Weseler Teppich tretford will mit Tapeten, Leder und niedrigeren Preisen ins Objektgeschäft Offen für fast alle(s)

Nach dem Umzug in einen Aufsehen erregenden Neubau scheint die Unternehmensführung den Schwung der mutigen Architektur für die Umsetzung der tretford-Projekte Veledo, Wand und eine modifizierte Objektpreispolitik mitnehmen zu wollen. Nur am Tor zur Produktion ist von der neuen Offenheit nichts zu spüren.Offen für fast alle(s) Dabei wäre in Wesel ohnehin verkehrt, wer sich für die Herstellung des Lederfaserbodens, in den Prägungen Croco, Torro und Buffalo erhältlich, interessierte. Denn Veledo wird unter dem Ziegenbocklabel nur vertrieben, produziert wird bei Boxler im Allgäu. Und der Rohstoff, Abfallprodukt der Schuhindustrie, kommt von Salamander. Den Bedarf für das Ergebnis der Koproduktion, zirka 80 Euro teuer und angeblich einfach zu verlegen, will tretford-Vertriebs- und Marketingleiter Udo Miroslawski noch „entwickeln“. Allerdings war die erste Resonanz bei der EuroShop wie berichtet positiv. Mit Treueschwüren zum textilen Kernsegment mag sich am Niederrhein derzeit keiner aufhalten. Dagegen verweist man bereitwillig darauf, dass sowohl Material (Leder) als auch Produktgattung (Glattbelag) bei Veledo „positiv besetzt“ seien. Und so peilt man irgendwann den Endverbraucher, vor allem aber Boutiquen und Hotels, an. Denn die neue Stoßrichtung von Jan Hendrik Haverhals’ renommierter Weseler Teppich GmbH & Co. KG heißt Objekt. Und da verwarfen viele GU und Architekten den Gedanken an die edle Rippe vom Niederrhein bisher mit Blick auf die Preisliste schnell wieder. Das soll und muss anders werden. Damit sich die mit dem Neubau in Wesel verbundene Entscheidung für die 100 Arbeitsplätze dort auszahlt, bewegte sich die Unternehmensführung mit Veledo weg vom Textilbelag, mit einer im Herbst folgenden Tapetenkollektion gar weg vom Boden. Unter dem schlichten Namen tretford-Wand kommen dann 40 Farbarrangements, die mit den bekannten Teppichbodentönen aus dem Haus harmonieren sollen. Möglich, dass man hier vom Know-how aus der Partnerschaft mit Caparol für die Abstimmung von Bodenbelag und Wandgestaltung profitiert. Jedenfalls, das sagt Anne Surlemont beim Pressegespräch in Wesel unverhohlen, hofft man, dank der Vliestapete künftig besser mit Inneneinrichtern und Architekten ins Gespräch zu kommen. Weil das gerade bei dieser Zielgruppe eine Frage der Präsentation ist, sind handliche Farbkarten im Werden, die zu Eintrittskarten fürs Objektgeschäft werden sollen. Auch bei tretford-Wand verlässt man sich mit Ulrich Welters Berliner Manufaktur für Wandunikate übrigens auf externe Kompetenz. Das gilt nicht für die Objektbeläge Decade, Belan und Interland-Plus 7. Dabei möchte man gerade bei der zuletzt genannten Qualität zu gerne einmal Mäuschen spielen und einen Blick in die von Geschäftsführer Rudolph Welcker fast wie der eigene Augapfel gehütete Produktion werfen. Schließlich kommt es beim Teppichboden-Traditionalisten mit den Wurzeln im niederländischen Alkmaar beinahe einer Revolution gleich, dass nun erstmals die stoffliche Zusammensetzung des Edelbelags geändert werden soll – noch dazu zu Ungunsten des gehörnten Maskottchens. Auch das ist ein großer Schritt, den das Unternehmen auf ausschreibende Architekten zugeht. Denn statt im Verhältnis 80:20 Ziege versus Wolle besteht die günstigere Objektvariante als Bahnenware und Fliese künftig nur noch aus 40 Prozent Ziegenhaar- und 60 Prozent Nylonanteil. Und soll damit laut Miroslawski strapazierfähiger (Stuhlrolleneignung), vor allem aber um drei Euro pro Quadratmeter günstiger werden. Die Abkehr von der bisherigen rigiden Preispolitik der Weseler Teppich GmbH & Co. KG umfasst ebenfalls ab 180 Quadratmeter wie genannt auch Decade und Belan. Schade nur, dass die neue Offenheit und Beweglichkeit im Umgang mit alten Prinzipien am Tor zur Produktion ihr Ende hat. Andererseits: Auch das ist wohl kein unwesentlicher Beitrag zum Erhalt der 100 Arbeitsplätze. Reinhold Kober reinhold.kober@holzmannverlag.de

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