwerk geht verloren, man muss sich nur die Zahlen ansehen.“ Klaus Speckner, Geschäftsführer der Speckner Bodenbeläge GmbH in Waiblingen, hat sich zwangsläufig mit der Situation arrangiert. „Von den 70 Bodenlegern, die ich beschäftige, sind rund 40 angelernt“, sagt der Objekteur. Sehr gute Leute seien das. Aber weil keiner den Beruf von der Pike auf gelernt hat, fehle es an den Grundkenntnissen. Wenn es beispielsweise um die Feuchtemessung eines Untergrunds geht oder ein ebener Untergrund hergestellt werden soll, muss er einen kompetenten Mitarbeiter zusätzlich dafür abstellen. „Auf vier gute Angelernte kommt ein fünfter Mann, ein Kopf, der entscheiden kann.“ Der letzte Bodenleger, den Speckner ausgebildet hat, war sein Sohn. Vor allem auf Grund der schlechten Ausbildungsvergütung fällt es Speckner schwer, Jugendliche als Azubis zu gewinnen. Für das schmale Lehrlingssalär von rund 220 Euro gehe keiner mehr auf die Knie. Zuallererst müsse deshalb die Bezahlung angepasst werden. Qualität darf nichts kostenDoch dazu müsste das Fußboden-Handwerk entsprechend Geld verdienen. Wenn infolge weniger qualifizierter Handwerker Reklamationen und Schäden zunehmen, Qualitätsarbeit mithin zur Mangelware wird, sollte man meinen, dass angebotene Qualitätsarbeit bezahlt wird. „Eigentlich müssten die Preise für qualitativ hochwertige Bodenverlegung steigen“, sagt der Vorstandsvorsitzende der Uzin Utz AG, Dr. H. Werner Utz. Aber irgendwie scheinen in der Bodenlegerbranche marktwirtschaftliche Spielregeln nicht zu gelten. Anstatt die Preise für Qualität hoch zu halten, passiert das Gegenteil. Schlechtes Image, keine KohleUm sich Marktanteile zu verschaffen, würden im Objektgeschäft Preise aufgerufen, die nicht einmal kostendeckend sind, sagt Speckner. Die Dumpingpreise sind möglich, weil häufig Arbeitskräfte aus dem Osten beschäftigt werden, die für einen Bruchteil der in Deutschland üblichen Preise Boden legen. „Die Zuammenarbeit mit solchen Subunternehmern senkt für den Auftragnehmer das unternehmerische Risiko, er spart am Fuhrpark, an den Sozialleistungen usw.“, sagt Speckner. Im Privatgeschäft sieht es kaum besser aus, und das, obwohl man schon seit Jahren auf die lukrative Zielgruppe der Generation 50 plus X setzt, den diestleistungsfähigen Dritteinrichter, der bereit ist, für Qualität Geld auszugeben. Doch während der Verbraucher dem Elektriker oder Heizungsbauer Stundensätze über 70 Euro, ohne mit der Wimper zu zucken, bezahlt, zweifelt so mancher, ob der 40-Euro-Stundensatz eines Bodenlegers gerechtfertigt ist. Dieses Phänomen dürfte wiederum mit dem ungenügenden Image des bodenlegenden Handwerkers und dem mangelnden Respekt vor seinem Know-how zusammenhängen. Die Elektrik kann man nicht so ohne Weiteres selber machen. Bodenlegen, das traut sich hingegen so mancher Laie zu. Kein Wunder, dass da frischgebackene Gesellen ins Grübeln kommen. Wenn finanzielle Anreize und Entwicklungsperspektiven fehlen, haben Industrie und Handel mit ihren Abwerbungsversuchen leichtes Spiel. Von den Guten, die den Beruf gelernt haben, bleiben am Ende nur 30 Prozent im klassischen Handwerksbetrieb hängen. Der Rest heuere, so Speckner, bei der Industrie oder im Handel als Anwendungstechniker oder Key-Accounter an. Da stimmen offenbar Gehalt und Perspektiven. Bereits heute würden, so Speckner, Großhändler zur Ware den Bodenleger gleich mitliefern. Belaghersteller, die ihre Ware direkt auf der Baustelle abladen, würden bei dieser Gelegenheit gleich noch die Visitenkarte vom eigenen Bodenleger aushändigen. Industrie und Handel verleiben sich das Handwerk ein. Andererseits spricht vieles dafür, dass die Belaghersteller ihre Beläge in Zukunft immer einfacher an den Mann bringen wollen. Arnold: „Bei vielen Aufbauempfehlungen der Industrie sind Fehler und Schäden schon vorprogrammiert.“ Und der scheidende Markenverantwortliche bei Uzin, Beat Ludin, ergänzt, dass es dem Belaghersteller offenbar zunehmend egal sei, was der Bodenleger mache. „Die Belagindustrie möchte sich mit Click und Loose Lay unabhängig machen vom Handwerker.“ „Setzt die Industrie ganz bewusst auf diesen Prozess, weil sie sich schon mit der handwerkerlosen Zukunft abgefunden hat?“, fragt Utz. Weit mehr als die Belaghersteller sind die Verlegewerkstoffhersteller auf das professionelle Handwerk angewiesen. „Die Bauchemie weiß, dass sie ohne Handwerk keine Zukunft hat“, sagt Ludin. Nicht zuletzt vor diesem Hintergrund sind auch die Bemühungen von Uzin zu sehen, durch eigens gegründete Handwerkerverbünde wie „Objekteure im Forum“ auch das Objektgeschäft qualitativ positiv zu beeinflussen. Ist es am Ende Aufgabe der Industrie, für den Nachwuchs im Handwerk zu sorgen? Die Ratlosigkeit bleibtSpätestens hier stellt sich die Frage, ob Nachwuch- und Qualitätsförderung im Handwerk nicht in erster Linie die Aufgabe der Innungen wäre. Aktuell traut Ludin den Innungen offenbar die Lösung des Problemes alleine nicht zu. „Es geht um das Überleben einer Branche, aber weil Partikularinteressen überwiegen, gibt es keine Vision, wie das Überleben einer Branche gesichert werden kann.“ Eine Vision dafür konnte freilich auch die Diskussion in Stuttgart nicht liefern. Was bleibt, ist vielmehr eine gehörige Portion Ratlosigkeit und das Gefühl, dass in der Fußbodenbranche hierzulande in absehbarer Zeit amerikanische Verhältnisse herrschen werden. Wenn sich nichts ändert, wird der selbständige Handwerker über kurz oder lang aus der Wertschöpfungskette verschwinden. Wenige große Einheiten, seien es Handel oder Industrie, werden dann die Beratung und die Installation des Fußbodens mitübernehmen.