Der interessante Schadensfall: Pflegefehler kommen teuer Es bleibt dabei: „Holz lügt nicht“

Bereits kurze Zeit nach der Fertigstellung des Buchenfertigparkettbodens in einem Büroanbau schlug der Bauherr Alarm. Der Grund: Fugen, Schüsselungen, dunkle Einläufe und einige losgelöste Decklamellen.Der Holzbruch ist offensichtlich.Es bleibt dabei: „Holz lügt nicht“ Der eiligst herbeizitierte Handwerksmeister fand mit geübtem Auge sofort die Ursache. „Das Raumklima ist nicht fachgerecht und die Pflege des Parketts entspricht bei weitem nicht den Vorgaben der nachweislich und rechtzeitig übereigneten Pflegeanweisung“, erklärte der Fachmann und nahm zur Bestätigung seiner Vermutungen Messungen der Luft und Holzfeuchte vor. Raumluftfeuchten von zirka 30 Prozent hatten sich im Holz mit Werten unter 6,0 Prozent niedergeschlagen. Nichts ungewöhnliches für zentralbeheizte Räume in strengen Wintern. Zudem waren Einläufe an den Köpfen der schwimmend verlegten Buchenfertigparkettelemente deutlich sichtbar. Die bekannte Regel unter Fachleuten, Holz lüge nicht, war dem Parkettverleger wieder einmal eindeutig bestätigt worden. Schriftlich teilte der Handwerksunternehmer dem Bauherren die vorgefundenen Tatsachen mit und forderte mit dem Hinweis auf seine übergebenen Pflegeanleitungen die längst fällige Bezahlung des offenstehenden Restbetrages ein. Diese hatte der Bauherr immer wieder mit fadenscheinigen Ausflüchten und Hinweisen aufgeschoben. Aber auch jetzt gab es auf dem Konto des Handwerksmeisters noch nicht die erwarteten Bewegungen. Was war zu tun? Das Geld wurde eingeklagt. Das Gericht bestellte einen Sachverständigen aus dem Parketthandwerk, der sich beim Ortstermin im darauffolgenden Jahr den Parkettboden ansah und die Ergebnisse des Auftragsnehmers bestätigte. Nur, daß sich zu diesem Zeitpunkt noch mehr Decklamellen gelöst hatten, die Fugen breiter und die Schüsselungen tiefer waren. Zu feuchte Pflege hat Boden ruiniert Die Beurteilung des Gutachters: Die Schadensbilder seien auf eine zu feuchte Pflege und ein zu trockenes Raumklima zurückzuführen. Beides in Kombination hätte Quell- und Schwundkräfte im Holz bewirkt, die sich in konkaven Schüsselungen sowie Längs- und Kopffugen äußerten. Das hätte gleichzeitig die tiefen Schwindrisse in den Decklamellen verursacht. Auch die Loslösung der Decklamellen begründete der Gutachter mit den sehr ungünstigen Bedingungen, denen eine Verleimung von Mehrschichtdielen nicht dauerhaft standhalten könne. Eine weitere Prüfung der Festigkeit der Decklamellenverbindung nahm der Sachverständige nicht vor, die Zusammenhänge waren eindeutig. Der Bauherr leugnete natürlich, dem Boden jemals zuviel Wasser zugeführt zu haben. Zudem warf er dem Sachverständigen vor, die Aussagen über die Verleimfestigkeiten der Fertigparkettdecklamellen seien ohne labortechnische Prüfungen nicht haltbar, es handele sich eindeutig um einen Materialmangel. Er berief sich darauf, daß in einem benachbarten Raum, in dem schon seit Jahren das gleiche Parkett liegen würde, keine Mängel festzustellen seien. Zur Klärung der leidigen Angelegenheit mußte noch ein Gutachter her, der sich insbesondere mit der Qualität des Fertigparketts und der Eignung der Buche für diesen Einsatzzweck auseinandersetzen sollte. Der kam im darauffolgenden Sommer, mittlerweile drei Jahre, nachdem der Boden verlegt worden war. Selbstverständlich noch immer unbezahlt. Im Sommer weniger schlimm Das Bild schien bei diesem Besichtigungstermin etwas vorteilhafter zu sein als in den Wintermonaten, dennoch zeigten sich alle Erscheinungen, die sowohl der Auftragnehmer als auch der Gutachter beschrieben hatte. Auffällig war insbesondere das Fugenbild. Der typische konische Verlauf deutete darauf hin, daß in diesem Bereich eine bevorzugte Feuchteaufnahme über das Hirnholz stattgefunden hatte. Gerade bei Buche ist dieses Verhalten in Faserrichtung sehr ausgeprägt. Durch den nicht unerheblichen Quelldruck wird eine plastische Verformung hervorgerufen, die bei Rücktrocknung im Winter im Bereich der Kopfstöße zu einer bauchförmigen Verjüngung der Lamellen führt, erläuterte der Sachverständige. Dunkle Verschmutzungen und milchigweiße Lackeinläufe, die durch eine Aufquellung des Holzes und eine Verbundminderung in der Lack- Holz-Ebene verursacht waren, machten es leicht, auf einen zu hohen Wassereintrag, zumindestens in Teilbereichen des Bodens, zu schließen. Ähnliche Lackeinläufe zeigten sich auch im benachbarten Raum, der angeblich schadensfrei vorliegen sollte. Die beanstandeten Fehlverleimungen prüfte der Sachverständige mit einem Aufstechversuch an einer Stelle, an der eine leichte Loslösung im Randbereich einer Decklamelle nicht offen sichtbar, aber bei Druckbelastung mit dem Daumen ohne weiteres feststellbar war. Der Bruch fand parallel zur Seitenfläche des Stecheisens statt und betraf genau die Zone, die aufgehebelt wurde. Unmittelbar daneben löste sich der Verbund nicht. Zudem gab es einen glatten Holzbruch innerhalb der querliegenden Mittellage des Fertigparketts. Eine Verleimschwäche konnte nicht ermittelt werden. Auch die Risse auf den tangential angeschnittenen Decklamellen zeigten nicht nur enorme Schwundkräfte an, sondern belegten auch, daß das Material einwandfrei war. Eine zu schwache Verleimung hätte zu einer Loslösung und entsprechender Fugenbildung geführt. Die Frage, ob die Buche überhaupt für Wohnbereich geeignet sei, wurde damit beantwortet, daß diese quellaktive Holz im Fertigparkettbereich einen Anteil von 40 Prozent des gesamten Marktaufkommens ausmachte. Zwar keine gutachterliche Begründung, aber doch beachtenswert. Die Sache war jetzt eindeutig. Der Richter schloß sich in seinem Urteil diesem Ergebnis an. Der Bauherr mußte die Tatsachen schlucken, denn: „Holz lügt nicht.“

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