Der interessante Schadensfall: Fugen, Kantenabplatzungen und Knarrgeräusche im Parkett Nur kurze Zeit währte der Schein

Wie ein Parkettboden durch falsche Architektenplanung, mangelhafte Verlegung und unsachgemäße Nutzung auf der Strecke bleiben kann, zeigt dieser Schadensfall in einer Zahnarztpraxis.Nur kurze Zeit währte der Schein Ein Zahnarzt wollte seine neue Praxis mit einem hellen Parkettboden ausstatten, der freundlich und beruhigend auf die Patienten wirken und außerdem ein Aushängeschild der Gestaltung sein sollte. Sein Architekt befürwortete diesen Wunsch, schließlich musste man auch die baulichen Gegebenheiten berücksichtigen, denn es handelte sich um einen Altbau, in dem eine Lagerholzkonstruktion gefordert ist, die sich den gegebenen Voraussetzungen hinsichtlich der Einbauhöhen ideal anpassen kann. Der Planer, der bereits Zahnarztpraxen mit Hochkantlamellenparkett, Stabparkett oder auch zweischichtigem Klebeparkett erfolgreich ausgestattet hat, wie er versicherte, verwarf die Bedenken, ob Parkett den hygienischen Anforderungen gewachsen wäre: „Die Hygiene spielt in einer Praxis zwangsläufig eine große Rolle. Für den Bodenbelag bedeutet dies, dass er zumindest in einigen Bereichen der Praxis wischfähig sein muss, da er in besonderen Fällen oder in gewissen Zeitabständen sogar mit Desinfektionsmitteln gereinigt werden muss. Wir schreiben den Aufbau der Oberfläche des Holzes mit einer robusten, chemikalienbeständigen Versiegelung aus, am besten mit einem Wasserlack im entsprechend hohen Schichtaufbau, damit auch die Wischpflege kein Problem darstellen dürfte.“ Fast im gleichen Atemzug „bewies“ er neben seiner gestalterischen auch seine technische Kompetenz und empfahl einen ungedämpften Buchenlangstab auf einer einfachen Lagerkonstruktion, in der Feder vernagelt. Diesen Aufbau sah der Planer in allen Praxisräumen, vom Flur über den Empfang, die Warteräume bis in die Behandlungszimmer vor. Damit schuf er ein großzügiges Bild in den ansonsten wegen des fehlenden Lichtes etwas dunklen Räumlichkeiten. Um den Boden, der sich im dritten Obergeschoss eines Altbaus in der Fußgängerzone einer ostdeutschen Kleinstadt befand, vor Schmutz von außen zu schützen, sollte der Eingangsbereich eine Sauberlaufzone erhalten. Da Holz arbeitet und man für die Behandlungsräume ein möglichst gleichmäßiges Klima benötigt, empfahl der Architekt den Einsatz von Luftbefeuchtern. Letztendlich kam folgende Konstruktion zur Ausführung: Zirka 0,70 bis 1,00 Meter lange Buchenlangriemen, 70 Millimeter breit, wurden auf vorher ausnivellierten Lagerhölzern in der Feder vernagelt. Anschließend wurde der Boden maschinell geschliffen, dann einfach mit einem als seitenverleimungsminimierenden Grundlack und dreifach mit einer stark beanspruchbaren Versiegelung (jeweils auf Wasserbasis) oberflächenbehandelt. Das Parkett erfüllte die Anforderung an die Funktion und Optik für kurze Zeit perfekt. Der Architekt schien mit seiner Auffassung recht zu behalten, gerade in medizinischen Bereichen auf die für Patienten beruhigende Wirkung von Holz zu setzen. Nur in einem Fall war er von seinem ursprünglichen Vorhaben abgewichen: Weil die Praxis im dritten Stock lag und im Eingangsbereich des Mehretagenhauses eine ausreichend dimensionierte Sauberlaufzone lag, hatte er auf das Auslegen eines Schmutzfängers im Flur der Praxis verzichtet. Zwei Jahre später: Der Parkettboden hatte sich in seinem Erscheinungsbild deutlich verändert. Die Versiegelung war teilweise erheblich angegriffen, kleinflächige Lackabplatzungen mit offenliegendem, verschmutztem Holz zeichneten sich im hellen Langriemenboden dunkel ab – insbesondere am Stabrand, aber auch auf der Fläche. Längsfugen von zirka einem Millimeter wurden sichtbar, ebenfalls Blockabrisse von 2,0 bis 2,3 Millimeter. Beim Begehen des Bodens im stark frequentierten Flurbereich wurden bei nahezu jedem Schritt Knack- und Knarrgeräusche hörbar und der Boden gab teilweise sichtbar nach. Situation unakzeptabel Ein vom Zahnarzt hinzugezogener Sachverständiger sollte klären, wer für diese negativen Erscheinungen verantwortlich ist. Der Parkettexperte bezeichnete die Situation in der Praxis als unakzeptabel und bemängelungswürdig. Die Frage ist: Kann ein solcher Boden fugenfrei bleiben, wie es die Berufsgenossenschaft für Gesundheits- und Wohlfahrtspflege im Zusammenhang mit der Benutzung von Quecksilber in Zahnarztpraxen verlangt: „Fußböden in Arbeitsbereichen mit erhöhter Infektionsgefährdung müssen flüssigkeitsdicht, desinfizierbar und leicht zu reinigen sein. In Behandlungsräumen sollten sie darüber hinaus fugenlos sein.