bwd im Gespräch Dr. Frank Uwe Jung, Geschäftsführer Akzo Nobel Farbe & Heimtex GmbH Keine Kampfansage

Als Dr. Frank Uwe Jung (44) vor gut einem Jahr die Verantwortung für die deutschen Großhandelsaktivitäten der Akzo Nobel Gruppe übertragen bekam, hieß seine Zielsetzung strategisches Wachstum. Im Gespräch mit boden wand decke kündigt er nun einen Ausbau des Niederlassungsnetzes an, erteilt Spekulationen über Akquisitionen im Großhandel aber eine Absage.Stadionatmosphäre in der Messehalle: Dr. Frank Uwe Jung (l.), Geschäftsführer der Akzo Nobel Farbe & Heimtex GmbH, hat keine Mühe, unter den Besuchern für einen eigens gedrehten Film Partyfeeling zu wecken.Keine Kampfansage bwd Herr Dr. Jung, gerade haben Sie die Gäste in Bremen zur größten Messe dieses Jahres für Farbe und Heimtextilien begrüßt. Und die 70 Aussteller gebeten, Stände zur krawattenfreien Zone zu machen. Jung Wir sollten unseren Kunden auf Augenhöhe begegnen. Dafür brauchen wir uns nicht zu verkleiden. In anderen Ländern ist man da ohnehin weiter. In Bremen trage ich nie Krawatte. Die brauche ich nur, wenn ich mit der Industrie am deutschen Akzo-Standort Köln zu tun habe. Da werde ich sonst nicht ernst genommen. bwd Mit Kickertischen und EM-Optik kommt die ganze Farbe & Heimtex 08 recht familiär daher. Jung Mit unserem Motto „1. Euro-Meisterschaft – ein Volltreffer für Ihr Geschäft“ haben wir uns ans Thema Fußball drangehängt. Das ist nichts außergewöhnlich Neues. Dafür bieten wir unseren 5.000 bis 6.000 Messebesuchern, die wir an den drei Tagen erwarten, sehr gutes Catering und zum Beispiel professionelle Kinderbetreuung. Wir sind alle eine große Familie. Die Kunden haben hier die Möglichkeit, sich in einer ungezwungenen Atmosphäre über Neuigkeiten zu informieren und bei den Akzo-Marken Schönox, Sikkens und Herbol sowie unseren Partnern zu attraktiven Konditionen einzukaufen. Gleichzeitig ist diese Fachmesse wie unser jährlicher Weihnachtsmarkt in Stuttgart auch dazu da, dass die Unternehmer aus dem Handwerk wieder die Bindung zu unserem Haus finden. bwd Das klingt, als hätten sie diese verloren. Jung So ganz falsch ist das nicht. Zumindest haben wir unseren Kunden in der jüngsten Zeit einiges zugemutet. Schließlich mussten wir drei separate EDV-Systeme vereinheitlichen und national Sortimentsentscheidungen treffen, um die Effizienz in der Kundenbelieferung sicherzustellen. Da drohen die Hersteller schnell mit Liebesentzug. bwd Die notwendige Integration der Infrastruktur dürfte damit zu tun haben, dass in der Akzo Nobel Farbe & Heimtex GmbH verschiedene Handelsgesellschaften aufgegangen sind. Kommen dazu nicht noch diverse Minderheitsbeteiligungen? Ist es für den Kunden überhaupt immer nachvollziehbar, dass er bei Akzo Nobel ordert? Jung Mir ist klar, worauf Sie hinauswollen. Aber da kann ich für unser Unternehmen mit Fug und Recht sagen: Bei uns ist das Visier hoch. Als sich die Akzo Nobel Farbe & Heimtex am 26. Oktober 2006 gründete, haben wir die Reste der Wümeg und einige Standorte der MEG sowie im Osten von Peters und Sonnen-Herzog übernommen und deren Aktivitäten weitergeführt. Als einzige Minderheitsbeteiligung halten wir 30 Prozent an Peters, das ist aber bekannt. Und