bwd im Gespräch Matthias Danzl, Vertriebsleiter Fußboden international, Egger Retail Products Die 2,90-Euro-Aktionen sind vorbei

Mehr als 20 Prozent der Fußbodenfläche werden in Deutschland heute mit Laminat belegt. Ist der Zenit überschritten? bwd sprach mit Egger-Vertriebsleiter Matthias Danzl über die Perspektiven in einem Markt mit gigantischen Kapazitäten.

Im Mittelpunkt des Redaktionsbesuches stand die Vorstellung der neuen Floorline-Kollektion von Egger. Produktmanagerin Michaela Huber, Vertriebsleiter Matthias Danzl und Unternehmenssprecherin Christina Werthner (v.l.n.r.). - © Heinze

Die 2,90-Euro-Aktionen sind vorbei

bwdHerr Danzl, wie viel Quadratmeter Laminatfußboden wird Egger 2008 produzieren?

DanzlRund 65 Millionen Quadratmeter, 50 Millionen am Standort Wismar und 15 Millionen am Standort Brilon.

bwdSind damit die Kapazitäten ausgelastet?

DanzlWismar ist gut ausgelastet. In Brilon installieren wir gerade eine zweite Endfertigungsanlage, die unsere Kapazitäten dort auf 30 Millionen Quadratmeter verdoppeln wird.

bwdEgger rechnet also weiterhin mit starken Zuwachsraten im Laminatfußbodenbereich?

DanzlWir beziffern den Markt in Westeuropa derzeit auf rund 300 Millionen Quadratmeter. Osteuropa sehen wir bei etwa 130 Millionen Quadratmeter. Für Westeuropa rechnen wir bis 2010 mit jährlichen Wachstumsraten zwischen vier und fünf Prozent. In Osteuropa liegt dieses Wachstumspotenzial im Schnitt sicher bei neun Prozent, wobei man hier zunehmend differenzieren muss. Es gibt Länder, in denen sich das Wachstum deutlich verringert hat. Aber in Ländern wie Russland, Rumänien, Bulgarien und Polen legen wir immer noch zweistellig zu.

bwdAsien und Amerika spielen für Egger keine Rolle?

DanzlWir verkaufen auch nach Übersee, aber bedingt durch unsere Produktionsstandorte fokussieren wir die europäischen Märkte. Das wird auch mittelfristig so bleiben.

bwdEgger beliefert die europäischen Märkte ausschließlich von Brilon und Wismar aus.

DanzlGenau. Wir verfügen in den deutschen Werken über genügend Kapazitäten. Wir sind davon überzeugt, dass Technologie und die Effizienz bei der Laminatfußbodenproduktion in einem Werk höher zu bewerten sind, als absolute Marktnähe.

bwdIst diese Philosophie nicht viel mehr der Tatsache geschuldet, dass Egger in Wismar nach dem Ausstieg Tarketts dauerhaft Kapazitäten auslasten muss?

DanzlDie Tatsache, dass wir das Joint Venture mit Tarkett beendet haben, hat uns natürlich zusätzliche Kapazitäten verschafft. Es ist nur sinnvoll dort Laminatfußböden zu produzieren, wo man voll integriert ist. Sollten wir irgendwann einmal an osteuropäischen Standorten eine MDF/ HDF-Fertigung besitzen, kann die Laminatfußbodenproduktion dort durchaus eine Überlegung wert sein. Wir glauben aber, dass der Standort Deutschland dafür nach wie vor am besten geeignet ist.

bwdDas müssen Sie genauer erklären.

DanzlDer Einstieg in die Direktdrucktechnologie verspricht beispielsweise aus unserer Sicht nur in einem angestammten Werk Erfolg. Wir haben uns damals ganz bewusst für Brilon entschieden. Hier verfügen wir über das nötige Know-how der Mitarbeiter und die Technologie, Prozesse sensibel zu steuern. Wir beziehen die HDF-Platten direkt aus dem dortigen HDF-Werk und bedrucken diese mit entsprechenden Oberflächen und Dekoren. Versiegelt wird die Oberfläche mittels einer speziellen Lacktechnologie, über die wir in Brilon verfügen.

bwdDas hört sich effizient an.

DanzlDie Effizienz der Produktionstechnologie ist der Grund dafür, dass wir in Brilon in erster Linie Produkte für das Einstiegs- und Mittelsegment herstellen. Wir arbeiten in Brilon mit einer schlanken Dekorpalette. Dekor-, Format- und Oberflächenvielfalt sind der Produktion in Wismar vorbehalten. Die klassische Beschichtungsvariante bietet dafür die größte Flexibilität.

bwdDeutschland als Produktionsstandort ist die eine Seite der Medaille, Deutschland als Absatzmarkt die andere. Hat der Laminatverbrauch in Deutschland den Zenit überschritten?

