Der interessante Schadensfall aus Österreich Spitznahtbildung bei PVC-beschichteten Korkplatten War der Klebstoff ungeeignet?

In zwei Wohnungen einer Wohnhausanlage wurden im Zuge einer Renovierung Korkböden vom gleichen Lieferanten, zur gleichen Zeit verlegt. Nach kurzer Zeit wurde ein Hochstehen im Kantenbereich in beiden Wohnungen reklamiert.War der Klebstoff ungeeignet? Ursache des Hochstehens der Platten im Kantenbereich sollte ein Gutachter feststellen. Ein Sachverständiger ermittelte zunächst folgende Fußbodenkonstruktion: e Zementestrich mit Klebstoffresten, nach der Entfernung eines alten Bodenbelages. e Haftbrücke. e Zementgebundene Spachtelmasse. e Dispersionsklebstoff (Haftklebstoff) vom Großhändler mit dem Korkbelag geliefert, als für den Korkbelag geeignet bezeichnet. e Korkplatten 30/30 an der Oberseite mit 100 Prozent reinem, transparenten PVC und an der Unterseite mit pigmentiertem PVC beschichtet. Die obere, transparente PVC-Schicht ist dicker als die Unterschicht. In der Wohnung 1 stellte der Gutachter den Zustand des Bodenbelages folgendermaßen fest: Die einzelnen Platten sind durchwegs an den Rändern hochgewölbt und bilden Spitznähte. Beim Abnehmen stellte der Gutachter fest, dass im aufgespitzten Bereich kein adhäsives Verhalten zum Klebstoff vorhanden ist. Der Klebstoff ist in diesem Bereich nicht verseift. Das Kleberbild und das Zahnungsbild zeigen einen ausreichenden Klebstoffauftrag. Der Verleger gibt an, dass er den vom Großhändler für die Verklebung der Korkplatten mitgelieferten Dispersionsklebstoff verwendete. Die Platten schließen dicht an alle aufgehenden Bauteile an und sind den Regeln des Faches entsprechend eingeschnitten. Die Ebenheit entspricht den geforderten Werten. Laut Angabe der Wohnungseigentümerin trat das Aufwölben des Belages erst nach einiger Zeit auf. Unmittelbar nach der Verlegung und auch einige Zeit danach war der Boden absolut eben. Grundsätzlich ist auch in der Wohnung 2 das gleiche Erscheinungsbild feststellbar. Die Aufwölbungen sind nicht an allen Stellen so stark wie in Wohnung 1. Bei zirka einem Drittel der Platten kann die Aufwölbung als erheblich eingestuft werden. Der Verleger übergab dem Sachverständigen zwei Restplatten (von jedem Farbton ein Stück). Die Platten übermittelte dieser einem zertifizierten Institut zur Bestimmung der Maßstabilität nach der Önorm B 5201. Den Klebstoffhersteller bat man um eine Stellungnahme. Gutachten Um den Sachverhalt beurteilen zu können, sind e die Angaben der Hersteller der eingesetzten Materialien, e die Laboruntersuchungen, e die anerkannten Regeln der Technik dieses Faches und e die einschlägigen Önormen heranzuziehen. Dem Korkhersteller liegen keine speziellen Angaben über die Verlegung vor. Der Klebstoffhersteller teilte mit, dass die Platten im Firmenlabor untersucht wurden und folgendes Ergebnis aufweisen: Nach der Lagerung von fünf Stunden bei 50 Grad Celsius wiesen die Platten Werte von 0,08 bis 0,2 Prozent auf. Wörtlich wird ausgeführt: Unserer Meinung nach spielt vor allem die nachträgliche Einwir-kung von Wasser auf die verklebten Fliesen eine große Rolle, beispielsweise durch Reinigung mit den üblichen wässrigen Reinigungsmitteln. Diese dringen über die offenen Fugen ein und verseifen leicht den Klebstoff. Dadurch lässt die Haftung nach und quillt die Fliesen an (Dimensionsvergrößerung). Die Probleme treten mit einem wässrigen Kontaktklebstoff, im Gegensatz zum