Im Gespräch Susanne Klaproth, Direktor Deutsche Messe AG Nach der Messe ist vor der Messe

Rekorde in Hannover und Shanghai, eine beachtenswerte Premiere in Dubai. Mit der Domotex besitzt die Deutsche Messe AG inzwischen international eine starke Marke. Im Gespräch mit ’bwd‘ erläutert Susanne Klaproth den Stellenwert der einzelnen Standorte. Gibt es noch weiteres Wachstumspotenzial?Nach der Messe ist vor der Messe bwdDie Domotex 2007 wirft ihre Schatten voraus. Erwartet uns wieder eine Rekordmesse? KlaprothDie Vorzeichen für die kommende Veranstaltung sind ausgesprochen positiv. Wir haben uns etwa 1300 Aussteller zum Ziel gesetzt, die eine Fläche von 90.500 Quadratmeter belegen sollten. Hinsichtlich der Internationalität wünschen wir uns das Niveau von 2006, was bedeuten würde, dass 75 Prozent der Aussteller aus dem Ausland kommen. Der aktuelle Anmeldestand, wenige Wochen vor der Veranstaltung, verheißt, dass wir unser Ziel erreichen werden. Die Stimmung insgesamt ist positiv, wobei es in einigen Teilbereichen auch durchaus negative Tendenzen gibt. Im Bereich der klassischen Orientteppiche ist die Absatzsituation im Moment eher schwierig. bwdZeichnen sich für 2007 besondere Angebotsschwerpunkte ab? KlaprothSpeziell der textile Bereich wird auf der kommenden Domotex sehr gut vertreten sein, vom maschinell gefertigten Teppich bis hin zum Teppichboden. Daneben gibt es ein sehr breites Angebot an Parkett und Laminat. Bei der Verlegetechnik zeichnet sich, verglichen mit der Domotex 2005 – wir vergleichen hier im Zweijahresrhythmus –, ein umfangreicheres Ausstellerangebot ab. bwdDas erstaunt, denn Sie befinden sich ja 2007 wieder im Wettbewerb mit der Bau, wo die Hersteller von Verlegewerkstoffen inzwischen deutlich Flagge zeigen. KlaprothDas ist richtig, aber es ist uns über die Jahre gelungen, den Angebotsbereich der Verlegewerkstoffe auch in den ungeraden Jahren, wenn die Bau in München stattfindet, zu stabilisieren und sogar den einen oder anderen Neuaussteller zu akquirieren. Die Firmen erkennen, dass sie das internationale Geschäft, das Exportgeschäft, eben besser auf der Domotex abdecken können. bwdSie werden 2007 auch Klebstoffhersteller in den Reihen der Aussteller haben? KlaprothWir haben einige Klebstoffanbieter dabei, aber leider ist dieser Ausstellungsbereich nicht so vollständig, wie wir ihn uns wünschen würden. bwdAls Messegesellschaft unterliegen auch Sie den Marktgesetzen mit ihrem Zwang zu stetem Wachstum. Hat die Domotex überhaupt noch Wachstumspotenzial? KlaprothDie diesjährige Veranstaltung hat gezeigt, dass Wachstum möglich ist. Man muss aber sagen, dass wir bei einer Größe von 12 Hallen und über 90.000 Quadratmeter Nettoausstellungsfläche schon eine beachtliche Größe erreicht haben. Unsere Aufgabe als Messeveranstalter besteht darin, sehr aufmerksam den Markt zu beobachten und zu sichten, wo sich neue Themen auftun, die wir für die Domotex gewinnen können. bwdAn was denken Sie dabei? KlaprothAn die Bereiche der Anwendungs- und Verlegetechnik beispielsweise oder das Segment der Oberflächenbehandlung für verschiedene Bodenbeläge, Parkett und Holzböden. Wir sehen natürlich auch, dass wir in den Wachstumsregionen wie Osteuropa noch weitere Aussteller gewinnen können. bwdDas floorforum, ursprünglich als Plattform für den hochwertigen textilen Belag konzipiert, ist nahezu ausschließlich Schauplatz für abgepasste Teppiche geworden. Halten Sie an dem Konzept fest? KlaprothJa, das floorforum hat sich mittlerweile gut etabliert. Wir werden 2007 eine ähnliche