Haftungsfalle: 26.000 Euro für fehlenden Trittschallschutz

Bei Altuntergründen oft gang und gäbe: Weil sich Bauherren die Planungskosten sparen wollen, soll der Boden- beziehungsweise Parkettleger entscheiden, wie er vorgehen will. Doch in solchen Fällen liegt die alleinige Verantwortung beim Handwerker. Und das kann teuer werden.

Trittschalldämmung
Ein Schadensfall zum Thema Trittschalldämmung zeigt, wie wichtig die schriftliche Hinweispflicht ist, mit der Handwerker in der Regel sehr leichtfertig und oberflächlich umgehen. - © Pitt

Planungsleistungen werden in erster Linie von Planern beziehungsweise Architekten ausgeführt. In der Fußbodenbranche jedoch werden besonders in der Sanierung und Renovierung die Parkett- und Bodenleger als Planer aktiv. In der Regel übernehmen sie eine Doppelrolle, als Planer und Ausführender.

Deshalb ist es hier besonders wichtig, dass die Parkett- und Bodenleger wissen, auf was sie sich bei der Planung einlassen. Hierzu muss man wissen, wofür Planer beziehungsweise Architekten einstehen, wenn sie Planungsleistungen ausführen und dabei Fehler machen. Im Kommentar zur DIN 18365 "Bodenbelagsarbeiten" Stand Januar 2017 heißt es deshalb auf Seite 10:

DIN 18365

Um einen Altuntergrund richtig zu bewerten, muss bauseits eine Dokumentation der vorhandenen Schichten vorgelegt beziehungsweise eine umfangreiche Analyse veranlasst werden. Dafür hat der Auftraggeber Sorge zu tragen.

Die Tragfähigkeit des zu belegenden Untergrundes ist durch den Auftraggeber oder Planer neu zu bewerten, nicht nur bei Nutzungsänderung. Alte und genutzte Bodenbeläge sowie Rückstände von Klebstoffen und Spachtelschichten sind als Verlegeuntergrund immer problematisch und oft Ursache späterer Schäden.

Zur Vermeidung möglicher Risiken müssen diese beseitigt werden. Wenn in Ausnahmefällen eine Verlegung auf diesen alten Untergründen erfolgen soll, entsteht ein hohes Risiko. Eine konkrete Ausschreibung und Beauftragung ist erforderlich. Durch eventuell auftretende chemische Wechselwirkungen zwischen Altuntergrund und Neuaufbau können Geruchsbelästigungen entstehen.

Zudem kann es zu Problemen im Haftverbund zwischen den aufzubringenden Materialien oder Abweichungen von den angegebenen technischen Parametern (Eindruckverhalten, Brandverhalten etc.) kommen.

Das Haftungsrisiko für Bodenbelagsarbeiten, die auf Anordnung des Auftraggebers auf verbleibenden Restschichten (zum Beispiel alte Klebstoffreste) ausgeführt werden, liegt nicht beim Auftragnehmer.  

So weit die Theorie. Der folgende Fall zeigt jedoch, wie schnell der Parkettleger in eine Haftungsfalle gerät, wenn er seine Leistungen selbst plant und anbietet und dadurch Planungsverantwortung wie ein Planer/Architekt übernimmt.

Umbau zu hochwertigen Eigentumswohnungen

Eine alte Kaserne wurde zu hochwertigen Eigentumswohnungen umgebaut. Das alte Parkett sollte abgeschliffen und versiegelt werden, während auf 1.100 Quadratmetern neues Parkett auf vorhandene Fußbodenfliesen geklebt werden sollte. Der Architekt erstellte kein Leistungsverzeichnis und forderte vom Parkettleger ein Angebot an.

Der Auftraggeber machte keine Angaben zur Ausführung und legte auch keine Dokumentation und keine Analyse zum Altuntergrund vor. Der Parkettleger bot seine Leistungen an: Abschleifen und versiegeln des alten Parketts und direktes Kleben des neuen Parketts auf die vorhandenen 1.100 Quadratmeter Fußbodenfliesen. Er führte seine Leistungen nach diesem Angebot aus.

