60 Jahre CTA Ein Beitrag zum Jubiläum der Chemisch-Technischen Arbeitsgemeinschaft Parkettversiegelung Keine Spur in die Jahre gekommen

60 Jahre CTA - das sind 60 bewegte Jahre Bodengeschichte. Zeit für einen Blick auf die Historie der Oberflächenschutzmittel für Parkett- und Holzböden und künftige Herausforderungen.Keine Spur in die Jahre gekommen Die CTA, die Chemisch-Technische Arbeitsgemeinschaft Parkettversiegelung wurde im Jahre 1952 gegründet. Doch Holzböden gibt es bereits seit grauer Vorzeit ebenso wie die unterschiedlichsten, traditionellen Oberflächenbehandlungsmethoden zu ihrem Schutz. So ist die Geschichte des Holzboden-Oberflächenschutzes zwar lang, aber erst seit ca. 80 Jahren wurden die Herstellung eines Parkett- oder Holzbodens, die Oberflächenbehandlung sowie Pflege bzw. Reinigung entscheidend vereinfacht. Dies begründete den Siegeszug des Parkett- und Holzbodens in der Neuzeit und damit die Entwicklung chemischer Produkte, welche die Lebensdauer und Werterhaltung von Holzböden entscheidend beeinflussten. Etwa um 1250 sind Holzböden in Mitteleuropa nur mit Sand oder Stroh geschützt und „gereinigt“ worden. Zur Reinigung wurden Stroh bzw. Sand einfach ausgetauscht. Speckschwarte zum Reinigen und Pflegen Um Parkett und Holzböden vor Kratzern, Flecken und Schmutz zu schützen - von hygienisch im heutigen Sinne war damals weniger zu sprechen - brauchte es eine geeignete Oberflächenbehandlung. Daher rieb man die Holzoberfläche zum Reinigen und zur Pflege mit einer Speckschwarte ab, wobei mit diesem Fett/Öl die Holzfarbe vertieft wurde. Von einer Beschichtung oder Ölung konnte dabei nicht die Rede sein. Später dann, aber noch vor 1930, wurden natürlich trocknende Öle (z.B. Leinöl oder Holzöl) eingesetzt, was lange Trocknungszeiten bedeutete. Außerdem wurden diese Öle wieder klebrig, sobald die Sonne darauf schien. Um das zu verhindern, wurden tierische Wachse auf die so geölte Oberfläche aufgebracht. Diese konnten ranzig werden und verströmten üble Gerüche. Geschützt wurde die Oberfläche auf diese Weise nicht ausreichend, weshalb sie regelmäßig mühsam mit Sand abgerieben werden musste. Statt mit Sand wurde der Holzboden später zeitaufwändig mit Stahlwolle gespähnt und die Holzoberfläche mit der Ziehklinge abgezogen. Eine echte Verbesserung und Erleichterung im Holzbodenschutzbereich entwickelte sich in den 30er Jahren des letzten Jahrhunderts. Die während der 30er Jahre in den USA entwickelten sog. „Floor-Sealer“ - natürliche Öle mit Trocknungsbeschleunigern - reduzierten diese lange Wartezeiten und die o.g. Probleme. Eine Filmbildung durch den Einsatz von den damaligen „Öl-Kunstharzsiegeln“ entstand auf den Holzböden nicht, die offenporige Nutzschicht des Bodens konnte aber viel leichter gepflegt und gereinigt werden. Diese Produktkategorie kann als Vorläufer lösemittelhaltiger Siegel betrachtet werden, die als Hauptbindemittel auf sog. Alkydharzen basierten. H. Kienle führte den Begriff „Alkyd“ bereits 1927 ein - Alkyd setzt sich aus Alkohol und Acid zusammen. Statt der bis dato gebräuchlichen Naturharze werden diese „künstlich“ hergestellt. Deshalb heißen die Bindemittel „Kunstharze“ und die daraus gemachten Siegel „Kunstharzsiegel bzw. -lacke“. Das heutige verwendete Wort „Siegel“ entstand aus dem Wort „Sealer“. Harnstoffe als Versiegelung in den 50ern Mitte der 50er Jahre geben die Schweden den „Floor-Sealern“ Harnstoffharze zu - die sog. „Schwedische Versiegelung“ war geboren. Um die Trocknung dieser Oberflächenschutzmittel weiter zu beschleunigen, setzte man einen Härter zu, der Säure enthielt (spätere Fachbezeichnung „säurehärtende Siegel oder kurz SH-Siegel“). Nachteil dieser Produkte: Formaldehyd-Abspaltung und Lösemittel, die Verarbeiter und Verbraucher belasteten. In Deutschland beginnen die Bemühungen um eine Versiegelung Anfang der 50er Jahre. Die für die sogenannten DD-Lacke oder Polyurethane notwendigen Rohstoffe Desmodur und Desmophen (Markenbezeichnungen des Herstellers Firma Bayer, Leverkusen) sind seit 1943 auf dem Markt. Diese Rohstoffe werden nun auch für Parkettversiegelungen eingesetzt. Polyurethane bringen eine gute Haftung und sehr hohe mechanische und chemische Beständigkeiten. Die neuen Lacke mit schnellerer Trocknung und schützender Filmbildung verdrängen die traditionellen Öle und Wachse für Parkett- und Holzböden, da die versiegelte Oberfläche viel pflegeleichter ist und glänzender aussieht. 