Ausstellerzahl wie in den letzten Jahren haben, die sich in der Tat sehr stark dauf den modernen, handgefertigten Teppich fokussieren. Im floorforum werden unter der Federführung von Ulf Moritz erneut Trendthemen visualisiert. Wir gehen sogar in diesem Jahr noch einen kleinen Schritt weiter und werden dem Besucher ein kleines Booklet an die Hand geben, das es ihm ermöglicht, die gezeigten Trends im Tagesgeschäft leichter umzusetzen. bwdDen klassischen Teppichbodeninspirationen bleiben im floorforum aber Mangelware? KlaprothLeider hat sich bei den Teppichbodenherstellern der Gedanke des floorforums nicht so durchsetzen lassen, wie wir anfangs gehofft und gewünscht hatten. Man muss das realistisch sehen. Mittlerweile haben die Teppichbodenfirmen ihre angestammte Präsentationsform und ihren Präsentationsstandort auf der Domotex gefunden. Ich denke, wir sind schon aufgefordert, mittelfristig über eine Weiterentwicklung des Konzeptes floorforum mit den beteiligten Firmen nachzudenken. Wir dürfen nicht vergessen, es ist ja keine Initiative der Deutschen Messe AG, sondern eine Ausstellerinitiative. Insofern sind auch die beteiligten Aussteller diejenigen, die über Konzepte und Inhalte zu entscheiden haben. bwdDie contractworld zielt als Messe in der Messe auf die Zielgruppe der Architekten. Sind Sie mit der Entwicklung zufrieden? KlaprothDie contractworld ist ein Traditionsbestandteil der Domotex, der sich in den letzten Jahren positiv entwickelt hat. Wir verzeichnen Akzeptanz nicht nur auf der Besucherseite, bei Architekten und Innenarchitekten, sondern auch bei den klassischen Domotex-Ausstellern, die uns anfänglich durchaus mit Skepsis begegnet sind und jetzt erkannt haben, dass die contractworld ein guter und wichtiger Baustein ist, um das Objektgeschäft abzubilden. Unser Ziel ist es, diesen Ausstellerkreis zu erweitern. Wie Sie wissen, arbeiten wir auch an dem Thema keramische Fliesen und da zeigen sich jetzt auch erste Erfolge. Wir werden 2007 eine Reihe ausländischer Fliesenanbieter dabeihaben. bwdIst es nicht in vielen Fällen so, dass der eine oder andere durchaus große Hersteller über die contractworld günstig in Hannover Flagge zeigen kann, weil er im Gegenzug auf einen repräsentativen Stand in einer anderen Halle verzichtet? KlaprothFür uns zählt nicht allein die Größe der Präsentation, sondern Qualität geht vor Quantität. Deshalb ist es für uns wichtig, dass wir die wichtigsten oder auch die marktführenden Unternehmen als Aussteller auf der Domotex dabeihaben. Ob das in einem Jahr mal eine etwas größere Präsentation ist und im nächsten Jahr eine etwas kleinere, das ist für uns nicht der Maßstab. Wir wollen als Weltleitmesse wirklich das komplette Spektrum auch international abbilden. bwdWelche Sonderschauen sollte ein Handwerker besuchen, wenn er auf die Domotex kommt? KlaprothDas Handwerk ist eine Zielgruppe, die für uns Messemacher seit einigen Jahren ganz besonders im Fokus steht. Und es ist eine Zielgruppe, die auf der Domotex von Jahr zu Jahr zunimmt. Mit der Domotex-Werkstatt und vor allem aber mit dem Forum Handwerk, das wir vor drei Jahren zusammen mit ’boden wand decke‘ ins Leben gerufen haben, machen wir dem Handwerker deutlich: Die Domotex ist nicht nur eine reine Handelsmesse, sondern auch eine Veranstaltung für den Praktiker. Der Europäische Team-Verlegewettbewerb, mittlerweile sind sechs Länder dabei, rundet auch 2007 dieses Angebot ab. bwdVerliert die Messe im Umkehrschluss auch angesichts der starken Konsolidierungstendenzen im Handel an Attraktivität? KlaprothNein, überhaupt