bwd im Gespräch Christina Engelhard, Martin Geiger und Jürgen Wagner zur Situation im Bodenbelagsgroßhandel - Investieren und nach vorne blicken"> bwd im Gespräch Christina Engelhard, Martin Geiger und Jürgen Wagner zur Situation im Bodenbelagsgroßhandel Investieren und nach vorne blicken

Preisentwicklungen, Eigenmarkenstrategien und der Engpass bei qualifizierten Fachkräften waren unter anderem Thema bei einem Treffen mit der Geschäftsführung und Vorstandsmitgliedern des Großhandelsverbandes Heim und Farbe (GHF).Investieren und nach vorne blicken bwd Herr Wagner, der Blick auf die Umsatzentwicklung der GHF-Mitglieder für die ersten Monate 2012 stimmt optimistisch. Wagner In der Tat, eine Krise hat bei uns nicht stattgefunden. Parkett und Laminat verzeichnen abermals ein moderates Wachstum, textile Beläge behaupten sich, elastische Bodenbeläge legen erneut zweistellig zu. Aber auch die Produktgruppe Klebstoffe, Spachtelmassen und Zubehör liegt mit 8,2 Prozent im ersten Quartal gegenüber dem Vorjahresvergleichszeitraum deutlich im Plus. bwd Frau Engelhard, finden Sie sich mit Ihrem Großhandelshaus in der Statistik wieder? Engelhard Ja, das kann ich bestätigen. Übrigens: Auch für uns stellen Leisten, Kleber und Zubehör einen wichtigen Sortimentsbaustein dar, mit dem wir bisher vor allem auch akzeptable Margen erzielt haben. Aber langsam dreht sich das Ganze, die Kalkulation muss überarbeitet werden. bwd Was bedeutet das? Engelhard Beispielsweise, dass wir auch bei Klebstoffen vermehrt auf die Eigenmarke setzen. Die Entscheidung dazu haben wir bereits vor drei Jahren getroffen. Aktuell beträgt das Verhältnis Herstellermarke zu Eigenmarke noch 50 zu 50. Aber mittelfristig wird der Eigenmarkenanteil hier höher sein, weil nicht zuletzt der Handwerker mit unserer Eigenmarke eine höhere Marge erzielt. bwd So lange der Premiumlieferant auch hinter der Eigenmarke steckt, dürfte diese Entwicklung das Verhältnis zur Industrie kaum trüben. Engelhard Richtig ist, dass die Eigenmarke den Umsatz mit der Herstellermarke nicht schmälert. Das sind zusätzliche Umsätze. Ohne Eigenmarke im Klebstoffbereich hätten wir Kunden verloren. »Auf geinen Fall darf der Großhandel zum reinen Zubehör-lieferanten werden.« Geiger Hinter der Eigenmarke stehen bei Verlegewerkstoffen in der Regel weniger beratungsintensive und einfacher anzuwendende Produkte, Tonnagendreher, wenn Sie so wollen. Bezogen auf die Wertschöpfung muss das Verhältnis zwischen Oberbelag und Verlegewerkstoffen aber ein Vernünftiges bleiben. Das ist zugegeben nicht immer einfach zu steuern. Auf keinen Fall darf der Großhandel zum reinen Zubehörlieferanten werden, der am Ende nur noch die schwere Tonnage auf die Baustelle liefert. bwd Umsatzspitzenreiter am Boden sind auch im Großhandel erneut Designbeläge. Geiger Ja und ich behaupte, Designbeläge werden nochmal einen richtigen Schub bekommen. bwd Von wo soll der herkommen? Geiger Designbeläge haben bis heute noch nicht den Einzug in die Wohnzeitschriften gehalten. Das wird aber noch kommen und dann geht die private Nachfrage erst richtig los. Engelhard Für den Objektbereich haben wir Designbeläge schon immer angeboten und es stimmt, dazugekommen ist der Wohnbereich. Laut Statistik wird der Großteil an Designbelägen von der Industrie direkt geliefert. Deshalb ist das Großhandelswachstum in diesem Segment nicht so hoch wie prognostiziert. Anders mag das vielleicht bei den Farben-Großhändlern aussehen, die vorwiegend Designbeläge zum Klicken an ihre Kunden verkaufen. bwd Mit der Menge kommt der Preisverfall, das ist ein altes Spiel, oder sehen Sie das anders? Engelhard Nein, genauso ist es, die Preise werden massiv unter Druck geraten. Bisher kamen die meisten Designbeläge aus Asien