bwd im Gespräch Volker Brückner, Normungsexperte und Parkett-Sachverständiger Einheitliche Botschaften

Volker Brückner ist kürzlich als stellvertretender Vorsitzender des Verbands der Deutschen Parkettindustrie (VDP) zurückgetreten. Im Gespräch mit boden wand decke kommentiert der Sachverständige für Holzfußböden, Parkett und Laminatbeläge aktuelle Entwicklungen und fordert die Branche zu mehr Geschlossenheit in Sachen Marketing auf.Volker Brückner, Parkettexperte.Einheitliche Botschaften bwd Herr Brückner, welche Veränderungen fallen Ihnen jeweils aus Sicht der Produzenten und Verarbeiter als Erstes ein, wenn sie die Entwicklung der Parkettbranche in den vergangenen 40 Jahren Revue passieren lassen? Welche Rolle spielten VDP und ZVPF? Brückner Der Parkettverbrauch lag 1968 bei acht Millionen Quadratmeter, brach bis 1982 auf 3,8 Millionen Quadratmeter ein, legte bis 2005 auf zirka 25 Millionen Quadratmeter zu und stabilisierte sich seither bei zirka 20 Millionen Quadratmeter. Für den VDP bedeutete dies, alle Möglichkeiten der Innovation und des Marketings zu nutzen. Während man früher überwiegend Massivparkett mit konventioneller Oberflächenbehandlung und damit ein an den Handwerker gebundenes Produkt anbot, gelang es erst mit der Weiterentwicklung von Fertig-, also Mehrschichtparkett mit gebrauchsfertiger Oberflächenbehandlung den Marktanteil zu steigern. Zwar entfielen diese Gewinne in erster Linie auf den Import, dennoch steigerte sich die deutsche Produktion kontinuierlich. Durch neue Verfahren wurden Produkte verbessert und neu kreiert. Für den Verarbeiter wurde der Wettbewerb härter. Die Vertriebswege veränderten sich, die Dichte nahm zu. Trotzdem waren Parkettleger knapp. Die Handwerker, die sich Ende der 50er und Anfang der 60er Jahre als Schreiner und Zimmerer durch Umschulung das Spezialwissen eines Parkettlegers angeeignet hatten, reichten nicht mehr aus. Hier hat der ZVPF mit den Mitgliedsbetrieben Großes geleistet. Es wurde aktive Ausbildung betrieben, die bis heute nach Schätzung von Heinz Brehm zirka 12.000 qualifizierte Facharbeiter hervorgebracht hat. bwd Handwerk und Industrie haben unterschiedliche Interessen, aber auch viele gemeinsame Ziele. Wie ließe sich die Zusammenarbeit noch verbessern? Brückner Die Ziele unterscheiden sich gar nicht so sehr, das wird gerne herbeigeredet. Hersteller wie Verleger brauchen Aufträge, damit die Betriebe existieren können. Natürlich müssen die Produkte funktionieren. Parkett bietet viele Anwendungsmöglichkeiten. Um diese qualifiziert anbieten zu können, muss man fit bleiben und Veränderungen sowie neue Märkte erkennen. Architektur und Technik bleiben nicht stehen. Innovation wird großgeschrieben. Viele sind am Erfolg des Produkts beteiligt: Maschinen-, Parkett-, Oberflächenmittel-, Klebstoff- und Leimhersteller. Die Botschaft für den Verbraucher muss einheitlich sein. Meine Vision ist nach wie vor, alle in die Info-Gemeinschaft Parkett zu integrieren und mit dieser Einrichtung alle Marketingaktivitäten pro Parkett zu vereinheitlichen. So könnte man Hersteller, Parkettleger und Zubehörlieferanten unter einen Hut bekommen. Auf einer solchen Plattform könnten sämtliche Daten, Trends und Entwicklungen erfasst und dem Planer und Verbraucher zur Verfügung gestellt werden. Quasi als Sprachrohr der Branche. bwd Gab es in der Normung besonders heikle Situationen, mit denen Sie konfrontiert wurden? Brückner Die gab es. In Deutschland kannten wir drei Produktnormen mit insgesamt acht Seiten. Auf europäischer Ebene wurden elf Produkt- und zwölf Prüfnormen entworfen. 