Im Gespräch Matthias Danzl, Vertriebsleiter Fußboden International der Egger Retail Products GmbH Kollektionen für alle Kanäle

Der österreichische Holzwerkstoffhersteller Egger aus St. Johann in Tirol gehört dank seiner vielen internationalen Standorte zu den Großen der Branche. Vertriebsleiter Matthias Danzl spricht über die Schwerpunkte Bodenbelagsgroßhandel und DIY-Kanal. Das Credo lautet: Eine strenge Trennung der Kollektionen und Produktlinien schafft klare Differenzierung im Markt.Matthias Danzl, Vertriebsleiter Fußboden International der Egger Retail Products GmbH.Kollektionen für alle Kanäle bwdEgger als mengenmäßig ausgerichteter Laminatbodenanbieter vertreibt Produkte über unterschiedliche Kanäle. Störfälle sind da vorprogrammiert, oder? DanzlWir sehen diese Gefahr, daher lautet die Devise: Jedem Vertriebskanal die passende Kollektion. So arbeitet der Großhandel mit einem anderen Sortiment als der DIY-Bereich. Der Fachhandel wird geschützt. Floorline und Vivo Nature sind exklusive Kollektionen für den Bodenbelagsgroßhandel. Das bedeutet nicht, dass die anderen Marken emotion sowie Feelwood reine DIY-Marken wären. Sie sind für einen regionalen Wettbewerb gleich gelagerter Kunden geschaffen, denen so Alternativen geboten werden. bwdDas heißt, Sie unterteilen die Kollektionen für die Vertriebskanäle noch nach Produktlinien? DanzlGenau. Feelwood und Vivo Nature sind unsere produktspezifischen Marken für die Kleindiele (Format 855 mal 90 Millimeter), die wir schon seit langem erfolgreich herstellen. Wie Stabparkett ein ganz anderes Produkt ist als eine Drei-Schicht-Diele, lässt sich unsere Kleindiele nicht mit Standardpaneelen vergleichen. Doch wir nutzen die Affinität der Produktreihen – Floorline vertreiben wir mit Vivo Nature und emotion zusammen mit Feelwood. bwdDadurch müssen Fachhändler emotion über den Großhändler beziehen, statt sich günstiger im Baumarkt zu bedienen? DanzlDas ist die Strategie. Dafür stellen wir unterschiedliche Sortimente zusammen. Die Differenzierung von Produkten innerhalb konkurrierender Absatzkanäle ist uns sehr, sehr wichtig. Wir verfolgen das Prinzip seit jeher, heute zeigt sich, dass es mehr denn je funktioniert. Das betonen wir auch in der Zusammenarbeit mit unseren Partnern. Deshalb haben wir im Großhandel eine gute Position, die wir ausgebaut haben. Doch der DIY-Bereich ist für uns eine unverzichtbare Ergänzung, ohne die wir als Industrieunternehmen unserer Größenordnung nicht auskommen. In der Summe bezeichnen wir uns als absatzkanalorientiert. Wir legen sehr viel Wert darauf, dass wir keinen Kanal vernachlässigen, etwa durch ein einseitiges Setzen von Prioritäten. Der Profiverleger hat dabei einen hohen Stellenwert, das beweist unsere starke Großhandelsausrichtung. bwdKönnen Sie dazu bitte Zahlen nennen? DanzlNimmt man den deutschen Laminatbodenmarkt, so beurteilen wir hier den Verbrauch mit 70 Millionen Quadratmeter ein wenig konservativer als der Verband Europäischer Laminatbodenhersteller, der 80 Millionen Quadratmeter ansetzt. 60 Prozent davon werden über den DIY-Bereich abgesetzt, der Rest über den Fachhandel. Innerhalb dieser 40 Prozent kommen wir auf einen recht hohen Marktanteil. Das bedeutet einen Anteil von acht Prozent auf ganz Deutschland bezogen, aber sicher das Doppelte im Großhandelssegment. Nicht so stark sind wir im deutschen DIY-Bereich. In Frankreich dominiert der Direktvertrieb mit einer Niederlassung in Tours. In England läuft das Geschäft über die Mehrwertlogistiker, die mit Zentrallagern Funktionen des Großhandels erfüllen. Als starker, kompetenter Produzent von Laminatböden müssen wir die Lösung anbieten, welche im jeweiligen Markt gefordert ist. Das kann bedeuten, dass wir die Feinverteilung übernehmen, wo dies verlangt wird. bwdWie entwickeln sich die Produktlinien, wie ist das Verhältnis von Holzreproduktionen zu Fliesen, Stein und