1952 wurde die CTA (Chemisch-Technische Arbeitsgemeinschaft Parkettversiegelung) gegründet. Die CTA versteht sich als Partner des parkettverlegenden Fachhandwerks und der Parkettindustrie. Eine ihrer wichtigsten Aufgaben ist es bis heute, neutrale herstellerunabhängige, sach- und anwenderbezogene Fachveröffentlichungen zu den Themenbereichen Systemberatung, Verarbeitungshinweise, Schadensanalyse mit Schadensbeseitigung usw. herauszubringen. 1968 erhielt Helmut Sallinger, der sich maßgeblich um die Polyurethanweiterentwicklung im Fußbodenlackbereich verdient gemacht hatte, u.a. auch dafür die Rudolf-Diesel-Medaille in Gold (höchste Erfinderauszeichnung in Deutschland). Während der 70er Jahre wurden die säurehärtenden Lacke (SH-Siegel) zu „geruchsarmen“ Qualitäten weiterentwickelt. Dennoch verlieren in den 80er Jahren diese Formaldehyd abspaltenden säurehärtenden Lacke in Mitteleuropa zunehmend ihre Bedeutung. In Schweden werden allerdings (bis heute) säurehärtende Lacke weniger umweltbelastend als Polyurethanlacke erachtet. Aber all diese Siegel hatten einen großen Nachteil, den relativ hohen Lösemittelanteil. Erstmals Wasserlacke in den 70ern Dieser Anteil an organischen Lösemitteln lag zwischen 1960 und 1970 in Lacken bei ca. 50 % bis 70 %. In den 70er und 80er Jahren wurden die gesundheitsschädlichen Lösemittel in Lackformulierungen ersetzt und der Lösemittelanteil wurde drastisch verringert. Bereits Mitte der 70er Jahre werden aus Gründen des Umwelt- und des Arbeitsschutzes Wasserlacke entwickelt. 1979 kommen dann die ersten wasserbasierten Versiegelungen in Deutschland auf den Markt, begleitet mit viel Skepsis der Fachwelt. „ Holz und Wasser, das kann nicht gut gehen“, so hieß es oft. Doch die erfolgreiche Weiterentwicklung von Wasserlacken vor dem Hintergrund des Umweltgedankens war nicht aufzuhalten und wurde von der Lackindustrie, namentlich den Mitgliedern der CTA, konsequent gefördert. Dies führte seit den 80er Jahren fortlaufend zu weiter verbesserten einkomponentigen und zweikomponentigen, wasserbasierenden Siegeln mit verbesserten chemischen und mechanischen Beständigkeiten. Der Siegeszug der Wasserlacke setzt sich in Europa bis heute fort und hat heute in Deutschland einen Marktanteil von ca. 88 % erreicht. 1983 verpflichteten sich alle deutschen Lackhersteller generell zur Reduktion von flüchtigen organischen Verbindungen in Lackrezepturen. Dies führte neben Wasserlacken auch zu anderen Lösungsansätzen. Bereits Ende der 80er Jahre bis heute förderten der Umweltgedanke und Kriterien der Arbeitssicherheit eine Renaissance der Öle und Wachssysteme. Ökologische Alternativprodukte auf Basis von Naturrohstoffen kombiniert mit modernen Rohstoffen wurden für den Parkett- und Holzbodensektor neu entwickelt. Kurze Zeit später werden auch schon die sog. High-Solid-Ölsysteme (sehr geringer Verbrauch mit ca. 10 g/m2) angeboten. Hier sind Mitglieder der CTA führend in der Marktreifeentwicklung solcher Produkte auch im Hinblick auf die so problemloser machbaren, gleichmäßigen Kolorierungen von Böden. Dies ermöglichte eine weitreichende Berücksichtigung des Verbraucher-Trends zur stärkeren Individualisierung. 