bwd im Gespräch Peter Farber, Geschäftsführer Dura Flooring Systems TWN zur Erfolgsgeschichte machen

Peter Farber verantwortet mit Dura, Besmer, Zoeppritz und TWN vier prominente deutsche Teppichbodenmarken. Im Gespräch mit bwd bilanziert der Marketingexperte 2008 und spricht über die Neupositionierung des Wollspezialisten TWN.

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    Peter Farber ist dabei, die Traditionsmarke TWN neu zu positionieren.
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    Oben Wolle ist gleich Natur. Das sollen die beiden neuen Objektkollektionen von TWN kommunizieren.
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    Rechts Wool Classics bildet den Einstieg in die TWN-Welt.

TWN zur Erfolgsgeschichte machen

bwdHerr Farber, hat Ihnen die viel zitierte Krise 2008 das Geschäft vermasselt?

FarberNein, sicher nicht. Man muss das Jahr 2008 differenziert sehen. Ich bin für zehn Geschäftsfelder meiner vier Marken verantwortlich. Sechs Geschäftsfelder sind in 2008 gewachsen, vier waren rückläufig. verantwortlich. In Summe haben wir aber über die vier Marken Dura, Besmer, Zoeppritz und TWN 2008 zwei Prozent Plus realisiert.

bwdGestatten Sie einen Blick in die einzelnen Geschäftsfelder?

FarberDas Objektgeschäft Dura ist nach einem Plus von 46 Prozent in 2007 in 2008 noch einmal gewachsen. Erstmalig in der Firmengeschichte hat das Objektgeschäft das Handelsgeschäft 2008 überflügelt und zwar dank eines stabilen Basisgeschäftes. Das Objektgeschäft bei Besmer ist nach der Einführung der Kollektion Besmer Business ebenfalls erfreulich stark gewachsen.

bwdDann hat das Handelsgeschäft gelitten.

FarberNicht pauschal. Zoeppritz verzeichnet auch 2008 Zuwächse. Aber wir hatten bei Dura einen leichten Abschwung im Handelsgeschäft budgetiert und ab September mussten wir die Rückgänge realisieren. Dafür hat sich das Handelsgeschäft bei Besmer sehr positiv entwickelt. In der Summe beider Marken befindet sich das Handelsgeschäft exakt auf Vorjahresniveau. Man muss Dura und Besmer eigentlich im Paket sehen, weil wir die meistverkauften Dura-Druckartikel inzwischen unter Besmer platziert haben. Bereits vor zwei Jahren haben wir die Druckkompetenz am Standort Hessisch-Oldendorf zusammengeführt.

bwdWeitere Geschäftsfelder betreffen den Export.

FarberRichtig. Das Exportgeschäft hat sich bei Dura nicht ganz so entwickelt, wie wir uns das vorgestellt haben. Besmer entwickelte sich gut und Zoeppritz sogar sehr gut.

bwdWoran lag es?

FarberWir hatten 2007 bei Dura unser stärkstes Exportjahr und wollten 2008 natürlich noch einmal draufsatteln. Gut lief es in der Schweiz, wo wir mit der Dura Malans AG gut aufgestellt sind. Auch in Österreich und den Ländern der ehemaligen Sowjetunion sind wir gut unterwegs. Probleme bereiten zurzeit Osteuropa, Benelux und natürlich UK. Ich würde hier aber nicht von einer Schwäche der Dura-Gruppe sprechen, sondern, denken Sie an die Talfahrt des englischen Pfunds, von einer allgemeinen Schwäche des Marktes. Die größte Planverfehlung hatten wir bei TWN.

bwdKam das überraschend?

FarberAls wir TWN im Mai 2008 in meinen Verantwortungsbereich übernommen haben, sagten wir ganz bewusst, wir sehen uns das erst einmal einige Monate an und dann handeln wir. Ich gebe zu, der Lernprozess bei Wolle hat länger gedauert. Unser Vertriebsteam musste erst einmal verinnerlichen, wie Wolle funktioniert.

bwdDas hört sich nach einer schweren TWN-Zeit an.

