bwd im Gespräch Michael Schmid, Präsident des Verbands der Deutschen Parkettindustrie (VDP) - Wir stehen leider als Buhmann da"> bwd im Gespräch Michael Schmid, Präsident des Verbands der Deutschen Parkettindustrie (VDP) Wir stehen leider als Buhmann da

Als Parketthersteller sieht Michael Schmid Klassifizierungssysteme hinsichtlich der Eignung für Fußbodenheizungen grundsätzlich kritisch. Im Gespräch mit bwd zeigt er klare Kante, macht aber auch den Vorschlag, alle mit ins Boot zu holen.Zeigt sich kritisch gegenüber einem Klassifizierungssystem: VDP-Präsident Michael Schmid.bwd „Mit der A-Klasse ins Wohnzimmer“ – so hatten wir in unserer Oktoberausgabe einen Klassifizierungsvorschlag der Parkettsachverständigen des Zentralverbands Parkett und Fußbodentechnik (ZVPF) überschrieben, der eine Rangordnung hinsichtlich der Eignung verschiedener Parkettprodukte für Fußbodenheizungen vorsieht. Das Thema ist auch für den Verband der Deutschen Parkettindustrie aktueller denn je, zumal die Raumluftfeuchten in den Wohnhäusern zunehmend geringer werden – Grund sind unter anderem Energiesparverordnungen, immer dichtere Bauweisen oder auch Heizgewohnheiten. Macht das der Parkettindustrie Sorgen? Schmid Das macht den Parkettherstellern ebenso Sorge wie allen Gewerken, die Produkte in Innenräumen verbauen – egal ob Möbelhersteller, Innenraumausbauer oder Hausbauunternehmen selbst. Zu diesen Sorgen treffen sich auch regelmäßig Haushersteller und Experten aus dem Gesundheitswesen, da gerade Emissionen sowie unzureichende Luftwechsel und ein damit einhergehendes ungünstiges Raumklima zu gesundheitlichen Beeinträchtigungen für die Bewohner führen können. Längerfristig gesehen sind trockene Nasen und Schleimhäute das Kleinste der Probleme. bwd Wie stellt sich die Parkettindustrie auf die veränderten Bedingungen ein? Schmid Ich denke, hier voreilig zu reagieren, wäre falsch. Durch unsere Angliederung an den Hauptverband der Deutschen Holzindustrie (HDH) wissen wir, dass sich insbesondere die Fertighaushersteller des Bundesverbands Deutscher Fertigbau (BDF) gemeinsam mit anderen Gewerken sehr um das Thema gesundes Raumluftklima bemühen und Lösungen erarbeiten. Andere Hausbauunternehmen scheinen sich weniger darum kümmern zu wollen. Es bringt nichts, wenn die Parketthersteller ihre Produkte auf einen Innenraum abstimmen, der letztendlich lebensfeindlich ist und auf Dauer seinen Bewohnern schadet. bwd Was erwartet man von dem „Cornet“-Projekt? Schmid Das „Cornet“-Projekt (Collective Research Networking, Vernetzung von nationalen und internationalen Programmen, Anm. d. Red.) wurde von uns forciert, da wir ja schon zur Sachverständigentagung 2013 den Wunsch der Gutachter und des ZVPF verspürten, dass in Richtung Fußbodenheizung und Stabilität der Verklebung von Mehrschichtparketten mehr gemacht werden müsste. Aufgebohrt wurde das Projekt unter anderem auch wegen der Bereiche Verformungen und Dimensionsstabilität, da diese Themen direkt miteinander zusammenhängen. bwd Von den Sachverständigen des ZVPF ist wie anfangs erwähnt ein Klassifizierungssystem angedacht, das abhängig von seiner Belastungsfähigkeit das Parkett auf fußbodenbeheizten Konstruktionen in unterschiedliche Eignungsklassen einteilen soll. Hält ihr Verband solch ein System für notwendig? Schmid Grundsätzlich sehen wir jedes Klassifizierungssystem als kritisch an, da durch solche Systeme immer ein Wettbewerb entsteht, der oft nicht zielführend ist. Jüngstes Beispiel ist die Erreichung von angestrebten Schadstoffwerten durch Softwaremanipulationen. Schade finde ich, dass die Bemühungen des VDP in der aktiven Mitarbeit bei Projekten des „Cornet“ oder auch dem ZVPF-initiierten Projekts beim Wilhelm-Klauditz-Institut (WKI) in Braunschweig kaum Anerkennung finden und die Ergebnisse nicht abgewartet werden, sondern schon ein Klassifizierungssystem beschlossen wird, ohne überhaupt Prüfmethoden dafür zu haben. Inwieweit die Forderungen der Klassifizierungen auch an andere Bodenbeläge, wie PVC oder den Produkten des MMFA gestellt worden sind, muss noch erfragt werden. Sehr kritisch sehen auch andere europäische Herstellerverbände den erneuten Alleingang Deutschlands mit dem Ziel, hier wieder Wettbewerbsbeschränkungen aufzubauen. Ich wurde sogar schon gefragt, ob der ZVPF auch zum Deutschen Institut für Bautechnik (DIBt) gehört. bwd Wo sehen Sie Handlungsbedarf und Verbesserungsmöglichkeiten bei der Einführung eines solchen Systems? Wo liegen die Schwächen? Schmid Die Stärke des Holzes, raumklimatische Schwankungen auszugleichen, werden gezielt von den Entwicklern des Systems als Schwäche dargestellt. Eigentlich sollten doch die Maßnahmen dem Endkunden helfen, den richtigen Bodenbelag auszusuchen – jedoch spielt es, nach momentanem Stand, keine Rolle, ob die Unterlagen brechen, ob Decklagen aufreißen oder sich Zentimeterbreite Fugen auftun. Ein kaputter Boden bleibt für jeden Endkunden ärgerlich, egal welche Ursache der Schaden hat. Dies stellt den Ansatz des Systems grundsätzlich in Frage. bwd Gibt man mit dem System nicht auch dem Heizungsbetreiber ein Argument in die Hand, das er gerne für sich nutzen würde? Schmid Wir sehen eher, dass die Verantwortung für die Aufklärung über ein gesundheitlich akzeptables Raumklima nur noch dem Hersteller obliegen soll. Dem Handwerker wird die fachgerechte Beratung zum Thema Holz und gesunde Innenraumluft aberkannt und dem Endkunden die sachgerechte Bedienung seiner Fußbodenheizung offensichtlich nicht zugetraut. Man stärkt damit letztendlich den ungelernten Hilfsarbeiter, der ohne Fachkenntnisse leichter verkaufen kann. bwd Sind die hohen Anforderungen der dem System zugrunde liegenden Norm gerechtfertigt? Schmid Ich denke, hier werden zu viele Dinge einfach durchmischt und zusammengeworfen. Für Airbags im Auto gibt es auch Normen und Vorschriften. Jedoch wird kein Airbag bei der Geschwindigkeit von 240 Kilometern pro Stunde geprüft, auch wenn es auf Deutschlands Autobahnen Autos gibt, welche gar 320 Stundenkilometer fahren können. Die momentan angedachten Werte sind unabhängig vom Aufbau der Böden, Klebstoffen, Unterkonstruktionen und Holzart – ganz so einfach ist es nicht. Sofern das Argument kommt, dass dies Praxis ist, dann müsste auch eine Massivdiele verklebt auf einer Spachtelung die gleichen Prüfungen bestehen. Auch das ist Praxis! Zumal die Betrachtung recht einseitig ist. Für das Wohlbefinden der Menschen in den Räumen ist letztlich das gesamte Klima aus Temperatur, Luftfeuchte und Frischluft enorm wichtig. Auch hierzu gibt es Normen. Letztlich geht es um die Gesundheit der Bewohner: Da punktet das Naturprodukt Parkett wegen seiner klimaregulierenden Eigenschaften und den ausgesprochen geringen Emissionswerten. Das ist ein wichtiger Aspekt beim nachhaltigen Bauen. bwd Muss der Hersteller mit der Anhebung seiner Produktqualität reagieren oder hat er in erster Linie einen Weg zu finden, wie er seine Produkte ordnet und auszeichnet? Schmid Die Qualität der heimischen Produzenten war noch nie so hoch, wie zum jetzigen Zeitpunkt. Ich erinnere mich an den Satz anlässlich der Fachtagung Holz beim WKI 2012: „Die Verleimung meines Snowboards muss auch halten!