Der interessante Schadensfall Verlegerichtung nicht abgesprochen Vom Lohn blieb nicht viel übrig

Arbeiten unter Zeitdruck kann teuer werden: Diese Erfahrung musste ein Parkettlegermeister kurz nach Verlegen eines Ahornbodens machen.Deutlicher Überstand: Da gab’s keine Diskussionen.Vom Lohn blieb nicht viel übrig Bereits während der Arbeit beschlich den Parkettlegermeister ein ungutes Gefühl. Die Qualität des angelieferten Parketts hatte nicht den Erwartungen entsprochen. Unter Termindruck hatte der Handwerker den Landhausdielenboden dennoch verlegt und damit die volle Verantwortung übernommen. Das ungute Gefühl des Verlegers sollte sich bestätigen: Am nächsten Morgen hatte er den aufgebrachten Bauherrn am Telefon: „Überall Stolperkanten, der Lack platzt ab und außerdem liegt der Boden in einer ganz anderen Richtung, als wir es uns vorgestellt hatten.“ Der Kunde verlangte einen neuen Boden. Damit erreichte eine von Beginn an unglückliche Geschäftsverbindung ihren traurigen Höhepunkt. Die ursprünglich ausgesuchte Ware war trotz Zusage nicht rechtzeitig geliefert worden. Der Handwerker konnte den Kunden umstimmen: Statt der gewünschten Eschendielen akzeptierte er einen sofort verfügbaren Ahornboden des gleichen Herstellers. Für eine ursprünglich vereinbarte Verlegeprobe blieb keine Zeit mehr. Die Möbel sollten am nächsten Tag eintreffen, dem Verleger blieb also wenig Zeit. Seine Entscheidung: Er legte den Boden in der Richtung längs zum einfallenden Licht. Dies war gängige Praxis, wenn keine Absprachen vorlagen. Durch die Anleitung des Herstellers erhielt der Verleger ebenfalls keine Unterstützung. Diese war zudem in englischer Sprache verfasst. Während des Verlegens traten neue Probleme auf. Die Passgenauigkeit der Dielen ließ zu wünschen übrig. Der geübte Fachmann hatte erhebliche Schwierigkeiten, die Elemente zusammenzutreiben. Der telefonisch konsultierte Importeur des ostasiatischen Parketts hat seinen Firmensitz über 600 Kilometer von der Baustelle entfernt und verfügt über keinen Außendienst. In drei Wochen könnte jemand in der Nähe sein, um sich den Boden anzusehen, hieß es bedauernd. Also setzte der Verleger auf eigene Verantwortung sein Werk fort. Zwar ergab sich durch das manchmal sehr scharfe Zusammentreiben der eine oder andere Überstand, aber letztendlich war alles innerhalb der großzügigen Toleranzgrenzen, die die DIN 280 Blatt 5 zulässt. Der Handwerksmeister nahm sich vor, den Mehraufwand dem Lieferanten in Rechnung zu stellen. Vor lauter Ärger fiel dem Verleger nicht auf, dass ein Element im leicht ausgefransten Kopfstoßbereich zirka 0,4 Millimeter abfiel und damit für einen erheblichen Überstand sorgte. Doch damit nicht genug: Eine Diele zeigte auf einer pfennigstückgroßen Teilfläche eine glänzende Stelle in der Versiegelung. Diese hatte der Verleger während der Arbeit zwar registriert, ihr aber zunächst keine Bedeutung zugemessen. Im Randbereich „verschwand“ das Element auf geschickte Weise. Mit Stahlwolle und einem Polish machte er anschließend die Fehlstelle unsichtbar. Die leichten Rattermarks in der Decklamellenoberfläche, die er nach Ende der Verlegung bei kritischer Betrachtung im Gegenlicht erkannte, nahm der Verleger gelassen hin. Was sollte er auch tun: Die Möbelpacker hatten ihren Lkw schon vor der Tür geparkt. Nach dem ungehaltenen Anruf des Kunden am nächsten