1993 erschien die TRGS 617 „Ersatzstoffe und Ersatzverfahren für stark lösemittelhaltige Oberflächenbehandlungsmittel und andere Holzfußböden“. Diese technischen Regeln für Gefahrstoffe erarbeitete die CTA gemeinsam mit der Berufsgenossenschaft der Bauwirtschaft (BG BAU). Darin wird empfohlen, Ersatzstoffe, also Alkydharzsysteme, Öle, Wachse, Wasserlacke, für stark lösemittelhaltige bzw. schadstoffhaltige Lacke (wie z.B. Polyuretanlacke, SH-Siegel) zu verwenden. So genannte. Giscodes (G= Gefahren, I=Informations S=System) definieren die Art und die Menge an Lösemitteln von unterschiedlichen Oberflächenbehandlungsmitteln für Holz- und andere Böden. Heute werden diese Giscodes im Informationssystem der BG auf www.wingis.de mit Betriebsanweisungen zum Download angeboten. Bereits 1995 haben Wasserlacke in Deutschland einen Marktanteil von mehr als 50 %. Im Jahr 2011 sind es bereits über 80 %. Gleichzeitig werden auf dem Gesamtmarkt immer mehr weiterentwickelte, den Anforderungen unserer Zeit entsprechende Öl- und Wachssysteme mit großer Bandbreite - von stark lösemittelhaltigen bis hin zu lösemittelfreien High-Solid-Produkten - angeboten. Die letzten Entwicklungsschritte im Produktbereich „manuell verarbeitbare Schutzprodukte“ seit 2000 gingen so gut wie ausschließlich in Richtung wasserbasierender Systeme und lösemittelarmer High-Solid-Systeme. Lösemittel werden auf ein mögliches Minimum, Schadstoffe möglichst weitgehend reduziert. Aktuelle Produkt-Weiterentwicklungen im Bereich manuell zu applizierender Lacke, Öle und Wachse entstanden durch die erneut gesenkten VOC-Grenzwerte gemäß EU-Gesetzgebung von 2007/2010 und die Anforderungen durch REACH, die GHS/CLP und des DIBt. Das Handwerk einbinden Hier wird die CTA in Zukunft viel Öffentlichkeitsarbeit leisten, um die veränderten Anforderungen an Produkte, Verpackung, Kennzeichnung und Klassifizierung an Behörden, an das Handwerk und weitere Betroffene im Rahmen von Verbraucherschutz und Arbeitssicherheit zu kommunizieren. Die REACH-Verordnung (EG) Nr. 1907/2006 (Registration, Evaluation, Authorisation and Restriction of Chemicals, also „Registrierung, Bewertung, Zulassung und Beschränkung von Chemikalien“) ist eine EU-Chemikalienverordnung, die am 1.6.2007 in Kraft trat. Diese Verordnung besitzt in allen EU-Mitgliedstaaten Gültigkeit. Durch REACH soll sich das bisherige Chemikalienrecht grundlegend harmonisieren. Auch die GHS (GHS, Globally Harmonized System of Classification, Labelling and Packaging of Chemicals) wird für alle in der Chemie arbeitenden Unternehmen eine große Rolle spielen. Chemikalien werden durch die Vereinten Nationen weltweit einheitlich (auch in Sicherheitsdatenblättern und auf den Verpackungen) eingestuft. Die GHS wurde in Europa ab 1. Dezember 2010 für Stoffe und wird ab 1. Juni 2015 für Zubereitungen umgesetzt (Verordnung (EG) Nr. 1272/2008 des Europäischen Parlaments und des Rates, GHS-Verordnung). Seit November 2011 ist die Anpassung des Chemikaliengesetzes an Artikel 45 GHS/CLP-Verordnung in Kraft. Eine Möglichkeit zur Erfüllung der dort aufgeführten Auflagen besteht darin, Sicherheitsdatenblätter für gefährliche Gemische an die ISi-Datenbank im IFA zu liefern. Infosystem für mehr Sicherheit Aufgrund der Kooperation zwischen dem Verband der chemischen Industrie (VCI) und dem Institut für Arbeitsschutz der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung (IFA) ist das Informationssystem für Sicherheitsdatenblätter (ISi) eingerichtet worden (Behörden, Notrufinstitutionen und gesetzlichen Unfallversicherungsträgern wird so ein aktueller Zugriff auf Sicherheitsdatenblätter zu chemischen Produkten ermöglicht). Mit der Aktualisierung des Chemikaliengesetzes (ChemG) im November 2011 ergab sich unter anderem eine Änderung des § 16 e bezüglich von Mitteilungen für die Informations- und Behandlungszentren für Vergiftungen. Hersteller und Einführer von gefährlichen Gemischen und Biozid-Produkten müssen vor dem ersten Inverkehrbringen beziehungsweise vor durchgeführten Veränderungen