Weiterbildung Anzahl der Meister im bodenlegenden Handwerk schwindet - Ein Aufwand, der sich lohnt"> Weiterbildung Anzahl der Meister im bodenlegenden Handwerk schwindet Ein Aufwand, der sich lohnt

Immer weniger Handwerker aus den bodenlegenden Gewerken entscheiden sich nach der Ausbildung dafür, den Meister zu machen. Einer, der es anpackt, ist Estrichleger Christoph Knauer, den wir im Meisterkurs in Feuchtwangen besucht haben.Christoph Knauer ist einer von zwölf Estrichlegern in Deutschland, die sich 2012 für die Meisterprüfung angemeldet haben.Ein Aufwand, der sich lohnt Auf den Schultern von Christoph Knauer lasten die Hoffnungen einer ganzen Estrichlegergeneration. Dennoch sitzt er zurückgelehnt, im Kapuzenpulli und ausgewaschenen Jeans, auf seinem Stuhl im Klassenraum. Es ist ihm nicht anzumerken, dass er mitten in den Prüfungsvorbereitungen steckt. Hin und wieder hat er oder einer seiner Mitschüler einen lockeren Spruch auf den Lippen, den sie in die Runde werfen. Dabei geht es gerade um komplizierte Abläufe des Rechnungswesens - nicht für jeden so einfach zu verstehen wie für Knauer. Er hat das schon in der Realschule durchgenommen und tut sich jetzt leicht. Knauer ist 22Jahre alt und als einer von zwölf Estrichlegern deutschlandweit gerade dabei, seinen Meister zu machen. Der Bayer bereitet sich mit seinen Mitschülern auf den letzten Teil der Prüfung vor.Der Vorbereitungslehrgang für die Meisterprüfung ist in vier Teile unterteilt. Um alle Kursteile zu besuchen, müssen Estrichleger an der Bayerischen BauAkademie 18 Wochen Vollzeit-Unterricht einplanen. Die Teile eins und zwei finden im Blockunterricht statt - jeweils zwei bis drei Wochen Unterricht und Arbeit im Wechsel. Diese Option - zwischendurch zu arbeiten und Geld zu verdienen - ist durchaus sinnvoll, denn der Vorbereitungslehrgang ist nicht nur zeit-, sondern auch kostenintensiv. Mit Abschluss der Meisterprüfung kommt der Estrichleger auf eine Summe von 8.475 Euro, die er zu berappen hat, Lernmittel und Prüfungsgebühren eingeschlossen. Nicht enthalten hierin ist jedoch die Unterkunft und Vollverpflegung, die fast jeder Kursteilnehmer in Anspruch nehmen muss. Das macht nochmal eine Summe von rund 4.320 Euro aus. Das kann durchaus abschreckend wirken. Vor allem dann, wenn es auch ohne Meistertitel geht. Die allermeisten müssen daher Meister-Bafög in Anspruch nehmen, ein Darlehen vom Staat, von dem der Großteil nach Abschluss der Ausbildung zurückgezahlt werden muss. Auch Knauer gehört zu denjenigen, die Unterstützung vom Staat angenommen haben. Nach der Ausbildung blieb er außerdem bei seinen Eltern wohnen. Nur so konnte er für die Meisterkurse sparen. Auch ein Auto hat er sich nicht geleistet und ist jeden Tag zur Arbeit in den Nachbarort geradelt. Der Handwerker ist hochmotiviert: „Ich wollte schon immer was am Bau machen, rauskommen und werkeln. So kann man auch zu Hause mal etwas machen und Freunden helfen“, sprudelt es aus ihm heraus. Daher hat er bereits während seiner Realschulzeit ein Praktikum als Estrichleger gemacht. Da er nicht für immer auf der Baustelle arbeiten will, entschied er sich für den Meister. Dafür nahm sich der Estrichleger unbezahlten Urlaub und lernte während des Kurses jeden Tag nach dem Unterricht konsequent noch ein bis zwei Stunden. Frühestens in den kommenden Jahren wird sich der Aufwand für ihn finanziell rechnen, doch Knauer sieht es als Investition in seine Zukunft. 2012 nur zwölf Estrich-leger angemeldet In seinem Vorbereitungslehrgang waren sie insgesamt zu zwölft - nur zwölf Estrichleger, die 2012 deutschlandweit den Meisterkurs besucht haben. Für 2013 gibt es derzeit lediglich acht Anmeldungen. Diese erschreckenden Zahlen sind Spiegel der Entwicklung der vergangenen Jahre. Während im Jahr 2001 noch 42 Estrichleger den Meister gemacht haben, waren es 2009 nur noch sieben. Bei den Parkettlegern und den Raumausstattern ist die Entwicklung nicht minder dramatisch. Waren es 2001 in den drei Gewerken insgesamt noch 388 Personen, die die Meisterprüfung absolviert haben, entschieden sich acht Jahre später nur mehr 105 Handwerker dazu. Die Verbände machen hierfür vor allem den Wegfall der Meisterpflicht im Jahr 2004 verantwortlich, denn die Betriebe bilden seitdem immer weniger aus. Während nämlich die Zahl der in der Rolleneintragung angemeldeten Betriebe von 12.844 im Jahr 2001 auf 37.937 (2011) deutlich anstieg, reduzierte sich im gleichen Zeitraum die Zahl der Auszubildenden von 5.568 auf 3.060. Gleichzeitig weichen die Zahlen aus derUnternehmensregistrierungsauswertung von 2009 in den drei Gewerken um rund 20.000 von den Rolleneintragungen 2011 ab. Als Grund dafür benennen die Verbände Zentralverband Parkett und Fußbodentechnik, Bundesverband Estrich und Belag und Zentralverband Raum und Ausstattung in einem Schreiben an