Morgen erschien der Parkettlegermeister umgehend auf der Baustelle. Mit dem Bauherren diskutierte er seine handwerkliche Leistung und die Entscheidung der Verlegerichtung. Die Unruhe des Handwerkers nahm noch zu, als er die Versiegelung sah: In jenen Bereichen, in denen die Möbelpacker schon aktiv gewesen waren, war der Lack in handtellergroßen Stücken abgeplatzt. Die glänzende Grundierung kam zum Vorschein. Der Verleger ahnte angesichts der Kundenforderung nach einem neuen Boden, was auf ihn zukommen würde: Hotelkosten, Nutzungsausfall, Wertminderung und Schadensersatz waren nur einige der Forderungen, die dem Handwerker um die Ohren schlugen. Letztendlich gingen die beiden Kontrahenten aufeinander zu: Ein gemeinsam zu benennender neutraler Gutachter sollte über das weitere Vorgehen kurzfristig entscheiden. Trotz der Unzulänglichkeiten schien dem Bauherren an einer schnellen, unbürokratischen Lösung gelegen zu sein. Der Experte war 48 Stunden später vor Ort. Der stellte zunächst den Sachstand fest: e Der mittig im Raum befindliche Überstand zwischen zwei Parkettelementen von zirka 0,5 Millimeter widerspricht zweifelsfrei den Normen. e Aus den vereinzelt vorhanden Überständen von 0,1 bis 0,15 Millimeter dagegen war kein Mangel abzuleiten. e Die glänzenden Stellen in der Versiegelung wertete der Sachverständige als gravierender. Beim Ortstermin ließ sich durch einen einfachen Gitterschnitt mit einem Taschenmesser und einem abgezogenen Klebeband nachweisen, dass die Haftung der oberen Lackschicht auf der glänzenden Grundierung sehr schwach war. Der Gutachter wertete dies als wesentlichen Mangel, der die gesamte Bodenfläche betrifft. Blieb noch die Frage der Verlegerichtung: „Da gibt es keine Vorgaben in den diesbezüglichen Normen und Vorschriften, abgesehen von holztechnologischen Einschränkungen, die sich aus dem Unterboden oder dem Raumzuschnitt ergeben können. Andererseits ist die Verlegerichtung wichtig, weil sie gestalterisch einen erheblichen Einfluss ausübt“, befand der Experte. Hier wäre eine genaue Absprache zwischen Verleger und Kunden nötig gewesen. Der Sachverständige unterstützte jedoch die Verlegung in Richtung des Lichteinfalls. Der Bauherr hatte in diesem Punkt schließlich ein Einsehen. Das Problem der fehlerhaften Industrieversiegelung gestaltete sich schwieriger zu lösen. Zwei Lösungsansätze boten sich an, zum einen den Boden zu entfernen und durch einen neuen zu ersetzen. Allerdings waren seit der Verklebung gerade einmal 72 Stunden vergangen. Der zweite Lösungsweg: Den Boden abschleifen und neu versiegeln. Bei zuletzt genannter Lösung wäre allerdings aufgrund der eingeschränkten Nutzungsdauer eine Wertminderung von 30 Prozent des Materialwertes zu berücksichtigen. Der Sachverständige legte dem Verleger noch auf der Baustelle nahe, auch Ausfallkosten für die wartenden Möbellieferanten zu übernehmen. Zwei Tage später wurde der Boden abgeschliffen und neu versiegelt. Der Werklohn, den der Handwerker für die 45 Quadratmeter bei der Auftragsannahme ursprünglich eingeplant hatte, war durch die Minderung und die Ausfallrechnung des Möbelspediteurs fast aufgebraucht. Ob sich sein Lieferant nachträglich an der ganzen Sache beteiligt hat, ist nicht bekannt. Die Schadensbehebung führte zum nächsten Streitfall: Beim Abschleifen und Neuversiegeln des Bodens lösten sich einige Decklamellen.