Der interessante Schadensfall Unerklärliche konkave Verformungen Der Taupunkt war’s nicht

Wie mit Wissen und praktischer Erfahrung schadensursächliche Zusammenhänge auch vom Schreibtisch aus beurteilt werden können, zeigt vorliegender Fall, für dessen Erscheinungsbild es eigentlich keine Erklärung gab.Nachmessungen ergaben Vertiefungen von etwa 1 Millimeter im Einzelelement.Der Taupunkt war’s nicht Schon beim Betreten des Raumes fiel das Malheur auf. Die Bambuselemente waren konkav verformt. Das Erscheinungsbild wurde durch tief liegende Fenster zusätzlich verstärkt. Die Einzelstäbe lagen „pottdicht“ und ohne eine Fugenbildung nebeneinander. Die Frage des Bauherrn, wo die Wellenbildungen denn herkämen, war aus dem Stand nicht zu beantworten. Zwei Monate sind seit der fachgerechten Verklebung und beanstandungsfreien Abnahme vergangen. Der Estrich war nach den Protokollaufzeichnungen des Parkettlegers bei der Verlegung mit 1,2 CM-Prozent außerordentlich trocken gewesen. Auch eine weitere Aufzeichnung über eine Messung, die 14 Tage früher (noch zu nass) durchgeführt worden war, gab keinen Aufschluss. Der Boden war wie folgt aufgebaut: E 15 Millimeter Bambusparkett, parallel verleimt, E ca. 70 Millimeter Zementestrich, E Ölpapier, E ca. 30 Millimeter Styropor, E 0,65 Millimeter PE-Folie, E ca. 30 Millimeter Styropor, E Betonsohle, E 0,65 Millimeter PE-Folie, E Kiesschüttung, E Erdreich. Die Schüsselungen der etwa 90 Millimeter breiten Einzelelemente waren rund 1 Millimeter tief. Bei Werten von etwa 19°C und annähernd 33 Prozent relativer Luftfeuchte, während der Besichtigung gemessener Estrichfeuchte von etwa 2,5 Prozent hatte sich im Bambus auf der Oberseite eine Feuchtigkeit von etwa 10,2 Prozent und auf der Unterseite von etwa 12,5 Prozent eingestellt. Der Parkettlegermeister konnte sich keinen Reim darauf machen, war er sich doch sicher, dass zum Zeitpunkt der Verlegung der Unterboden trocken war. Guter Rat war teuer. Sollte die Unterkonstruktion mit dem Schaden etwas zu tun haben? War sogar ein Tauwasserausfall möglich? Der Handwerker wandte sich an einen befreundeten Kollegen, um dem Phänomen auf die Spur zu kommen. Sich der Tatsache bewusst, dass eine Aussage über eine nicht in Augenschein genommene Sachlage mit einem gewissen Risiko verbunden ist, gab dieser anschließend entscheidende und nachvollziehbare Hinweise. Sie gaben dem Auftragnehmer letztlich Sicherheit, wie er sich seinem Kunden gegenüber zur beiderseitigen Zufriedenheit zu verhalten hatte. Grundsätzlich sind konkave Verformungen möglich, erläuterte der beratende Sachverständige, wenn die Bambuselemente auf der Unterseite Feuchtigkeit aufnehmen oder auf der Oberseite Feuchtigkeit abgeben. Da im vorliegenden Fall die Elemente press aneinander lagen, also kein Fugenbild aufwiesen, kam wohl nur eine Feuchtebelastung von unten her in Betracht. Nicht ganz nachvollziehen konnte der Sachverständige den geringen Feuchtegehalt von etwa 1,2 Prozent zum Zeitpunkt der Verlegung. Hier kamen ihm berechtigte Zweifel an der Richtigkeit der seinerzeitigen Messungen. Andererseits war die Frage zu stellen, aus welcher Schicht des Unterbodens die Feuchte käme: a) aus dem Erdreich, denn nach DIN 18195-4 muss immer mit Feuchtigkeit aus dem Unterboden gerechnet werden? b) aus der jungen Betonplatte, wobei etwa 6 Prozent Feuchte vorhanden sind? (Siehe Tabelle 1.) c) aus dem Zementestrich? Neben diesen Kriterien war bei der vorgefundenen Konstellation durchaus eine mögliche Taupunktbildung in Betracht zu ziehen. Der Sachverständige nahm demzufolge zunächst die Gesamtkonstruktion unter die Lupe: Auf der Kiesschüttung lag eine 0,65 Millimeter dicke PE-Folie. Zwar nicht ganz normengerecht, wie er befand, denn die DIN 18195 schreibt vor: E mindestens zweilagige Bitumenbahn mit Deckaufstrich, E mindestens eine Lage Bitumenschweißbahn mit Metallbandeinlage, E mindestens einlagige Kunststoffabdichtungsbahn, 1,5 Millimeter dick, E mindestens einlagige PVC-Abdichtungsbahn, 1,2 Millimeter dick, E zweilagige Asphalt-Mastix-Schicht, mindestens 15 Millimeter dick. Andererseits war die 0,65 Millimeter dicke Folie immerhin so dimensioniert, dass sie durchaus die Funktion einer Dampfbremse erfüllen konnte, vorausgesetzt sie würde nicht durch die handwerkliche Verarbeitung perforiert, eine bei nachgiebigen Schichten auftretende Wahrscheinlichkeit, die sogar in der DIN 18195-2 Abs. 6.1.3. (siehe Kasten auf Seite 68) ausdrücklich erwähnt wird. Zum Ölpapier: Das hat ausschließlich den Sinn, das Anmachwasser des frischen Estrichmörtels von der Dämmschicht fernzuhalten (siehe auch DIN 18560-2. Abs. 6.12). Abdeckungen können nicht als