mit der Folge einer starken Einlagerungsquote. Jetzt aber wird zunehmend in Europa produziert, es wird keine Lieferengpässe mehr geben und früher oder später werden sich auch die Nutzschichten ändern. Wir müssen höllisch aufpassen, dass hier kein Preisverfall stattfindet, wie wir ihn bei Laminat erlebt haben. Geiger Die Laminatbodenhersteller sind unter Druck, weil Designbeläge dem Laminat Marktanteile wegnehmen. Aber die Laminatfraktion ist innovativ, sie wird kämpfen und sich die Butter nicht vom Brot nehmen lassen. bwd Der Textilbelag macht derweil statistisch gesehen beim GHF-Umsatz einen Schritt nach vorn und wieder zurück. Engelhard Und doch fehlt es nicht an Innovationen, wie ja nicht zuletzt die Verleihung der roomy awards in diesem Jahr an Mohawk und Landegger gezeigt hat. Das Problem ist: Die öffentliche Meinung ist, wenn es um das Thema Allergie geht, immer noch gegen den Teppich. Die ganzen Aufklärungskampagnen der Teppichindustrie beispielsweise auch gegenüber Ärzten haben nicht gefruchtet. Das ist sehr schade. bwd Droht dem aktuellen Thema Nachhaltigkeit früher oder später ein ähnliches Desinteresse? Engelhard Auf jeden Fall interessiert das Thema Nachhaltigkeit den Handwerker aktuell noch nicht in dem Maß, wie es von der Industrie vermarktet wird. Ich bin überzeugt, das Thema Nachhaltigkeit wird in den nächsten Jahren an Bedeutung gewinnen. Der Großteil der Hersteller hat das auch richtig erkannt und engagiert sich in diesem Bereich. Nachdem interessierte Endverbraucher Fragen stellen, bedeutet das auch, dass die Vermarktung schon erste Früchte trägt. bwd Herr Wagner, das Thema „Mangel an qualifizierten Fachkräften“ beschäftigt auch den GHF in schöner Regelmäßigkeit. Wo liegt das Problem? Wagner Vernünftig ausgebildete Fachkräfte zu bekommen, ist kaum möglich, weil wir in keinem extrem wachsenden Markt unterwegs sind; in einem gesunden Markt, aber eben keinem bedeutenden Wachstumsmarkt. Wie attraktiv der Großhandel als Arbeitgeber für junge Leute ist, hängt auch sehr vom jeweiligen Unternehmen und dem individuellen Standort ab. In Ballungszentren gibt es für Ausbildungswillige unzählige Alternativen. Ich glaube allerdings, dass wir im Großhandel nicht zwingend Abiturienten benötigen. Geiger Wir bilden ständig um die zehn Lehrlinge aus. Der klassische Bewerber ist bei uns 16 Jahre alt und besitzt die mittlere Reife. Wagner Unter dem Strich bilden wir insgesamt qualitativ und quantitativ auf hohem Niveau aus. Aber es reicht am Ende nicht, weil der Trend zur Filialisierung anhält. Gegenwärtig verfügen die GHF-Mitglieder über 650 Anlaufstellen. Es ist relativ einfach, irgendwo eine Niederlassung aufzumachen, aber um diese wirtschaftlich erfolgreich zu betreiben, benötigt es qualifiziertes Personal. »Die Laminatfraktion ist innovativ, sie wird sich die Butter nicht vom Brot nehmen lassen.« Engelhard Exakt, im Großhandel werden heute zunehmend Berater gebraucht und keine reinen Verkäufer. Idealerweise beschäftigen wir Raumausstatter, Parkettleger oder Maler, die als Quereinsteiger entsprechend kaufmännisch geschult werden. bwd Im Handwerk, aber auch in der Industrie, gibt es inzwischen Überlegungen und Initiativen, die bodenlegende Gewerke für junge Leute attraktiver zu machen. Beteiligt sich der Großhandel an Ausbildungsinitiativen? Wagner Es gibt von Seiten des Großhandels hier keine abgestimmten Aktivitäten. Das regelt der Markt alleine. Im Übrigen: Es ist für eine Branche doch ein gutes Zeichen, wenn sie Personal benötigt. Das heißt, wir schauen nach vorne und wir investieren in Menschen. bwd Vielen Dank für das Gespräch. Mit Christina Engelhard, Martin Geiger und Jürgen Wagner sprach Stefan Heinze am Sitz des Großhandelshauses Engelhard in München.