nicht. Die Domotex spielt für den deutschen Handel nach wie vor eine sehr, sehr große Rolle, wenngleich sich zugegebenermaßen auf der Handelsseite die Anzahl der Einkäufer in den letzten Jahren deutlich reduziert hat. Unabhängig davon ist die Domotex der einzige Treffpunkt, wo man das komplette Angebot sieht. bwdMit Blick auf die Verlegewerkstoffe trifft dies 2007 wohl eher auf die Messe Bau in München zu. Gibt es Bestrebungen, die aus unserer Sicht unglückliche Terminüberschneidung zwischen Domotex und Bau in Zukunft aufzuheben? KlaprothDie Terminüberschneidung mit der Bau in München ist, da gebe ich Ihnen Recht, nicht zufriedenstellend. Wir hatten unsererseits die Initiative ergriffen, um eine Terminentzerrung herbeizuführen. Dies ist leider gescheitert, da uns die Messegesellschaft München zum Ausdruck gebracht hat, dass eine Verlegung der Bau um einige Tage für sie nicht in Frage käme aufgrund anderer Veranstaltungen, die im Anschluss stattfinden. Wir bedauern dies sehr, sowohl die Aussteller als auch Besucher hätten diese Entzerrung sicherlich sehr begrüßt. bwdMit Blick auf die internationalen Märkte behaupten Sie selbstbewusst, die Domotex ist längst selbst zum Exportschlager geworden. KlaprothWir haben 2001 begonnen, die Domotex Asia Chinafloor in Shanghai durchzuführen, und das ist eine nahezu einmalige Erfolgsgeschichte, auf die wir zurückblicken können. Das liegt natürlich auch an dem boomenden chinesischen Markt. Wir haben Zuswachsraten zwischen 40 und 50 Prozent sowohl auf Ausstellerseite als auch flächebezogen. Wir haben gemeinsam mit der Messe München und der Messe Düsseldorf sowie chinesischen Partnern das Messegelände Shanghai gebaut und insofern war nahe liegend, unsere eigenen Veranstaltungen dort zu etablieren. bwdDie Chinesen, am Anfang kooperieren sie, dann kopieren und irgendwann machen sie es alleine. Ist nicht zu befürchten, dass die Deutsche Messe bald zum Juniorpartner degradiert wird? KlaprothDas sehe ich nicht so. Gerade mit dem Joint Venture, das wir für die Domotex Asia eingegangen sind, sind wir sehr gut aufgestellt. Wir haben im Moment eine sehr gute Basis, in China weiterhin zu wachsen. bwdDie Domotex Asia gilt inzwischen als größte Parkettmesse der Welt. Bedeutet das nicht eine Konkurrenzsituation zur Domotex, die ja immerhin mit dem Anspruch antritt, weltweit die führende Bodenbelagsmesse zu sein? KlaprothWenn wir die Ausstellerstrukturen der beiden Messen vergleichen stellen wir fest, dass in Hannover 75 Prozent der Aussteller aus dem Ausland stammen. Auf der Domotex Asia sind 85 Prozent der Aussteller chinesische Aussteller. Es gibt zwischen Hannover und Shanghai nur eine ganz geringe gemeinsame Schnittmenge bei den Ausstellern. Die Domotex Asia ist eine chinesische Messe für den chinesischen Markt. Wir wollen uns mit den Messen nicht gegenseitig kanibalisieren. Unsere Strategie sieht vor, dass wir pro Kontinent nur eine Messe veranstalten wollen und das immer unter dem Aspekt, dass die Weltleitmesse in Hannover verbleiben soll. bwdSeit diesem Jahr sind Sie mit der Domotex Middle East in der aufstrebenden Golfregion vertreten. War diese Engagement von langer Hand vorbereitet? KlaprothWir haben vor zwei Jahren begonnen, uns intensiv mit dem Marktpotenzial in dieser Region zu beschäftigen. Das war für uns komplettes Neuland. Das Messewesen ist in der Region Dubai bisher noch nicht so ausgereift, wie wir es in Europa oder speziell in Deutschland kennen. Es gibt zwar eine Reihe von Messen in der Region, die sind in der