Holzforschung Austria und IHD Dresden Ein millionstel Meter genau

Das neue Rasterelektronenmikroskop (SEM) der Holzforschung Austria gleicht einem Aufbruch in neue Dimensionen: Denn dank der jahrelangen Forschung ist es nun ­gelungen, Oberflächenstrukturen von Parkett noch detaillierter darzustellen.

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    Das neue Rasterelektronenmikroskop (SEM) der Holzforschung Austria geht der Ober­flächenstruktur des Werkstoffes Holz mikrometergenau auf den Grund.
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    Mikrostrukturen von Holzoberflächen können mit der neuen Technik hochauflösend erfasst und im 3-D-Verfahren ausgedruckt werden.
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    Das ist keine Aufnahme von der Marsoberfläche, sondern die stark ver­größerte Oberfläche von gebürstetem Eichenparkett unter dem Raster­elekronen­mikroskop.

Das über 80 Jahre entwickelte Raster-elektronen­mikroskop (SEM) eröffnet beeindruckende Möglichkeiten zur hochauflösenden Visualisierung und Analyse in sehr kleinen Maßstäben. Das teilten Dr. Gerhard Grüll, Experte für Holz im ­Außenbereich und Holzfußböden bei der Holzforschung Austria, dem Forschungs- und Prüfinstitut für Holz in Österreich, sowie Dipl.-Ing. Petra Schulz, Ressortleiterin Oberfläche im Institut für Holztechnologie Dresden (IHD), mit.

Mithilfe des 3D-Druckverfahrens ist es laut Aussage der beiden Experten nun möglich, kleinste Strukturen maßstabsgetreu zu vergrößern und auf diese Weise ­Parkettoberflächen so darzustellen, dass sie für ein besseres Verständnis des Aufbaus sorgen. Diese Technik wird bereits im ­Cornet-Projekt „Surf~Parquet: Strukturierte Oberflächen von Holzfußböden mit optimaler Beständigkeit gegen chemische Einflüsse“ zum besseren Verständnis der Zusammenhänge zwischen Struktur und Haptik eingesetzt. An dem Projekt beteiligten sich der Trägerverein des Instituts für Holztechnologie Dresden (TIHD) als Koordinator, der Fachverband der Holzindustrie Österreichs, das IHD, die Holzforschung ­Austria sowie Firmen und Verbände der Parkett- und ­Beschichtungsmittelindustrie aus Österreich und Deutschland. Doch warum interessieren sich die Forscher und die Industrie so sehr für die verschiedenen Holzober­flächen?

In allen Anwendungen spielen die ­Eigenschaften von Oberflächen – vor allem die Haptik – eine wichtige Rolle. „Der End­anwender berührt und sieht die Oberfläche von Holz und fühlt sich dabei wohl“, sagt Dr. Gerhard Grüll. Im Cornet­-Projekt „Surf~Parquet“ werden strukturierte Oberflächen von Holzfußböden mit optimaler Beständigkeit gegen chemische Einflüsse entwickelt. Ein Teil des Projektes erforscht die Faktoren, mit denen eine Holzober­fläche als natürlich und unbeschichtet empfunden wird, während sie gleichzeitig eine Behandlung für eine erhöhte Fleckenbeständigkeit aufweist.

Was wird als „natürlich“ wahrgenommen?

Eine Studie mit 60 Probanden und 80 Materialvarianten zeigte demnach, dass ­reale Holzstrukturen und ein geringer Glanzgrad wesentlich dafür sind. Gebürstetes Lärchen­holz und sehr matte Beschichtungen mit Strukturadditiven wurden von den Studienteilnehmern häufig als natürlich wahrgenommen.

Die Porigkeit des Eichenholzes gilt als ein wesentliches Merkmal für sein Erscheinungsbild. Gleichzeitig stellen die Poren eine besondere Herausforderung bei der Oberflächenbehandlung dar. Eine gleichmäßige und durchgehende Beschichtung bei den Poren ist entscheidend für die Beständigkeit der Oberfläche gegen Flüssigkeiten wie Rotwein oder Reinigungsmittel. Tief gebürstete Strukturen von Holz ergeben neue Voraussetzungen.

Mit dem Rasterelektronenmikroskop (SEM) können nun die Mikrostrukturen der Parkettoberflächen sichtbar gemacht werden, wobei Querschnitte einen ersten Eindruck von der Topografie vermitteln. Eine Software errechnet 3D-Modelle der Oberflächenstruktur und bietet die Möglichkeit der Farbskalierung des Höhenprofils sowie der Messung von Profilformen und Rauigkeiten nach genormten Verfahren mit einer Genauigkeit im µm-Bereich.

Wie ist die perfekte Parkett-­Oberfläche aufgebaut?

Mithilfe des 3D-Druckers entstehen daraus maßstabsgetreue Modelle, sodass die Forscher die Strukturen noch besser „begreifen“ können. „Damit wird der ohnehin sehr feine Tastsinn des Menschen verstärkt und dringt in neue Dimensionen von Mikrostrukturen vor“, sagt Dipl.-Ing. Petra Schulz. Die Forscher fanden im Rahmen ihrer Projektarbeit heraus, dass ­eine sehr gleichmäßige Beschichtung auch auf strukturierten Holzoberflächen möglich ist. Sie identifizierten einzelne Schwachstellen und verbesserten diese, um dem Ziel, beständige Oberflächen zu erreichen, einen weiteren Schritt näherzukommen.

Offiziell vorgestellt werden die Arbeits­ergebnisse des Forschungsprojekts mit einem mikroskopischen Einblick in verschiedene Holzarten und Bearbeitungsqualitäten beim Holzoberflächentag am 17. September 2019 in Wien.