Kuriose Schadensfälle aus der Praxis Fall 1: Dunkle Verfärbungen durch Pilzbefall? Fall 2: Dunkle Einläufe an Kopf- und Längsstößen Wenn Ammoniak das Holz verfärbt

Im letzten Teil der Serie zeigt Dr. Andreas Rapp, dass Ammoniak nicht allein bei Räucherung der Eiche eine Rolle spielt, sondern auf ganz ähnliche Weise Farbreaktionen im Holz hervorrufen kann, die dann jedoch unerwünscht sind.Dunkle Verfärbungen im Eichenparkett.Wenn Ammoniak das Holz verfärbtFall 1: Dunkle Verfärbungen durch Pilzbefall? Ein Eichenmosaikparkettboden zeigte dunkle Verfärbungen, insbesondere „über Hirn“ der Elemente, aber auch an den Längsseiten. Die Frage, woher die Verfärbungen kommen würden, waren vom ersten Gutachter mit hohen Holzfeuchten und nachfolgendem Pilzbefall begründet worden. Gestützt wurde diese Annahme durch erhöhte elektrisch gemessene Holzfeuchtewerte. Es kam zu einer zweiten Untersuchung, weil einige Zusammenhänge nicht schlüssig waren. Die Konstruktion wurde jetzt geöffnet und der Aufbau des Fußbodens von unten nach oben wie folgt dokumentiert: e EG-Wohnung über trockenem Fahrradkeller, e 180 mm Massivbetondecke, e 40 mm PUR-Schaum-Wärmedämmung beidseitig mit schwarzem sehr festem Papier kaschiert, e nochmals 20 mm gleiches Dämmmaterial e 40 mm ZE 20, e Klebstoffvorstrich mit Dispersionsklebstoff, e Lösemittelbasierter Fugenkitt, e Eiche Mosaikparkett, Holzfeuchte elektrisch gemessen 14 Prozent, gedarrt 9 Prozent (!), e Wasserlack eines „als gut“ bekannten Herstellers. Des Weiteren zeigte sich an der Unterseite eine intensivere Verfärbung als an der Oberseite der Lamellen. Die Erfahrung des Sachverständigen, dass Dunkelverfärbungen des Holzes in 90 Prozent der Fälle durch Metall oder durch basische (alkalische) Einwirkung zustande kommen und elektrische Holzfeuchtemessungen bei geräucherter Eiche ähnlich zweifelhafte Ergebnisse ergeben, führte ihn zu weiteren Untersuchungen: Eine Gasspürpumpe der Firma Dräger sollte den Gehalt an basischen Gasen nachweisen. Das Prüfröhrchen verfärbte sich schon beim ersten „Schluck Gas“, der ähnlich wie bei einer Alkoholprobe aus der Wärmedämmung gesaugt wurde. Ammoniak oder ein anderes basisches Gas war damit zweifellos nachgewiesen, doch woher stammte das Gas? Eine nasschemische Analyse aller Schichten der Decke im Labor gab Aufschluss darüber, in welcher Lage wie viel Ammonium vorhanden war. Die Analyse ergab für die schwarze Papierkaschierung 2 bis 3 Prozent Ammonium. Bei einem Papiergewicht von 200 g/m2 entsprechen ein Anteil von 2 Prozent einem Gewicht von 4 g reinem Ammonium. Das wiederum wären über 5 Liter reines Ammoniakgas je Quadratmeter. Warum enthielt jedoch die obere Papierkaschierung eine wesentlich geringere Ammoniakkonzentration (siehe Formel im Kasten auf Seite 27)? Theoretisch konnte der Gutachter nachweisen, dass bei der Berührung der Papierkaschierung und der Zementbrühe (Kalklauge) Ammoniak frei wurde. Dieses Ammoniak hatte sich aus der Kaschierung verflüchtigt, war in die Eiche eingedrungen und hatte dort für die Verfärbungen gesorgt. Ein praktischer Versuch bestätigte die Vermutung, dass Natronlauge in der Lage ist, auf der entnommenen Papierkaschierung Ammoniak freizusetzen, das mit der Nase wahrnehmbar war. Ein weiterer Versuch mit frischer Zementbrühe (Kalklauge), die auf die Papierkaschierung aufgetropft wurde, ergab den gleichen Effekt. Das Estrichanmachwasser kam allerdings nur mit der oberen Papierkaschierung in Kontakt, deshalb gab auch nur sie Ammoniak ab und war bei der Analyse in dieser Schicht nur noch in geringer Konzentration nachweisbar. Damit war das Rätsel gelöst. Das Ammoniak kam aus dem Harnstoffharz aus der Papierkaschierung. Dieses zersetzte sich durch das Estrichanmachwasser (Kalklauge) und gab dabei Ammoniak frei, das die Eiche dunkel färbte. In der Fußbodenpraxis gibt es neben dem Harnstoffharz in Papieren noch viele weitere potentielle Ammoniakquellen. Man denke nur an Harnstoffharz als Bindemittel in Mehrschichtparkett