Keramik? DanzlMehr als 90 Prozent entfallen auf Holzreproduktionen, daran ändert sich wenig. Für Fantasiedekore aller Art gibt es nur begrenzte Möglichkeiten. bwdTechnische Möglichkeiten? DanzlTechnisch wäre alles möglich. Aber der Konsument nimmt das nicht unbedingt an. Es bleibt die Hauptaufgabe, perfekte Holzimitationen zu liefern, denn der Laminatboden wird vor allem als Holzboden gesehen. In den meisten Märkten ist das der Trend, in Deutschland werden zunehmend auch Fliesendekore akzeptiert. bwdWie hoch liegt da der Anteil? DanzlDer Verkauf der Fliesendekore liegt bei etwa vier Prozent, was gemessen an der Anzahl der Dekore recht gut ist. Der Bereich ist bloß begrenzt ausbaubar. Im Fantasiebereich sehen wir keine so großen Chancen. Bei den neuen Trends, wie zum Beispiel den in Frankreich im Moment aktuellen Betonoberflächendesigns, ist es wichtiger, Trendsetter zu sein als große Mengen zu machen. Insofern sollten wir den Handel als Industrie nicht zu stark drängen, etwas zu verkaufen, was nur zögerlich vom Konsumenten angenommen wird. Uns geht es eher darum, Reproduktionen anzubieten, bei denen Glanzgrad, Oberfläche und Ausführung stimmen. Die Erwartungen der Konsumenten gilt es zu erfüllen, auch wenn das nicht immer spektakulär ist. bwdEgger beendet das Joint Venture mit Tarkett. Für den Verkauf bedeutet das Einbußen. Ist alles in trockenen Tüchern für die Zeit danach? DanzlNatürlich. Das Joint Venture, welches bis heute zur Zufriedenheit der beiden Partner funktioniert, hat ein bestimmtes Ablaufdatum. Tarkett will auf lange Sicht, ein auch aus unserer Sicht wirtschaftlich nötiger Schritt, ein voll integrierter Erzeuger sein. Es ist beim Produkt Laminatboden auf einer bestimmten Ebene heute nicht mehr möglich, einen Teil der Produktion selbst zu fertigen und die notwendigen Vorprodukte anderweitig zu beschaffen. bwdEgger will die Kapazität dennoch abermals steigern, die Produktion soll von 45 auf 50 Millionen Quadratmeter wachsen. Wie funktioniert das? DanzlDas Produkt hat nach wie vor großes Wachstumspotenzial. Das gilt nicht unbedingt in westeuropäischen Ländern, aber ganz besonders für Osteuropa, wo der Markt kontinuierliche Zuwachsraten aufweist. Für Europa insgesamt sind zehnprozentige Steigerungen zu beobachten. Wir sind sicher, dass da für uns genügend abfällt. bwdWo kommen die Kapazitäten her? DanzlWir haben heute Kapazitäten von 55 Millionen Quadratmeter zur Verfügung. Durch gezielte Optimierungsprozesse lassen die sich ausdehnen. Dazu haben wir einige Investitionen hinter uns – etwa die Anlage für Kleindielen, wo wir sehr flexibel fertigen. Mit den bereits produzierten 55 Millionen Quadratmeter ist bereits ein sehr optimistisches Ziel erreicht, so wollen wir besonders am europäischen Markt den Absatz in Zukunft weiter ausbauen. bwdIm russischen Shuja wurden weit gehende Schritte unternommen, um dort die Holzwerkstoffproduktion zu starten. Wann beginnt dort die Laminatbodenproduktion? Gibt es weitere Standorte in Osteuropa, wo Egger künftig investieren möchte? DanzlIm Augenblick konzentrieren wir uns auf den Ausbau unserer Marktpräsenz. Daher streben wir ein weiteres osteuropäisches Werk an, für das Fußboden als ein strategisch wichtiger Produktbereich bereits definiert ist. Damit wird für Laminatboden einiges zu bewältigen sein. Wir haben ganz klar die Absicht, unsere Präsenz speziell in Europa noch auszubauen. bwdGibt es in diesem Kontext etwas Konkretes zu berichten? DanzlDerzeit noch nicht. Unser Fahrplan sieht so aus, dass jetzt das Werk Shuja zunächst von der Holzwerkstoffseite aus in Betrieb genommen und dann stufenweise ausgebaut werden soll. Nach und nach. Egger ist ganz klar auf Expansion getrimmt. Denn wir sind erfolgreich im Markt. Und dabei soll es auch bleiben. Mit Matthias Danzl sprach ’bwd‘-Chefredakteur Stefan Heinze am Firmensitz des Hans Holzmann Verlags in Bad Wörishofen.