Geruchsprüfung von Bauprodukten: Fachkonferenz in Dessau stellt dem Vorhaben ein schlechtes Zeugnis aus Geruchs-Prüfmethode taugt nichts

Anfang Oktober fand in Dessau die „Fachkonferenz zum Abschluss der Pilotphase des AgBB zur Geruchsprüfung von ­Bauprodukten“ statt. Fazit: Die Geruchs-Prüfmethode nach ISO 16000-28 ist nicht praxistauglich.

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Hannes Vittek, ÖTI-Bereichsleister und Experte für Fußbodentechnik und Raumausstattung, besuchte die Fachkonferenz zum Thema: "Abschluss der Pilotphase des AgBB zur Geruchsprüfung von Bauprodukten". - © ÖTI

Das Umweltbundesamt organisierte die Fachkonferenz in Dessau in Zusammenarbeit mit dem AgBB (Ausschuss zur gesundheitlichen Bewertung von Bauprodukten), dem DIBt (Deutsches Institut für Bautechnik) und der BAM (Bundesanstalt für Materialforschung und -prüfung). Vorgestellt wurden die Ergebnisse einer dreijährigen Pilotphase mit zwei Ringversuchen. Geruchsemissionen aus Bauprodukten wurden nach der internationalen Norm ISO 16000-28 erfasst und bewertet. Ziel war es, zu untersuchen, ob die vorliegende Prüf- und Bewertungsmethode gemäß ISO 16000-28 für eine „Zulassungsprüfung“ innerhalb des AgBB und DIBt geeignet ist.

AgBB-Schema und DIBt im Überblick

Beim AgBB-Schema handelt es sich um ein Bewertungsschema zur gesundheitlichen Bewertung für VOC-Emissionen aus innenraumrelevanten Bauprodukten. Das Schema hat sich aus Prüf­kriterien entwickelt, welche ursprünglich vom AgBB erarbeitetet wurden. Das Bewertungsschema setzt gesundheitsbezo­gene Qualitätsmaßstäbe für die Herstellung von Bauprodukten für den Innenraum und soll die Entwicklung besonders emissionsarmer Produkte unterstützen. Denn „Bauprodukte können eine bedeutsame Quelle für die Belastung der Innenraumluft durch flüchtige organische Verbindungen (VOCs) darstellen und sich auf Gesundheit und das Wohl­befinden des Menschen auswirken. Das AgBB-Schema entspricht der weltweiten für Bauprodukte wegweisenden Normenreihe der ISO-16000-Serie und orientiert sich somit auch an internationalen Anforderungen.

In Deutschland überprüft etwa das Deutsche Institut für Bautechnik (DIBt), ob für eine Reihe von Bauprodukten die Grenzwerte des AgBB eingehalten werden, und erteilt gegebenenfalls die bauaufsichtliche Zulassung in Verbindung mit dem „Ü-­Zeichen“.

Geruchsprüfung nicht Teil der DIBt-Zulassung

„Der AgBB hat seit Einführung des Bewertungsschemas für VOC-Emissionen aus Bauprodukten geplant, auch die von Bauprodukten ausgehenden Gerüche im Beurteilungsverfahren zu berücksichtigen. In den vergangenen Jahren wurde die Methodik für die Messung von Gerüchen erarbeitet, standardisiert und in der ISO 16000-28 bereitgestellt“, so das Umweltbundesamt auf seiner Website.

Aus den 16 wissenschaftlichen Vorträgen der Fachkonferenz lässt sich nun jedoch die Grundtendenz ableiten, dass diese Prüfmethode nach ISO 16000-28 in der aktuellen Fassung fehleranfällig, wenig robust, insgesamt nicht praxistauglich und daher nach dem heutigen Stand als Zulassungsprüfung nicht geeignet ist.

Eine Überarbeitung der ISO 16000-28 wurde daher bereits beschlossen. Wobei alle Erkenntnisse aus dem Pilotprojekt und den Ringversuchen mit eingearbeitet werden sollen. Der AgBB im Umweltbundesamt wird sich im Februar 2016 in einer Sondersitzung wieder mit dem Thema Geruch intensiv auseinandersetzen und die weitere Vorgangsweise festlegen, parallel dazu finden Gespräche innerhalb des „Blauen Engels“ statt. Seitens des DIBt wurde verlautbart, „dass eine Geruchsprüfung aus heutiger Sicht des DIBt nicht Teil der Zulassungsanforderungen wird“.

Aus Sicht der beteiligten Industrie (Bodenbeläge, Bodenbelagklebstoffe, Bauchemie, Farben/Lacke/Putze, Holz und Holzwerkstoffe) ist die ISO 16000-28 in der vorliegenden Fassung als Routine- bzw. Zulassungsprüfung nicht geeignet. Zudem stellt sich auch die Frage, ob eine ­sensorische Produktbewertung überhaupt notwendig ist. Denn es gibt keine offiziellen Statistiken über Geruchsprobleme und deren Ursachen. Darüber hinaus lässt es die vorliegende Datenbasis nicht zu, die Kriterien „pass/fail“ bzw. Anforderungen festzulegen. Aus diesen Gründen lehnen alle involvierten Verbände eine Miteinbeziehung einer sensorischen Geruchsprüfung/Bewertung in das AgBB-Schema derzeit ab. Unabhängig davon: Das Thema Geruch verliert sicher nicht an Relevanz, da Ge­rüche das Wohlbefinden des Verbrauchers nachhaltig beeinträchtigen können.

Hannes Vittek ist Bereichsleiter und Experte für Fußbodentechnik und Raumausstattung am ÖTI – Institut für Ökologie, Technik und Innovation, Wien.