Nachgefragt bei Wolfgang Kiesel, geschäftsführender Gesellschafter Druck ist manchmal wichtig

Wolfgang Kiesel. - © Kober

Druck ist manchmal wichtig

bwdHerr Kiesel, dieser Tage sind Sie 40 Jahre in der Firma. Was sagen Sie jungen Menschen, von denen sich die wenigsten vorstellen können, bis zur Rente durchzuhalten?

KieselWenn man diesen Job über vier Jahrzehnte macht, dann erlebt man Tiefschläge. Und auch Phasen, in denen man keine Lust hat. Nur wer diese Phasen überwindet, dem wird daraus neue Kraft erwachsen. Es ist aber auch so, dass ich ja nicht jeden Tag am Band stehe oder nur mein Büro sehe. In meiner Funktion muss Ihnen ständig was einfallen, da wird es nicht oft langweilig.

bwdAls Sie 1969 angefangen haben ...

Kiesel ..., da mussten wir uns ganz schnell was einfallen lassen. Mit dem Muffenkitt hatte unser einziges Produkt plötzlich null Marktbedeutung. Mein Vater hatte dann die rettende Idee, einen Schnellbinder auf Zementbasis zu machen. So sind wir in Richtung Bauchemie gegangen. Die Alternative wäre die Herstellung von Moosgummi gewesen, dann wären wir heute Zulieferer der Automobilindustrie nicht so toll (lacht).

bwdSie selbst mussten eine schwierige Entscheidung treffen, als Ende der 80er Jahre der Umzug des Zentralgebäudes nach Esslingen-Sirnau anstand.

KieselDas habe ich nicht aus freien Stücken entschieden. Die Behörden haben uns irgendwann angrenzend an ein Wohngebiet die Lösemittelproduktion verboten. Die Genehmigung haben wir bis zum letzten Tag ausgereizt. Aber dann hat es nichts mehr geholfen, wir sind in das Gewerbegebiet gezogen, wo sich noch heute die Firmenzentrale befindet.

bwdWeil sie schlechterdings keine andere Wahl hatten.

KieselManchmal ist Druck wichtig. Auch in finanzieller Hinsicht. Als es nach der Wiedervereinigung boomte, haben wir uns Dinge wie einen Umweltbeauftragten geleistet. Was verzichtbar ist, stellt man dann erst in schwierigeren Zeiten wieder fest.