Angaben zu ihrem Gemisch an das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) übermitteln. In Deutschland ist seit dem 1.1.2011 außerdem aus Gründen des Gesundheitsschutzes ein Nachweis der Verwendbarkeit von Beschichtungs-, Behandlungs- und Klebstoffen für Parkett- und Holzfußböden nach DIN EN 14342 bzw. für die Verwendung in Aufenthaltsräumen durch eine allgemeine bauaufsichtliche Zulassung des DIBt (Deutsches Institut für Bautechnik) vorgeschrieben. Das Deutsche Institut für Bautechnik in Berlin ist eine gemeinsame Einrichtung des Bundes und der Länder zu einheitlichen bautechnischen Aufgaben auf dem Gebiet des öffentlichen Rechts. Die Emissionen an flüchtigen organischen Bestandteilen, kurz VOC (Volatile Organic Compounds), sind der Maßstab für die Zulassungen. Die Bewertung erfolgt nach dem AgBB-Schema (http://www.umweltbundesamt. de/bauprodukte/agbb.htm). CTA quo vadis? Zusammengefasst kann festgestellt werden, dass die Entwicklungen und Innovationen im Oberflächenschutzbereich seit den 30er Jahren dazu führten, dass Holz- und Parkettböden einfacher geschützt, gepflegt und gereinigt werden können, weshalb Holz- und Parkettböden in größeren Mengen als je zuvor etabliert wurden. Seit Erfindung der Polyurethanlacke, die eine sehr hohe chemische und mechanische Beständigkeit aufweisen, setzte sich der Siegeszug des manuell behandelten Holz- und Parkettbodens fort. Seit Ende der 70er Jahre rücken aus Umwelt-, Gesundheits- und Arbeitssicherheitsgründen Wasserlacke, Öle und Wachse in den Fokus für weitere Innovationen. Gleichzeitig wird ein wachsender Anteil der Holzböden mit industriell schnell härtenden UV-Lacken - und damit zunächst preiswerteren und schneller zu installierenden Produkten - behandelt. Dies bedeutet, dass ein zunehmender Teil von bereits werkseitig versiegeltem bzw. geöltem Fertigparkett statt Parkett, was nach dem Verlegen individuell gestaltet werden kann, verlegt wird. Ein nicht unerheblicher Teil der individuellen Gestaltungsmöglichkeiten bei Parkett- und Holzböden verschiebt sich außerdem zunehmend in den Bereich der Renovierung von Parkett- und Holzböden. Die Aufgabe der CTA wird in Zukunft aber auch sein, zu kommunizieren, was Handwerklichkeit und lange Werterhaltung bedeutet, was ein Produkt mit einer besonders ausgesuchten Qualität eigentlich ist. Das Denken in Preis-Leistungs-Relationen im Hinblick auf die Gesamtlebensdauer und Individualität eines Parkett- oder Holzbodens ist relevanter als die Entscheidung für ein zunächst preiswerteres und schneller einbaubares Produkt. Im Zeitalter der „schnellen“ industriell hergestellten Produkte, die ebenso schnell verarbeitet und fertiggestellt werden können, im Zeitalter der Konsum- und Wegwerfgesellschaft, die schnellen Produktersatz statt Reparaturfähigkeit salonfähig macht, ist es umso wichtiger, sich mit dauerhafter Produkt-Werterhaltung, Nachhaltigkeit, Ressourceneffizienz und Handwerklichkeit auseinanderzusetzen. Diese „neuen“ Qualitäten gilt es neu zu entdecken und weiterzuentwickeln. Wertigkeit vermitteln Für die Zukunft von Parkett- und Holzböden bedeutet dies, dass unter Berücksichtigung dieser Themen in Zusammenarbeit mit Handwerk, Handel und anderen Institutionen, viel Öffentlichkeitsarbeit geleistet werden sollte, um den Verbraucher davon zu überzeugen, dass manuell erstellte, handwerklich überzeugende Holz- und Parkettböden einen einzigartigen Wert darstellen, was Nachhaltigkeit, Individualität und Preis-Leistungs-Verhältnis angeht. Im Laufe des CTA-Jubiläumjahres werden die einzelnen Mitglieder der CTA daher einen neuen Dialog beginnen. Zu ausgesuchten Themen werden wir Fachbeiträge bringen und parallel hierzu mit Vertretern des Handwerks, Handels und anderer Institutionen diskutieren und diese Dialoge veröffentlichen. Lilo Sallinger, Geschäftsführerin der IRSA Lackfabrik Irmgard Sallinger GmbH für die CTA