Das bwd-Redaktionsteam war auf der Domotex in Hannover unterwegs und hat für das Jahr 2020 fünf Fußboden-Trends ausfindig gemacht. Neben Nachhaltigkeit und Wohngesundheit spielt für die Fußbodenbranche Funktionalität eine immer größere Rolle: Schneller, einfacher und wasserbeständig. Optisch bleibt alles beim Alten: Eiche in allen Facetten dominiert das Angebot.
Nein, natürlich war sie nicht persönlich anwesend, aber präsent war Greta Thunberg auf der internationalen Messe für Teppiche und Bodenbeläge Domotex, die vom 10. bis 13. Januar in Hannover über die Bühne ging, trotzdem. Beim Thema Nachhaltigkeit — und um es gleich vorwegzunehmen, das war mit Blick auf das Ausstellerangebot das Thema schlechthin — fiel früher oder später ihr Name und im Kopf stellte sich dann fast automatisch die Frage: Würde Greta auf diesem Boden stehen? "Greta sensibilisiert den Endverbraucher für Cradle to Cradle", sagt Annika Windmöller, Leitung Unternehmenskommunikation bei der Windmöller-Gruppe , die ihr Unternehmen mit der Marke Wineo als Vorreiter in Sachen Nachhaltigkeit sieht.
Nachhaltig, wohngesund und natürlich, mit diesen Attributen werben nicht nur die Hersteller von Laminat, Design- oder Teppichböden, sondern auch die Anbieter bauchemischer Verlegewerkstoffe. Das ist erst einmal nichts Neues, aber seitdem die Fridays-for-Future-Bewegung weltweit die Straßen und Plätze eingenommen hat, ist auchdem letzten Anbieter klar geworden, dass er die Frage nach der Klimafreundlichkeit seines Angebots mit entsprechenden Produkten parieren muss.
Trend I: Nachhaltigkeit
Da tun sich die angestammten Parkett- und Holzfußbodenhersteller, die diesmal auf der Domotex leider unterrepräsentiert waren, noch leicht. Holz ist ein natürlicher und nachwachsender Rohstoff und Echtholzparkett ist sehr langlebig. Aspekte wie diese müssten die Parketthersteller allerdings weit mehr als bisher gegenüberdem Endverbraucher kommunizieren. Schließlich stand der Verbraucher solchen Argumenten wohl kaum jemals zuvor aufgeschlossener gegenüber als heute.
Bei den Teppichbodenherstellern, die unter anderem mit Girloon / Infloor, der Condor-Gruppe und Balta vertreten waren, sind nach wie vor Recyclinggarne ein Thema, wie Aquafils Econyl, das aus recyceltem Nylon, beispielsweise aus alten Fischernetzen, besteht. Unterdem Slogan "Let‘s turn trash into treasure", zu gut Deutsch: "Lasst uns Müll in einen Schatz verwandeln", führt Balta 2020 die Produktlinie Re_Generation ein. Dabei sollen Plastikflaschen oder auch ausrangierte Baumwollstoff- und Lederbekleidungsabfälle in der neuen Teppichkollektion zum Einsatz kommen.
Derweil stellen die im EPLF organisierten Laminatfußbodenhersteller eine neue Kommunikationskampagne vor, die die umweltfreundlichen Eigenschaften von Laminat unterdem Claim "Laminat Flooring - Made of Wood" in den Vordergrund stellen. Ziel der Kampagne "Laminate flooring – Made of Wood" ist es, als Mythenbrecher zu fungieren. " Die meisten Verbraucher sind sich der Zusammensetzung von Laminat nicht bewusst und denken, dass es sich um Kunststoff handelt. Doch das ist nicht der Fall. Um es gleich vorwegzunehmen: Unsere Produkte bestehen zu 80 Prozent aus Holz", sagt Max von Tippelskirch, EPLF-Präsident und Mitglied der Konzernleitung von Swiss Krono .
Aufklärungsbedarf gibt es auch bei den mehrschichtig modularen Fußbodenbelägen (MMF) , vulgo- Designböden . Hier sind inzwischen unzählige Aufbauvarianten auf unterschiedlicher "Zutatenbasis" (PVC, Polymere, Holzwerkstoffe, Kork, Gesteinsmehle, Kreide etc.) am Start. Da die Kreislaufwirtschaft ganz oben auf der Agenda von europäischen Entscheidungsträgern steht, achten Hersteller nun verstärkt darauf, dass ihre Produkte nachhaltig und recycelbar sind sowie Herstellerprädikate wie "100 Prozent recycelbar" besitzen. Insgesamt spielen Nachhaltigkeitszertifizierungen eine immer größere Rolle. Der Designbelaghersteller Aspecta und dessen Mutterkonzern HMTX belegen ab sofort die Herkunft ihrer LVT-Bodenbeläge gemäß BES-6001, einer von England entwickelten Zertifizierungsmethode. Kriterien wie Sicherheit, Umweltschutz, Mitarbeiterschulung, Korruptionsbekämpfung und nachhaltige Beschaffung sind bei dieser Norm Prüfkriterien. Die Ergebnisse der BES-6001-Norm schaffen die Grundlage für Nachhaltigkeitsberechnungen von Gebäuden, wie beispielsweise von der DGNB.
