Verlegepraxis: Was Bodenleger über Fugen wissen sollten

Das Thema Fugen ist zwar fast unerschöpflich – ein bestimmtes Grundwissen sollte jedoch beim Bodenleger vorhanden sein. So ist zwischen Bauwerks-, Bewegungs-, Rand- und Scheinfuge zu unterscheiden.

Fugen übernehmen – Fugen anordnen

Dem Verarbeiter sollte klar sein, warum Fugen angeordnet werden und welche Aufgaben sie haben. Er muss beurteilen können, ob eine Fuge fehlt, ob sie geschlossen werden kann oder muss. Und wenn, dann wie! Nachstehend das Wichtigste:

Bauwerksfugen

Bauwerksfugen trennen Bauwerke in Teile bestimmter Größe, um deren Bewegung infolge Temperaturschwankungen oder geringfügiger Setzungen in einem vertretbaren Maß zu halten. Sind die Teile zu groß, dann kommt es zu Spannungen, Rissen, die wiederum die Statik beeinflussen. Aus diesem Grund werden Bauwerksfugen angelegt, die allerdings so ausgeführt werden, dass die einzelnen Gebäudeteile trotzdem optisch als Ganzes erscheinen. Das Anlegen dieser Bauwerksfugen gehört zu den wichtigsten Aufgaben des Planers. Er hat zu entscheiden, wo und in welcher Breite sie anzulegen sind. Meist ist es der Estrichleger, der dann die vorgegebenen Fugenprofile, die es für etwa 20 bis 120 Millimeter Breite und zahlreiche Höhen gibt, einbaut. Bei einigen Ausführungen ist es möglich, den Bodenbelag mit der elastischen Einlage, die um die Belagdicke übersteht, zu verschweißen oder zu verfugen. Bei Verbundestrich werden die Befestigungsschenkel auf der Decke befestigt, bei schwimmenden Konstruktionen – vor allem um Schallbrücken zu vermeiden – im Estrich.

Der Bodenleger muss wissen, dass Bauwerksfugen, die sowohl die Decke als auch den Estrich trennen, immer frei beweglich bleiben müssen und nie geschlossen und/oder mit dem Bodenbelag überdeckt werden dürfen. Im Idealfall sollte der Bodenleger die Abschlusskanten des Profils in der gleichen Höhe vorfinden, wie der zu verlegende Bodenbelag dick ist. Dass das Wunschdenken ist, beweist die Praxis: Oft muss der Estrich in diesem Bereich abgeschliffen oder durch Anspachteln auf die erforderliche Höhe gebracht werden. Keinesfalls darf die Kante des Bodenbelages über die Schiene hinausstehen. Ist – aus welchen Gründen auch immer – kein Fugenprofil eingebaut, sind bei der Bauleitung/dem Bauherrn Bedenken anzumelden. Gewarnt werden muss vor dem Auffüllen der Fuge mit elastischen Massen (zum Beispiel Silikon), die bei größeren Bewegungen der Teile von den Flanken abreißen. Ein darüber gelegter Bodenbelag wird durchgetreten, er reißt und bricht.

Bewegungsfugen

Bewegungsfugen werden vom Estrichleger im Estrich angelegt. Abhängig vom Baustoff, der Form und Größe eines Raums wird der Estrich in unterschiedlich große Flächen aufgeteilt. Damit werden Verformungen und Bewegungen des Estrichs sowohl in horizontaler als auch in vertikaler Richtung aufgefangen, die Rissbildung wird vermieden. Höhenversatz wird durch ummantelte Dübel verhindert, die eine Bewegung der Estrichteile in horizontaler Richtung erlauben, das Federn der Teile gegeneinander aber ausschließen. Bei höheren Verkehrslasten in Durchgangsbereichen, zum Beispiel bei Fahrverkehr, müssen stärkere Dübel eingesetzt (Sache des Planers) oder Abschlussprofile vorgesehen werden. Geradezu eine Domäne für Bewegungsfugen sind Heizestriche. Hier ist zu berücksichtigen, dass Estriche sich beim Aufheizen ausdehnen und beim Abkühlen zusammenziehen. Je größer oder je länger (zum Beispiel in Fluren) die Estrichfläche ist, desto stärker machen sich diese Bewegungen berkmerkbar, die von wenigen Millimetern bis zu Zentimetern reichen können.