DanzlSeit fünf Jahren sprechen wir davon, der Zenit sei erreicht, und erleben dann doch immer wieder Wachstum. Der Laminatfußbodenabsatz liegt inzwischen in Deutschland bei 90 Millionen Quadratmeter, der Verbrauch bei schätzungsweise 80 Millionen. Laminat ist aktueller den je. In Zeiten schrumpfender Nettoeinkommen greift der Verbraucher zu einem Produkt, das etwas günstiger ist, aber gleichzeitig Wertigkeit bietet. Dazu kommt die Schnelllebigkeit unserer Zeit. Der Laminatboden ist unter modischen Gesichtspunkten auch der Boden für kürzere Nutzungszeiten.

bwdDann geht der Löwenanteil der Laminatfußböden weiterhin in den DIY-Bereich?

DanzlWir verfolgen eine klare Differenzierung der Vertriebskanäle. Wir unterscheiden klar zwischen dem traditionellen Absatzkanal Großhandel/Fachhandel und der DIY-Schiene.

bwdProzentual heißt das für Egger auf Deutschland bezogen?

DanzlIn Deutschland unterscheiden wir speziell einstufige und zweistufige Systeme. Einstufige Systeme, also Großfläche und industriefähiger Einzelhandel, machen 65 Prozent aus, wobei die großen Baumarktgruppen dominieren. Die restlichen 35 Prozent verteilen sich auf den klassischen Bodenbelaggroßhandel und den Holzgroßhandel.

bwdIm Baumarkt ist Egger mit Megafloor vertreten.

DanzlJa, Megafloor ist meistens als Zweitmarke neben dem eigengelabelten Volumenprodukt positioniert.

bwdHinter dem Volumenprodukt, sei es No Name oder Eigenmarke, kann sich aber auch Egger verbergen.

DanzlWarum nicht?

bwdWie hoch ist der Anteil der Egger-Produkte, die im Handel die Marke Egger nicht mehr tragen?

DanzlIn Deutschland ungefähr 55 Prozent.

bwdWas bedeutet das für die Wertschöpfung?

DanzlDie Situation hat sich in den letzten Jahren stark verändert. Die 2,90-Euro-Aktionen sind aus der Großfläche fast gänzlich verschwunden. Sie machen ja auch für niemanden Sinn. Laminat ist nicht mehr das reine Aktionsprodukt. Die Zeiten sind vorbei, wo Laminatfußböden auf den Titelseiten der Prospekte abgebildet waren und die Leute dann in den Baumarkt geströmt sind. Wenn Baumärkte ihr Marketingbudget dazu verwenden, Produkte zu stützen, macht das irgendwann keinen Spaß mehr. Viele Baumärkte versuchen heute clevere Konzepte aufzustellen, mit denen sie Geld verdienen. Das sind unsere Partner.

bwdDie Durchschnittspreise sind bei Laminat also wieder gestiegen?

DanzlWir produzieren Qualitätsprodukte und können diese dem Baumarkt nicht günstiger anbieten als Großhandelsstrukturen. Umgekehrt sind unterschiedliche Vertriebswege heutzutage normal. Wir sind in der deutschen Großhandelsszene nahezu überall gelistet. Unsere Großhandelskunden können aber damit umgehen, dass wir den Baumarkt als Abnehmer nicht komplett links liegen lassen.

bwdIm Augenblick führen Sie die neue Floorline-Kollektion ein, die ausschließlich dem traditionellen Fachhandel vorbehalten ist.

DanzlExakt. Die Floorline-Kollektion geht 2009 in die fünfte Auflage und ist unser Flagschiff für den Fachhandel. Das Konzept der neuen Floorline, nämlich als erste Kollektion alle Laminatbodenvarianten von der Kleindiele über das Klassikformat bis hin zum Kingsizeformat in einem Paket abzubilden ist neu. Wir sprechen von 75 Produkten mit 25 neu entwickelten Dekoren, sieben Oberflächenstrukturen und vier Formaten.

bwdAb wann ist Floorline im Handel verfügbar?

DanzlAb September 2008.

bwdHerr Danzl, vielen Dank für das Gespräch.


Mit Matthias Danzl sprach bwd-Chefredakteur Stefan Heinze anlässlich eines Besuches in der Redaktion boden wand decke.