“ Um die Verantwortlichkeit genau zu klären, waren detaillierte Untersuchungen nötig. Es kamen Protokolle von elektrischen Messungen der Buchenholzfeuchte von knapp unter elf Prozent beim Einbau zum Vorschein. Außerdem stellte sich heraus, dass die Luftbefeuchter, die bereits zu Beginn der Nutzung gefordert waren, erst im April des Lieferjahres, also drei Monate nach Einbau des Parketts, aufgestellt wurden. Eine Prüfung des Raumklimas durch den Parkettleger unmittelbar nach der ersten Beanstandung (sechs Wochen nach der Verlegung) ergab Werte von 25 bis 30 Prozent relative Luftfeuchte mit daraus resultierenden Holzfeuchten um die sechs Prozent. Der Parkettleger monierte dies daraufhin schriftlich mit Hinweis auf die nachweislich übergebene Pflegeanweisung. In dem Schreiben wies der Handwerker übrigens auch auf beginnende Beschädigungen in der Versiegelung, vor allem im Flur, hin, die er auf nicht ausreichende Pflegeintensität in der frequentierten Praxis zurückführte. Wer also etwas zur Verantwortlichkeit sagen musste, durfte auch den Nutzer keineswegs außer Acht lassen – gerade was das Fugenbild, insbesondere die Blockabrisse, als auch den Versiegelungszustand anging. Das tat der Gutachter auch nicht – übrigens nicht gerade zur Freude des Zahnarztes, da dieser auch als Verursacher in Betracht gezogen wurde. Das Gutachten Die chemikalienbeständige Versiegelung des Parketts war mit einem Zertifikat durch ein berufsgenossenschaftliches Institut hinsichtlich des Verhaltens gegenüber Desinfektionsmitteln ausgestattet. Ihr Aufbau besteht aus einem Primer (einfach) und einem wasserbasierenden Lack (dreifach). Die entstandenen Fugen schrieb der Gutachter ursächlich dem Raumklima, deren Intensität jedoch auch der Tatsache zu, dass die Holzfeuchte zum Einbauzeitpunkt mit nahezu elf Prozent, elektrisch gemessen, sehr hoch gewesen zu sein schien. Der Aufbau der Oberflächenbehandlung hat trotz seitenverleimungsminimierender Eigenschaften des Primers seine Rolle nur so weit erfüllt, wie dieser es eben konnte. In Verbindung mit dem im Verbandmuster verlegten 22 Millimeter dicken Langriemenboden in der erheblich quell- und schwindgeneigten Buchenholzart, zusätzlich vernagelt auf Lagerholz, seien damit weder Fugenbildungen noch Abrissfugen vermeidbar. Die Lager, das ergab sich bei einer stichprobenartigen Aufnahme, hatten einen ungleichmäßigen bis über 30 Zentimeter hinausgehenden lichten Abstand, ohne dass zudem die Köpfe der fallenden Längen jeweils auf ihnen aufliegen konnten. Ein Blindboden fehlte. Planer, Verleger und Nutzer gleichermaßen schuld Die Erscheinungsbilder zeigten sich in allen Räumen in mehr oder weniger unterschiedlicher Intensität, für die Behandlungsräume keineswegs akzeptabel und auch nicht reparabel. Der Gutachter zog letztendlich alle Beteiligten zur Verantwortung: den Nutzer wegen des anfänglich nicht fachgerechten Raumklimas und der unzureichenden Pflege, den Verleger wegen erkennbarer Verstöße gegen die Regeln des Fachs und den Planer wegen der Wahl des konstruktiven Aufbaus. Ganz eindeutig sprach er sich in einem abschließenden Gespräch jedoch dafür aus, dass Parkett in Zahnarztpraxen nicht nur in den Empfangs- und Wartebereichen, sondern auch in den Behandlungsräumen seine Funktion hervorragend erfüllen könne. Allerdings müsste dann hinsichtlich des konstruktiven Aufbaus, der Art der Verlegung, der Wahl des Parketts in Muster, Holzart, Ausführung und der Oberflächenbehandlung alles fachgerecht ausgeführt werden. Dass in dem speziellen Anwendungsfall für Labor und Behandlungsraum hohe Anforderungen an die Klimaregulierung, und zwar von Beginn an, gestellt werden, versteht sich von selbst.-