Der Bodenleger darf die vom Planer angegebenen und vom Estrichleger ausgeführten Bewegungsfugen – wie auch bei den Bauwerksfugen – weder kraftschlüssig schließen noch sonstwie festlegen. In der Regel setzt der Estrichleger im Bereich der Bewegungsfugen entsprechende Fugenprofile, die mit ihren gelochten Befestigungswinkeln im frischen Estrich verankert werden. Zur Schallunterbrechung wird zwischen die senkrechten Schenkel der Profile eine Fugenfüllplatte, zum Beispiel aus elastischem Neoprene-Zellkautschuk eingelegt. Sind solche Profile nicht vorhanden, kann der Bodenleger – zumindest in weniger frequentierten Bereichen – Metall- oder Kunststoffwinkel in die Spachtelung einlegen und mit elastischer Masse ausfugen. Eine weitere Möglichkeit, um Bewegungsfugen nach oben abzuschließen, bieten gewölbte Aluminiumabdeckprofile, die es für alle vorkommenden Fugenbreiten gibt. Sie besitzen an der Unterseite widerhakenförmige Klammern und können damit dauerhaft in der Fuge verankert werden. Die obere Abdeckung dieser Profile muss so breit sein, dass die Fuge auch bei weitmöglichster Fugenbreite abgedeckt wird und noch überall fest aufliegt. Möglich ist es auch, die Fuge zwischen den Estrichteilen mit einem Dämmstreifen aufzufüttern und in die noch frische Masse ein T-förmiges Profil zu drücken. Sicher gibt es für den Bodenleger weitere Möglichkeiten, Bewegungsfugen auszubilden, hier sind die Profilhersteller zu befragen.

Nach dem vom BEB herausgegebenen Merkblatt „Hinweise für Fugen in Estrichen“ müssen Fugenprofile für Bewegungsfugen

  • einfach einzubauen sein,
  • ausreichend biegesteif sein (Belastung!),
  • die zu erwartende Bewegung horizontal und vertikal aufnehmen,
  • die zu erwartende Kantenpressung aufnehmen,
  • kraftschlüssig mit dem Estrich verbunden werden können,
  • die die Bewegungsfuge durchdringenden Rohrleitungen/-hülsen fest umschließen, um Mörtelbrücken zu vermeiden.

Bei der Planung ist zu beachten, dass Fugenprofile nicht mit der Rohdecke verbunden werden, um Schallbrücken zu vermeiden. Ferner ist das Fugenprofil auf die Dicke des Estrichs und den vorgesehenen Bodenbelag abzustimmen. Als Fugenmasse für Bewegungsfugen sind Thiokol- (Polysulfat), Silikon- und Polyruethanprodukte geeignet. Die Fugenbreite muss auf die zu erwartende Bewegung abgestimmt sein, die Fugenmasse muss die Bewegung auffangen, ohne zu reißen. Selbstverständlich müssen die Fugenflanken fest, sauber, trocken und in der Regel mit einem Primer vorbehandelt sein, um eine entsprechende Haftung der Masse zu gewährleisten. Zu beachten ist, dass mit Fugenmasse geschlossene Fugen nur bedingt flüssigkeitsdicht sind.

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    © Bilder: Migua
    Unten Bauwerksfugen bestehen aus je zwei seitengleichen Aluträgerprofilen mit gelochten Befestigungsschenkeln. Der Estrich ist so auszuführen, dass der Bodenbelag höhengleich angearbeitet werden kann.
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    Links Bewegungsfugenprofil zum höhengleichen Einbau in Flächen mit verschiedenen Bodenbelägen.
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    Rechts Müssen Bewegungsfugen nachträglich mit Profilen abgedeckt werden, erfolgt der Einbau durch Verschrauben auf dem Estrich. Die obere Skizze zeigt die Situation ohne, die untere mit einem Bodenbelag.
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    © Bilder: Migua
    Links Dieses Profil für den nachträglichen Einbau in Bewegungsfugen ist in verschiedenen Breiten erhältlich. Es wird in die Fuge gedrückt und durch widerhakenförmige Klammern verankert.
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    Unten Bodenbeläge müssen die im Untergrund angelegte Randfuge entlang der Wand sowie alle Abstandsfugen an durchdringenden Bauteilen wie Heizungs-, Wasser-, Abwasserrohren oder Belüftungsschächten übernehmen. Wichtig ist dies vor allem bei Laminat, Fertigparkett und lose verlegtem Parkett, die zudem eine gewisse Eigendynamik entwickeln.

