Der interessante Schadensfall: Unregelmäßigkeiten in der Lackoberfläche eines Eichenschiffsbodens Zu viel Glanz in meiner Hütte

Kleine Ursache, große Wirkung: Geringfügige Schäden können sich manchmal ausweiten. Dann ist es ratsam, erst einmal die Ursachen zu klären, bevor mit der Sanierung begonnen wird. Im vorliegenden Fall ging es um Lackablösungen.Es begann zunächst ganz harmlos: In einer Wohnung der neu gebauten Mietanlage zeigten sich im Flur stecknadelgroße, glänzende Stellen in der Lackoberfläche des Parkettbodens. Da immer mehr dieser Stellen auftraten, zog der bauleitende Architekt den Verleger hinzu. Der Handwerker fuhr also zur Baustelle und ließ sich die Erscheinungsbilder zeigen. „Haben Sie kleine Sandkörner oder Steinchen mit hereingetragen? Die können nämlich wie Schmirgelpapier wirken, wenn Sie mit Ihren Schuhen darüberlaufen. Ich pflege Ihnen den Flur kulanterweise mit einem filmbildenden Pflegemittel ein.“ SchadenshergangSechs Wochen später musste der Architekt erneut den Verleger kontaktieren: Die glänzenden Stellen hatten sich vermehrt und wurden zudem ständig größer. Der Verleger musste bei seinem Besuch vor Ort feststellen, dass sich das Erscheinungsbild tatsächlich verschlimmert hatte. Jetzt waren wahllos in den Parkettflächen etwa ein Cent große, glänzende Stellen in der Lackoberfläche auszumachen, wobei es den Anschein hatte, dass sich die obere Lackschicht vom Untergrund löste. Weil der Wohnungsnachbar, der den gleichen Parkettboden hatte, vom Ortstermin durch den Handwerker gehört hatte, erschien auch er auf der Bildfläche, um von ähnlichen Phänomenen in seiner Wohnung zu berichten. Wie sich schnell herausstellte, traten dort die gleichen Schäden auf. Da man sich keinen Reim auf die Unregelmäßigkeiten in der Lackoberfläche machen konnte, beschloss der Parkettleger, einen Sachverständigen einzuschalten. Als dieser kam, hatte der Hausmeister der Anlage bereits bei einer Mieterversammlung abgefragt, ob dieses Problem der Abplatzungen auch in anderen Wohnungen aufgetreten war. In der Tat hatten sich daraufhin weitere Parteien gemeldet. Der Gutachter stellte zunächst fest, dass verschiedene mehrschichtige Parkettböden eines einzigen Herstellers in den betroffenen Wohnungen verarbeitet worden waren. Das Parkett war in allen Räumen verklebt worden. Es zeigten sich eine Vielzahl von punktförmigen und bis zu handtellergroßen, glänzenden Stellen, die wahllos in der Fläche verteilt waren, aber in den am häufigsten begangenen Bereichen konzentriert auftraten. Das Oberflächenbild war überall gleich. Die werksseitige Versiegelung war nach Prospektangaben eines bekannten südostasiatischen Herstellers sechsschichtig aufgebaut – mit einem Spachtelgrund sowie drei Grund- und zwei Decklacken, jeweils UV-gehärtet. Es schien allerdings etwas mit der Lackhaftung zwischen den einzelnen Versiegelungsaufträgen nicht zu stimmen, da das Oberflächenbild in einigen Flächenbereichen absolut ungleichmäßig und scheckig aussah. SchadensanalyseUm etwas sicherer zu sein, machte der Gutachter mit einem speziellen Gitterritzmesser eine Ritzprobe. Er ritzte damit ein kreuzweises Netz auf den Boden und klebte ein handelsübliches Klebeband auf den betroffenen Bereich, das er anschließend scharf abzog. Prompt zeigte sich ein nahezu komplett glänzendes Bild im Bereich der Prüfung. Es gab in dem Gitterritznetz kaum Bereiche, in denen der Lack noch auf dem Grundlack haftete. Diesen Vorgang wiederholte er an einigen anderen Stellen – mit dem gleichen Ergebnis. Das gab dem Gutachter, der Erfahrungen mit der Beurteilung der Qualität von Lackhaftungen hatte, zumindest den Hinweis, dass die Verbindung des Decklackverbundes zu den darunterliegenden Grundlacken nicht ausreichend fest war und damit für die ständig auftretenden Enthaftungen gesorgt hatte. Denn in allen Bereichen kamen die glänzenden, mattierungslosen Lackschichten zum Vorschein. Weder war die Belastung an den betroffenen Stellen zu hoch noch konnte irgendein Pflegefehler oder eine andere Beeinflussung, beispielsweise das Aufbringen von Haushaltschemikalien auf den Boden, ausgemacht werden. Es schien sich eindeutig um einen Fertigungsfehler zu handeln. Die Vermutung erhärtete sich dadurch, dass die Erscheinungsbilder produktübergreifend bei verschiedenen Parkett-Typen des fernöstlichen Produzenten auftraten. SchadensbeseitigungDer Gutachter schrieb das Ergebnis der Untersuchungen in einer Stellungnahme zusammen, die er dem Parkettleger zuschickte. Dieser reichte sie an seinen Großhändler weiter, der ohne Anerkennung einer Rechtspflicht die Kosten für das Abschleifen und Neuversiegeln der Böden übernahm. In einer Wohnung, in der das Parkett schwimmend verlegt war, wurde der Boden in Flur und Wohnzimmer vorsorglich ausgetauscht – ebenfalls auf Kosten des Großhändlers beziehungsweise des Herstellers. Da die Wohnung genug Platz bot, Möbel zwischenzulagern, und die Mieter entgegenkommend reagierten, fielen keine Hotelkosten an. Der Handwerker freute sich, dass das Abschleifen und Neuversiegeln des Parketts reibungslos klappte.