Stark vertreten waren in Hannover die Korkfußbodenhersteller - darunter Amorim , Granorte , Ziro , Lico und KWG. Sie nutzten die Gunst der Stunden, um ihre nachhaltigen Bodenbelagslösungendem Publikum vorzustellen. Der Deutsche Korkverband präsentierte auf der Messe mit Prof. Ernst Ulrich von Weizsäcker zudem einen der namhaftesten Klimaaktivisten überhaupt. Der ehemalige Co-Präsident des Club of Rome unterstrich in seinem Statement den Zusammenhang zwischen Korknutzung und der Übernahme aktiver Umweltverantwortung .
Der Nachfrage nach ressourcenschonenden Produkten können sich auch die Verlegewerkstoffhersteller nicht entziehen. Seit Jahren entwickelt beispielsweise Uzin neue nachhaltige Lösungen für ein umweltfreundliches und ressourcenschonendes Bauen. Beim Thema Feuchtesperre stellen die Ulmer die Reduzierung des CO2-Fußabdrucks in den Mittelpunkt und präsentierten mitdem HydroBlock-System zur Domotex eine ökologische Alternative zur konventionellen Feuchteabsperrung. Alle drei Bestandteile – zwei gebrauchsfertige Spezialgrundierungen und eine feuchtebeständige Spachtelmasse mit hoher Wasserdampf-Adsorption – sind mit Emicode "EC1 Plus" unddem "Blauen Engel" gekennzeichnet und werden in umweltfreundlichen Verpackungen angeboten.
Trend II: Wohngesundheit
Ein weiterer Trend, den das Ausstellerangebot widerspiegelte und den die Messemacher im Rahmen des Leitthemas "Atmysphere" inszenierten, heißt Gesundheit und Wohlfühlen . Die Hersteller von Designböden sind sich bewusst, dass Konsumenten vermehrt hohe Ansprüche an die Wohngesundheit haben. Sie achten auf Produkte mit Kennzeichnungen wie "PVC- und weichmacherfrei". Eine neue Generation von Vinylboden kommt nun vollkommen ohne PVC aus und besitzt laut deren Protagonisten die gleichen Eigenschaften wie herkömmliche PVC-basierte Vinylböden. Windmöller setzt beispielsweise mit seinem Bioboden "Purline" schon seit Jahren auf Ecuran und damit auf einen Stoff, der hauptsächlich aus Pflanzenölen wie Raps- oder Rizinusöl und natürlich vorkommenden Materialien wie zum Beispiel Kreide besteht. Ohne PVC, Chlor und Weichmacher kommt auch ter Hürnes Designboden "Avatara 3.0" daher. Die Trägerplatte besteht in der Ausführung "Perform" aus Talcusan, einem innovativen Werkstoff aus Silikaten, Kreide unddem ökologisch unbedenklichen Material Polypropylen. Das Segment der MMF-Böden auf Basis alternativer Polymere (im Gegensatz zum "Benchmark"-Rohstoff PVC) erschließt zumindest in Europa zusätzliche Marktanteile am insgesamt wachsenden Markt. In diesem Zusammenhang tauchen auch Zertifizierungen mitdem bekannten "Blauen Engel" auf.
Geht es um die Wohngesundheit, rücken beim Fußboden mehr denn je Akustiklösungen in den Vordergrund, die inzwischen in einer bisher nie dagewesenen Vielfalt angeboten werden. Akustisch wirksame Bodenbeläge tragen entscheidend zu einer angenehmen Raumatmosphäre und dem Wohlbefinden bei, indem sie die Geräuschkulisse dämpfen. Verbesserungen des Geh- und Trittschalls lassen sich vor allem bei Hartbelägen entweder konstruktionstechnisch erzielen oder aber mit Hilfe von Dämmunterlagen. Die Schallreduzierung wird dabei in Dezibel ausgewiesen, was inzwischen zu einer Art "Dezibel-Olympiade" führt.
Selit Dämmtechnik stellte mit der Verlegeunterlage "SelitPro 2,2 Aquastopp" eine Verlegeunterlage vor, die den Trittschall auch auf Parkett und Laminat um bis zu 21 Dezibel reduzieren kann. Dies sei durch die "Kombination von einem flexiblen und einem weichen Schaum in einer Unterlage" gelungen, erklärt Marketingleiterin Lydia Bober . Repac präsentierte mit "Acoustik Heavy LVT SK" eine neue Dämmunterlage für LVT-Beläge, die eine Gehschallminderung von bis zu 33 Prozent und einer Trittschallverbesserung von bis zu 17 Dezibel verspricht. Technisch besticht die Unterlage durch einen niedrigen Wärmedurchlasswiderstand, der es ermöglicht, unbedenklich auf Warmwasserfußbodenheizungen zu verlegen.
