Das Stimmungsbild ist unscharf. Vom Umsatzplus im Großhandel über das gedämpfte Konsumklima hin zur erlahmten Nachfrage im privaten Wohnungsbau gibt es viele Schattierungen.
Die Branche ist gespalten
Wer sich am Branchenporträt versucht, kann die grellen Farben also erst mal weglegen. Durch ganz unterschiedliche Situationsberichte ergibt sich ein differenziertes, ja verwaschenes Bild. Beispiel Boris Alexander Gruber, Geschäftsführer des Fachverbands Fußbodenbau in Baden-Württemberg: „Durch den niedrigsten Stand seit dem Zweiten Weltkrieg bei den Wohnungsbaugenehmigungen leiden Firmen, die seit Jahrzehnten hier ihren Schwerpunkt haben und nicht schnell genug auf diese Entwicklung reagieren, unter einem ruinösen Preiskampf. Deshalb predigen wir die Hinwendung zur Sanierung.“
Doch ungeachtet dessen lassen die Handwerker Geschäft liegen. Der Versuch des Verbands, gemeinsam mit einem namhaften Hersteller bei den Estrichlegern eine Initiative für nachgefragte Fertigteilestriche zu starten, hat offenbar nur wenige angesprochen. Gruber: „Unser Marketingkonzept, das eine dreitägige Weiterbildungsmöglichkeit umfasste, ist gefloppt. Zwei, drei Firmen haben sich überzeugen lassen und verdienen jetzt damit Geld.“ Der Rest überlässt das Feld weiterhin Schreinern oder Trockenbauern – und taucht damit auf der falschen Seite der Statistik auf.
Hopp oder Topp
Denn Wolfgang Bux, Geschäftsführer der Bayerischen BauAkademie und zwischenzeitlich auch der Bundesfachschule Estrich und Belag, hatte es schon am Rande der von ihm organisierten Estrich-Parkett-Messe in Feuchtwangen auf den Punkt formuliert: „Einige gehen voran und verdienen gut, viele lehnen sich zurück und leben schlecht.“ Das deckt sich mit den Ergebnissen der Online-Umfrage von boden wand decke : Während 43,9 Prozent der teilnehmenden Betriebe angaben, es gehe ihnen sehr gut oder gut, sagten 56,1 Prozent der Anbieter, die Situation sei einigermaßen oder schlecht. Übrigens: Beim Bodenbelag sieht Fachverbandsgeschäftsführer Gruber die Situation positiver: „Hier haben wir Zuwächse zu verzeichnen, während beim Estrich ein Rückgang zu erkennen ist.“
Tatsächlich meldet der Bundesverband Großhandel Heim und Farbe (GHF) fürs erste Halbjahr wachsende Umsätze bei textilen und elastischen Belägen (jeweils 10,7 Prozent), aber auch bei Parkett/Laminat (8,0), Kleber und Spachtelmassen (8,8) sowie Zubehör (13,5) – Tendenz fast ausnahmslos steigend. Und auch die Malerartikel Lackfarben (2,1), Dispersionsfarben und Putze (13,0), WDVS (21,7) und das entsprechende Zubehör (6,2) legten zu. Hier wird scheinbar weiteres Potenzial gesehen. So hat gerade die bundesweit engagierte Schlau-Gruppe das Hannoveraner Großhandelshaus Müller & Dintelmann übernommen, um Kunden in den Auslieferungsgebieten der spezialisierten Malermärkte besser bedienen zu können.
Auch Wirtschaftsbau unter Druck
Das andere große Thema bleibt das Objektgeschäft. Branchentreffs wie jüngst die Raumausstattermesse Comfortex mit ihrem Angebotsschwerpunkt haben längst darauf reagiert, dass hier scheinbar noch etwas zu holen ist. Doch Vorsicht: Auch hier währt der Erfolg wohl nicht ewig. So hat der Hauptgeschäftsführer des Hauptverbands der Deutschen Holz und Kunststoffe verarbeitenden Industrie (HDH) und des Verbands der Deutschen Möbelindustrie, Dirk-Uwe Klaas, seine Mitglieder nach der völlig erlahmten Nachfrage im privaten Wohnungsbau nun auch beim Wirtschaftsbau vor einem konjunkturbedingten Rückgang gewarnt und fürchtet für das Holzgewerbe noch bis Jahresende einen weiteren Umsatzrückgang (nach einem Minus von 2,5 Prozent im ersten Halbjahr) von zweieinhalb bis drei Prozent.
Das Bild von der Situation in der Branche könnte also doch bald Konturen bekommen: Hier die leistungsfähigen und auf die Sanierung spezialisierten Anbieter, die auch dank guter Kontakte in der Großfläche ebensolche Geschäfte machen; hier kleine, oftmals nur sehr eingeschränkt wandlungsfähige Handwerksbetriebe, die es ohne Bereitschaft zur Veränderung künftig noch schwerer haben werden.
Bodenbeläge im ObjektZahlen aus der BaubrancheDie Holzindustrie ächzt