17 wurden verabschiedet. Damit haben wir mehr Bürokratie denn je aufgebaut. Die Zukunft wird zeigen, ob diese Normung zu mehr Klarheit führen wird. Ich habe mich in vielen Themenbereichen engagiert, vieles konnte ich durchsetzen, manches musste akzeptiert werden. Aber es gibt auch Dinge, die nicht akzeptiert werden können. Das ist derzeit bei der DIN EN 14342 und der CEN TS (technische Spezifikation der Verlegeanleitung) 15717 der Fall. bwd Welche Entwicklungen waren bei Parkett, Klebstoffen oder Versiegelungen Meilensteine? Brückner Sicher die Entwicklung des Mehrschichtparketts, sei es das drei- oder zweischichtige. Im Kleberbereich bin ich noch nicht zufrieden. Hier ist noch keine deutliche Ablösung des stark lösemittelhaltigen Klebers erfolgt. Zwar gibt es Alternativen, die einen größeren Einsatzbereich als früher abdecken, aber den klassischen Ersatz gibt es nicht. Den wird es vielleicht auch nie geben. Betrachtet man die Vielzahl der Klebstoffanbieter und setzt diese in Relation zum Klebstoffmarkt für Parkett, dann sind dies für viele Hersteller keine lohnenden Umsätze, um große Summen in die Entwicklung zu investieren. Anders sieht es im Versiegelungsbereich aus. Hier wurden frühzeitig alternative Oberflächenbehandlungen zu den stark lösemittelhaltigen Versiegelungen entwickelt. Die Kinderkrankheiten sind heute überwunden. bwd Die CE-Kennzeichnung für Parkett und Holzfußböden wird wohl ab März 2009 Pflicht, wenn diese Bauprodukte in Verkehr gebracht werden. Oder? Brückner Ab 1. März 2009 wird das CE-Zeichen für Holzfußböden Pflicht. Eine nochmalige Verlängerung der Koexsistenzphase ist nicht möglich. Die dazu nötige Norm wird auf Betreiben des VDP überarbeitet. Es geht um Prüfmethoden, die an bestehende Normen angepasst werden sollen. Ferner streben wir Änderungen und Ergänzungen in der CWFT-Tabelle für das Brandverhalten an. Wir hoffen, dass diese Wünsche positiv aufgenommen und fristgerecht in die neue Fassung übernommen werden. bwd Deutschland schreitet bei Zulassungsgrundsätzen wie dem Verfahren zur gesundheitlichen Bewertung von Baustoffen (AgBB-Verfahren) voran. Ist das vorauseilender Gehorsam oder vielleicht sogar eine Chance für die einheimischen Produzenten? Brückner Zunächst ist dies eine bestehende nationale Regelung, die auch auf europäischer Ebene kommen soll. So haben wir dann die Chance, unser Wissen einzubringen. Ich denke, dass sich abhängig davon, wie die Prüfungen festgelegt werden, der Aufwand in Grenzen halten wird. Die Frage nach der Chance möchte ich bejahen. Ich sehe diese weniger für die deutschen Produzenten, denn Importeure, die keine kleinen Mengen liefern, werden die Zulassung beantragen. Ich sehe die Chance in der klaren Deklarationsmöglichkeit des Stoffs Parkett mit Zubehör hinsichtlich der Unbedenklichkeit im Wohnverhalten. Das wäre schon ein tolles Thema für meine Visionsplattform Info-Gemeinschaft Parkett. bwd Wo gibt es bei der bauaufsichtlichen Zulassung Schwierigkeiten? Wie sieht es bei werkseitig unbeschichteten Produkten, wie bei Massivparkett aus? Wird der Druck auf die oft von kleineren Anbietern gefertigten Produkte nicht noch größer? Brückner Ich rechne mit keinen nennenswerten Schwierigkeiten. Bei werkseitig unbeschichteten Produkten gibt es meiner Ansicht nach nur die bausteinbezogene Prüfung: Holz, Oberfläche sowie Klebstoff, jeweils separat. Eine systembezogene Prüfung ist nicht möglich, da die Prüflinge aus dem fertig verlegten Boden geschnitten werden müssten, also nach Fertigstellung der Leistung. Da die Hölzer, die zu Parkett verarbeitet werden, gleich sind, könnte ich mir eine Einmaluntersuchung mit anschließender CWFT-Regelung vorstellen. Der Versieglungshersteller muss für das CE-Zeichen seine Produktion sowieso überwachen, auch hier wäre eine entsprechende Regelung zu suchen. Nach meinen Informationen wäre die Problematik im Kleberbereich mit der E1-Kennzeichnung zu lösen. bwd Befürchten Sie, dass die Einzelstoffbewertung angesichts der Bestandteile Terpene oder Aldeyde einen nachwachsenden Rohstoff wie Holz in eine schlechtere Position bringen könnte? Brückner Nein. Wenn man Stoffe entdeckt, muss man sich damit auseinandersetzen. Es wäre natürlich schade, wenn die gute alte Bauernstube mit Zirbelkiefertäfelung darunter leiden würde. bwd Räuchereiche und Thermoholz stehen auf der Angebotsliste