Lösungsmittel-Kontaktklebstoff, genauso auf. Die beste Verklebungsart wäre, einen 2-Komponenten-Klebstoff mit zehn Prozent Härter einzusetzen. Ein Verschweißen oder Abdichten der Fugen ist aus optischen Gründen nicht möglich. Das Verkleben von Korkfliesen mit wässrigen Produkten ist keinesfalls optimal zu lösen. Die anerkannten Regeln der Technik sagen aus, dass grundsätzlich beim Verkleben der Beläge auf lösungsmittelhaltige Klebstoffe verzichtet werden sollte. Der Verleger gibt an, dass er eine Verklebung mit Kunstkautschukklebstoff ablehnte. Durch die Lösungsmitteldämpfe wäre es in den kleinen Räumen, die keine Fenster haben und nicht direkt belüftet werden können, zu unzumutbaren und gefährlichen Bedingungen für die Verarbeiter und die Bewohner gekommen. Darüber hinaus belasten die Lösungsmittel die Umwelt sehr stark. (Dem wurde ja durch die Lösungsmittelverordnung des Umweltministeriums Rechnung getragen.) Er hat aus diesem Grunde vom Lieferanten (Großhändler) einen für die Verklebung dieses Belages geeigneten Dispersionsklebstoff bezogen. Die Laboruntersuchung des autorisierten Institutes ergaben: Prüfung der Maßänderung durch Wärmeeinwirkung gemäß Önorm B 5201: e Probe 1: 0,66 Millimeter in Längsrichtung und 0,84 Millimeter in Querrichtung. e Probe 2: 0,72 Millimeter in Längsrichtung und 0,77 Millimeter in Querrichtung. Die Platten entsprechen nicht der Mindestanforderung des Bundesgesetzblattes 609 (plus/minus 0,5 Millimeter). Die Önorm B 2236 Klebearbeiten schreibt in Punkt 4.3.9.: Beim Aufbringen des Belages ist dafür Sorge zu tragen, dass durch vollflächige Verklebung und sorgfältiges Anreiben die Bildung von Blasen und Wellen vermieden wird. Beurteilung Der Belag wurde von der Verlegefirma ordnungsgemäß mit dem vom Großhändler als geeignet bezeichneten und gelieferten Klebstoff verlegt. Auf Grund der Laboruntersuchungen kann ausgesagt werden, dass dieser Belag zu überdurchschnittlichen Dimensionsänderungen neigt. Bei einer Verklebung wird der untere Teil der Platten festgehalten. Der obere, 100 Prozent reine PVC-Teil neigt durch Weichmacherwanderungen zum Schrumpfen. Dadurch kommt es im oberen Bereich zu höheren Spannungen als im unteren. Diese Spannungen können, wenn der Kleber sie nicht halten kann, zu einem Aufwölben des Belages führen. Laut Angaben des Klebstoffherstellers ist allerdings der eingesetzte Klebstoff nicht für die Verklebung von Korkplatten geeignet. Die Reinigungsmittel dürften keinen großen Einfluss auf dieses Erscheinungsbild haben, da beim Feuchtwischen, wie es in einem Einpersonenhaushalt durchgeführt wird, kaum so viel Wasser in die Fugen gelangen kann. Grundsätzlich muss davon ausgegangen werden, dass ein Bodenbelag dieser Konstruktion nass gewischt werden kann. Sonst wäre dieses Erscheinungsbild bei jedem PVC-Bodenbelag, der nicht verschweißt ist, feststellbar. Ist ein Nasswischen bei diesem Bodenbelag nicht möglich, so muss auf den Umstand speziell hingewiesen werden. Auf jeden Fall müsste in der Reinigungs- und Pflegeanleitung Entsprechendes vermerkt sein. Die im Haushalt üblichen Reinigungsmittel sind in der Regel neutral, es kommt daher kaum zu einem Verseifungsprozess in der Klebstoffschicht. Es wurden auch keine diesbezüglichen Anhaltspunkte gefunden. Die Ursache des Aufwölbens im Kantenbereich ist auf die Dimensionsänderung der Platten im Kork und in der oberen PVC-Schicht zusammen mit einem für diese Verklebung nicht geeigneten Klebstoff zurückzuführen.