Randfugen

Randfugen sind ebenfalls Bewegungsfugen, die den Estrich an Wänden oder an den Estrich durchdringenden Bauteilen, zum Beispiel Wasserleitungen, Heizungsführungen, Abwasserrohren, begrenzen. Randfugen haben die Aufgabe, die Bewegung des Estrichs so zu ermöglichen, dass er weder die Wand noch die durchdringenden Bauteile berührt. Randfugen werden deshalb durch schalldämmende Randstreifen bis auf den tragenden Untergrund beziehungsweise bis zur unteren Lage der Dämmschicht ausgebildet. Das gilt sowohl für die an der Wand befindliche Fuge als auch für Rohre oder andere Bauteile, die rundherum mit Dämmmaterial eingepackt sein müssen, damit sie nirgendwo vom Estrich berührt werden. Alle Randstreifen dürfen beim Einbringen des Estrichs ihre Lage nicht verändern und müssen wenigstens einen Zentimeter über die Estrichkante hinausstehen. Die Dicke der Randstreifen ist auf das Arbeiten des Estrichs abzustimmen, bei Heizestrichen ist eine größere Bewegung als bei unbeheizten Estrichen einzuplanen.

Der Bodenleger sowie andere Handwerker dürfen den über die Estrichoberkante hinausstehenden Rand des Dämmstreifens keinesfalls abschneiden, solange der Bodenbelag nicht verlegt oder der Estrich zumindest gespachtelt worden ist. Damit soll verhindert werden, dass Spachtelmasse in die Randfuge läuft oder Mörtelbatzen in die Fuge gelangen und Schallbrücken verursachen. Was für schwimmende Estriche gilt, ist auch beim Verlegen von Bodenbelägen zu beachten. Werden die Beläge auf dem Estrich verklebt, so machen sie seine Bewegungen mit. Sie müssen infolgedessen sowohl im Rand-/ Wandbereich als auch bei allen aufgehenden Bauteilen gleich große Bewegungsfugen aufweisen. Ähnliches gilt für alle lose verlegten Bodenbeläge wie Fertigparkett und Laminat. Sie reagieren infolge ihres Holzaufbaus weniger auf Wärmeeinflüsse als auf Feuchtigkeit. Auch hier sollten die Randfugen zumindest übernommen, wenn nicht sogar etwas größer ausgelegt werden. Wie überall gilt: Je größer die Fläche, desto heftiger sind die Bewegungen, das Wachsen oder Schrumpfen des Belags. Auf alle Fälle muss verhindert werden, dass der Belag an irgendeiner Stelle die Wand oder aufgehende Bauteile berührt. Der Abstand zur Wand sollte im Wohnbereich an allen Stellen mindestens einen Zentimeter betragen, bei größeren Flächen wie im gewerblichen Bereich oder in langen Fluren entsprechend mehr. Eine im Maximalfall entstehende Fuge muss vollständig vom Sockelprofil abgedeckt werden.

Scheinfugen

Scheinfugen – auch als angeschnittene Fugen bezeichnet – haben die Aufgabe, Verkürzungen, also das Schwinden des Estrichs beim Trocknen, kontrolliert zu ermöglichen und so der Entstehung „wilder“ Risse entgegenzuwirken. Scheinfugen werden durch teilweises Einschneiden des frischen Estrichs angelegt. Nicht beheizte Estriche werden höchstens bis zur Hälfte, Heizestriche je nach Bauart bis zu einem Drittel der Estrichdicke eingeschnitten. Dabei sind die geometrischen Randbedingungen, zum Beispiel an einspringenden Ecken, an Wandpfeilern oder Kaminen sowie in Bereichen von Erweiterungen oder Verengungen der Estrichflächen zu berücksichtigen. Hier werden in der Regel Scheinfugen als Sollbruchstellen angelegt. Das gilt auch für Türlaibungen und Durchgänge, wenn absolut sicher ist, dass in diesem Bereich später keine Bewegungen stattfinden.

Der Bodenleger (oder auch Estrichleger) hat die nach dem Trocknen des Estrichs entstandenen Fugen, wenn keine Bewegungen mehr zu erwarten sind, kraftschlüssig zu schließen. Das geschieht mit Epoxidharzen oder Polyurethan-Zweikomponentenharzen. Zu beachten ist, dass das im Bereich der geschlossenen Fugen ausgetretene und über die Fuge hinaus verstrichene Harz später eine spiegelglatte Oberfläche aufweist, auf der weder Spachtelmasse noch Klebstoff haften, und dass es zu Ablösungen der Beläge kommt. Aus diesem Grund wird der Fugenbereich in nassem Zustand noch mit Quarzsand abgestreut („abgequarzt“). Nach dem Abbinden wird der überschüssige Quarzsand abgekehrt. Der verbleibende und eingebundene Quarzsand bildet nun eine raue, griffige Oberfläche, auf der sich die nachfolgend aufgebrachten Werkstoffe sicher verkrallen können.

Zu bemerken ist, dass das Schließen von Scheinfugen nicht zu den kostenlosen Nebenleistungen des Bodenlegers gehört, sondern als besondere Leistung auch gesondert zu vergüten ist.