Regel aber sehr breit aufgestellt. Es war eine Chance für uns, dort mit einer reinen Fachmesse in den Markt einzusteigen. bwdIst die Premiere gelungen? KlaprothJa, es ist sehr gut gelaufen und ich möchte mich bei der Branche und bei den Ausstellern bedanken, die uns das Vertrauen geschenkt haben. Wir sind angetreten mit einer Idee und dem Versprechen: Wir bieten die Möglichkeit für einen Einstieg in neue Märkte. Natürlich gibt es noch Optimierungsberdarf. Man darf nicht vergessen, wir hatten letztlich nur acht Monate Vorbereitungszeit für eine völlig neue Veranstaltung in einer neuen Region mit neuen Partnern auf einem uns noch nicht vertrauten Messegelände. Wir wissen, dass noch ein längerer Weg vor uns liegt, um die Domotex Middle East weiter aufzubauen und zu festigen. bwdPlanen Sie weitere Standorte für Domotex-Ableger? KlaprothWir beobachen wie gesagt die Entwicklung der Märkte und blicken aufmerksam in mögliche weitere Wachstumsregionen. Konkrete Planungen gibt es aber, was die Domotex anbelangt, derzeit nicht. bwdWas würden Sie einem Unternehmen aus der Fußbodenbranche raten, das Ambitionen hat, in China oder im Mittleren Osten die Fühler auszustrecken? KlaprothEine Messebeteiligung in den entsprechenden Regionen ist eine gute Möglichkeit, um den Markt kennen zu lernen. Auf der anderen Seite muss man an eine Erstbeteiligung mit realistischen Erwartungen herangehen. Einige Firmen glauben, ich gehe einmal auf eine Messe und dann läuft das Geschäft. Die Erfahrung zeigt jedoch, dass man einen längeren Atem mitbringen muss. Zwei bis drei Jahre muss man schon auf einer Messe präsent sein, damit sich Vertrauen aufbaut. Daneben halten wir es für ganz wichtig, dass man sich sehr intensiv mit der Region und mit dem Land auseinandersetzt. Das kann ich wirklich nur jedem empfehlen. Es gibt sehr starke kulturelle Unterschiede in der Herangehensweise, wie Geschäfte angebahnt werden. Man kann sehr viel Porzellan zerschlagen, wenn man es falsch angeht. Wichtig ist auch, dass den Besuchern in diesen Märkten durch eine wertige und Kompetenz vermittelnde Präsentation die Bedeutung und Leistungsstärke des ausstellenden Unternehmens deutlich gemacht wird. bwdBietet die Deutsche Messe diesbezüglich Hilfestellung an? KlaprothFür die Domotex Middle East haben wir in Zusammenarbeit mit der Chamber of Commerce in Dubai ein Seminar angeboten, das darauf vorbereitet hat, wie man einem arabischen Geschäftspartner begegnet. Was darf man man auf gar keinen Fall tun, wie soll der Messestand aussehen, mit welcher Art von Werbegeschenken kann man jemanden ansprechen? Wir haben beispielsweise in Dubai die Erfahrung gemacht, dass der arabische Besucher eingeladen werden möchte, den Stand zu betreten, anderenfalls besteht die Gefahr, dass er zwar vor dem Stand stehen bleibt, von sich aus den Stand aber nicht betritt. bwdDer Laie verbindet mit China viel und billig, mit Dubai Luxus und Exklusivität. Ist das ein Klischee? KlaprothIch glaube, man muss schon differenzieren. In China wird es sicherlich so sein, dass die günstigeren Qualitäten im Moment die größten Chancen haben. Aber das kann sich sicherlich mittelfristig ändern. Das Einkommen zumindest einer Mittelschicht von Chinesen steigt deutlich und damit auch die Erwartungshaltung an das eigene Lebensumfeld. Auf der anderen Seite, in Dubai, wird eben nicht nur teuer verkauft, sondern dort sind nahezu alle Preiskategorien gefragt. Eine breitere Abdeckung findet man so gesehen in Dubai. Mit Susanne Klaproth sprach ’bwd‘-Redakteur Stefan Heinze in München.