“ Ich denke, wenn der Markt die gleichen Quadratmeterpreise wie beim Snowboard zahlen würde, wäre sicher noch Luft nach oben, was die Qualität angeht. bwd Wo liegen die besonderen Herausforderungen für die Parketthersteller, gerade auch im Wettbewerb mit Konkurrenzbelägen, wenn man den aktuellen Trend weg von Kleinelementen hin zu großformatigen Dielen und Parkettelementen sieht? Schmid Es fällt heute jedem Hersteller immer schwerer dem Kunden klarzumachen, dass es sich bei Holz um ein Naturprodukt handelt. Die Menschen sind langsam gewohnt, 80 Prozent der Holzoptiken nicht mehr aus echtem Holz zu sehen. Dabei verlieren sie auch das Verständnis für die Holzeigenschaften. Es ist schon tragisch, dass sich ein Hersteller in Zeiten des „Bio“ für die Form von Ästen, für Risse bei Untertrocknungen und Beschädigungen bei Gewalteinwirkungen entschuldigen muss. In diesen Zeiten fällt es dann auch dem Holzexperten einfach, Plastik zu verkaufen. Somit bleibt die große Herausforderung, den Handwerker und Handel zu schulen und die Fachkenntnisse im Holz aufzufrischen. Ansonsten diskreditieren wir unser gemeinsames Produkt nur weiter mit Normen und überzogenen Erwartungshaltungen. Wir sind alle ein Stück weit Naturburschen, die mit Herzblut am Holz hängen, weil wir die einmaligen, natürlichen Eigenschaften kennen und schätzen. bwd Wer würde aus ihrer Sicht von einem solchen System profitieren, der Kunde oder der Handwerker, der Sachverständige oder der Hersteller? Schmid Ich befürchte leider, dass es bei einem starren System nur Verlierer geben wird: Der Endkunde wäre enttäuscht, wenn ein ausgelobtes Produkt bis auf die Verleimung komplett defekt wäre, der Handwerker könnte sich auf dieses Klassifizierungssystem sowieso nicht verlassen, da er mit Regressansprüchen rechnen muss und der Sachverständige müsste vor Gericht jedem Richter erklären, wieso große Fugen, Risse, Ablösungen in Unterschichten sowie Verformungen akzeptabel sind. Zudem werden die Hersteller weiterhin ihre Empfehlungen für den sicheren Umgang mit ihren Produkten aussprechen, aber leider trotzdem als „Buhmann“ mit schlechten Produkteigenschaften dastehen – sie stellen ja schließlich die Bedingungen, egal ob diese Argumente für die Gesundheit des Endkunden ebenso wichtig sind. Größter Verlierer ist letztendlich das Naturprodukt Holz! bwd Sie haben in einer Presseerklärung gemeinsame Anstrengungen zur Bewältigung der anstehenden Fragen betont. Wer gehört ins Boot? Schmid Ich denke eine Lösung der Thematik kann nur mit mehreren Vertretern unterschiedlicher Gruppen gefunden werden. Eventuell müssen gar Haushersteller und Experten aus dem Gesundheitswesen ebenfalls Input geben. Ich wundere mich nur, welch großes Misstrauen zwischen Handwerk und Hersteller herrscht, wenn eine Gruppe der jeweils anderen ein bestimmtes System aufoktroyiert. Daher haben wir diese Fragen gleich auf eine europäische Ebene mit dem „Cornet“ gezogen. Nationale Alleingänge sind sinnlos, wie auch der Fall der allgemeinen bauaufsichtlichen Zulassung des DIBt aufzeigte. Daher sollten Handwerk und Hersteller zuerst sachlich ihre Wünsche und Ziele formulieren, bevor Institute eventuell versuchen, ihre Interessen mit einzubringen. Auch beim „Cornet“ wurden erst die Punkte im kleinen Kreis besprochen und dann die Experten zur Konkretisierung hinzugezogen. Diese Arbeitsweise hatte sich bewährt. bwd Wo sehen Sie gemeinsamen Handlungsbedarf in der Zusammenarbeit mit dem Handwerk und speziell dem ZVPF? Schmid Wir sind schon jetzt im guten Gespräch mit dem ZVPF und arbeiten in verschiedenen Gremien mit. Ich pflege mit Bundesinnungsmeister Peter Fendt ein gutes Verhältnis und wir nutzen die kurzen Wege, um Themen zu besprechen. Eventuell könnte man versuchen, eine Regelmäßigkeit in Treffen oder kurzen Absprachen zu pflegen – doch wir beide sind Männer der Praxis und haben zuhause einen Betrieb, der unsere Zeit bindet. Es ist aber immer gut, wenn Hersteller und Kunde Hand in Hand arbeiten.