geeignete Maßnahmen zum Schutz der Dämmschicht gegen Feuchtigkeit angesehen werden. Damit war klar, der Aufbau war nicht normgerecht. Doch Norm und baugegenwärtliche Realität sind bekanntermaßen zweierlei. Deshalb ging es tiefer in die Materie. Die theoretische Betrachtung der Taupunktbildung und Dampfstromrichtung stand als Nächstes an. Die Raumluft mit 19°C und rund 33 Prozent relativer Luftfeuchtigkeit sorgte nach Schätzungen des Sachverständigen in der Oberfläche des Bambusparketts für eine Temperatur von etwa 18°C. Die Feuchte des Materials war angabengemäß von ca. 8 Prozent als Lieferfeuchte auf etwa 12 Prozent zum Zeitpunkt der Besichtigung gestiegen. Damit würden sich für den Zementestrich etwa 17°C Temperatur ergeben bei etwa 2,5 Prozent CM-Feuchte. Für die darunter liegende Betonplatte stellte der Sachverständige theoretische Beurteilungen an, die den Materialdicken der Dämmmaterialien zufolge bei 7°C und etwa 6 Prozent Feuchte lagen (siehe Tabelle 1 Seite 65). Mit den Sorptionsisothermen zur Feststellung der zur Materialfeuchte zuzuordnenden relativen Luftfeuchte (vgl. rechtsstehende Grafik) und den bekannten Berechnungstabellen des Dampfdruckes in den verschiedenen Schichten und der Dampfdrucktabelle (siehe Tabelle 2 Seite 65) kam der Sachverständige zu weiteren Schlüssen: Ein Feuchtewert von 1,2 Prozent im Zementestrich ergibt einen Dampfdruck von 271 Pa. Dieser Wert kann in der Praxis kaum zutreffen und sich, wenn überhaupt, nur in beheizten Deckenkonstruktionen einstellen. Die Dampfdruckwerte der Raumluft mit 725 Pa und die eines Zementestrichs mit 2,5 Prozent Feuchte liegen in realistischer Relation bei 716 Pa. Eine Dampfstromrichtung von oben nach unten ist nur bei einer wesentlich höheren relativen Luftfeuchte in der Raumluft zu erwarten. Der Dampfdruck aus der jungen Betonplatte ist zwar mit 982 Pa vorhanden, jedoch aufgrund der geschätzten niederen Temperatur von ca. 7°C nicht in sonderlich starkem Maße wirksam. Der hohe Wert mit 1446 Pa im mit 12 Prozent durchfeuchteten Bambusparkett zeigt an, dass im Belag ein Feuchtestau stattgefunden haben muss, besonders deswegen, weil durch die Versiegelung eine dampfbremsende Wirkung auftritt. Eine Restfeuchte im Zementestrich von ca. 2,5 Prozent mit 716 Pa ist nicht schadensursächlich, weil der Dampfdruckwert beim 8 Prozent feuchten Bambus zumWie mit Wissen und praktischer Erfahrung schadensursächliche Zusammenhänge auch vom Schreibtisch aus beurteilt werden können, zeigt vorliegender Fall, für dessen Erscheinungsbild es eigentlich keine Erklärung gab. Zeitpunkt der Verlegung bereits 867 Pa ergibt. Wenn Restfeuchte aus dem Zementestrich entscheidend sein soll, dann muss im Estrich die Restfeuchte höher gelegen haben (vgl. Tabelle 3 links oben). Jetzt war noch die Frage des möglichen Tauwasserausfalles zu klären. Dazu der Sachverständige: Die Raumluft ist mit 19°C und ca. 33 Prozent relativer Luftfeuchte angegeben. Dann sind ca. 17 gu 33 Prozent = ca. 5,5 g Wasserdampf je m3 enthalten. Diese Wassermenge hat ihren Taupunkt bei ca. 2°C. Bei diesen gemessenen Werten ist also ein Kondenswasserausfall durch Taupunktbildung in der Unterkonstruktion nicht wahrscheinlich. Anders würde es sein, wenn die Raumluft mit 21°C und etwa 60 Prozent relativer Luftfeuchte angenommen wird. Dann wären 19u60 = ca. 11,5 g Wasserdampf je m3 Luft vorhanden. Der Taupunkt läge bei ca. 13°C (s. Tab. 4 links). Ein Kondenswasserausfall auf der Betonsohle wäre dann möglich, besonders wenn die Folie zwischen den beiden Dämmstoffschichten schadhaft wäre. Auch die Überlegungen zur Sanierung des Rat gebenden Sachverständigen sind sehr interessant, zumal die aktuelle Entwicklung dieses Falles vor allem seine durch nichts zu ersetzende Erfahrung bestätigte. Es ist richtig, befand dieser, dass das Abschleifen und die nachfolgende Oberflächenbehandlung erforderlich werden. Aber mit diesen Arbeiten sollte man keinesfalls frühzeitig beginnen. Der Grund: Wenn die die Mängel verursachende Feuchte aus dem Erdreich kommt, dann bleibt dieser Feuchtestrom als Dauerbelastung bestehen. Dann wäre die Nacharbeit sofort möglich. Käme jedoch die Feuchte, die die Mängel verursacht, aus der Betonplatte oder aus dem Zementestrich, dann würde der Feuchtestrom langfristig nachlassen. Es könnte zumindestens theoretisch eine gewisse Rückentwicklung der jetzt vorhandenen konkaven Verformung eintreten. Damit wäre bei sofortiger Nacharbeit eine leichte konvexe Wölbung der Parkettelemente nicht unwahrscheinlich. Ein weiterer Nachfolgemangel sei in Betracht zu ziehen. Man wartete deshalb mit Maßnahmen ab.

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