FarberUnsere Leute waren gewohnt, Volumen im Premiumsegment zu vermarkten – 5.500 Koffer Contract duraAir, 6.500 Koffer Living duraAir. Wolle ist ein erklärungsbedürftiges Produkt. Im Übrigen waren wir in dieser Zeit ja nicht untätig. Wir haben TWN übernommen und dann sehr schnell die Markteinführung der Kollektionen Wool Affairs und Pearl weiter forciert. Die Frage, die ich mir heute stelle ist: War der Markt aufnahmefähig für eine hochwertige Wollkollektion und wenn ja, wurde diese richtig vermarktet?

bwdIch würde sagen, der Markt hat Dura, im Gegensatz zur Integration von Besmer und Zoeppritz, die erfolgreiche Integration der Marke TWN und des Wollsortiments nicht sofort zugetraut.

FarberDie Domotex 2009 hat gezeigt, dass der Markt uns inzwischen sehr wohl zutraut, aus TWN eine Erfolgsgeschichte zu machen. Das Signal des Marktes lautet ganz klar: „Wenn ihr TWN jetzt anpackt, machen wir mit.“

bwdUnd, packen Sie es an?

FarberWir werden die Marke TWN neu positionieren und breiter aufstellen. Das TWN-Sortiment und die Marke TWN müssen mehr Aussagekraft bekommen. Eine gute Basis haben wir mit der Hauptkollektion Wool Affairs. Diese Kollektion ist stimmig vom Sortiment her und auch von der Preisgestaltung. Die Kollektion ist gut platziert, wenngleich wir einige Lücken schließen müssen. Von 4.000 Koffern müssen wir noch rund 500 strategisch im Markt verteilen.

bwdSoweit die Basis.

FarberMit Pearl besitzen wir bei TWN die absolute Luxuskollektion. Was wir jetzt tun müssen ist, das Sortiment abrunden. Wir benötigen einen Unterbau zu Wool Affairs. Das wird die Wool Classics sein, die wir überarbeitet haben. Eine Stufenkollektion mit Vliesrücken für den Großhandel und für Filialisten.

bwdEin Volumenartikel also?

FarberJa, mit einem Einstiegs-VK von 28 Euro. Entscheidend aber ist: Künftig wird es neben den dann drei Kollektionen für den Wohnbereich zwei eigenständige TWN-Objektkollektionen geben. TWN hat bisher das Objektgeschäft mehr oder weniger mitgemacht und das durchaus recht erfolgreich. Aber hier sehe ich noch viel mehr Potenzial in ausgessuchten Objektbereichen, beispielsweise Anwaltskanzleien, Architekturbüros oder Vorstandsetagen. Neben den erfolgreichen Medien von Dura und Besmer runden wir das Objektprogramm um den Baustein „Natur“ ab.

Mit den neuen TWN-Objektbausteinen werden wir Wolle ganz anders kommunizieren als bisher. Nicht Luxus und Komfort sollen im Mittelpunkt stehen, sondern Natur und Nachhaltigkeit. Wolle steht für 100 Prozent Natur und damit für 100 Prozent Nachhaltigkeit.

bwdKlingt so, als wollten Sie damit noch schnell auf den fahrenden Nachhaltigkeitszug aufspringen.

FarberJa, ja, alles redet von Sustainability. Ich lese immer mit Amüsement, was viele Marktteilnehmer unter dem Label Nachhaltigkeit verkaufen. Recyceltes Nylon sehe ich nicht unter Nachhaltigskeitsaspekten. Es ist gut, dass man Nylon dem Produktkreislauf wieder zuführt, das will ich nicht schlechtmachen. Aber das hat nichts mit Nachhaltigkeit zu tun, sondern ist allenfalls Umweltentlastung. Nachhaltig ist, was nachwächst, ein nachwachsender Rohstoff wie Wolle zum Beispiel. Wir verwenden bei TWN ausschließlich neuseeländische Schurwolle. Und genau deshalb werden die beiden neuen TWN-Kollektionen Nature Contract und Nature Print heißen und nicht Wool Contract etc.

bwdWas darf man von Nature Print erwarten?

FarberBei Nature Print werden wir fotorealistischen Druck auf Wolle bringen. Die technologischen Voraussetzungen dafür sind am Markt verfügbar. Wir möchten der erste Wollteppichhersteller sein, der diese Produkte anbietet für den Hotelbereich, aber durchaus auch für den privaten Einrichtungsbereich und andere Segmente des Objektgeschäftes.

bwdWo steht denn die Druckmaschine? Doch sicher nicht auf dem Gelände der Dura-Gruppe?