Trend III: Unempfindlich
Bei der Funktionalität von Bodenbelägen, insbesondere den variantenreichen Designbelägen, liegt der Fokus nach wie vor auf der Dimensionsstabilität und derWasserbeständigkeit . Besonders letztere gilt als Riesenthema bei dekorativen Bodenbelägen. Für viele Verbraucher sei die Produkteigenschaft "wasserfest, feuchtigkeitsresistent" zum Synonym für besonders unempfindliche und pflegeleichte Produkte geworden, obwohl diese Eigenschaft im normalen Wohnbereich oft nicht so wichtig ist, heißt es dazu in einer Mitteilung des Verbandes mehrschichtig modularer Fußbodenhersteller (MMFA) . Die Wasserbeständigkeit hängt entscheidend mitdem Trägermaterial zusammen. HDF-Trägererfüllen in der Regel den Anspruch nicht. Rigidbeläge mit Polymerkern können hier indes punkten.
Wasserbeständigkeit ist auch ein großes Thema bei Laminat . Die Hersteller geben dieWasserbeständigkeit in Stunden an. Mit einer mehrstündigenWasserbeständigkeit können die neuen Laminatböden laut Hersteller in Räumen eingesetzt werden, die ihnen bisher nicht zur Verfügung standen wie Bäder, Küchen oder andere Funktionsräume. Dazu werden die Qualitäten der Trägerplatten modifiziert und zusammen mit einer Kantenversiegelung oder einer Imprägnierung mit hydrophoben Ölen und Lacken versehen. Modifizierte Klicksysteme sollen verhindern, dass Feuchtigkeit in die Fugen eindringt und eine unerwünschte Eigenlebensdauer im Unterboden entwickelt.
Auch Böden mit einem mineralischen Kern, der aus einer Kombination Gesteinsmaterialien und Polymeren bestehen kann, reklamieren für sich eine 100-prozentige Wasserfestigkeit, wie beispielsweise die "Amaron"-Böden des polnischen Anbieters Dekora . Dessen Claim "Schön wie Holz, praktisch wie Keramikfliesen" gibt einen weiteren Trend vor: Designbeläge werden zunehmend als praktische, weil schnell und staubfrei zu verlegende, Alternative für keramische Fliesen auch in Feucht- und Nassräumen ins Spiel gebracht.
Trend IV: Einfach und schnell
Damit sind wir bei einem weiteren Trend, der sich mit "schnell zu installieren und einfach zu handhaben" beschreiben lässt. Beispielhaft sei hier das neue werkzeuglos montierbare Clipsystem "Clipstar fast" für Stecksockelleisten der Karl Pedross AG genannt, das die Montagezeiten deutlich reduziert. Der Südtiroler Hersteller hat das unsichtbare Befestigungssystem zum Patent angemeldet.
Unilin präsentierte eine neue leimlose Verriegelungstechnologie für die Verlegung von Fischgrätmustern. Dank der neuen Technologie soll es künftig nur noch einer Paneelart bedürfen. AB- oder Links-Rechts-Paneele gehörten damit der Vergangenheit an. Für die Branche bedeute das laut Hersteller künftig lediglich eine Bestellnummer und somit ein einfaches Produzieren, Versenden, Lagern und Verkaufen.
Trend V: Eicheoptiken
Was die optischen Trends anbelangt, ändert sich in diesem Jahr so gut wie nichts. Bei Designbelägen, aber auch Laminat, gilt: In ist Eiche in allen Nuancen der Natur, auch mit optisch unverändert belassenen Schönheitsfehlern wie Ästen und breiterem Farbspiel. Bei Steindekoren behauptet sich die ganze Palette der Grautöne, und im Kontrast dazu die farbenfrohen Zusammenstellungen der portugiesischen Fliesen.
Andere Themen im dekorativen Bereich sind umlaufende lackierte Fasen, Nadelholzoptiken oder der spannende „Fusion“- Versuch, innerhalb eines Sortiments systematisch Holz- und Steinoptik für gemeinsames Verlegen miteinander zu kombinieren. Die Farbtendenzen bei Hölzern lassen sich am ehesten so beschreiben: weniger gelblich, mehr tabakfarben, mehr weißliche Töne, insgesamt ein naturbelassener Eindruck.
Die Formate der einzelnen Bodenmodule bestimmen nicht nur die technische Seite der Installation, sondern auch die Optik des fertig verlegten Bodens im Raum. Klassische Dielenformate bewegen sich im Bereich von ca. 1.200 x 180 mm, aber es gibt für Böden mit Holzoptik einen deutlichen Trend zu breiteren und längeren Dielen, bis hin zu 200 cm und mehr.
Dem bei MMF-Böden angestammt höheren Anteil der Stein- und Betonoptik werden Fliesenformate gerecht, die sich in Kategorien von 300 x 600 mm bis zu 900 x 450 mm bewegen. In einigen Märkten beträgt der Anteil von Fliesen- und Steindekoren bereits mehr als 30 Prozent.