fast jeden Herstellers. Wie sehen Sie deren Zukunft aus technischer Sicht und hinsichtlich AgBB-Verfahren? Brückner Bisher sind mir keine negativen Meldungen bekannt. bwd Derzeit redet alles von Dielen. Landhausdielen, Massivdielen, großformatige Zweischichtstäbe in allen Holzarten und Verarbeitungsvarianten sind ein großes Thema. Kommen kleinflächige Abmessungen wie das unter Druck stehende klassische Stab- beziehungsweise Mosaikparkett auch wieder zurück? Brückner Geschmack und Architektur haben sich geändert, Parketthersteller haben diesen Trend erkannt. Entsprechende Produkte wurden technisch verfeinert und benötigen weniger Handwerksarbeit. Letztlich entscheiden Geschmack und Zeitgeist. bwd Stab- und Mosaikparkett ist mit Ausnahme von Sonderanfertigungen oder Sondermaßen ins meist östliche Ausland abgewandert. Mehrschichtparkett steht ebenfalls erheblich unter Druck, das zeigen Entwicklungen etwa in Skandinavien. Wie lässt sich in diesem Umfeld weiter in Deutschland produzieren? Brückner Es kommt auf die Betriebsgröße an. Viele Betriebe haben eine überwiegend regionale Bedeutung. Wer ein gutes Produkt hat, guten Service bietet und über gute Logistik verfügt, wird auch in dem immer mehr umkämpften Markt bestehen. bwd Wie sehen Sie die Zukunft des Exotenholzes? Zuletzt hatte die Nachfrage deutlich angezogen. Könnten die vielen Möglichkeiten, die derzeit sehr beliebte Eiche und die Buche zu modifizieren, einheimische Hölzer wieder stärken? Werden eingefärbte Varianten weiter zunehmen? Brückner Natur bleibt natur. Der Verbrauch an Exotenholz wäre in der Vergangenheit ohne den Regierungserlass nicht so stark gefallen. Ich halte diese Hölzer für eine gute Ergänzung. Eine Verdrängung durch eingefärbte Hölzer sehe ich nicht, denn der natürliche Holzton ist nicht nachzustellen. Selbst der Farbton einer Räuchereiche ist dem von Wengé nicht gleichzusetzen. bwd Aus der gutachterlichen Arbeit: Welche aktuellen Themen brennen Ihnen auf den Nägeln? Brückner Eine gewisse Häufigkeit stelle ich heute im Bereich von Fußbodenheizungen fest. Entweder sind es zu hohe Restfeuchten, mangelhafte Verleimung der Schichten oder falsche Nutzung, die Schäden nach sich ziehen. bwd Wo sehen Sie für das Parkett Potenzial? Gibt es Zielgruppen oder Anwendungsbereiche, wo noch Luft nach oben ist? Brückner Aber ganz sicher. Wenn ich nur an die vielen Büros und Besprechungsräume denke, die mit anderen Belägen ausgestattet sind. Oder gar Hotelzimmer sowie den ganzen Health-Care-Bereich. Hier setze ich auf die gesundheitliche Bewertung unseres Produkts und sehe sehr gute Chancen, wenn die Botschaft auch zum Nutzer gebracht wird. bwd Wie kann man außer Aktivitäten wie „Real Wood“ mehr für das Produkt Parkett tun? Brückner „Real Wood“ ist eine gute Idee. Leider hat man auch den Furnierboden erfasst, was von der Sache her zunächst richtig, von der Argumentation „Parkett ist renovierbar“ falsch ist. „Real Wood“ könnte sich zu einer Plattform entwickeln, wie ich das mit der Info-Gemeinschaft gemeint habe. Aber es ist eine europäische Aktivität, während mein Ansatz die nationalen Belange, die es noch länger geben wird, berücksichtigt. bwd Sie kennen den Bereich der Intarsien beziehungsweise Schmuckfußböden aus dem Effeff. Die russischen Redakteure der Schwesterzeitschrift von boden wand decke berichten von steigender Nachfrage in betuchten Kreisen. Können Sie sich vorstellen, dass es für „Kunstparkett“ über den Bereich der Sanierung hinaus auch bei uns einen privaten Bedarf geben könnte? Brückner Dieser Markt ist klein. Die öffentlichen Bauten sind seit Jahren renoviert. Das sieht im internationalen Markt allerdings völlig anders aus. Gerade in Osteuropa, im Nahen Osten oder in Asien gelten Schmuckfußböden als Statussymbol. Wer den Zugang zu diesen Schichten hat, kann das Geschäft machen, wenn er Spitzenqualität liefert. Die Fragen stellte bwd-Redakteur Walter Pitt.

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