weil wir uns in Nordrhein-Westfalen raushalten, machen wir uns da auch keine Konkurrenz. Das ist in erster Linie eine Kooperation beim Sortiment. So ist die Struktur, unser Umsatz liegt mit 800 Beschäftigten bei 150 Millionen Euro. bwd Also setzen Sie statt eines Etikettenschwindels bei den Namen, unter denen die jeweiligen Niederlassungen firmieren, ganz bewusst auf den hohen Bekanntheitsgrad des größten Farbenherstellers weltweit? Jung Bei uns weiß der Kunde anders als bei manchem Mitbewerber schon, mit wem er es zu tun hat. Die Handelsmarke Akzo Nobel Farbe & Heimtex kommt freilich auch dadurch zustande, dass wir eine Klammer für Unternehmensteile wie die bereits im Jahr 2004 von der Akzo Nobel Deco GmbH übernommenen Großhandelsorganisation Timpe & Mock und die frühere Wümeg brauchten. Da sind wir übrigens noch in der Findungsphase. So wurde gerade ein neues Logo für unsere Messe hier in Bremen vorgestellt, das dann 2009 erstmals zu sehen sein wird. bwd Aktuell entfällt ein Fünftel Ihres Umsatzes auf Bodenbeläge. Welche Rolle spielt dieses Thema künftig für die Großhandelsaktivitäten der Akzo Nobel Gruppe in Deutschland? Jung Nicht nur an den Malern ist zu sehen, dass die Grenzen zwischen den Gewerken im Handwerk verschwimmen. Das heißt im Klartext: Unser Kunde hat einen Kunden, der will, dass möglichst alles ganzheitlich aus einer Hand erledigt wird. bwd Und die Ware dafür kriegt er bei Ihnen? Jung Es gibt Beispiele für Wettbewerber, die eigens Großhandelshäuser übernommen haben, um ihre Bodenbelagkompetenz stärker auszubauen. Die tun sich äußerst schwer. Andere Farbspezialisten lassen den Bodenbelag außen vor. Da weiß ich auch nicht, ob das richtig ist. Eine Kampfansage an den Bodenbelaggroßhandel gibt es von mir in jedem Fall nicht. Denn dass wir hier immer noch über zwei relativ getrennte Welten sprechen, belegt das Beispiel Mega. Dort wurden ja ebenfalls Fachgroßhändler akquiriert, um an den Bodenleger heranzukommen. Das dürfte vergleichsweise schwierig sein, wenn man den Maler im Logo trägt, der ihm zum Teil die Arbeit wegnimmt. So gesehen, möchte ich das Thema nicht unterschätzen, der Bodenbelaganteil dürfte sich in absehbarer Zeit bei uns tendenziell aber nicht groß verändern. bwd Sie planen also keine strategischen Übernahmen? Jung Wir sind aus dem regionalen Großhandel gewachsen. Und da sehe ich für uns auch künftig eine Renditechance. Doch dazu müssen wir noch näher an unseren Kunden ran. Wir haben etwa 70 Standorte, Brillux liegt meines Wissens bei zirka 130 Einheiten, auch Mega macht scheinbar weiter. Allerdings wollen wir aus eigener Kraft wachsen, Großhandelsakquisitionen sind von unserer Seite nicht zu erwarten. bwd Was hat es mit dem Austritt der Akzo Nobel Heimtex & Farbe aus der Rigromont auf sich? Jung Das hat nichts mit der Qualität der Zusammenarbeit zu tun. Wir sind zu dem Schluss gekommen, dass wir in Einzelverhandlungen mit unseren strategischen Lieferanten attraktivere Konditionen erzielen, als das in der Gruppe möglich gewesen wäre. bwd Vielen Dank für das Gespräch. Mit Dr. Frank Uwe Jung sprach bwd-Redakteur Reinhold Kober auf der Farbe & Heimtex 08 in Bremen.

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