Großhandelsverband Heim & Farbe Sitzung der Interessengemeinschaft Boden Frauen als Krisenretter

Die Signallämpchen der Teppichbodenbranche blinken: Die Deutschen wünschen sich Designbeläge für ihr Zuhause, gerne auch Parkett - doch immer seltener textile Beläge. Welche Wege aus der Misere führen, darüber diskutierten Großhändler und Vertreter der Textilindustrie in Heppenheim.Frauen als Krisenretter Die Teppichbodenbranche leidet. Wie brisant die Lage bereits ist, zeigen die aktuellen Zahlen des Großhandelsverbands Heim & Farbe (GHF). So konnten im ersten Quartal 2010 alle Bodenbeläge ein Umsatzplus verbuchen (siehe Grafik). Alle, bis auf eine Bodenart: textile Beläge. »Wir haben gewaltige Aufgaben vor uns.«“ Dirk Steinhoff, Vertrieb Norddeutsche Teppichfabrik Bereits im Vorjahr ging der Umsatz der Textilen um mehr als ein Prozent zurück - im ersten Quartal 2010 aber blieben diese Beläge mit einem Minus von 4,6 Prozent deutlich abgeschlagen hinter den Großhandelsverkaufszahlen anderer Belagarten zurück. Der Trend zu elastischen Belägen, darunter allen voran Designbeläge, verstärkte sich deutlich, die Absatzzahlen von Parkett mit einem leichten Plus von 1,8 Prozent blieben im Großhandel stabil. Vor diesem Hintergrund verwundert es also nicht, dass sich die Gespräche der Interessengruppe Boden im GHF, die sich Ende Mai beim Farbenspezialisten hawo in Heppenheim traf, vor allem auf die eine Frage zuspitzten: Was tun, um textilen Belägen zu einem neuen Aufschwung zu verhelfen? In einem waren sich die Anwesenden aus Industrie und Handel schnell einig: Eine Belebung der Verkaufzahlen müsse mit einem Imagewandel des Teppichbodens einher gehen. „Das Produkt Teppichboden ist immer noch negativ besetzt“, sagte Robert Horst von der Großhandelsgesellschaft Jordan. Staubfänger, schwer zu reinigen, altbacken - mit diesen haltlosen Vorurteilen müsse man beim Endverbraucher aufräumen. »Teppichboden ist immer noch negativ besetzt.«“ Robert Horst, Jordan Wernfried Fesenberg von der Schlau Heimtex Einkaufs GmbH, zu der die Hammer-Fachmärkte gehören, sieht bei der Vermarktung von Teppichböden eine zu starke Konzentration auf technische Facetten. Sein Credo lautete daher: „Textil ist in Mode - das müssen wir auch so vermarkten.“ Die Werbestrategen sollten sich auf weibliche Kunden konzentrieren, da Frauen bekanntlich häufig die Kaufentscheidungen für die Innenraumgestaltung treffen (vgl. Interview Seite 9). »Der Teppichboden braucht eine neue Faszination.« Claus Hoffmann, Rigromont GmbH Das weibliche Geschlecht umwerben und dem Teppichboden ein frischeres Image verpassen: Dass beides notwendig ist, um den Teppichboden wieder nach vorne zu bringen, darüber herrschte zwischen Großhändlern und den Vetretern der Textilindustrie Konsens. Einig waren sich die Anwesenden auch in ihren Erwartungen an ein zeitgemäßes Image und dessen Vermarktung: Mehr Emotion, mehr Farben, mehr Begeisterung - diese Formel fand von allen Seiten Zustimmung. Ohnehin habe man in Sachen Image in der Vergangenheit schlicht zu wenig getan. „Teppichboden braucht eine neue Faszination“, sagte Claus Hoffmann von der Rigromont GmbH und brachte damit die gemeinsamen Bestrebungen der Teilnehmer auf den Nenner. Bei der Umsetzung dieses Ziels gingen die Meinungen allerdings auseinander. Einige Vertreter des Großhandels äußerten den Wunsch, die Marketingbudgets der Industrie zu bündeln, um groß angelegte Imagekampagnen für das Produkt Teppichboden zu starten. Damit solle ein Imagewandel angestoßen werden, der Kaufanreize unter anderem für die Zielgruppen junge Familien und Senioren biete. „Das können wir im Handel nicht alleine leisten“, insistierte Robert Horst von Jordan. »Textil ist Mode. Das müssen wir auch so vermarkten.« Wernfried Fesenberg, Schlau Heimtex Einkaufs GmbH Die Teilnehmer der Industrie regten an, dass das Verkaufspersonal im Großhandel verstärkt auf die Vorteile von Teppichböden geschult werden müsse. Damit würde zum einen eine nach Zielgruppen austarierte Verkaufsberatung möglich sein - etwa sollten junge Familien darauf aufmerksam gemacht werden, dass Kinder auf Teppichböden laut wissenschaftlicher Studien schneller laufen lernen. Zum anderen könne so die Begeisterung zum Teppichboden beim Verkaufspersonal wieder neu aufleben - welche die Verkäufer dann an ihre Kunden weitergeben. Dieser Punkt fand auch beim Großhandel Zuspruch. „Wir müssen uns wieder mehr beigeistern“, pflichtete Hoffmann bei. Doch nicht nur das Ansehen des Teppichbodens beim Endverbraucher, auch das Verhältnis von Großhandel und Discounter stand auf der Agenda der Tagung. Freilich auch das kein neues Thema - so kam man denn auch schnell überein, dass es Unterschiede in der Preispolitik der einzelnen Vertriebsschienen wohl immer geben werde. Doch vertraue man hier auf den gesunden Menschenverstand der Kunden. So können die meisten, die einen Handwerker beauftragen, den damit verbundenen Preis nachvollziehen, weil sie die Dienstleistung zu schätzen wissen. »Die Preisschere zwischen Großhandel und Discounter ist ein Problem.« Karl-August Siepelmeyer, Bundesverband Farbe und Gestaltung Problematischer als die Preisschere zwischen Großhandel und Discounter - mit der bekanntlich auch andere Branchen zu kämpfen haben - beurteilten einige Teilnehmer die Tatsache, dass ein und derselbe Teppichboden über alle Vertriebswege zu erhalten ist. „Die Industrie sollte ihre Erzeugnisse selektiv an einzelne Vertriebsschienen verkaufen“, forderte Karl-August Siepelmeyer vom Bundesverband Farbe, Gestaltung, Bautenschutz. Am Ende lieferte die Sitzung keine Antworten, die sich schnell umsetzen ließen, und freilich auch keine endgültigen Lösungen. Gleichwohl blieb auf beiden Seiten die Erkenntnis, dass die Ziele von Großhandel und Industrie so unterschiedlich nicht sind. „Wir wollen textile Umsätze“, fasste GHF-Vositzende Eberhard Liebherr von Lotter & Liebherr zusammen. Und um das zu erreichen, wolle man laut GHF-Geschäftsführer Jürgen Wagner auch in Zukunft noch „dichter zusammrücken“. Elisabeth Göpel elisabeth.goepel@holzmann-medien.de

Großhandelsverband Heim & Farbe Sitzung der Interessengemeinschaft Boden Frauen als Krisenretter

Bleiben Sie informiert

Sie möchten schon gehen? Das ist schade.