Parkett direkt auf Bodenfliesen geklebt

Rein optisch gab es an den ausgeführten Parkettarbeiten keine Beanstandung. Der Auftraggeber beanstandete allerdings die Trittschalldämmung im Bereich des neu verlegten Parketts direkt auf die alten Fußbodenfliesen. Der Auftraggeber war der Meinung, dass beim Umbau der Kasernen zu hochwertigen Eigentumswohnungen ein Neubaustandard zumindest im Bereich des neu verlegten Parketts geschuldet sei. Ein erhöhter Trittschallschutz hätte durch den Einbau einer Dämmunterlage unter das neu verlegte Parkett erreicht werden können.

Strittig war die Trittschalldämmung im Bereich des neu verlegten Parketts. Der Parkettleger war der Meinung, dass er seiner Leistungsverpflichtung mangelfrei nachgekommen sei. Er gab an, dass es keine Gespräche über die Einhaltung eines bestimmten Trittschallschutzes mit dem Auftraggeber gegeben habe.

Er hätte nicht gewusst, dass die Kaserne zu hochwertigen Eigentumswohnungen umgebaut werden sollte. Außerdem war er der Meinung, dass er hier keine Bedenken hätte anmelden müssen.

Urteil des Gerichtes: Warnung für Parkett- und Bodenleger

Das Gericht folgte nicht dieser Argumentation. Der Beschluss vom 30.11.2015 – 8 U 78/14 (BGB §§ 254, 278, 633 Abs. 2 Satz 1 § 634 Nr. 4) durch das OLG Braunschweig sollte für jeden Parkett- und Bodenleger eine deutliche Warnung im Hinblick auf Planungsleistungen durch Handwerker sein. Hier heißt es:

  1. Verpflichtet sich der Auftragnehmer dazu, eine Kaserne zu Wohnungen umzubauen, hat er die Arbeiten durchzuführen, die nach Umfang und Bedeutung insgesamt mit Neubauarbeiten vergleichbar sind.
  2. Kann der Auftraggeber Neubaustandard erwarten, ist nicht nur ein Schallschutz entsprechend den Schalldämmwerten nach DIN 4109 geschuldet. Vielmehr ist bezüglich der Trittschalldämmung der übliche Komfortstandard vereinbart.
  3. Der Auftraggeber ist nicht dazu verpflichtet, dem Auftragnehmer eine detaillierte Planung eines Architekten oder eines Ingenieurs zur Verfügung zu stellen. Der Auftragnehmer kann sich sehr wohl dazu verpflichten, die für seine gegenständliche Werkleistung erforderliche (Detail-)Planung selbst zu erbringen.
 

Der Parkettleger hätte hier den Trittschallschutz beachten müssen. Das Gericht war der Meinung, dass die Trittschalldämmung einem Neubaustandard entsprechen muss, wenn Wohnungen komplett saniert werden. Der Parkettleger hätte zwingend den Auftraggeber darauf hinweisen müssen, dass die Trittschalldämmung in den Bereichen, in denen das Parkett direkt auf die alten Fliesen verlegt worden ist, nicht dem Neubaustandard entspricht. Dann hätte der Auftraggeber entscheiden müssen, ob er einen erhöhten Trittschallschutz bei entsprechender Vergütung fordert oder darauf verzichtet. 

Schriftliche Hinweise zwingend erforderlich

Bei VOB/B-Verträgen müssen solche Hinweise immer schriftlich erfolgen, mündliche Hinweise führen nicht zu einer Haftungsbefreiung. Dieses Beispiel zeigt, wie wichtig die schriftliche Hinweispflicht ist, mit der bekanntlich die Handwerker in der Regel sehr leichtfertig und oberflächlich umgehen.

In diesem Fall hatte der Parkettleger die komplette Planungsverantwortung übernommen, so wie ein planender Architekt. Für den Planungsmangel – nicht ausreichender Trittschallschutz – haftete der Parkettleger. Der Streitwert für das Berufungsverfahren wurde mit 25.951,52 Euro festgesetzt.