FarberUnser Inhaber Dr. Christian Schäfer und auch ich haben schon mehrfach kommuniziert, dass wir Spritzdruck als Kompetenz nicht selbst aufbauen werden. Ich habe immer gesagt, wenn die technischen Voraussetzungen auf den Markt kommen, will ich sie für den Wollbereich nutzen. Damit lassen sich Teppichböden für Vier- und Fünf-Sterne-Hotels herstellen.

bwdBedruckte Axminster-Imitate sozusagen.

FarberWir positionieren unsere Produkte für den Kunden und nicht gegen den Wettbewerb. Es wäre vermessen zu sagen, wir gehen damit gegen Axminster. Nein, wir wollen einfach den Druck höherwertig positionieren.

bwdIn welcher Auflage wollen Sie die beiden TWN-Nature-Kollektionen in den Markt bringen?

FarberEs ist noch nichts entschieden, wir fragen gerade ab. Wir sprechen von kleinen aber feinen Ergänzungen und damit wird sich die Größenordnung irgendwo zwischen 500 und 1.000 Kollektionen bewegen.

bwdWie sieht der typische TWN-Nature-Käufer aus?

FarberEr ist gesetzt, sehr gut informiert und hochgebildet. Er kauft Natur nicht ohne Grund, sondern aus innerer Überzeugung. Die Zielgruppe arbeitet in einem Umfeld, wo sie Natur vielleicht nicht findet, sie daheim aber sucht.

bwdWenn wir gerade dabei sind. Wer kauft eigentlich Besmer?

FarberFür Besmer entscheidet sich einmal die jüngere Zielgruppe. Familien mit Kindern. Druckartikel gehen heute in erster Linie ins Kinderzimmer. Entsprechend haben wir den Preiseinstieg bei Besmer niedriger gewählt als bei Dura.

Auf der anderen Seite bedient Besmer eine relativ alte Zielgruppe mit seinen klassichen LCL-Qualitäten

bwdUnd der typische Dura-Kunde?

Farber... hat die ersten zwei Karriereschritte gemacht, investiert zum ersten Mal richtig in Einrichtung. Ja und der Zoeppritz-Käufer hat’s geschafft, ist um die 50 und besitzt ein großes Haus. Der ist reif für den 1/16 Veloursklassiker.

bwdSie lassen ja wirklich niemanden aus.

FarberWir bieten im Premiumsegment Teppichböden für ein breites Zielgruppenspektrum. Teppichboden kommt im Wohnbereich schwerpunktmäßig im Ankleide-, Schlaf- und Bürobereich vor. Abgepasst liegt der Teppich vielleicht unter dem Ess- oder Couchtisch.

bwdDas muss einen Teppichbodenmann doch frustrieren.

FarberWarum denn? Wir sprechen in Deutschland im Wohnbereich immer noch von 60 bis 70 Millionen Quadratmeter Teppichbodenverbrauch pro Jahr, im Objekt noch einmal von der gleichen Größenordnung. Damit sprechen wir von einem der fünf größten Teppichbodenmärkte weltweit. Ich kann doch nicht resignieren, nur weil ich in Deutschland mit dem Teppichboden nicht mehr in das Wohnzimmer komme. Wir haben unsere Segmente und Sortimente dem Markt angepasst. Warum sind wir im Objekt gewachsen? Warum haben wir heute eine Nadelvlieskollektion? Warum besitzen wir eine Fliesenkollektion, die im letzten Jahr um 30 Prozent zugelegt hat? Und warum sprechen wir nicht mehr nur über Deutschland? Wir haben unsere Marken international entwickelt. Als ich 2002 zu Dura kam, lag der Exportanteil bei sechs Prozent, heute liegt er bei 20 Prozent und bei Zoeppritz stieg er von zehn auf 40 Prozent. Die Kunst ist es, den Markt zu verstehen und entsprechend zu reagieren.

bwdHerr Farber, vielen Dank für das Gespräch


Mit Peter Farber sprach bwd-Chefredakteur Stefan Heinze am Hauptsitz der Dura-Gruppe in Fulda.