oder als Zusatz in Estrichen zur Senkung des Wasser-/Zementwertes oder zur Festigkeitserhöhung und als Pumphilfen. Doch damit nicht genug, wie der nächste kuriose Schadensfall beweist. Fall 2: Dunkle Einläufe an Kopf- und Längsstößen Ein zweischichtiges Fertigparkett mit einer Decklage aus Black Cherry zeigte dunkle Einläufe insbesondere an den Kopf-, aber auch an den Längsstößen der Elemente. Das zweischichtige Fertigparkett wies einen Fichtenträger auf, der mit Harnstoffharzklebstoff mit der Kirschendecklage verleimt war. Die Vermutung lag nahe, dass die Quelle eventuell im Parkettklebstoff zwischen Träger und Hartholz, im Estrich oder auch im Dämmstoff zu finden sein würde. Eine Analyse ergab jedoch nur sehr geringe Mengen von Ammoniak, genauso wie die Unterseite des Parketts keine signifikanten Mengen des Gases aufwies und nicht verfärbt war. Zur Ursachenermittlung wurden die Besonderheiten der Fußbodenkonstruktion genauer beleuchtet: 1. Holzart: American Black Cherry; 2. Estrich mit Fußbodenheizung; 3. Einläufe am stärksten in Bereichen mit e den breitesten Fugen, e der höchsten Temperatur (über 35°C!), e der stärksten Beanspruchung (Flur). Die Charakteristik des Schadensbildes führte zum Verdacht, dass das Pflegemittel eine Rolle spielen könnte, zumal – wie bereits zuvor erwähnt – 90 Prozent aller Dunkelverfärbungen von Holz durch Metalle oder basische Mittel verursacht werden. Die im stark frequentierten Flur aufgetragene Selbstglanzemulsion eines großen Parkettversiegelungsherstellers wurde im Labor untersucht. Zu dem Zweck wurde eine bauseits noch vorhandene Probe in einem Glas abgefüllt. Ein Ammoniakprüfröhrchen zeigte schon beim ersten Zug mit der Pumpe Verfärbungen, ein eindeutiger Hinweis darauf, dass aus dem Pflegemittel basische Stoffe ausgasten. Der pH-Wert des Pflegemittels, das laut Herstellerangaben pur aufgetragen werden kann, wurde mit der Indikatormethode bestimmt; pH 9,5 zeigte der Farbvergleich. Destilliertes Wasser zum Beispiel hat einen pH <7; dieses Pflegemittel war also keineswegs nur geringfügig basisch, was allein schon genügt hätte, das von Natur aus schwach saure Holz dunkel zu färben. Die jetzt folgende chemische Analyse war erst nach einer 5000fachen Verdünnung möglich, ein deutlicher Hinweis darauf, wie hoch die Ammoniumkonzentration tatsächlich war. In einem Liter Pflegemittel wurden 2000 mg Ammonium gefunden, das bedeutet in einem Liter Parkettpflegemittel wären zirka 3 Liter reines Ammoniakgas enthalten. Der mit dieser Analyse konfrontierte Hersteller des Pflegemittels wollte jedoch zunächst keinen Zusammenhang zwischen seinem Pflegemittel und der Verfärbung des Kirschenholzes erkennen. Ein Praxisversuch gab Aufschluss: a) Das Fertigparkett (ohne Kantenversiegelung) wurde mit den Hirnflächen kurz ins Pflegemittel eingetaucht. Ergebnis: nahezu keine Verfärbung. b) Gleicher Versuch im Klimaschrank bei 45°C (wegen Fußbodenheizung mit hoher Oberflächentemperatur) nach 3-maligem Eintauchen und Trocknen. Ergebnis: leichte Verfärbung, c) zehnmal Eintauchen bei 45°C. Ergebnis: starke Verfärbung, Schadensbild wie beim Parkettboden. Damit war der Beweis angetreten. Das Pflegemittel hatte die Hirnstöße des Kirschenholzes verfärbt. Bei dem Auftrag des durch die Fußbodenheizung erwärmten Parketts war es zu einer „Kantenräucherung“ gekommen, wie der Gutachter bildhaft den Vergleich mit der Ammoniakbehandlung bei geräucherten Parketthölzern im Abschlussbericht beschrieb. Die Verfärbung hatte in diesem Fall nicht nur eine einzige Ursache, sondern das Zusammentreffen folgender Faktoren war für das Schadensbild ausschlaggebend: e Pflegemittel mit pH über 9,5 (!), e Auftrag unverdünnt und häufig, e American Black Cherry gerbstoffhaltig. e Parkett auf Fußbodenheizung über 35°C setzt Ammoniak sehr rasch frei, e typische „Räucherreaktion“ an den unversiegelten Hirnenden des Fertigparketts, e keine Einschränkung des Herstellers für bestimmte Holzarten oder Fußbodenheizung