Bundeswirtschaftsminister Philipp Rösler vom November 2012 kleine, meist unqualifizierte Betriebe mit einem Jahresumsatz von unter 17.500 Euro. Diese nämlich werden in der Rolleneintragung nicht geführt. „Ein solcher Betrieb bildet nicht aus, schafft keine Arbeitsplätze und dem Betriebsinhaber droht Altersarmut“, heißt es dort. Um die Qualität der Handwerkerleistungen aufrecht zu erhalten und die Negativentwicklung zu stoppen, fordern die Verbände die Einführung einer Mindestqualifikation in Form eines Gesellenbriefs für diese Berufe. Ein Grund für die sinkenden Lehrlingszahlen ist auch das fehlende Bewusstsein für die Attraktivität dieser Handwerksberufe bei Jugendlichen. Viele, die sich im Alter von 15 oder 16 Jahren für eine Ausbildung entscheiden, kennen die Gewerke der Branche gar nicht. Während im Nachbarland Österreich eine Lehrlingsoffensive nach der anderen gestartet wird, kommen Imagekampagnen hierzulande erst langsam in Fahrt, wie beispielsweise der Verein „Zukunft Bodenhandwerk“ von Industrie und Handwerk. Durch die sinkende Zahl an Azubis und den Wegfall des Meisterzwanges sinkt auch die Zahl derer, die sich dazu entscheiden, den Meister zu machen. Diese Entwicklung bekommen Handwerkskammern und andere ausbildende Institutionen zu spüren. So ist die Bayerische BauAkademie in Feuchtwangen seit einigen Jahren meist die einzige Anlaufstelle in Deutschland, die noch Meisterkurse für Estrichleger anbietet und bei der die Kurse dann auch zustande kommen. „Vor 15 Jahren haben wir jährlich noch zwei Kurse pro Jahr mit jeweils rund 30 Teilnehmern auf die Beine stellen können, jetzt ist es jährlich nur noch ein Kurs mit rund acht bis zwölf Teilnehmern“, sagt Wolfgang Bux, Geschäftsführer der Bayerischen BauAkademie. Ab 2014 wird voraussichtlich nur mehr ein Kurs alle zwei Jahre angeboten - mangels Interessenten. Dabei kann man mit genug Berufserfahrung selbst dann den Meister machen, wenn man keinen Gesellenbrief hat. Trotzdem kommen immer mehr Meisterschüler direkt aus der Ausbildung. Das ist eine Entwicklung, die Bux kritisch sieht. Die Stimmung in den Kursen ist heute besser „Sie haben meistens zu wenig Erfahrung im Beruf“, erläutert er. An diesem Punkt gehen die Meinungen jedoch auseinander. Gert F. Hausmann ist seit 1976 als Dozent in Meisterkursen tätig und lehrt die Themen „Baustoff- und Fachkunde Beläge“ sowie „Fachrechnen“. Er konnte den Fristen, die es früher für die Zulassung zur Meisterprüfung gab, noch nie etwas abgewinnen. „Wir sollten die jungen Leute, die top motiviert in die Ausbildung starten, nicht bremsen“, findet er. Seit 2004 ist zwar ein dramatischer Rückgang der Anzahl von Meisterschülern zu verzeichnen, doch die Bereitschaft, die Prüfungen durchzuziehen, sei gleichzeitig deutlich angestiegen. „In den Kursen herrscht im Vergleich zu früher eine durchwegs positive Stimmung. Dort ist es eine Freude zu unterrichten“, berichtet Hausmann. Diejenigen, die sich derzeit trotz der gesetzlichen Lage für die Prüfung anmelden, haben ein konkretes Ziel vor Augen und wollen es wirklich schaffen. Kaum einer fällt durch die Prüfung oder schwänzt den Unterricht. Ob Teilnehmer einen Kurs erfolgreich abschließen oder nicht, dafür ist nach Erfahrung des Dozenten vor allem der Wille entscheidend, nicht die Vorbildung. Der Zusammenhalt in den kleinen Kursen ist ohnehin so groß, dass die Meisterschüler sich als Team verstehen. „Jungs, die ein bisschen hängen, nehmen wir mit“, sagt Hausmann. Er selbst gibt seine Telefonnummer heraus, die die Kursteilnehmer auch Jahre nach der Prüfung noch nutzen, wenn sie fachliche Fragen haben. „Es ist auf jeden Fall die Sache wert“ Von dem starken Zusammenhalt, der unter den Meisterschülern herrscht, kann auch Knauer berichten. „Es war bärig, als wir zu zwölft waren. Wir haben immer etwas zusammen gemacht und denen geholfen, die Probleme im Unterricht hatten“, blickt Knauer auf das vergangene Jahr zurück. Nach dem Lehrgang hat er also nicht nur den Meistertitel in der Tasche, sondern auch neue Freunde. „Die Leute von den Kursen eins und zwei vermisse ich schon. Wir haben deshalb vereinbart, dass wir uns nächstes Jahr bei der Estrichmesse in Feuchtwangen alle treffen“, erzählt er. Die Prüfungen zu den Teilen eins, zwei und vier hat er bereits bestanden. Ob er nun bereit ist, einen eigenen Betrieb zu führen und Lehrlinge auszubilden? Selbstständig machen möchte sich Knauer eigentlich nicht und auch mit der Arbeit als Ausbilder will er erst in zwei bis drei Jahren beginnen. Aufgrund seines Alters würde er von Azubis noch gar nicht ernst genommen werden, fürchtet er. An seiner Entscheidung zweifelt der künftige Estrichlegermeister aber nicht: „Es ist auf jeden Fall die Sache wert, dann hat man etwas in der Hand. Studieren kann man immer noch.“ Mirabell Schmidt redaktion@boden-wand-decke.de